Von der Heil. Tauffe

Du hast uns, Jesu, meine Lust,
Zwar von dem faulen Sünden-Wust
Durch dein vergoßnes Blut gewaschen,
Ach, aber Adams Mißethat,
Die uns so sehr verderbet hat,
Daß stets die Glut bleibt in der Aschen
Und Keiner mehr, als du allein
Kan Laster-frey geboren seyn.
Du sahst dies unser Elend an,
Wie du, belobter Himmels-Mann,
Dein Reich gingst wieder einzunehmen,
Und legtest hierum an ein Bad,
Das diese Wunder-Wirkung hat,
Das angezeugte Gifft zu zähmen,
Und das, wie Phönix sich belebt,
Uns neu aus unserm Tod erhebt.
[280]
Geht, sprachstu, hin in alle Welt,
Ihr, die ihr mir zum Dienst bestellt,
Geht auß und lehret und beweist es,
Daß dies die neue Bunds-Zeit sey,
Und taufft im Namen sie dabey
Des Vaters, Sohns und Heilgen Geistes;
Dies Wort und Wasser soll es seyn,
Das Alle macht der Erbschuld rein.
Wie groß ist, Jesu, deine Gnad',
Ich bin, der dich getödtet hat,
Und du hast mich nach dem noch lieber.
Je mehr Beschwerden ich dir mach,
Je freundlicher gehst du mir nach
Und hilffest überall mich über,
Und fängest diese Huld schon an,
Da ich noch nichts verstehen kan.
Wir kommen auß der Mutter Schooß
So wie am Leibe nackt und bloß,
Nicht minder dürfftig an der Seelen;
Dein Bild ist weg, weg aller Schmuck,
Den unser erster Vater trug,
Und wer kan alle Mängel zählen,
Die wir ohn Sprach, wie taub und blind
Und stark an lauter Ohnmacht sind.
Also betreten wir die Welt,
Fort allem Unglück vorgestellt;
Hie sucht der Satan uns zu fällen,
Dort krankt und wankt das junge Blut,
Dein Vater selbst ist uns nicht gut,
Selbst unser Fleisch zieht uns zur Höllen.
Ach, uns Elenden mehr als sehr,
Wenn dieser Heyles Brunn nicht wär.
Nun ist der unser' Artzeney,
Sobald das Licht uns bringt herbey,
[281]
Die unserm unbelebten Leben
Die angeborne Seuch' abzieht
Und unserm sterblichen Geblüt
Muß deines Geistes Wachsthum geben,
Für welcher seltnen Gnaden-Kur
Sich in den Staub legt die Natur.
O mehr, als dort Bethesda Teich!
Bewegte den ein Engel gleich,
Daher er halff den Leibes-Schwachen,
So ist selbst hie der Heilge Geist,
Durch den dies Wasser Krafft geneust,
Daß es die Seel' auch rein kan machen,
Und den Brand, den sonst nichtes lescht,
Mit einem Guße gantz hinwäscht.
Ist denn der Unflat abgethan,
Wie schön ziehst du uns, Jesu, an,
Dein Lieb- und Unschulds-volles Leben,
Dein schwer-erworbnes Sieges-Kleid
Dein Pracht-Rock der Gerechtigkeit
Muß mein mühseligs Fleisch umgeben,
Und all dein Leiden und Verdienst
Ist meine Beute, mein Gewinnst.
Vor war ich so ein Kind der Sünd',
Itzund bin ich ein Gnaden-Kind,
Vor hielt ichs mit dem Welt-Vergiffter,
Dem Seelen-Feind und Laster-Freund,
Itzt bin ich dein, du Laster-Feind,
Du Seelen-Freund und Heyles-Stiffter,
Und unter deines Geistes Pflicht,
Der in mir Abba, Vater, spricht.
Dies ist die auserwehlte Zier,
Drinn du zu deiner Braut mich dir
Von Ewigkeit her hast erwehlet;
Dein Bild wird neu mir eingeetzt,
Ich als dein Glied dir eingesetzt
Und gantz mit deiner Krafft beseelet,
[282]
Und überkomm' ich armer Cnecht
Des gantzen Himmels Erbe-Recht.
Ach, gib doch, daß ich Nacht und Tag
So meine Tauff' ansehen mag,
Auff daß sie in mir würklich werde,
Ich bin in der gestorben dir
Und kame frisch durch dich herfür;
Ertödt' in mir fort mehr die Erde
Und mache mich gantz frey von mir,
Auff das ich voll nur sey von dir.
Wir nahmen leider allgemein
Die Sünd' in uns wie Wasser ein;
Laß diese Flut durch die sich legen;
Ein Pfropffreiß trinkt des Stammes Safft
Und träget Frucht von dessen Krafft;
Laß mich, o Lebensbaum, deswegen,
Der ich dir eingepflanzet bin,
Auch einig seyn mit deinem Sinn.
Dies, o mein Heyl, versprach ich dir
Da, wie du dich verlobt mit mir;
Was aber soll ich Sünder sagen?
Ich breche täglich meine Pflicht,
Du aber brichst sie, Jesu, nicht,
Ohn diesen Trost müst' ich verzagen.
Es stehet unser Bund doch fest,
So lang ihn deine Treu nicht läst.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Röling, Johann. Gedichte. Geistliche Lieder und Oden. Von der Heil. Tauffe. Von der Heil. Tauffe. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-9C63-1