Johann Rist
Das Friedewünschende Teütschland /
in einem Schauspiele öffentlich vorgestellet und beschrieben
Durch einen Mitgenossen der Hochlöblichen Fruchtbringenden Gesellschafft.
Nun zum leisten mahl auffgeleget und mit etlichen neüen schönen Liederen / benebenst anmühtigen auff dieselben / auch neügesetzten Melodeien vermehret und gebessert.

Auffrichtiger Teütscher Leser

[7] Auffrichtiger Teütscher Leser.

Ich kan Dir unangedeütet nicht lassen / welcher gestalt man mich hat berichtet / ob solte mein Friedewünschendes Teütschland von etlichen eigennützigen Leuten / ohne alles Mein Vorwissen und Bewilligung an fremden Ohrten sein nachgedrükket und also dem Verleger das Seinige gantz unverantwohrlicher weise gleichsahm abgestohlen. Diese Tokmaüser nun /gleich wie Sie billig zu bestraffen; Also mügen Sie sich versichert halten / daß Sie dieses leichtfertige Stüklein dem Verleger nicht sollen umsonst gethan haben.

Unterdessen bin Jch von Kunstliebenden Freunden mehrmahls erinnert und gebehten worden / daß Jch doch meinem Versprächen zu folge gegenwertigem Schauspiele etliche neue Lieder / mit ihren anmuhtigem auch gantz neuen auff dieselbe gesetzeten Melodeien beifügen und das Friedewünschende Teütschland solcher gestalt vermehret und gebessert zum anderen mahl wieder herauß geben wolte.

Ob Mir nun zwahr wegen meiner vielfältigen Geschäffte sehr weinig Zeit hiezu gelassen; habe Jch jedoch meiner zusage Mich billig erinne-rend / mehrgedachtes Schauspiel mit etlichen beigefügten neuen Liederen (welche gleichfals von eitel neuen / zuvor niemahls auffgeführten unterschiedlichen vier Personen / alß einem alten Celtischen Witdod oder Weltweisen / zweien Klagweiberen und einem mit mancherlei Völker kleidungen seltzam gezierten Ebentheürer auff der Schaubühnen werden gesungen und gespielet) zum andern mahl herauß kommen lassen und selbiges Herren Zacharias Dosen in Hamburg /zu verlegen endlich übergeben wollen / alle und iede /die mit dem Bücherhandel einiger [7] mahssen zu schaffen haben / zum allerfleissigsten hiemit verwarnend /daß Sie sich an diesem leisten / alß dem nunmehr verbessertem und gemehrtem Drukke ia nicht vergreiffen / dem Verleger zum grossen Schaden selbiges etwan nachdrukken und also vorsetzlicher Weise zu offenbaren Dieben und Räuberen, wollen werden. Jch zweifele durchauß nicht / Ehrliche Leute / welche GOTT fürchten und die Redligkeit lieb haben / werden diese treügemeinete Warnung nachdenklich zu Hertzen nemen: Die ienige aber / welche eines schnöden Gewinnes halber Ehre und Redligkeit gantz leichtfertiger weise an die Seite setzen / werden dieselbe / dafern sie sich deß eigennützigen Nachdrukkes nicht enthalten / auch leiden müssen / daß man ihnen in öffentlichen Schafften und Büchern ihren eigentlichen wolverdieneten Titul vor der gantzen ehrbaren Welt giebet und Jhrer Person dergestalt gedenket /daß redliche Hertzen mit solchen Räuberen auch nur ümmezugehen / oder / wie wir Teütsche sagen / nur auß der Kannen zu trinken ein billiches bedenken und abscheüen werden haben und tragen. Fahre wol auffrichtiger Teütscher Leser und er wahrte von Mir / (im falle der barmhertziger Gott das hochbedrängete Teütschland mit dem vielerwünschetem güldenen Friede beseliget /) mit ehistem in einem neuen Schauspiele daß Friedeiauchtzende Teütschland. Jmmittelst verbleibe günstig dem ienigen / welcher sich verpflichtet dir alle Christmügliche Dienste zu erweisen so lange Er ist.

Johannes Rist.

[8] Zueignungsschrifft
An die hochlöbliche Fruchtbringende Gesellschafft.
Hocherleuchtete / Bluht-Muth- und Tugendedle Helden / Teütschliebende Hertzen / Hochgeehrte Herren /

Wenn das Vermügen mit meinem hertzlichen wünschen / hinwieder der Wunsch mit meinem gahr weinigen Vermügen bei dieser Zeit könte übereinstimmen / so würde Jch der Hochlöblichsten Fruchtbringenden Gesellschafft / nicht Das Friedewünschende /sondern viel lieber / daß mit Friede und Ruhe schon glüklich beseligte Teütschland vor Jhre hochvernünfftige Augen stellen und zu bezeugung hertzlicher Freude eine hellklingende Friedens-Posaune durch das gantze Vaterland is Rüstig darüber erschallen lassen. Dieweil aber das allgemeine Elend dieser grossen und ehemals glükseligen / nun leider höchstbedrängeten und in eusserster Gefahr schwebenden Königin des langgeplagten Teutschlandes ein solches nicht zugibt / und gleichwol meine unterthänige Schuldigkeit eines dankbaren Gemühtes Anzeigung schon längst erfodert / habe Jch nicht unterlassen wollen gegenwertiges wolgemeintes Schauspiel Einem so hochbelobtem Orden demühtig zuzuschreiben / Dieweil Jch sattsahm bin versichert / daß schwehrlich einige andere Gesellschafft zu finden / welche gedachtes mein Friedewünschendes Teütschland gnädiger und [9] günstiger annehmen / vernünfftiger davon urtheilen / den auch vermüglicher schützen und handhaben könne oder wolle; Denn / es sei / daß Jch den Uhrsprung dieser herrlichen Gesellschaft / oder die treffliche Helden /welche selbige gestifftet / oder die rühmliche Anzahl der weltbekanten Gesellschaffter / oder deroselben höchstlöblichen Zwek und absehen / oder auch vieler Fruchtbringenden Gesellschaffter nützliche Arbeit /Schrifften und Bücher betrachte; So muß ich mit Verwunderung bekennen / daß solches alles durch sonderbare Göttliche Schikkung seinen Anfang und Fohrtgang genommen / dahero auch dieser Edlen Gesellschafft thewr erworbener Tugendruhm so lange wird verbleiben / als Menschen-Kinder diese Erdenkugel bewohnen und einige Schrifften in der Welt annoch zu finden. Denn / was kan doch löblichers / ia was kan christlichers werden angerichtet als ein solcher Orden / in welchem die Edle / wolbegeistete Jugend durch rühmliches vorgehen der Elteren zu allerlei herrlichen / Gott wolgefälligen Tugenden und Erlernung vielerlei nützlichen Sprachen und Künste angereitzet / wobei die sämtliche hohen und niederen Standes Geselschafftere in guhtem Vertrauen erhalten / unsere hochlöbliche Teutsche Mutter- und Heldensprache in Jhre uhralte Reinligkeit / Zierde und Auffnehmen geführet / von den unzeitigen Flikreden fremder Sprachen befreiet und durch fügliche Kunstwöhrter dergestalt wird befästiget / daß man nunmehr allen anderen Sprachen / sie mügen auch heissen wie sie wollen / an Majestät / Reinligkeit / Zierde und Vollenkommenheit nichtes bevor gibt / ja kühnlich kan trotz bieten / wie solches aus unterschiedlichen schönen Schrifften und Bücheren etlicher vornehmer und weltberühmter Gesellschaffter / als Des Höchstgeehrten Nährenden / Des Unveränderlichen / des Kitzlichen / des Wolgenandten / [10] des Befreienden / des Futtrenden / des Vielgekörnten / des Festen / des Friedfärtigen / des Geheimen / des Erwachsenden /des Unverdrossenen / des Nutzbahren / des Gekröhnten / des Einrichtenden / des Spielenden / des Suchenden / des Traumenden / des Wildrenden / des Genossenen / des Ordnenden / gnugsahm erhellet, / (Fürst Ludowig zu Anhalt / Christian / Fürst zu Anhalt /Wilhelm / Landgraff zu Hessen / Moritz / Landgraf zu Hessen / Augustus / Hertzog zu Braunschweig und Lüneburg / Herman / Landgraff zu Hessen / Dieterich von dem Werder / Wilhelm von Kalchum / genant Lohausen / Pariß von dem Werder / Frantz Julius von der Knesebeke / Joachim Glasenap / Karl von Hillen /Tobias Hübner / Martin Opitz / Friederich Hortleder /Georg Philip Harßdörffer / Justus Georgius Schöttel /Johan Michael Moscherosch / Martinus Milagrius /Augustus Büchner / Christian Gueintz.)

Jst demnach üm so viel weiniger zu verwunderen /daß nicht alleine viele Fürstliche / Gräfliche und Adeliche Personen von Teutschem Geblühte / sondern auch andere treffliche / so wol zu Friedens als Kriegeszeiten berühmte Heide / gewaltige Generalen und Obriste unter Franzosen / Welschen und Anderen /wie auch aus den Nordländeren diesen hochberühmten Orden dergestalt beliebet / daß sie in Demselben auff und angenommen zu werden inständig begehret /gestalt Jhnen denn auch jhre gebührliche Stelle /Wohrt / Namen und Gemählde gegeben und zugeeignet worden / wodurch endlich vielbenante hochlöbliche Geselschafft dermahssen zugenommen / daß /nachdeme sie nun durch Gottes Gnade dreissig Jahre gestanden / in diesem itzigen Eintausend / Sechshundert / Sieben und vierzigsten über die fünftehalbhundert [11] Außerwehlte Fruchtbringende Gesellschafter (welche theils mit Jhren nützlichen Schrifften und rühmlichen Übungen / theils mit guhter Gunst / Zuneigung und Hülffe den Orden merklich befoderen) sich befinden / worunter zwei Kuhrfürsten / zwei und dreissig Hertzogen / zwei Pfaltzgraffen / vier Marggraffen / vier Landgraffen / siebenzehn Fürsten / zwei und dreissig Graffen / ohne etliche hundert andere Adeliche Ritterstandes Personen / Gelährte und um Teutschland hochverdiente Männer sich befinden /wie von diesem und anderen / als der hochlöblichen Fruchtbringenden Gesellschafft Anfang / Satzungen /Vorhaben / Namen / Sprüchen / Gemahlen / Schrifften und unverwelklichem Tugendruhm Des Unverdrossenen schönes Büchlein / der Teutsche Palmbaum genant / beides sehr nützlich und anmuhtig ist zu lesen / welches lobwürdiges Buch Jch einem jedweden Teutschliebenden Hertzen bester mahssen hiemit wil anbefohlen haben.

Wenn denn dieser hocherleuchteten Weltberühmten Gesellschafft gnädigst hat beliebet / Mich / deroselben aller geringesten Diener / der Jch zwahr eine so hohe Begnädigung niemahls dörffen hoffen / wie sie denn auch noch zuer Zeit keinem einzigen meines Standes (den Mürben außgenommen) wiederfahren /Jn diesen Jhren hochlöblichen Orden auff und anzunehmen / gestalt sie denn auch zu dessen Bekräfftigung den Namen des Rüstigen / das Gemählde und den Ordenspfenning mit dem Heiligen Holtz bezeichnet und das Wohrt Wozu man dein bedarff / mir gnädigst hat zugeeignet und aus Jhrem Ertzschreine übersendet; So befinde Jch mich schuldig und verpflichtet / solche unverdiente hohe Gnade mit unterthänigem Danke jederzeit zu erkennen / mich auch hinführe als das allergeringestes Dienstfertiges / jedoch Rüstiges Mitglied dieser hochlöblichen Gesellschafft in allen rühmlichen Begebenheiten / denn auch gegen dem gantzen [12] hocherleuchteten Orden meine Gebühr und Pflicht etlicher mahssen dankbarlich abzulegen und zu erweisen.

Ob sich nun wol mein geringes Vermügen gahr nicht so weit als mein hertzlicher Wille erstrekket /Jch auch wol weis / daß man einer solchen hohen Fürstlichen Gesellschafft auff eine viele andere Ahrt und weise billig solte begegnen; So habe Jch mich doch erkühnet dieses mein schlechtes Schauspiel unter dem Namen des Friede wünschenden Teutschlandes zu den Füssen unserer hochlöblichen Teutschen Helden in Demuth niederzulegen / der guhten Hoffnung gelebend / daß es von denselben / als treüeiferigen Liebhaberen Jhres wehrten Vaterlandes und desselben hochfliegenden Heldensprache mit gnädigen Augen und Händen werde auffgenommen / auch wieder alle dieses Büchleins mißgünstige Anfeindere / wenn sich etwan etliche derselben (woran Jch gleich wol sehr zweifele / denn / wer wolte sich erkühnen einem so Hochfürstlichen Orden vermessentlich sich entgegen zu setzen?) solten finden / mächtig werde gehandhabet und treulich geschützet werden /welche hohe / wiewol unverdiente Gnade mit allen unterthänigen schüldigen Diensten die gantze Zeit seines Lebens dankbahrlich zu erwiederen sich eusserst wird angelegen seyn lassen.


Der Hochlöblichen Fruchtbringenden

Gesellschafft

Jn Unterthänigkeit

Gantz Ergebener

Aller geringster Diener

Der Rustige.

Geschrieben zu

Wedel an der Elbe

am 8. Tage des

Schlachtmonats /

Jm 1647. Jahr.

Vorbericht

[13] Nohtwendiger Vorbericht an den Teutschgesinneten Leser.
Auffrichtiger Teutschgesinnter Leser.

Demnach Jch ausser zweiffel lebe / du werdest eine kleine Begierde haben etlicher massen zu wissen /was mich doch habe gereitzet dieses mein Friedewünschendes Teutschland auszusetzen und vor etlichen Monaten auff öffentlichem Schauplatze vorstellen zu lassen / auch was die Zusehere / so wol andere / vornemlich aber die Mißgünstige von diesem Schauspiele etwan geredet / was sie daran gelobet oder getadelt haben; Als kan Jch nicht unterlassen / dir nachfolgenden zwar kurtzen / aber jedoch warhafften Bericht hievon zu ertheilen / nicht zweifflend / du / als ein ehrliches Teutschgesinnetes Hertz unpartheiisch davon urtheilen werdest.

Als zu Ende des negstverflossenen Tausend /sechshundert sechs und vierzigsten Jahres Herr Andreas Gärtner mit etlichen feinen / gelahrten und wolgeschikten Studenten von Königsberg aus Preußen naher Hamburg kommen und in selbiger berühmten Stadt einen öffentlichen Schauplatz / unterschiedliche Traur- und Freudenspiele zuem theil nach Ahrt der Italiäner auff selbigem vorzustellen / mit Bewilligung der gebietenden Obrigkeit dieser hochlöblichen Stadt angerichtet / ist Jhme von guhten Freunden unter anderen wolmeinentlich angedeutet / wie daß auch Jch in meiner Jugend /so wol dieses Ohrtes als anderswo derogleichen Schauspiele / [14] (welche man sonst aus der Griegischen Sprache Komoedien und Tragoedien nennet) mit guhter Vergnügung der Zuseher hätte auffgeführet / wie sie denn auch vernommen / daß Jch derer noch etliche geschriebene / wiewol noch zur Zeit auff der Schaubühne nicht vorgestellete / beihanden hätte. Nach eingenommenem solchem Berichte ist gemelter Herr Gärtner / von etlichen der Seinigen begleitet zu mir heraus kommen / und nachdeme Er Kundschafft mit meiner Weinigkeit zu machen gesuchet / hat Er ferner begehret / Jch müchte Jhm von meinen Freud-und Traur-Spielen etliche lassen zukommen / damit Er sich bei itzigem seinem angestelletem Werke derselben nützlich bedienen könte. Als Jch jhn nun auff dieses sein Begehren freundlich berichtete / daß es zwahr nicht ohne / Jch vor diesem einen guhten Theil dergleichen Traur- und Freuden-Spiele verfertiget und in etlichen derselben die vornemste Händel /welche innerhalb zwantzig Jahren in der Christenheit bei diesen letsten Zeiten sich zugetragen / unter verblühmten Namen hätte vorgebildet / es wären aber dieselbe bei dem jüngsten feindlichen Einfalle (da Jch / wie bekant / viele schöne und kostbahre Sachen verlohren) dergestalt zerrissen / vernichtet und verderbet / daß von etlichen nicht die helffte / von den meisten aber kaum das vierte theil übrig geblieben / Dannenhero Jch mit diesen Schafften / welche zwahr / da sie vollenkommen waren / den Geschichten nach / von Jahren zu Jahren fein ordentlich aneinander hiengen /Jhme vor diesesmahl nicht dienen könte; Jst Er endlich nur mit einem einzigen meiner Freudenspiele (welches Er kurtz hernach unter dem Titul: Probe der beständigen Freundschafft / mit sonderer Zufriedenheit der Zuseher hat auff den Schauplatz gebracht) wiedrum hinein gezogen. Nachdeme Er aber damit noch nicht ersättiget gewesen / hat Er etliche mahl /so wol münd- als schrifftlich von mir begehret / Jch müchte Jhm zuem weinigsten noch ein [15] einziges mehr gedachter Schauspiele mittheilen / Jch würde Jhn dadurch mir höchlich verbinden. Damit Jch nun dieses guhten Mannes inständiger Bitte endlich ein genügen thuen und Jhme mit einer neuen Erfindung außhelffen müchte / habe Jch mich endlich erhöhten / Jhme hierinne durch auffsetzung eines gantz neuen Spieles /dieweil es mit Verbesserung meiner Alten fast grösser mühe haben würde / gern zu dienen.

Als sichs demnach begeben / daß eben um die Zeit / nemlich zu Anfange dieses 1647. Jahres das süsse Geschrei und die höchsterwünschete Zeitung fast durch die gantze Christenheit erschollen / es würde der in Westfahlen / von den Allerhöhesten Christlichen Potentaten schon viele Jahre hero berahtschlagter Friede innerhalb weinig Tagen öffentlich verkündiget und das gantze Christenreich / sonderlich das hochbedrängte Teutschland mit demselben würklich und glüklich erfreuet werden; So habe Jch mir belieben lassen / das Friedewünschende Teutschland so vielen Hunderttausend Friedesbegierigen Seelen in gegenwertigem Schau-Spiele wolmeinentlich vorzustellen / und dieweil Jch an völliger Wiederbringung des Edlen Friedens jederzeit sehr gezweiffelt: Als habe Jch deßwegen zuem Beschluß dieses Spieles mit guhtem Grunde gesetzet / daß dem eusserstgeplagten Teutschlande noch nicht so balde der vollenkommener gewünschter lieber Friede / sondern nur die Hoffnung desselben würde gegeben werden / massen solches aus dem Jnhalt breiter zu ersehen / die Erfahrung auch / daß meine damahlige muhtmahssung nicht gefehlet / es leider zuer genüge hat bestättiget. Dieses mein Friedewünschendes Teutschland / (welches innerhalb acht Tagen zu Papier gebracht) ist nun bald darauff von mehrgedachtem Herren Gärtner auff offenem Schauplatze sehr fleissig und nachdenklich vorgestellet / wobei denn viel tausend Menschen / ja eine solche Anzahl der Zuseher sich befunden / daß einer den anderen schier erdrukket hätte. Es ist auch dieses[16] Spiel nicht nur von gemeinen / sonderen auch von vielen hohen Standes Personen / als von Hertzogen /Pfaltzgraffen / Fürsten / Graffen / Freiherren / Edelleuten und anderen mehr trefflichen Leuten angesehen und betrachtet / von nicht weinigen verwundert / von den meisten aber weit über seine Würdigkeit gelobet und erhoben worden.

Dieses letste nun hat die neidische Mißgunst als eine stete Anfeinderinn aller Tugend über die mahsse sehr verdrossen / wie sich denn durch derselben Antrieb bald ein Weltbekanter Lästerer gefunden / welcher alles / was in diesem Schau-Spiele mit Wehrten und Werken wolmeinentlich vorgestellet / auffs ärgeste zu deuten sich hefftig sol bemühet haben. Es ist aber dieser Mensch / (mit welchem Jch gleichwol Zeit meines Lebens auch das geringste Wohrt nicht gewechselt / Ja denselben nur ein einziges mahl / da Er mir / als das Haupt aller Paßquillanten von ferne gezeiget worden / gesehen) mein steter Simei Verläumder und Verfolger schon etliche Jahr her gewesen /unangesehen Jch jhn im weinigsten auch mit keinem einzigen Wöhrtlein jemahls habe beleidiget / Sol aber (wie Jch berichtet worden) keiner anderen Uhrsache halber / als daß Jch den weiland Berühmten / um unsere Teutsche Heldensprache und deroselben süsse Poesy hochverdienten / nunmehr Sehligen Herren Martin Opitzen (als welchen Er auffs eusserste / auch noch im Grabe neidet) nach seinem Hintritt in einer gedrukten Klagrede öffentlich gerühmet / einen solchen unversöhnlichen Haß gegen mir tragen. Jch erfreue mich aber höchlich / daß Jch von einem unwürdigen Menschen nur deßwegen werde gescholten /dieweil ich aus Christlicher Liebe und zu Vergeltung grösser Tugend einen Würdigen billich habe gelobet.

Unterdessen befürchte Jch nur dieses / daß gedachter mein Simei oder stetiger Lästerer / durch solches sein unaufhörliches hinterrükliches schmähen und verleumbden mich ein weinig [17] stoltz werde machen /denn es seine Gewohnheit gahr nicht ist / schlechte und gemeine Leute mit schelten und schmähen anzugreiffen / solches geschiehet von Jhme gahr selten: Er machet sich nur an Käysere / Könige / Kuhr und Fürsten / auch deroselben vornehme Bediente / hoher Kronen Abgesante / grosse / treffliche / ja die aller gelahrteste Leute unter der Sonnen / wie solches mit seinem theils geschriebenen / theils gedrukten Paßquillen genugsam zu beweisen / gestalt Er denn auch eben die jenige / in welcher Dienste dieser Zeit zu seyn / Er darf vorgeben / in öffentlich-gedrukten Scharteken dermassen hat herdurch gezogen / daß sich viele hochvernünfftige müssen verwunderen / wie doch dieser Ertzpaßquillant so lange ungestrafft / und seine offenbahre Lästerung den jenigen / welche sie angehen / so lange könne verborgen bleiben / angesehen Er ja die höhesten Haupter seiner Principalen auff das allerschmählichste hat angegriffen / dahero auch einsmahls an unterschiedlichen Ohrten ward außgesprenget / es wäre Jhm der Kopff deßwegen herunter geschlagen / ist aber wol zu befürchten / daß Jhm diese /oder eine vielleicht noch härtere Straffe vorstehe /welche gleichwol Jch als ein Christ Jhme in Wahrheit nicht günne / sondern vielmehr eine ernstliche Bekehrung von gantzem Hertzen wünsche.

Jmmittelst muß Jch mich zuem höhesten verwunderen / wie doch dieser Verleümder eben an Mich einen so gahr geringen und schlechten Menschen sei gerahten / dieweil / wie obgedacht / seine gifftige Zunge und Feder nur hohe Haupter und grosse Leute zu stechen ist gewohnet / jedoch befind Jch diesen Unterscheid dabei / daß Er solche treffliche Personen mehrentheils öffentlich / mich aber nur heimlich und hinterrükkens angreiffet / dahero Jch Jhn / als einen ohne daß ümschweiffenden und von einem ohrte zum anderen lauffenden Jrrwische niemahls habe können zum stände bringen / wie Er es denn auch so ahrtig hat gewust zu kahrten / daß / wenn Er bei seines gleichen oder solchen Leuten gewesen / denen meine [18] schlechte Person gantz und gar unbekant / so hat Er mich und dieses mein Teutschland weitlich zuer bank gehauet /nach allem seinem Vermügen / geschmähet / gelästert / ja das allergeringste Wohrt zum ärgesten außgedeutet / gestalt Er denn guter Freunde Bericht nach / noch neulich zu Münster und Oßnabrükke bei etlichen hohen Personen solches fohrt zusetzen / sich sehr fleissig sol bemühet haben. Wo sichs aber begeben / daß meiner guhten Bekanten und Günner etliche zugegen gewesen / da hat man kein einziges Scheltwohrt aus Jhme können bringen: Jst Er wegen außgesprengter Lasterungen zu Rede gesetzet / hat Er alles mit höhestem betheuren verleugnet / ja so gahr hat Er mich Unwürdigen mit trefflichen Wohrten gerühmet /und / daß solcher Leute viele leben müchten / fälschlich gewünschet / welche grosse Untreu der gerechter Gott / als welchem solche zweizüngige Leute ein Greuel und is Abscheu sind / zu seiner Zeit nicht wird ungerochen lassen. Jmmittelst sol Er etliche hohe Kriegesbediente und andere vornehme Leute bei allen Begebenheiten wieder meine geringe Schrifften und Bücher / wieder meinen ehrlichen Namen und Leümuht / ja so gahr wieder mein Leib und Leben verhetzet haben / mahssen Jch denn von unterschiedlichen Ohrten durch vertraute Freunde bin gewarnet worden /Jch müchte mich wol vorsehen / es hätte mein Simei etliche hitzige Kavallier wieder mich auffgebracht /welche mich gahr leicht einmal verletzen oder beschädigen dörfften. Jch aber / wolwissend / daß solche machtlose Dräuungen nichtes neues / sondern vielen Berühmten Leuten vor mir / ja noch vor weinig Jahren dem weiland eiferigem und wolverdienten Prediger Doktor Mengeringen seines Soldatenteufels halber /wie auch dem nochlebenden tapferen und hochgelahrten Philander von Sittewald / wegen seiner Satyrischen Gesichte wiederfahren / habe solches gantz und gar nichtes geachtet / sondern wie diese Tugend- und Teutschliebende Hertzen gethan / meinem Gott [19] jederzeit vertrauet und mit denen Waffen eines guten Gewissens mich biß anhero geschützet / gestalt Jch ein mehreres in meinem Büchlein Starker Schild Gottes genant / von diesem Himlischen Schutze habe erwähnet / dannenhero Jch die vielfältige Bedräuungen meines Lästerers billich verlachet / als der Jch nimmermehr glauben können / daß unter den vornehmen Kriegesbedienten solche liederliche Leute zu finden /welche Jhre Tapfer- oder vielmehr Grausahmkeit an einem unbewehrten / dazu gantz unschuldigen Menschen selten erweisen / denn / es müste ja derselbe gahr ein unnützer Kerl seyn / ja Er müste den ewigen Namen eines verfluchten Mörders tragen / der einem ehrlichen Mann / den Er sein Lebenlang nicht gesehen auch im weinigsten von Jhme beleidiget worden / nur auff blosses Angeben eines solchen Ertzverleumders solte eine Kugel schenken oder einen Degen in Leib stossen / eine solche Heldenthat könte auch der geringste Stallbube an dem allertapfersten General /wenn er Jhn ohne einige Waffen vor sich fünde /leichtlich erweisen / kan mir derowegen noch zur Zeit die allergeringste Furcht nicht einjagen lassen.

Es ist aber mein Simei damit noch nicht vergnüget gewesen / daß Er mich dergestalt bei vornehmen Personen mündlich angegeben und verläumdet / sondern / Er sol auch wieder dieses mein Friedewünschendes Teutschland ein Ehrenrühriges Paßquill auffgesetzet und von etlichen leichtfertigen Vögelen (welche es nunmehr sehr bereüen sollen) etliche mahl haben abschreiben lassen / welche Schmähekahrte mir gleichwol biß auff gegenwertige Stunde noch nicht zu Gesichte kommen / und wenn sie mir schon künfftig in die Hände geriehte / würde Jch sie doch nimmermehr der würdigkeit achten / selbige mit meinen Augen anzusehen / zumahlen Jch vernommen / daß etliche vornehme Redliche / GOtt und Tugendliebende Leute solche Lügenschrifft an Jhren würdigen ohrt gebracht und einer solchen Arbeit Jhren rechtverdienten Lohn [20] schon längst haben gegeben. Es müssen ja in Wahrheit die jenige gahr elende / nichteswehrte Gesellen seyn / welche / wenn weder Tugend noch Geschikligkeit bei Jhnen zu finden / die allerschlimmeste Laster hervor suchen / durch selbiger verübung Jhnen dennoch einen Namen zu machen / wie denn mein Simei seines paßquillierens / lästerens und verleumdens halber nicht weiniger wil gerühmet seyn als jenner Herostratus einen ewigen Namen daher zuerlangen vermeynete / daß er den allerschönesten Dia nen-Tempel zu Epheso in die Aschen hatte geleget. Unterdessen zweifele vielerwehneter mein Simei nicht / daß / im falle Er nicht bey zelten ümmekehret und um Verzeihung seines bißhero bößlich geführten Lebens bei GOtt und Menschen ernstlich anhält /seine vielfältige Lästerungen wieder Käysere / Könige / Kuhr und Fürsten / wie denn auch die allertrefflichste / berühmteste und is gelahrteste Leute der Welt außgegossen / Jhme auff einmahl den unruhigen Kopff eintrukken und zu längstverdienter Straffe ziehen werden / denn der gerechter Gott hält fast über seinen Gesalbeten und lasset die Verächter der Obrigkeiten auch anderer unschuldiger Leute nicht ungestraffet. Grosse Könige und Fürsten können lange Zeit gedenken / dabenebenst auch weit greiffen / sie wissen wol Schaden / aber wahrlich keinen Schimpff und Spott zu leiden / dessen wolle sich mein Verläumder nur versichert halten und dabei bedenken /daß eine Zeitlang geborget nicht allezeit heisse geschenket / wenn die Mahsse voll ist / so wird sie außgeschüttet / und wenn die Uhre abgelauffen und die Unruhe Jhr Stündlein erfüllet / so pfleget alsdenn der Hammer mit einem grossen Schalle auf der Glokken anzuzeigen / wie viel es geschlagen / daß übrige wird Er selber vielleicht nachdenken und errahten können.

[21] Damit nun ein jeder redlicher Teutschgesinneter Christ vor Augen sehen müge / wie offenbahr dieser Gesell bei der Wahrheit her spatzieret und welcher gestalt Er aus lauterem gifftigem Neid und Hasse ehrliche und unschuldige Leute zuer Banks hauet / habe Jch mein so hochverläumdetes Friedewünschendes Teutschland an das offne Liecht wollen kommen lassen / zumahlen auch der gnädigster Befehl der jenigen hiezu mich angefrischet / welchem in Unterthänigkeit nachzukommen meine Weinigkeit sich schon längst verpflichtet befindet / zu geschweigen des vielfältigen Begehrens anderer hoher Personen / aus manchem Ohrt und Lande / welchen mit der Abschrifft desselben ein genügen zu thun / mir unmüglich gefallen /immittelst wird einem jedweden nach seinem vernünfftigem Guhtdünken von diesem meinem Schauspiele auffrichtig zu Urtheilen / billich anheim gestellet.

Daß Jch nun wieder zu meinem Simei komme / so sol Er dieses insonderheit getadelt haben / daß Jch geschrieben: Teutschland sei von den fremden Völkeren schon viele Jahre hero jämmerlich zugerichtet und schier auff den Grund verderbet. Dieses nun sol und muß Jhm durchaus nicht wahr seyn / alle Grausahmkeiten / welche bißhero in Teutschland sind verübet /müssen Jhme lautere Tugenden und tapfere Thaten heissen / gleichsam dieses die rechte Heldenstükke eines Christlichen Soldaten wären / nemlich Rauben /Plünderen / Morden / Brennen / Weiber und Jungfrawen sehenden / Kirchen und Schulen zerstören / so viele herrliche Länder öde und wüst machen und schließlich alles über einen hauffen werffen. Daß nun dieses und viel ein mehreres nunmehr bei die dreissig Jahre her in Teutschland sei verübet worden / solches bezeuget der klahre Augenschein.

[22] Die vielerschöpfte Herrschafften / die außgeraubte Länder / die geplünderte und in der Aschen liegende Städte / Flekken und Dörfler beweisen es überflüssig und viele hundert tausend Menschen beklagen es mit unauffhörlichen Seufftzen und Trähnen. Bleibe demnach bei meinem einmahl gesetzetem Schlüsse / daß Teutschland so wol durch Jhre eigene Kinder und Einwohner / als durch unterschiedliche fremde Völker gantzer dreissig Jahre hero auff das grausahmlichste sei geplaget und ist des Jammers und Elendes noch lange kein Ende noch Ziel zu finden.

Was aber die Eine oder Andere Nation vor Recht dazu habe / daß sie dergestalt in dem armen Teutschlande hausen / imgleichen / welche es unter Jhnen allen zum ärgesten habe gemachet / solches mügen die jenige beweißlich außführen / welche solcher Sachen guten Verstand und Wissenschafft haben: Vor mich ist dieses viel zu hoch / Jch habe nur ins gemein hievon geschrieben / und einer Nation nicht mehr Schuld als der anderen zugemessen / ja den rechten Uhrsprung alles dieses Elendes habe Jch nicht diesem oder jennem fremden Volke / sonderen unserer eigenen übermachten Bößheit und Gottlosigkeit zugeschrieben / wie der auffrichtiger Leser solches durch das gantze Schauspiel / sonderlich aber im vierten Auffzuge der dritten Handlung klährlich wird befinden / daß also kein Mensch einigen übelgesinneten Urtheils von dieser oder jenner Nation mit der Wahrheit mich kan überzeugen oder beschüldigen / des sei einem jeden trotz gebohten.

Ferner sol mein vielgedachter Simei auch dieses sehr hoch empfunden haben / daß Jch seinem Vorgeben nach das heutige Soldatenleben gahr zu hart angegriffen und den löblichen Orden der hohen Kriegesbedienten etlicher mahssen sol geschmähet / dabenebenst öffentlich geschrieben haben: Daß bei dieser Zeit ein braver Kavallier sich schämen müsse dero vorhin von Jhme erlernter Sprachen / Künste und Wissenschafften und was [23] Er etwann mehr zu meiner höhesten Verunglimpfung hie und dort zusammen geraspet.

Hierauff antwohrte Jch mit weinigen: Daß Jch mit einigem Kriegsbedienten der Welt / Er mag sich zu dieser oder jenner Partei halten oder bekennen / in Unguhtem durchaus nichts zu schaffen habe: Es wird hier ins gemein geredet und geschrieben / und werden nur die Laster / mit nichten aber die Personen gestraffet oder getadelt / weis nicht was doch solches meinen Paßquillanten mag angehen?

Wenn man heute zu tage die Fehler und Gebrechen der Geistlichen ins gemein untersuchet und doch dabei gewisse Personen ungetadelt lässet / was darff Jch oder ein anderer deßwegen murren / oder den jenigen / welcher uns der Menschlichen Schwachheiten erinnert / schelten und schmähen? Vielmehr bemühe Jch mich hinführo mein Leben dergestalt anzustellen /daß man nicht sagen könne / Eben Er ist in diesem Buche getroffen. Wir zwahr können es nicht hinderen / daß die Leute von uns reden oder halten was sie wollen / Aber / daß sie es mit keinem guhten fuge oder Rechte von uns reden / daß können wir durch unser Wolverhalten gahr leicht verhinderen und abwenden. Jm übrigen / gleich wie Jch Gott-Ehre- und Tugendliebende Soldaten niemahlen geschmähet /sondern vielmehr gerühmet und jederzeit hoch gehalten; Also ist mir es eine wahre Unmügligkeit gottlose und in allen Lästeren ersoffene Leute heuchlischer weise zuloben / man lasse doch die Tugend Tugend /und die Laster Laster bleiben / denn / das heisset / der Wahrheit und Auffrichtigkeit sich befleissen und als denn hat ein Christ mit dem verfluchten Fuchsschwantze nichts zu schaffen.

Daß aber heute zu tage unter denen Kriegesbedienten etliche zu finden / welche sich dessen / daß sie was sonderliches vor anderen gelernet / schämen / solches ist ebenmässig die [24] nakkende Wahrheit und könte mit vielen Exemplen / dafern es von nöhten / von mir erwiesen werden. Daß Jch gleichwol nur des Einen und Anderen kürtzlich allhie erwähne / so habe Jch vor weinig Jahren einen Edelmann gekennet / welcher sich überreden ließ / daß Er die vornehme Bestallung / in welcher Er sich bei einem grossen Fürsten in Teutschland befand / hindan setzte und sich vor einen zimlich schlechten Kriegesbedienten / oder / (a la mode zu reden) Officierer ließ gebrauchen. Dieser nun hatte nicht allein gar wol und gründlich seine Sprachen gelernet; Sondern es fand sich auch bei Jhme eine solche Erkäntnisse nicht nur in Rechts- sondern auch in Geistlichen Sachen / daß Jch offt etliche Stunden von treibung wahrer Lehre und Übung Gottseligen Lebens mit Jhme geredet / da Er denn (als der des Geistreichen Johan Arends wahres Christenthum so fleissig gelesen / daß Er gantze Blätter is aus demselben zu erzehlen wuste) viele treffliche Sachen zu meiner höhesten Vergnügunge offtmahls vorbrachte: So bald Er aber zu anderen Kavallieren kahm / oder von denselben ward besuchet / verkehrte Er sich gleichsahm in einem Augenblikke / ja Er stellete sich als hätte Er weder Lesen noch Schreiben gelernet / und solte Einer nicht gern von Geistlichen Sachen / geschweige denn von Künsten oder Wissenschafften /(welche Jhm bei sothaner Gesellschafft lauter Blakscheisserei hiessen) etwas vorzubringen sich haben gelüsten lassen / Er würde übel mit Jhme seyn ankommen. Dieser vornehmer Edelmann ward hernach bei voller weise jämmerlich erschossen.

Noch auff diesen heutigen Tag kenne Jch einen Rittmeister / (und vielleicht etliche mehr / welche eben dieses Sinnes /) der so wol auff hohen als niedrigen Schulen seine Lateinische so Sprache dermahssen fertig ergriffen / daß / wenn Er vor etlichen Jahren dieselbe redete / man Jhme mit Lust muste zuhören /nunmehr aber schämet Er sich derselben so sehr / daß[25] Er auch demjenigen / der Jhn / daß Er ehemahlen ein Studente gewesen / auch nur im Schertz würde erinneren / halb von seinem Degen und einem pahr Pistolen etwas sagen würde: So gahr ist bei vielen die Edle Wissenschafft verschmähet und verachtet / gestalt solches mit mehr anderen Exemplen (wenn nicht die weitläufftigkeit es hinderte) überflüssig könte erwiesen werden / lasse es demnach vor dieses mahl hiebei beruhen. Nur dieses mit weinigen zu erinneren kan Jch nicht unterlassen / daß gleichwol viele tapfere Kriegeshaupter auch noch heutiges Tages werden gefunden / welche mit dem grossen Alexander nicht weiniger die Bücher als Jhre Waffen in hohen Ehren und Würden halten / gestalt Jch solches mit unterschiedlichen Exemplen etlicher vornehmer und in diesen Cimbrischen Landen gebohrner Herren und Kriegesbedienten gar leicht könte erweisen / wenn mir von denen Mißgünstigen solches nicht etwann zuer Heuchelei würde gerechnet: Jch wil aber zu Verhütungen dessen nur den einzigen Weltberühmten Graffen Josias Rantzouen / der hochlöblichen Kron Frankreich General Lieutenanten und Marschalk / (als welcher schon viele Jahre in diesen Cimbrischen Landen / wo selbst Er doch geboren / nicht gewesen) dem Leser allhier vorstellen / welcher tapferer Held nicht nur gelahrte Leute liebet / lobet und ehret / sondern selber in allerhand Wissenschafften und Spraachen dermahssen trefflich ist gelehrt und erfahren / daß Er wol vor einen Außbund der hohen Kriegeshäupter und muhtiggelahrten Rittersleute ist zu schätzen: Und dieser Herr machet durch sein lobwürdiges Exempel alle Verächter und Spötter der Edlen Wissenschafften gäntzlich zu schänden / welches sie denn wol etwas besser behertzigen und nebenst diesen noch ander Kriegeshelden / insonderheit die beide trefflichgelahrte Krieges-Obristen / als weiland Herrn Wilhelm von Lohausen / sonst Kalchum genant / wie denn auch Herrn Dieterich von Werder Jhnen etwas fleissiger vor die Augen stellen müchten.

[26] Jch könte zwahr meinem Simei auff alle und jede seine wichtige Einwürffe und erzwungene Beschuldigungen gahr leicht antworten / achte Jhn aber der Würdigkeit nicht / daß Jch mich in ein weitläufftigers Gespräch mit Jhme solte einlassen. Zu deme siehets und greifft es ein jedweder vernünfftiger Mensch / daß Jch alle seine Verleumdungen keiner anderen Uhrsachen halber muß erdulden / als diewiel Jch die rechte teutsche bittere Wahrheit geschrieben / wie solches ein vornehmer Herr neülicher Zeit selber muste gestehen. Denn / als Jch denselben in Unterthänigkeit fragte / was doch etliche Kriegesbediente müchte bewegen haben / daß Sie sich (wie man sagte) gegen meine Weinigkeit dergestalt hätten lassen verhetzen / ob denn in diesem Schauspiele etwas wäre geredet oder vorgestellet / welches sich bei dieser Zeit nicht also verhielte? Ward mir zuer Antwohrt: Man hätte kein einziges Wort in mehr gemeltem Spiele geredet oder vorgebracht / es wäre tausendmahl wahr / kein ehrlicher Mensch könte es läugnen und hätte man deßwegen gahr nichtes zu streiten: Dieses aber wäre die Frage: Ob denn eben Jch / und zwahr unter solchen verblümeten Vorstellungen dasselbe hätte thun müssen / dieweil man davor hielte / was Jch solcher gestalt schertzweise geredet oder geschrieben / würde zweiffels ohn ernstlich von mir seyn gemeynet / welche gnädige Antwohrt Jch mir gahr lieb habe seyn lassen / als der Jch dadurch in meinem Vorsatze gestärket / das Veritatem et Pacem diligite, Liebet die Warheit und den Frieden die noch übrige Zeit meines Lebens durch Gottes Gnade nimmermehr aus der acht werde lassen / mahssen denn auch solches von einem jedwederen rechtgeschaffenen Christen wird erfodert.

Hier solte Jch nun auch den günstigen Leser (was Jhm etwa von Traur- und Freudenspielen zu wissen nöhtig / auch welcher gestalt die Schauplätze anzustellen / sonderlich aber / wie dieses mein Teutschland zierlich und gebührlich auffzuführen) weitläufftiger [27] unterrichten; Die ümschränkte Kürtze aber dieses Vorberichtes wil solches gahr nicht zulassen und können andere / welche hievon geschrieben / sonderlich unseres hochberühmten Spielenden nutzerfreuliche Gespräch-Spiele fleissig gelesen werden.

Daß Jch schließlich dieses mein Teutschland nicht in gebundener Rede auffgeführet / wie dasselbe von etlichen vor besser wird gehalten / dazu bin Jch in Ansehung der vielfältigen Beschwerligkeiten / welche den Schauspieleren daraus erwachsen / veranlasset worden. Es ist nichtes mühesamers / als in solchen Handlungen an gewisse Reden und Wöhrter sich binden müssen: Dagegen nichtes lustigers noch anmuhtigers / als wenn man frei mag Reden / insonderheit wo die Spieler guhtes Verstandes sind und von dem rechten Zwek nicht leicht abweichen. Jch wil hie nicht sagen / daß bei gebundener Rede auch gemeinlich gebundene Bewegungen / Sitten und Gebehrde vielmahls gefunden werden: Jm Gegentheil / ein freier Redner kan freie Gebehrde führen und findet man sehr weinig Spieler / welche allerhand Ahrten der heut zu tage üblichen Vers recht und wolklingend außzusprechen wissen. Meinem schlechten Bedünken nach sind die jenigen Traur- und Freudenspiele vor die annehmlichsten zu halten / welche von wolgeübten Spieleren in ungebundener Rede mit untergemengeten beweglichen / in die Musik versetzten Liederen und Reimen den Zuseheren vorgestellet werden / und hätte Jch auch derogleichen anmuhtige / Schrifft- und Lehrgemesse Lieder in diesem meinem Teutschlande gahr ahrtig können beibringen / wenn über andere nicht schlechte Uhrsachen auch die kürtze der Zeit mich hieran nicht verhindert hätte / dörfften aber mehrgemelte Lieder vielleicht dem negsten Trukke (da die meisten Vorstellungen in Kupfer gestochen / müchten hinzu kommen) diesem Schauspiele [28] künfftiger Zeit einverleibet und also dieser mangel gebührlich ersetzet werden.

Unterdessen wirst du Teutschgesinneter lieber Leser mit diesem gegenwertigem vor lieb nehmen /die darinnen befindliche Fehler bescheidentlich verbesseren / was guhter Meinung von mir geredet und beschrieben / im besten vermerken / meinen guhten Namen (wie du bißhero rühmlich gethan hast und Jch dir deßwegen hertzlich zu danken mich hoch verpflichtet erkenne) wieder die gifftigen Verläumdungen meines blutdürstigen Simei und seines gleichen mißgünstigen Paßquillanten aus Christlicher Liebe bester mahssen verthädigen und nebenst mit den Gott des Friedens in wahrer Demuht und Bußfertigkeit von gantzem Hertzen anruffen / daß Er der wehrten Christenheit / sonderlich aber dem hochbedrängten und nunmehr in eusserster Gefahr schwebendem Teutschlande / den is edlen / wehrten und güldenen Friede aus lauter Gnaden wiedrum schenken und verleihen wolle / das wünschen und bitten so viele hundert tausend hochbetrübter Seelen: Darnach seufftzen unzehlig viel geängsteter Hertzen: Erhöre uns O du Grosser Friedens Gott / du Vater aller Güte und Barmhertzigkeit / Erhöre uns um deines hertzliebsten Sohnes unseres Himlischen Friede-Fürsten JESU Christi willen / AMEN.

[29]

[Gedichte]

Falsche Friedes-Hoffnung
An seinen Herrn Rüstigen.

Zu dem Abzug hör Jch blasen der Trompeten Freudenschall /

Es erklingt in meinen Ohren des erwünschten Friedenshall.

Jch erseh' / als mich bedünkt / Bilder in Trompeten Fahnen /

Die uns auff verblühmte weis' an die Friedensfreude mahnen /

Dieses ist der Kasten Noe / der sich durch die Wellen schwingt:

Dieses ist die weisse Taube / so des Oelbaums Blätter bringt.

Nun / des Höchsten hohe Huld zeigt der bunte Regenbogen /

Welcher ohne Pfeil und Sehn' ist Opalfarb auffgezogen /

Und beglaubet uns den Frieden. Niemand sol erscheinen leer;

Sondren alle GOtt zu danken Opfergaben bringen her.

Rüstig / Rüstig Einer komt / der und Jenner lässig säumet /

Ach! wie trügt der falsche Wahn / es hat leider mir geträumet!


In Nürenberg schrieb dieses

Der Spielende

Klage und hertzlicher Friedens-Wunsch
über das Nothleidende Teutschland.

Sol dann unsre gantze Zeit

unter solchen Kriegeswaffen /

Unter welchen Sie bereit

grau geworden / gar entschlaffen?

[30]

Wil der Fried' im Werden sterben /

Und in der Geburt verderben?

Dann Saturnus seinen Kreiß /

Den Er einmahl durch gegangen

Über unser Blut und Schweis /

Hat schon wieder angefangen.

Jst dem Schwerd / das uns verletzet /

Dann so gar kein Ziel gesetzet?

HERR / dein Wort und freie Kunst

Hat bei frechen Kriegeswaffen

Wenig Platz und schlechte Gunst /

Laß den Krieg doch einst entschlaffen /


Laß die Spiesse Spaden werden

Zu erbauen Hoff und Erden.

Ach erhör doch unsern Rist /

Der an statt des Vaterlandes

wünschend auffgetreten ist /

Denke doch des Liebes-Bandes

Durch das an dir hängt ein jeder /

Und gib uns den Frieden wieder.


Seinem hochgeehrten Herrn

Risten übersendet dieses

von Gottorff

M. Adamus Olearius,

Hoch Fürstl. Gottörffischer

bestalter Hoffmathematicus.

An das Unempfindliche Teutschland.

O Wehrtes Vaterland / wie wirst du doch verheeret!

Es ist dein Mark und Bein auff weinig noch verzehret /

[31]

Dir / dem das Edle Gut / der güldne Fried' entbricht /

Und du / O Teutsche Welt / empfindest diß noch nicht?

Mein hochberühmter Rist der weisets ja mit Spielen;

Du fühlest zwahr die Noht / und wilst sie doch nicht fühlen /

Ach stürtze Thränen aus / stimm' an dein Klagelied:

Mein GOtt / Erhöre mich / gib Friede / Friede /Fried!


Seinem hochwehrten Freunde und

Brudern schrieb dieses zum Jork

M. Frantz Müller.

Johannesrjstjvs /
Prediger Göttliches Wohrtes zu
Wehndel an der Elbe / und vom Käyserlichen
Hofe aus Edelgekröhnter
Poeta.
Durch richtigen kurtzlangen Letterwechsel.

O / ohne Kampf hat Ewre Kunst /

Und alles das Jhr nur gedichtet /

Geist / Loob / Ansehen / Preyß / je Gunst

Trotz! Neid vool were / der es richtet.

Erklärungs-Sonnet
An den
Edlen und Weltberühmten
Herrn Risten.

Bei Tugend ist der Neid / der / was Sie thut / vernichtet

Durch Mißgunst angereitzt. Doch einen tapfren Muht

[32]

Er niemahls unterdrükt / weil für sein höchstes Guht

Er GOtt und Kunst erwählt: Wie diesem Jhr verpflichtet

Mit Treü und Ernst / Herr Rist / So das Jhr nur gedichtet /

Auch Ewre Kunst / und was Jhr sonsten lehrt und thut /

Hat ohne Kampf / auch wol / bei hohem Fürsten Bluht

Lob / Preiß / Ansehen / Gunst. Trotz deme /der es richtet /

Der wäre Neides vool; Was für ein hoher Geist

Jn Eüch sich regt / ohn was Jhr sonsten schreibt / beweist

Was Jhr dem Käyser singt / und was Jhr uns zu Schauen

Jm Friedenwunsch fürtragt / den Teutschland sehnlich bringt

Durch Eure Kunst jtz für. Wahr bleibt es was Jhr singt /

Herr Rist / hat Lob und Geist; Aus dem wir uns erbauen.

Das Elende und Jämmerliche
Teutschland beklaget seinen
zerrütteten Zustand.

Ach Jammer! Jammer! Noht! Ach! wie hat mich gestürtzet

Der jehe Glükkesfall und unverhofft verkürtzet

Mein Himmelbreites Lob! Jch war der Helden Ohrt /

Der grossen Völker Hauß / bei mir war fohrt und fohrt

Der Tugend Sitz und Stell. Jch war der Schätze Kammer /

Jtz ist mein Überfluß nur lauter Noth und Jammer /

Vor war Jch Herr / jtz Knecht / vor eine reine Magd;

An meine Jungfrauschafft Gewalt sich jtz gewagt /

Die führt das Regiment / Der muß Jch / Ach! herhalten

Und über mich / O Pein! die Fremden lassen walten

Die gantz zergliedern Mich. Daß / wo Jch wende hinn

Mein' Augen / seh' Jch Noth und Elend zuem Gewinn /

Beinahe gahr den Todt. Jch bin in steter Straffe

[33]

Vielleicht nicht ohne Schuld: Wie / wenn der Wolff die Schaaffe

Der Geyr das Huhn zerreist; So handelt itz die Welt

Mit mir / der stost mich hin / der Ander dort mich hält

Und muß Jhr Schauspiel seyn. Ach! Ach! Die Zier der Alten

Jst mit Gewalt geraubt! Sol Jch nicht gar erkalten

Und gantz zu drümmern gehn / so endre meinen Stand

O GOtt! Du kanst es thun und gib uns Fried' im Land'!

Gib daß Auffrichtigkeit an statt der Falschheit wohne

Bei mir / wie Ja geschehen. Ach HERR / Ach HERR verschone

Doch meiner endlich noch! Laß seyn für Zwang und List

Die Freiheit / wie mir wünscht mein Treuer Teutscher Rist.


Seinem hochwehrten Herren und Freunde

übersendet dieses von Gerdau aus dem

Fürstenthum Lüneburg am 1. Tage des

Herbstmohnden 1647.

Bartholomeus Bohte /

Perdiger Göttliches Wohrtes

daselbst und Gekröhnter

Käyserlicher Poet.


O Wehrtes Vaterland / daß du so gar zerstöret /

Und von dem grimmen Mars auffs ärgste bist verhehret /

Daß deine Städte so erbärmlich seyn verderbt /

Und was von deinem Volk du vormahls hast geerbt

Geworden ist zutheil der fremden Völker Schaaren /

Die ja für diesem nicht bey dir zu finden waren:

Daß deine Freyheit weg / und dieses Edle Landt

Das vor in aller Welt das beste ward genandt /

[34]

Umb allen seinen Schmuk und Herrligkeit gekommen

Daß seine Frewde ist so gahr hinweg genommen /

Dies alles mein Gemüht und Sinne also kränkt

Daß es mich offtermahls in tieffsten Unmuht senkt.

Dennoch was ist zuthuen / der Höchster hat zerschlagen /

Und dir o Armes Land auffbürdet viele Plagen /

Es ist der Sünden Schuld / es ist der Sünden Lohn /

So billich dich gebracht in solchen Spott und Hohn.

Doch der dich bloß gemacht / der kan dich auch wol zieren /

Und dein verjagtes Volk zu hause wieder führen.

Es wird doch noch geschehn / daß Ehre / Güte / Trew;

Ja Redligkeit und Fried' in dir wird werden new.

Der Allerhöchster wird nach seufftzen / heulen / weinen /

Und nach dem Ungemach die Sonne lassen scheinen

Den Frieden geben uns / und nach so vielem Leyd'

Uns überschütten gantz mit dessen Liebligkeit.


Dieses wünschet dem auff den eussersten

Grad außgesogenen und nach

Friedeseufftzenden Teutschlande von

grunde seines Hertzens

Georg Reiche.

Auff das SchauSpiel des hochbedrängten Friedeseufftzenden Teutschlandes.

Von meinem hochgeehrten Herren Risten beschrieben.

Du Menschen Freund / Du FriedeFürst / HERR Jesu dich erbarme

[35]

Des hochbedrängten Teutschen Reichs! Greiff in die starken Arme

Den Friedenstürmern / daß sie doch das wehrte Christenbluht

So grausam nicht vergiessen mehr! wünsch Jch / wie Rist hier thut.


Joachimus Pipenburg /

Gerichts-Sekretarius

der Stadt Lüneburg.

Kling-Gedichte
An das schlaffende Teutschland.

Wje / Teutschland / schlaffst du noch? ô aller Länder Trohn;

(Ach leider vormahls zwar) Auff! Auff! du hast geschlaffen

Fast mehr dann allzuviel / ergreiff noch itzt die Waffen /

Es ist sehr hohe Zeit: Du bist ein Spott und Hohn

Der Leute / der dir stehn nach deinen Sitz und Thron:

Wirst du sie nunmehr nicht aus deinem Reiche schaffen /

Sie drükken dich zu todt / aus Liebe / wie die Affen

Die Jungen manchesmahl; ô schone deiner / schon!

Und so du ja nicht mir wilt glauben oder trauen /

So komm' Herr Ristens jetzt sein Schau-Spiel anzuschauen /

Das Er mit grossem Ruhm dir hat vortragen lassen

Jn Hamburg öffentlich / da kanstu sehen recht

Wie andre Herren sind / du aber nur ihr Knecht.

Wer nicht ein Midas ist / wird Herren Rist nicht hassen.


Seinem höchstgeehrten Herrn und vornemsten

liebwersten Freunde zu

Ehren setzete dieses aus

Schuldigkeit

Michael Jacobi.

[36]

An den mißgünstigen
Neidhard.

1.

Neidhard man hat schon vernommen /

Daß du kommen

Nattren Gifft und bittre Gall

Außzugiessen überall:

Doch halt' ein /

Hier ist klahrer Augenschein.


2.

Dieses Buch dich überwindet /

So dir bindet

Deine Zunge / daß fortann

Dir mißtrauet Jedermann /

Drum halt ein

Dieses kan Beweißthum seyn.


3.

Daß du vielmahls Rauch verkauffest

Jmmer lauffest

Herren Rist zu geben ann /

Solches weis der Grosse Mann /

Doch halt ein

Unschuld lindert Jhm die Pein.


4.

Zwahr / wenn Jch bei mir bedenke

Solche Renke

Welche Neidhard immer fohrt

Schmiedet fast an allem Ohrt /

Find' Jch kaum

Meiner Rede Sinn und raum.


[37] 5.

Ach! Jch werde gantz verrükket

Und entzükket

Wenn Jch höre / daß Herr Rist

Abermahl belogen ist.

Lügen sind Anders nichts als Rauch und Wind!


6.

Bei dem Himmel / kan Jch sagen

Ohne fragen /

Daß der all zu Teutsche Rist

Gahr zu sehr verleumdet ist

Kan auch fein

Seiner Unschuld Zeüge seyn.


7.

Darum Neidhart laß dein schmähen

Und doch gehen

Leute die dir nichts gethan /

Diß ist nicht der Tugend Bahn:

Still! halt ein

Teutscher Naso der ist Rein


Dieses schrieb aus Schüldigkeit

seines hochgeehrten Herren

Kinder Præceptor

Christianus Christiani,

der heiligen Schrifft

Beflißner.

[38]

An den WolEhrwürdigen / Edlen und Hochgelahrten Herren
Johan Risten /
Als Er sein Friedewünschendes
Teutschland heraus gab.

Dem Jüngst Der Ferdinand hat einen Krantz geschenket /

Wie komts / daß dieser noch was höher aus gedenket?

Die Tugend und die Kunst ist sie nicht gnug belohnt /

Wenn sie der Käyser selbst zu preisen nicht verschont?

Ein Kluger kan die Kunst aus Mißgunst nicht vergraben /

Daß sie nicht nach dem Tod' auch solt ein Ander haben /

Er thut so viel Er kan und mehret den Verstand /

Jn dem' Er trefflich schreibt durch die gelehrte Hand

Das nach dem Himmel schmekt. Hat Er gleich viel gegeben /

Dadurch Er Ewig kan auch nach dem Tode leben /

So fährt Er dennoch fohrt und denket / daß ein

Mann Der hoher Sinnen ist / nicht gnugsahm schreiben kan.

Wir lesen viel von Euch was frei und daß gebunden /

Daraus ein Teutsches Hertz hat offtmahls Lust empfunden /

Weil Jhr O Edler Rist / voraus beflissen seyd

Zu retten durch die Kunst der Sprachen Zierligkeit /

Die fast bei Jedermann war gantz und gahr vergessen /

Ja die der Zeiten Rost nun schier hatt' auffgefressen /

Jhr thuts / und die mit Euch so manchen Tag und Nacht

Um unsrer Sprachen Glantz habt Rüstig zugebracht

Nun stellet Jhr uns vor gantz Teutschland / das schon lieget

Und wird von mancher Hand so grausahmlich bekrieget /

Wie Friede nöhtig sei / wodurch man Jhn erhält

Eh daß gelähmte Reich sich gantz zu Tode fält.

Diß lobet wer es sieht / es ist auch hoch zu loben /

Weil unser Vaterland sehr wird dadurch erhoben /

[39]

Jhr schaffet / daß man spricht. Seht / wie der Edle Rist

Die Sonne / Krohn' und Haupt der klügsten Dichter ist.


Aus dankbarem Gemühte und Treümeinendem

Hertzen übersendet dieses

aus Hamburg

Johan Garmers.

Offver Her Johan Ristis
Fredynskende Tyskland.

Vaar Karret det er suldt / (saa pleyer mand ak sige /)

Da Vandet gierne sig vil offver Bredden snige /

Naar HErren voris Gud med stoer Tolmoedighed

Harlœnge nock anseet vor Synd och Ondskab leed /

Och ingen Poenitentz hos os er at forvente /

Da hand med Straff paa sidst' ey pleyer lasng at lente /

Saa er det / Tydskland / dig och gangen hidindtil /

Du har Synd och Last bedreff vet DaaeSpill /

J ald Lætfærdig hed du stedsedig har øffvet /

med Synder mangeleed och Englerne bedrøffvet /

saa lidet tænckt paa Boed / saa lidet actet Gud /

man slaget hen i Vind vor HErris Ord och Bud /

Derfor / der du dig saa fortrædelig har voffved

Och dig mod HErren satt med it haardnacket Hoffved /

Da har omsider hand udi fin Vrede optænd /

Sin Plage / mangelund nu offver dig udsend /

Med Hunger / Brad Død / Kryg / i mange Aar dig plaget /

Dertil sin Naadsens Haand och gandske fra dig taget /

Och Straffen trycker dig endnu paa denne Daeg /

saa du vel Aarsag har / at føre Suck och Klag /

Atraab äff Hiertens grund / at bede Gud om Naade /

[40]

at hand vil sende Fred och fr eise dig aff Vaade.

Saadant dend ælde Rist udi sit Skue-Spill

Dig til Paamindelse her forestille vill.

Ach følge dog hans Raad! vend om / vend om i Tide /

Säst Synd och Sickerhed / ald Ondskab til en Side /

Giør Poenitentz och Boed / fatt dig it andet Sind /

Och slae Guds Ord och Straff saa læte ey hen i Vind /

Saa skalt du ochsaa see / at HErren snaert vil komme

med stoer Forbarmelse / och dig til megen fromme /

Dend ynskelige Fred dig sende i dit Land

och føre dig med Fryd udi din forig Stand /

At du med dine Børn skalt haffve Roe och Glæde /

for Krijgs och Freydis Fryct din Oyn miere væde /

men udi dit Paulun / och hos dit Figen Trœ/

i Fred och Roelighed kandst sidde udi Lœ.

Det giffve dig vor Gud / din Sorrig hand omvende

Til Glœde / Fryd och Lyst / sin Fred hand snaert dig sende /

Hand frelse dig aff Nød / hand jo bønhøre dig /

at du med Hiert' och Mund kandst tack' ham inderlig.


Dette ynskis det betrœngte och udi Krigen

forderffvede och udsuuede effter Freden

suckende Tydskland.

aff

Dend udlændske Celadon.

[41][44]

Personen

Personen.Welche in diesem Schau-Spiele redend werden auffgeführet.

    • Merkurius.

    • König Ehrenvest.

    • Heerzog Herman.

    • Fürst Klaudius Civilis.

    • Heerzog Wedekind.

    • Teutschland.

    • Friede.

    • Wollust.

    • Hofemeister.

    • Don Anthonio.

    • Monsieur Gaston.

    • Signoro Bartholomeo.

    • Herr Karel.

    • Page der Königinnen.

    • Mars.

    • Sausewind.

    • Hunger.

    • Pest.

    • Tod. NB. Redet nichts / kan auch außgelassen werden.

    • Meister Ratio Status, der Wundartzt.

    • Gott.

    • Gerechtigkeit.

    • Liebe.

    • Hoffnung.
    • [44]

1. Akt

1. Aufzug
Der erster Auffzug.
Merkurius tritt auff in seinem gewönlichen Habit.

Glük und Segen / Leben und Wolfahrt / Heil und Seligkeit wünsche Jch Euch allen / so viel Eurer dieses vielleicht unverhofftes Schauspiel anzusehen und mit nützlicher Ergetzligkeit zu betrachten allhie sind versamlet. Wie? Jst denn keiner unter diesem gantzen ansehnlichen Hauffen / der mir auff meinen Wunsch auch nur mit einem einzigen Wörtlein danket? Vielleicht kennet Jhr mich nicht / oder / so Jhr mich kennet / scheüet Jhr Eüch doch mir / als den Jhr zweifels ohn vor einen Gott haltet / öffentlich zu antworten. Aber / Jhr vielgeliebte Herren und Freunde / Jch zweifle durchaus nicht / daß etliche unter Euch von gar gutem Verstände sind / und eben dieselbe sehen mich an vor den Merkurium / von welchem die alte Poeten viele wunderseltzame Grillen haben gedichtet: Denn / bald muß Jch Jhnen ein allgemeiner Botte und Abgesandter Jhrer Götter seyn / bald ein Gott der Kauffleute / bald ein Gott der Diebe / bald ein Gott der Beredsamkeit / und wer kan alle Jhre Fratzen gnugsam erzehlen? Jch aber bekenne frey und öffentlich / daß alles dieses Jhr vorgeben schändlich sey erlogen; Denn / wer will doch bey dieser Zeit /[45] da die güldene Fakkel des heiligen Göttlichen Wortes in den Europäischen / sonderlich denen Teutschen Landen / so hell und Sonnenklar daher leuchtet / so gar närrisch und unbesonnen seyn / daß Er die elende Menschen / ja wol gar die grausame Teuffel vor Götter halten solte? Jch zwar kenne durchaus keine Götter / als nur den einzigen wahren GOTT / Schöpffer Himmels und der Erden / der sich in seiner allerheiligsten Dreifaltigkeit den Menschenkinderen so gnädigst hat offenbaret und dessen unwürdiger Diener Jch bin / die übrige alle von Menschen erdichtete Götzen verfluche Jch von Hertzen / halte mich auch versichert / daß Jhr / die Jhr Christen seyd / mir dieses falles gerne beyfall geben werdet.

Unterdessen / damit Jhr gleichwol eigentlich wisset / wer und von wannen Jch sey / so läugne Jch zwar nicht / is daß Jch ein vermummeter Merkurius / aber nicht der Maien-Sohn bin / sondern ein alter Teutscher / Priesterlicher Merkurius / und komme Jch gleich itz aus den alten Eliseischen Felderen / welche anmuhtige Felder / Wiesen und Garten sehr ferne von hier im Lande Utopia / dort in jenner Welt gelegen /woselbst sich auch unter anderen die alte Teutsche Helden / welche vor vielen Hundert Jahren gelebet haben / nach Jhrem Tode auffhalten. Diese Felder nun werden auch noch biß auff diesen heutigen Tag so gewisse und wahrhafftig daselbst gefunden / so gewisse Jch der Maien Sohn / der Merkurius bin.

Jhr sollet aber wissen / daß Jch in diesen also genenneten Felderen oder in dem erwähneten Utopia ein hohes und herrliches Ampt bediene / denn / so bald etliche von den alten Helden Erlaubnisse haben erlanget / daß sie auff etliche Tage die Eliseische Felder verlassen / sich in diese alte Welt begeben und auff dem Erdbodem ein weinig ümmesehen mügen; So bin Jch eben derjenige / der sie von dannen herauff führet / und Jhnen dabenebenst / was sie etwan zu sehen begehren / nach vermügen zeiget / auch daß / was sie nicht verstehen / [46] erkläret und außdeutet. Und zwar / es haben noch gestrigen Tages etliche der allertapfersten Helden und uhralten Teutschen Fürsten Vergünstigung erlanget / daß sie die vielerwähnete Eliseische Felder auff eine kurtze Zeit verlassen und Teutschland das allerherrlichste und prächtigste Reich des gantzen Erdbodens / davon in jenner Welt / schon etliche hundert Jahre so viel rühmliches ist gesungen und gesaget worden / in Jhrer vollenkommenen Glükseligkeit beschauen und gegen die Beschaffenheit des uhralten Teutschlandes / wie solches zu ihrer Lebenszeit befindlich gewesen / vernünfftig halten müchten.

Geliebet Euch nun etwann ferner zu wissen / wie vorgedachte Teutsche Helden genennet werden / so verhalte Jch Euch nicht / daß der erste heisset König Ehrenvest / von den Römern Ariovistus genant / welcher zu des ersten Römischen Käysers Julij zeiten hat geherrschet und ein tapferer Kriegesmann auch hertzhaffter Beschirmer der Teutschen Freiheit gewesen / massen Er sich denn mit dem vorgedachten Julio Cæsare rechtschaffen herümmer geschmissen. Der ander ist der Hertzog Herman / sonst Arminius geheissen / welcher dem Käyser Augusto seinen Feld-Obristen den Quintilium Varum mit dreyen Legionen bestehend in zwantzig Tausend der allerbesten Römischen Soldaten / in Westfahlen am Duißberger Walde hat erschlagen. Der dritte heisset Klaudius Civilis / ist ein unerschrokner Fürst und Heerführer der Niederteutschen gewesen. Der vierdte ist der weltberühmter Hertzog Wedekind / welcher dem grossen Käyser Karl über die massen viel zu schaffen gemachet / in deme Er die Freiheit seiner Sachsen mit einer unaussprechlichen Hertzhafftigkeit hat beschirmet / der doch endlich den Christlichen Glauben hat angenommen und sich tauffen lassen.

Diese vier außerlesene Helden wünschen nun von Hertzen / daß sie Jhr werthes Vaterland / nemlich das Teutsche Reich in seiner grossen Herrligkeit / von welcher sie in denen Eliseischen [47] Felderen so viel gehöret / nur einmahl recht müchten beschauen / welches Jhres Wunsches sie denn nunmehr sollen gewehret werden. Die vier Helden gehen auff. Aber siehe da / sie treten schon daher und sind sie mir gewißlich auff den Fuß s nachgefolget.

2. Aufzug
Der ander Auffzug.
Merkurius / König Ehrenvest / Hertzog Herman /Fürst Klaudius Civilis / Heerzog Wedekind.
Die vier Helden gehen auff eine gar alte Manier bekleidet / mit auffgebundenen langen Haren /grosse Streitkolben in den Händen haltend / mit angehängeten breiten Schlachtschwerdteren / und kan man sich der Abbildungen / welche in des hochgelehrten P. Klüverij altem Teutschande werden gefunden / in diesem falle sehr nützlich gebrauchen.

KÖNIG EHRENVEST.

Glük zu Merkuri / finden wir dich schon hier? Nunmehr verstehe Jch erstlich / wo zu dir die Flügel an deinen Füssen nützen / daß du nemlich so viel geschwinder auff der Reise fortkommen und den jenigen / welche die aus den Eliseischen Felderen in diese Oberwelt führest / eine bequehme Lagerstatt könnest bestellen.

MERKURIUS.

Ja König Ehrenvest / eben der Ursachen halber bin Jch ein weinig voran gangen / daß Jch Euch Teutsche Helden / deme mir auffgetragenem Befehle zu folge / an diesem Ohrte gebührlich müchte empfangen.

HEERZOG HERMAN.

Aber / sage mir Merkuri / nach deme wir nun dieser öhrter angelanget / wo selbst Jch und König Ehrenvest in sechszehnhundert Jahren nicht gewesen / sind wir allhier auch gesichert vor dem Uberfall der Römer? Denn Jch erinnere mich annoch sehr wol / daß sie zu meiner[48] Zeit hin und wieder / sonderlich am Rheinstrohm Jhre mächtige Besatzungen pflagen zuhalten.

MERKURIUS.

Was / Heerzog Hermann / fürchtet Jhr Eüch vor den Römern? Wisset Jhr nicht / daß heute zu tage die Teutsche den Römern / mit nichten aber die Römer den Teutschen zu gebieten haben? Der jtzregierender Römischer Käyser ist ein gebohrner Teutscher und kein Römer oder Wälscher. Und zwar von der Zeit des Grossen Karls / mit welchem Heerzog Wedekind so schwere und langwierige Kriege hat geführet / schon länger den 800. Jahre haben die Teutsche das Römische Käyserthum regieret und besessen.

KLAUDIUS CIVILIS.

Was höre Jch? Stehet die Herrligkeit des Käyserthums dieser zeit bey den Teutschen / so mügen wir uns alle mit grossem fuge vor glükselige Fürsten preisen / dieweil wir gebohrne Teutsche sind: Dieses aber kan nicht fehlen / Teutschland muß sich über alle masse sehr verändert haben.

HEERZOG WEDEKIND.

Ja freilich muß sichs sehr haben ümgekehret / es hatte schon zu der Zeit / darinnen Jch auff dieser Welt habe gelebet / viel eine andere beschaffenheit mit Teutschland / als in denen Jahren / in welcher Jhr drey tapfere Helden vor die Freiheit des Vaterlandes so ritterlich habet gestritten und so manchen herrlichen Sieg von den Römern und anderen der Teutschen abgesagten Feinden erhalten.

HEERZOG HERMAN.

Und eben dieses ist die Ursache / daß mich nunmehr so hertzlich verlanget / daß itzige neüe Teutschland in seinem grossen Pracht und Herrligkeit zu sehen / denn mir noch gar nicht entfallen / was ich von [49] desselben hohen Glükseligkeit in den Eliseischen Felderen / wiewol nur im Schlaffe oder gleichsam träumend habe verstanden / begehre demnach nichtes mehr / als daß Jch alle Sachen in der That und Warheit selber erfahren müge.

MERKURIUS.

Seyd zu frieden Heerzog Hermann / es sol Euch alles nach Wunsch gezeiget werden / Jhr Helden müsset mir ein weinig Zeit günnen.

KLAUDIUS CIVILIS.

Gar gern Merkuri / wir müssen aber auch die kurtze Zeit / welche uns auff Erden zu verbleiben ist gegünnet / also anwenden / daß wir darinnen etwas frucht-barliches außrichten.

KÖNIG EHRENVEST.

Freylich müssen wir uns der Zeit nützlich gebrauchen / denn wir sind ja zu dem ende herauff kommen / daß wir vor allen anderen Dingen das neue prächtige Teutschland in seiner Majestät / blüendem Friede und Glükseligkeit mit fleisse mügen besichtigen. Eines aber wünsche Jch hiebey von Hertzen / daß wir nemlich das alte Teutschland / wie dasselbe zu unseren Zeiten gestanden / noch einmahl sehen müchten / was dünket dich Merkuri / solte man dieses Begehren nicht erhalten können?

MERKURIUS.

König Ehrenvest / ob mir wol nichtes liebers köndte begegnen / als daß Jch Eüer aller Wunsche dieses falles ein genügen thun müchte / so halte Jch es doch vor eine wahre Unmügligkeit / daß Alte Teutschland / wie dasselbe bey Eüren Lebenszeiten beschaffen gewesen / in seinem eigentlichen Zustande und Wesen einigem Menschen vorstellen können / die weil solches alles dergestalt ist geendert / daß man es doch nimmermehr recht würde erkennen: Damit Jhr aber gleichwol nicht gar umsonst bittet / so wil Jch Euch ein treffliches Bildnisse desselben alten Teutschlandes zeigen / welches schon vor vielen [50] hundert Jahren zu einer ewigen Gedächtnisse in eine Kapellen des negstgelegnen Waldes ist gesetzet oder auffgestellet worden / da werdet Jhr das alte Teutschland etlicher massen sehen und vielleicht vieles guten dinges Euch dabey erinneren können.

HEERZOG HERMAN.

Warlich Merkuri / dieses dein Erbieten gefält mir über die masse wol / denn Jch nicht weiniger begierde habe / als König Ehrenvest daß alte Teutschland / wo nicht in seinem vollenkommenem Wesen / jedoch nur etlicher massen im Bilde zusehen.

KLAUDIUS CIVILIS.

Ja Heerzog Hermann / es wird dieses der mühe wol wehrt seyn. Aber Merkuri / sage uns doch / ist es noch weit von hinnen / da selbiges Bild anzutreffen / und wirst du uns nicht bald hinzu führen?

MERKURIUS.

Stellet Euch zufrieden Jhr Helden / wir sind is schon am rechten orthe / denn Jch habe Euch mit fleiß hieher gebracht. Sehet da / was Jhr dieser wegen zu sehen so fleissig habt begehret.


Der Schauplatz öffnet sich / und sitzet daß alte Teutschland wie eine ansehnliche Matron gantz ehrbarlich bekleidet / eine schlechte Krone auff dem Haupte und in der Hand einen Scepter habend / in einer Kapellen / auff einem Stuhl / der auff einen vierekkichten steinern Tisch oder Altar gesetzt ist. Zu Jhrer rechtern Hand stekken zwey Fahnen in welchen ein Adeler gemachet / um diese Fahnen liegen allerhand alte Gewehre /Schlachtschwerdter / Streitkolben / Hellebahrten /Spiesse / Wurffpfeile und bey diesen auch etliche Haute von wilden Thieren und anderen dergleichen Sachen. Auff der anderen seifen stehen zwey Schiffe / Milchtöpfe / dabey liegen etliche stükke
Fleisch / ein grosses Kühehorn und mehreren dergleichen bey den alten Teutschen so wol zu Friedens als Kriegeszeiten [51] gebräuchlichen Sachen. Die Helden stehen gleichsam entzükket und sehen dieses alles mit verwunderung an.
MERKURIUS.

Trettet nur näher herzu und beschauet dieses Bild wol und fleissig Jhr Teutsche Helden / ob Jhr noch etwan Anzeigungen des alten Teutschlandes an demselben könnet befinden.

KÖNIG EHRENVEST.

O Merkuri / es ist in diesem Bilde die beschaffenheit des alten Teutschlandes dermassen artig vorgestellet / daß Jch mich auch gar fein kan erinneren / der damahlen Sitten / Gebräuche / Tugenden / Redligkeit und Tapferkeit meiner Landesleute der Teutschen.

HEERZOG HERMAN.

Sehet da / diese sind eben die Waffen / Schwerdter / Spiesse und Schilde / derer Jch mich in meinen Kriegen und Zügen wieder die Römer und andere Feinde etwan pflag zugebrauchen.

KLAUDIUS CIVILIS.

Und diese Schiffe halte Jch / sind noch übrig geblieben von dem grossen Schiffzeuge der Römer / welchen Jch zuer Zeit des Käysers Vitellien mit gewehrter Hand vom Rhein hinweg nam / als Jch die beyde mächtige Städte Köllen und Meintz eroberte / die Römischen Besatzungen heraus schlug / den Bühel des Drusen zerschleiffete und die Römer aus gantz Holland verjagte.

HEERZOG WEDEKIND.

Warlich du rechtes Ebenbild unserer allgemeinen Teutschen Mutter / gibst genugsame Uhrsache / daß wir uns die grosse Mannheit unserer Teutschen zu Gemühte führen / dabenebenst auch Jhre einfältige Auffrichtigkeit / Mässigkeit und andere schöne Tugenden höchlich rühmen und preisen.

[52]
HEERZOG HERMAN.

Gebet acht Jhr Brüder / da stehet noch ein Topf mit Milch / nebenst einem stükke Fleisch von einem wilden Thiere / womit wir uns des Hungers und Durstes pflagen zu erwehren / denn davon lebten meine Teutsche / mit dem Akkerbaü hatten sie gar weinig zu schaffen / Jhr Viehe versorgete sie mit Fleisch / Milch und Butter / und mit Jhren Bögen erlegeten sie die wilden Thiere.

KÖNIG EHRENVEST.

Und sehet Jhr Helden / diese Häute von Bähren und Wölffen / derer wir / im falle wir uns zur Ruhe niederlegeten / uns nützlich bedieneten. Ach / wie habe Jch doch offtmahls so sanfft auff diesen Häuten geschlaffen / wenn Jch aus den Schlachten ermüdet zu hause kam!

FÜRST CIVILIS.

Dieser Ahrt Hörner pflag Jch mich zugebrauchen / wenn Jch wieder meine Feinde in den Streit außzog / alsdenn ließ Jch dieselbe blasen und mit einem grossen Geläute meine Teutsche zum Kampfe auffmuntern.

HEERZOG HERMAN.

Und eben diese sind die beyde grosse Haubtfahnen / welche Jch des Käysers Augusten Feld Obristen dem Quintilio Varo / nach dem Jch Jhn sampt 20000. tapferen Kriegesleuten danieder geleget / dazumahlen sampt anderen trefflichen Beuten habe abgenommen.

KÖNIG EHRENVEST.

Jn Warheit dieses alte Bild ist sehr wol gemachet: Man betrachte nur das Majestätische Ansehen des alten Teutschlandes / desselben taurhaffte Waffen / eingezogenes Leben / erhaltene Siege und Verübung so vieler herrlichen und ewigen ruhmes würdigen Thaten. Aber / sage mir Merkuri / vergleichet sich auch das neüe Teutschland etlicher massen mit diesem alten?

[53]
MERKURIUS.

Durchaus nicht: Es ist zwischen dem alten und neuen Teutschlande ein viel grösserer Unterscheid / als zwischen dieser Welt / darauff wir jtzund wandelen und denen Eliseischen Felderen / aus welchen wir vor weiniger Zeit sind herkommen / und worinnen wir nach dem Tode leben. Es hat das Neüe Teutschland viel ein anderes Regiment / viele andere Sitten / Gebräuche / Waffen / Kleidunge / Nahrung / Häuser und dergleichen. Es hat an statt des Fleisches und der Milch / womit sich das Alte muste behelffen / wol tausendterley niedliche Speisen. Es hat Rheinische Spanische / Französische / Welsche und andere fast unzehliche ahrten von Wein und nebenst diesem auch viel Gewürtz / verzukkerte Konfecten und andere dergleichen Schlekkereien. Es gebrauchet sich nicht mehr der Häute der wilden Thiere darauff zu ruhen / aber wol köstlicher von Gold / Seiden / Baumwolle und zahrter Leinwad gemachter und mit weichen Pflaumfederen außgefülleter Bette.

An statt der Hörner hat das neüe Teutschland Trompetten / Posaunen / Zinken / und nebenst diesen Lauten / Geigen / Orgelen / Harffen / samt vielen anderen herrlichen Jnstrumenten. Jch wil hie nicht sagen von der wunderbahren und höchstnützlichen Kunst der Drukkerei / welche sie selber erfunden; Jch rede hier auch nicht von Jhren Uhren /25 Mühlwerken / Schiffahrten / Distilliren / Schleiffung der Waffen / Malerei und schier unzehlichen Wissenschafften und Künsten / dieweil Euch / im Kriege und Harnisch er-zogenen Helden solches alles zu verstehen viel zu schwer fallen würde. Nur dieses erinnere Jch noch / daß / im falleao Teutschland Kriege führet / so streitet es nicht mehr mit Bogen / Pfeilen / Wurffspiessen / Schleuderen / Kolben und dergleichen: Nein / es hat andere und zwahr solche Feuer-speiende Waffen / die mit einem erschrecklichem Donner die [54] Menschen auch von weitem / ja wol auff etliche tausend Schritte plötzlich können umbringen. Jn Summa / es heisset recht daß Neüe Teutschland / in welchem des Alten so gahr ist vergessen / daß man es noch füglicher Ein Anderes als Ein Neues nennen könte.

HEERZOG WEDEKIND.

O du liebes Teutschland / bist du denn so gantz und gahr von deinen alten Sitten / Wandel / Leben / Gewonheiten und Gebräuchen abgewichen? Aber Jhr Brüder / wollen wir uns bei diesem Bilde noch eine Zeitlang auffhalten?

KÖNIG EHRENVEST.

Mein weiniges Bedenken ist dieses / daß wir vor unserem hinweg scheiden aus schuldiger Dankbarkeit diesem Bilde unserer weiland allgemeinen Mutter des Alten löblichen Teutschlandes ein Opfer thun / zu foderst aber mit dem Gebehte den anfang hiezu machen.

FÜRST CIVILIS.

Und eben diese Meinung gefält auch mir / lasset uns derowegen diesen Gottesdienst nur schleunigst verrichten und mit einander nieder knien.


Hie knien sie alle vier nieder / und schlagen die Häubter zuer Erden / richten sie aber bald wiedrum auff / in deme sie aber in Jhrer Andacht wollen fohrtfahren / wird der Schauplatz geschlossen / und da sie das Bild nicht mehr sehen / fähet an mit lauter Stimme zu ruffen.
HEERZOG HERMAN.

Was ist daß Jhr Helden / wache oder schlaffe Jch? Sehe Jch etwas im Traume / oder wiederfähret mirs in der Wahrheit / daß diß Göttliche Bild unserer Allgemeinen [55] Mutter / des uhralten Teutschlandes uns so gar plötzlich wird aus den Augen gerükket? Sollen wir denn unser schüldiges Gebeht und Opfer vor demselben nicht erstlich verrichten?

MERKURIUS.

Stellet Euch zu frieden Jhr Teutsche Helden / Es geziemet sich gahr nicht einem todten Bilde Göttliche Ehre anzuthun: Der ewiger Schöpfer und Erhalter aller Dinge / welcher ist der hochgelobter GOtt in Ewigkeit / wil allein von den Menschen Kinderen verehret und angebehtet seyn / folget mir demnach nur eiligst / damit wir ferner suchen und endlich finden das Neüe Teutschland / welches Jch Euch in seiner höhesten Glükseligkeit und unvergleichlichem Prachte bald werde zeigen.

KÖNIG EHRENVEST.

Wolan denn Merkuri / dein Wille sol auch unser Wille seyn / führe uns nur immer hin / damit wir bald sehen mügen das jenige / um welches willen wir wiederum auff diese Welt sind kommen. Sie gehen alle ab.

3. Aufzug
Der dritter Auffzug.
Teutschland trit auff / vor Jhr her gehet der Friede in schneeweissen Frauenkleidern / auff dem Haupte einen güldenen Krant / in der Hand einen grünen Loorberweig und unter dem Arm ein Cornucopiœ tragend. Teutschland ist auff daß aller prächtigste a la mode bekleidet / hält in der Hand einen schönen Skepter / auff dem Haubte träget sie eine sehr köstliche Krohne / siehe gar frech und wild aus / hat viele Diener und Dienerinnen / sonderlich folget Jhr die Wollust in mancherlei Farben gantz leichtfertig bekleidet / jedoch daß sie fast halb nakkend daher gehet. Teutschland setzet sich auff einen [56] gantz herrlich gebauten und mit schönen Tapezereien geschmükketen Thron nieder / der Friede stehet Jhr zuer Rechten die Wollust zuer lincken / die Diener aber zu beiden seiten.
Teutschland / Friede / Wollust / Hofemeister.

TEUTSCHLAND.

Jst auch unter dem grossen Geweihe des Saffirgläntzenden Himmels einige Königinn oder Beherscherinn zu finden / welche auff den herrlichen Thron aller weltlichen Glükseligkeit so hoch als Jch ist gestiegen? Kan auch die Fortun der gantzen weiten und breiten Welt mit der meinigen in einigem wege compariret oder verglichen werden? Nein per ma foy: Jch habe das erlanget / welches zwar die allergrössesten Monarchien der Welt jemahls gewünschet / niemahlen aber erhalten / Jch / Jch bin das Glükselige Teutschland / Jch bin die allergrösseste Dame von gantz Europa / groß von Macht / herrlich von Thaten / is Reich von Gühteren / vortrefflich von Verstande / ja ein rechter Tempel und Wohnhauß der allervollenkommensten Glükseligkeiten. Deine Gesellschafft O hertzwehrte Freundinn Sie schläget den Friede auff die Schulteren. ist mir viele Jahre hero dermassen nützlich / lieb und angenehm gewesen / daß Jch solches mit Wohrten außzusprechen mich viel zu schwach befinde / denn seithero Du / O wehrter Friede bei mir gewohnet / hat sich aller nothwendigen und anmuhtigen Dinge ein Überfluß in meinen Herrschafften befunden / ja es hat mir durchaus nichtes gefehlet von allem deme / welches das Hertz einer solchen mächtigen Königinn kan befriedigen. Jch weiß durchauß von keiner Wiederwertigkeit: kein Unfall kan mich treffen / kein Krieg kan mich gefehrden / keine Armuth kan mich drükken / keine Krankheit kan mich danieder legen / keine Verfolgung kan mir schaden / kein Geschöpf unter dem Himmel kan mir einiges Unglük beibringen. Es stehet [57] mir doch alles zu dienste / der Himmel lachet mich an / die Sonne buhlet gleich mit mir / alle Sterne und Planeten tantzen üm mich her mit Freuden / daß Erdreich gibt mir vollauff von allen erwünscheten Dingen / daß Meer lässet mir gleichsahm der gantzen Welt Reichthum in unzehlichen Schiffen zuführen. Die andere grosse Königinnen und Monarchien behten mich an: Hispanien zittert vor mir / Frankreich suchet meine Königliche Gunst / Wälschland küsset mir die Hände / ja alle andere Länder præsentiren mir Jhre gehorsame Dienste und legen sich gleichsam danieder zuem Schemel meiner Füsse. Sage an meine Freundinn / sage an du wehrter Friede / ob sich nicht dieses alles in der That und Wahrheit also verhalte und ob Jch nicht mit meiner Glükseligkeit alle Monarchien der gantzen Welt weit / weit übertreffe?

FRIEDE.

Freilich ja / Allergnädigste Königinn ist Eure Majestät die glükseligste Fürstin unter der Sonnen / denn / wo findet man einiges Land oder Königreich / wenn man gleich alle vier Theile der Welt durchsuchte / ja vom Osten ins Westen / vom Süden ins Norden lieffe / daß mit Teutschland zu vergleichen? O wolte / wolte GOtt / gnädigste Königinn und Frau / daß E[ure] Majestät nur dankbahrlich genug müchte erkennen die hohe und unaußsprechliche Gnade / womit der allergütigster Himmel dieselbe so mildiglich hat beseliget! Wahr ist es / gnädigste Königinn / daß durch meine Gegenwahrt Euer Majestät Trohn sicherlich befästiget und alle erwünschete gedeiligkeit häuffig wird hiebei gebracht / denn wo Friede ist / da gehet alles wol zu / da blüet Glük und Segen / da muß aller Neid und Streit zu rükke weichen. Aber von gantzem Hertzen müchte Jch wünschen / daß Eure Majestät meiner weinigen Dienste sich auff eine viel andere / und dem [58] allerhöhesten GOtt wolgefälligere ahrt und weise hinführo gebrauchete.

TEUTSCHLAND.

Wie denn Friede? Sol Jch mich deiner Auffwahrtung noch anders / als Jch bißhero gethan habe gebrauchen? Ja Friede / das wäre wol etwas neües.

FRIEDE.

Ja allergnädigste Königinn / billig müchte E[ure] Majestät mich / als den allerköstlichsten Schatz auff Erden wol etwas besser anwenden / damit mein Vater und HErr im Himmel / der mich E[ure] Majestät so gnädigst hat geschenket / durch den sündlichen Mißbrauch nicht gar zu hefftig dermahleinst würde erzürnet. Das aber dieses von E[ure] Majestät nicht besser wird beobachtet / solches verhindert leider dieses schnöde Weib die Wollust / welche E[ure] Majestät fast stets auff dem Fuesse nachfolget / und sich dieselbe in kurtzer Zeit dermahssen eigen und verpflichtet gemachet hat / daß E[ure] Königl[iche] Majestät ohne dieses verfluchte Weib / die schändliche Wollust nunmehr fast auch keinen einigen Tag kan leben.

WOLLUST.

Was sagest du Friede? Hörest du noch nicht auff meine Person bei Jhrer Majest[ät] zu verunglimpfen / und mich / deroselben getreuste und allergehorsahmste Dienerinn zu verleumbden? Must du mich denn ohne unterlaß zuer Banck hauen? Hat denn dein schmähen und übeles nachreden gahr kein ende? Was hätte doch Jhre Königl[iche] Majestät unsere allerseits gnädigste und höchstgebietende Frau in dieser Welt vor Freude / wenn sie meiner angenehmen Gesellschafft müste entbehren? Ja Friede / solte eine solche herrliche Königinn als Teutschland ist ohne Wollust leben? Du redest / wie die närrische Weiber pflegen zu reden. Zu deme / wie könte es müglich seyn /daß / wo du regierest / Jch nicht auch nothwendig zuer[59] stelle seyn müste / denn / wo Friede ist / da wohnet auch Wollust / wo Friede ist / da komt auch Freude / und kanst du fast ja so schwerlich als die Königinne selbst ohne meine Gegenwahrt leben.

FRIEDE.

Pfui / schäme dich du schändliche Bestia / soltest du solche gottlose Reden von mir / dem allerhöhesten zeitlichem Guhte in deinem Munde führen? Solte der Friede ohne die Wollust nicht leben können? Weissest du denn nicht / daß Jch der Friede meine stelle auch droben bey GOtt meinem allerliebsten Vater im Himmel habe / da lauter Heiligkeit und Unschuld regieret / und wohin du verfluchte Wollust / nimmermehr einen Fuß wirst setzen? Daß du aber bei dieser Zeit Jhrer Königl[ichen] Majestät so lieb und angenehm bist / solches komt daher / daß allerhöchst geehrte Jhre Königl[iche] Majestät durch deine schmeichelhaffte Reden leider gäntzlich ist eingenommen und schon eine gute Zeit hero jämmerlich verführet worden. Sonsten weiß Jch sehr wol / daß du dich vielmehr bei dem gottlosen Mars oder Kriege / meinem ewigen und abgesagtem Todfeinde als bei mir / dem Frieden pflegest auffzuhalten / denn es ist ja auch den Kindern bekant / daß mitten im Kriege die Wollust auch offtmahls bei Bürgeren und Bauren mit gantzer macht regieret / verstehest du daß wol?

TEUTSCHLAND
etwas entrüstet.

Was sol dieser unnöhtiger Hader? Schämet Jhr Euch nicht in gegenwahrt Euer Königinn mit solchen ungehobelten Wohrten um Euch zu beissen? Jch glaube sicherlich / daß Jungfrau Friede mit der zeit uns vorzuschreiben vermeinet / wie wir unser Leben und Regiment sollen anstellen. Siehe da Friede / was bildest du dir [60] wol ein? Sol Jch dich / meine Dienerinn erst fragen / was vor Leute Jch an meinem Königlichen Hoff nehmen und halten sol? Das wäre für wahr eine feine Sache! Hie wird auff einem Posthörnlein gleich als von weitem geblasen. Aber / was höre Jch doch für ein blasen? Meinem bedünken nach ist es ein Posthorn / gehet bald hin Herr Hofemeister / und vernehmet / ob etwann Fremde fürhanden sind.

HOFEMEISTER.

Allergnädigste Königinn / Jch gehe hin E[uer] Königl[ichen] Majestät unterthänigsten Bericht hievon schleunigst einzubringen.

TEUTSCHLAND.

Daß sol mich wunderen / was doch bei dieser Zeit etwan vor ein fremder Herr mag anhero kommen. Jch sehe es sonst nicht ungern / daß grosse Fürsten mich zuem öffteren besuchen / denn eben hiedurch wird meine is Reputation mächtiglich conserviret, und dahero komt es / daß man in allen Länderen und Königreichen von Teutschland und Jhrer großen liberalitet und tractamenten (wodurch Jhre Herrligkeit täglich wird vergrössert) weis zu sagen. Zu deme / so erfordert es auch Ratio status, daß man mit fremden Herren guhte Correspondentz unterhalte / dieweil man nicht kan wissen / wie und wo man sich deroselben nützlicher Dienste dermahleinst könne gebrauchen. Unterdessen Frau Wollust / sehet wol zu / daß an allem dem jenigen / so zu prächtiger tractation vornehmer Herren gehörig / nichtes ermangelen müge.

HOFEMEISTER
komt wieder und spricht.

Großmächtigste Königin / Gnädigste Frau / es erzeiget sich vor dem Schlosse eine gahr wunderbare und possierliche Gesellschafft / derer gleichen Jch die zeit meines Lebens nicht gesehen.

TEUTSCHLAND.
Was sind es denn vor Kreaturen? Sie werden dennoch den Menschen ähnlich sehen?
[61]
HOFEMEISTER.

Ja Gnädigste Königinn / es sind zwahr Menschen / aber sehr seltzame Ebentheurer dabey. Sie haben einen Geleitsmann oder Führer / dem ist sein Haubt mit einer Sturmhauben / woran Flügel / bedekket / auch hat Er geflügelte Füsse und führet einen Skepter in der Hand mit zweien Schlangen umwunden.

TEUTSCHLAND.

Oho / daß wird etwann der Heiden Poetischer Merkurius seyn / welchen die Mahler in einem solchen Habit pflegen abzubilden! Aber / sagt mir / wovor geben sich denn die andere aus?

HOFEMEISTER.

Gnädigste Frau / itzgedachter Jhr Führer oder Geleitsmann / saget außtrüklich / daß sie alte Teutsche Helden / ja berühmte Könige und Fürsten sind; Jch aber dörffte sie viel ehender vor alte Henker ansehn / denn sie grosse breite Schwehrter führen und wunderseltzahm bekleidet einher gehen. Jn Summa / Jch weis mich in diese Leute gahr nicht zu schikken.

TEUTSCHLAND.

Sie mügen seyn wer sie wollen / uns wil gebühren / selbige dennoch ansehnlich empfangen zu lassen auch Jhnen gnädigste audientz zu verstatten / Derowegen Herr Hofemeister / nehmet meinen Kammer-Junkeren zu Euch / gehet also bald hin und empfanget diese neue Gäste geziemender mahssen und führet sie zu uns herauf? / denn wir Jhr anbringen selber anhören wollen.

HOFEMEISTER.

Gnädigste Königinn / E[wer] Majestät Gnädigstem Befehl sol unterthänigstes fleisses von uns nachgelebet werden. Er gehet ab nebenst dem Kammer Junkeren / unterdessen raunet die Wollust der Königinn etwas in ein Ohr.

4. Aufzug
[62] Der vierdte Auffzug.
Teutschland / Hofemeister / Merkurius / König Ehrenvest / Heerzog Herman / Fürst Klaudius Civilis / Heerzog Wedekind.

TEUTSCHLAND.

Da werden wir heute abermahl einen frölichen und recht kurtzweiligen Tag haben / denn diese Leute / dieweil sie in einem so seltzamen Habit auffgezogen kommen / vielleicht Gaukkeler / oder Bierfechter / oder auch wol Seiltäntzer seyn mügen / welche Gesellen mit Jhrem Taschenspielen / Lufftsprüngen und tausend anderen grillen und Zuseheren die Zeit sehr ahrtig zu kürtzen wissen. Solte es aber eine andere ahrt Leute seyn / so muß die Frau Wollust sich bemühen / einen sonderlichen lustigen Possen mit Jhnen anzurichten / auff daß wir ja diesen Tag ohne Freude und Ergetzligkeit nicht zuem ende bringen. Aber / siehe da / es kommen unser Leute schon is wieder mit Jhrer fremden Gesellschafft!


Merkurius wird benebenst denen vier alten Teutschen Helden von den beiden Edelleuten vor den Königlichen Trohn geführet / darauff fähet an zu reden der.
HOFEMEISTER.

Allerdurchläuchtigste Königinn / Gnädigste Frau / es bedanken sich gegenwertige fremde Herren zuem höhesten und dienstfleissigsten / daß E[ure] Majestät sie hat wollen anhero foderen lassen / unterthänigst bittend / Jhnen gnädigste audientz zu verstatten.

TEUTSCHLAND.

Wir sehen es gantz gerne / daß diese Herren sich bei unserem Königlichem Hofe haben einstellen wollen / geruhen auch gnädigst / Jhr anbringen zu hören und nach beschaffenheit deroselben Vertrages Jhnen eine gewierige resolution zu ertheilen.

MERKURIUS.

Allerdurchläuchtigste Großmächtigste Königinn / Gnädigste Frau / E[ure] Majestät unterthänigst anzudeuten [63] kan Jch nicht unterlassen / welcher gestalt gegenwertige alte Teutsche Helden / als König Ehrenvert / Heerzog Hermann / Fürst Civilis und Heerzog Wedekind / weiland E[uer] Majestät Königlichen Vorfahrinnen des alten Teutschlandes höchstlöblichsten andenkens gehorsahmste Diener und Printzen auff sonderbahre Erlaubnisse Jhrer Oberen sich aus den Eliseischen Felderen / in welche sie theils über die sechszehnhundert Jahr nach Jhrem ableben sich verhalten / wiedrum heraus an diese Welt begeben / Eure Majestät als daß neue prächtige Teutschland / deroselben Leben / Wesen / Wandel / Policei / Regiment / Sitten und Gebräuche / welche so wol zu Krieges als Friedenszeiten in gebührende obacht werden genommen / etlicher mahssen zu erkündigen / damit sie wegen der grossen Ehre und Herrligkeit / in welcher sie Eure Majestdtt als Jhre gnädigste Gebieterinn sehen angesetzet / sich von gantzer Seele möchten erfreuen / bitten hiebenebenst unterthänigst / E[uer] Majestät wolle es Jhr nicht lassen zuwieder seyn / daß sie sich etliche weinig Tage an deroselben Königlichen Hoff auffhalten / sie erbieten sich hinwieder E[uer] Königl[ichen] Majestät unterthänigste gehorsahmste Diener zu leben und zu sterben.

TEUTSCHLAND.

Merkuri / (denn vor denselben sehe Jch dich in betrachtung deines Habits billig an) dein vorbringen haben wir verstanden und können dir hierauff in gnädiger Antwort nicht verhalten / wie daß wir gahr wol leiden können / daß zu zeiten Fürstlichen ja Königlichen Standes Personen uns unterthänigst auffzuwahrten an unseren Königlichen Hof sich verfügen / daß du aber nach deiner leichten Schwätzer ahrt uns zu überreden vermeinest / als wenn gegenwertige vier Kerle deine Gesellen alte Teutsche Könige und Fürsten wären / solches halte Jch vor eine [64] solche vermessene temeritet, welche billig hoch zu bestraffen.

MERKURIUS.

Allergnädigste Königinn / der Himmel wolle mich ja nimmermehr eine solche Thorheit lassen begehen / daß Euer Majestätt Jch vorsetzlicher weise einige Unwarheit vorzubringen / mir freventlich solte gelüsten lassen: Es können gegenwertige Teutsche Helden Jhres hohen Standes halber befraget / und dafern sie die jenige Personen nicht sind / vor welche Jch sie angegeben / wil Jch mich E[uer] Majestät zu harter und wolverdienter Straffe gern unterwerffen.

TEUTSCHLAND.

Wolan / könnet Jhr denn von Euch selber Zeugnisse geben Jhr alte Gesellen / ey so lasset doch hören / was seid Jhr endlich wol vor Kavallier?

KÖNIG EHRENVEST.

Wir wissen zwahr nicht (O mächtiges Teutschland) was Kavallier vor Leute sind / denn dieses fremde Wohrt bei den alten Teutschen niemahlen bekant gewesen / Unseren Namen aber begehren wir gar nicht zu verleugnen. Jch bin der Alten Teutschen wolbekanter König Ariovistus oder Ehrenvest / dieser ist der Heerzog Arminius oder Herman / welcher in unterschiedlichen Treffen mich / dem der Julius Cæsar einsmahls im Kriege obgelegen / redlich an den Römern hat gerochen. Seht dieser ist der Mannliche Fürst Klaudius Civilis / der die grosse Römische Macht vom Reinstrohm in weiniger Zeit hat hinweg gejaget / und dieser letster ist der Heerzog Wedekind / welches Leben und Thaten so weinig als der anderen dir nicht unbekant seyn können.

TEUTSCHLAND.

Was saget Jhr? Seid Jhr alte Teutsche Könige? Seid Jhr alte Teutsche Fürsten? Ja wol! Wer könte oder solte doch immer glauben daß Jhr so grosse Heldenthaten [65] hettet begangen? Daß werdet Jhr wahrlich mich nimmer überreden: Jch habe zwahr von den Ariovisten / Arminium / Civilen / Wedekinden und wie die Narren alle heissen / offtmahls viel seltzames zeuges gehöret und gelesen / aber was haben sie damit außgerichtet? Gesetzet / das solche Kerle ehmahl in Welt gelebet. Ja gestanden / daß eben Jhr dieselben Kumpanen seid / was ist es denn endlich mehr? Was habet Jhr denn wol grosses oder herrliches in Euren Lebenszeiten begangen? Wollet Jhr grosse Fürsten seyn und wisset von denen Höfischen Complimenten eben so weinig als der gröbester Baur? Nein fürwahr / meine itzige Teutsche Fürsten wissen ein weinig andere und bessere Beso los manos zu machen.

KLAUDIUS CIVILIS.

Ey Teutschland schmähe uns doch nicht; Wir verstehen uns zwahr auff keine Komprementen und basus manus / ja wir wissen nicht einmahl was dieses gesaget sei. Die alte Teutsche pflagen sich wol einfältig / aber dennoch gehorsahm und redlich bei Jhren Königen und Fürsten einzustellen / zu deme / so bringet es unsere ahrt und Natur nicht mit / daß wir von hohen Dingen viele zierlicher Wohrte machen / sondern grosse Sachen tapfer und unerschrokken angreiffen und zuem Ende bringen.

TEUTSCHLAND
sehr hönisch.

Daß kan nicht fehlen / Jhr müsset trauen gahr grosse Thaten im Kriege haben außgerichtet / man siehet es auch an Euren schönen Waffen wol! Aber / kommet Jhr mit Euren breiten Henckerßplötzen in meinen jtzigen Kriegen einmahl auffgezogen / man wird Euch dergestalt wilkommen heissen / daß Jhr Euch gegen dem Feinde bald mit dem Rükken werdet verteidigen / und lieber / wenn Jhr etwann in einem Duel fechten / oder Euren Cammeraden eine Secunde soltet geben / was würdet Jhr mit diesem [66] ungeheuren SchlachSchwerteren außrichten? Da müchte Jch wol sehen / wie Jhr doch eine einzige Lection recht anbringen woltet? nein fürwahr ein Occasion Degen lasset sich bei dieser Zeit ein weinig besser gebrauchen.

HEERZOG HERRMAN.

Spotte unser doch so gahr sehr nicht / du prächtiges und hochtrabendes Teutschland / wir haben zwahr die Gewohnheit nicht / daß wir unsere eigene Thaten selber rühmen / man frage aber unsere Feinde und Jhren eigenen Geschichtschreiber den Tacitus / die werden überflüssig bezeugen / mit was Teütscher Hertzhafftigkeit wir diese unsere Gewehre gebrauchet / und wie manches mahl wir den Sieg mit eben diesen breiten Schwertern haben erhalten / getrauen uns auch noch biß auff diese stunde bester massen uns damit zu schützen und unsere Feine zuverjagen / ob wir schon nicht wissen / was der Dabell / Kamperaden und Zakkünden vor Leute / noch die Akkazion Degen vor Waffen seyn mügen.

TEUTSCHLAND.

Mein Gott / was seid Jhr doch albere einfältige Schöpfe! Verstehet Jhr denn nicht drei Wohrt Französisch? Wie gedenket Jhr arme Teuffel doch heute zutage durch die Welt zu kommen?

HEERZOG WEDEKIND.

O Teutschland / unsere Teutsche ist eine so tapfere / schöne und Majestätische Heldenspraache /daß sie es allen anderen Spraachen weit zuvor thut / und ist es wahrlich hoch zubeklagen / daß eine solche grosse Königinn sich nicht schämet Jhre so vollenkommene eigene Spraache zu einer Schlavinnen aller anderen / sonderlich aber der Französischen zu machen / Gott gebe nur / daß dieses nicht ein Vorbild sei der künfftigen Dienstbarkeit / in welche [67] dein mächtiges Königreich durch die gahr zu grosse Verehrung fremder und außländischer Völker dörffte gerahten!

TEUTSCHLAND.

Siehe da / ein neüer Prophet! O grosser Fantast! O grand fol! Du machest dir ja wahrlich all zu vergebliche Sorge! weissest du nicht / daß meine Macht so groß ist / daß kein Volk unter der Sonnen auch nur in seine Gedanken darff nehmen / sich mir zu wiedersetzen / ja die gantze vereinigte Welt würde sich fürchten / Teutschland anzugreiffen. Was du aber von der Perfection der Teutschen Spraache daher parlirest / darüber muß Jch wahrlich von Hertzen lachen: Jch wolte par ma foy, lieber alles Teutsche vergessen / als nicht auch etwas Französisches / Jtaliänisches und Spanisches dabei schwätzen können / es stehet ja nichtes nobler noch amiabler, als wenn man zu Zeiten in seinen Discoursen allerhand fremde Wöhrter mit untermischet / solches machet der Rede ein feines Ansehen / und kan man sich offt dadurch in grosser Leute gratia insinuiren.

KÖNIG EHRENVEST.

So viel Jch verstehe / Teutschland / so bist du von deiner alten Einfalt / Treüe / Redligkeit / Wahrheit und Tapferkeit sehr weit abgewichen / deine edle Teutsche Spraache / gegen welcher die anderen nur flikspraachen sind / stinket dich gleichsahm an / du redest alles vermischet und auff fein Kauderwelsch daher / und welches zu verwunderen / so trotzest du auff deine grosse Macht und Gewalt mit einer solchen vermessenheit / als wenn dein Regiment ewig müste tauren. Weist du aber nicht / daß auch vor dir schon viele mächtige Käyserthum und Königreiche sind zu gründe gangen? Hühte dich vor vielen / dafern du ja vermeinest / du könnest von einem nicht bezwungen werden. Glaube nur O sicheres Teutschland / daß / wenn gleich deine Feinde dich nicht so bald mit öffentlicher Gewalt können bezwingen / daß sie dich doch zuletst durch heimliche List und Praktiken leicht überwinden werden.

[68]
TEUTSCHLAND.

Was hast du alter Narr mir viel von überwinden vorzuschwatzen? Schämest du dich nicht die zahrten Ohren einer so mächtigen Königinnen / deß unüberwindlichsten Teuschlandes mit so gantz ungereimten Plaudereien zu beschwehren / Ey sehet doch die schöne Könige und Fürsten / welche wie die Fastnachbutzen / oder wie die Hechlenträger und Schornsteinfeger herein tretten: Man könte sie fürwahr ahrtig in einer Comœdien oder Mascaraden gebrauchen / aber Jch halte gäntzlich davor / daß sie weder ein Ballet, noch eine Courante, noch eine Gagliarda zu Tantzen wissen / so gahr nichtes ist doch a la mode an diesen Saurtöpfen / welche mit Jhren freundlichen Angesichtern den allersüssesten Wein in Essig sollen verwandlen / zu finden. Nein / ümme Gottes willen / bringet mir solche plumpe und indiscrete Kerls nicht mehr nach is Hofe. Meine Teutsche Printzen / Edelleüte und favoriten wissen sich ein weinig besser zu comportiren, ja so nettement nach der Französischen manier in Kleideren / gebehrden / Wohrten und allem Jhrem thun und lassen zu halten / daß man sich zum allerhöhesten drüber kan delectiren. Diese 4. Fantasten aber wollen alles auff die alte Teutsche manier haben / plauderen zu dem ende heraus alles was Jhnen nur ins Maul komt / hinweg mit Jhnen!

MERKURIUS.

Endlich wil mir gebühren / meiner bißhero höfflich gezähmten Zungen den Zaum zu lösen und dir / O du stoltzes / sicheres und hochtrabendes Teutschland deine unzehliche Gebrechen und grobe Mängel kürtzlich vorzuhalten: Diese alte Teutsche Könige und Fürsten die allertapferste Helden / so jemahls haben gelebet / kommen als Gäste und Fremdlinge / dich bei deinem itzigem 2hohen und glükseligem Zustande zukennen. Sie kommen als auffrichtige Teutsche Biederleute / vermeinend von dir Jhrem [69] verdienste nach wol und freundlich empfangen zuwerden / du aber / O stoltze Königinn durch des Glükkes Schmeichelei über die mahssen sehr auffgeblasen / und durch die schändliche Wollust von allen Tugenden entfremdet / honest /s schmähest / verachtest und verlachest diese redliche Biederleute: Jhre alte löbliche Sitten und Gebräuche müssen dir eine bäurische Grobheit heissen / Jhre einfältige Redligkeit wird Jhnen zuer Tohrheit gerechnet / Jhre Kleidungen und Waffen sind dir ein Ekkel / Ja Jhre und deine selbst eigene angebohrne Majestätische Heldenspraache wird von dir verspeiet und gegen andere Barbarische Spraachen gleichsahm vor nichtes geachtet / und / daß Jch es kurtz mache / du geberdest dich nicht als etwann eine Teutsche gebohrne Königinn / sonderen vielmehr als ein ehrgeiziges / vermessnes / ruchloses Weib. Es werden aber diese vier alte tapfere Helden / die so manchen Feind / ja sich selber so vielmahls überwunden / auch diese Grobheit dir zu guhte halten und von deinem unteutschen Hofe gantz gerne und willig abweichen.

TEUTSCHLAND
sehr entrüstet.

Was sagst du leichtfertiger Plauderer? Jst mein Königlicher Hoff ein unteütscher Hoff? Wer hat dir und deiner gauklerischen Gesellschafft befohlen an denselben zukommen? Wer hat Euch bohten geschikket? Ja / wer hat dich verwegenen Schwätzer gedinget / daß du mir meine Sprache / Sitten und Geberde dergestelt reformiren sollest / und hast du Schätzer anders nicht vorzubringen / so schiere dich hinweg ins Teüffels Namen? Jch habe deiner Saalbaderei schon mehr den allzulange zugehöret.

MERKURIUS.

Fein mehlig mein liebes Teutschland / erzörne dich nur nicht so sehr. Jch bin dazu gesendet / daß Jch als [70] ein Priester deß Allerhöhesten / dir die Wahrheit sol sagen und dich vor dem bevorstehendem Unglükke getreulich warnen: Darum höre mir zu: Bist du nicht eine rechte Epikurische Verächterinn GOttes und seines heiligen Wohrtes? Deine Zunge hast du gewohnet zuem Fluchen und deine Lippen zu Schmähen / du gehorchest keinem wolgemeintem Raht mehr: Ja Teütschland / du bist auffrührisch / streitest wieder dein eigenes Haubt mit unmessigen fressen und sauffen Tag und Nacht / und verdirbest dadurch jämmerlich deine eigne Glieder / deine Hände wäschest du im Bluhte / und hast nichtes anders als Krieg im Sinne / der Unschuldige muß leiden / und die Frommen müssen gequählet werden. Du führest ein üppiges und unzüchtiges schandwesen: Deine Hurische Geilheit ist nicht zuersättigen / du raubest und stielest heimlich und öffentlich / dein Geitz ist is unermäslich / du unterdrukkest die Armen und schaffest recht den Gottlosen: O Teutschland / Teütschland / alle Treu und Redligkeit hast du hinweg getrieben und befleissigest dich des Liegens / verleümdens und betriegens / Ja Teütschland / deiner Sünde und Untugend ist so viel / daß sie auch den Sand am Meer weit übertreffen / darum auch dein Fall und Untergang zweiffelsohn sehr nahe seyn muß: Die Gerechtigkeit Gottes kan nicht länger zusehen / es ist hohe Zeit / daß du von Hertzen buhsse thust und abweichest von deinen Gottlosen Wegen. Lasse ab Teütschland den allerheiligsten GOtt mit deinem unchristlichem Leben ferner und noch hefftiger zu erzürnen / Fürwahr Teütschland Jch sage dir: Die Axte ist schon dem Baume an die Wurtzel geleget / wirst du nicht bei zeiten

[71]
TEUTSCHLAND
wird hefftig ergrimmet / stehet auff / fält dem Merkurio mit sehr zornigen Gebeerden ins Wohrt und spricht.

Hat denn der lebendiger Teuffel diesen unverschämten Pfaffen aus der Höllen hieher geschikket daß Er mich in meiner grossen Glükseligkeit sol unruhig machen? War es nicht genug / daß du leichtfertiger Vogel das Amt eines Procoureurs vor diese deine Bettelfürsten hast verwaltet? Mustest du zu diesem allem auch mich / die allergrösseste Königinn der Welt öffentlich schmähen und injuriren? Pakke dich hinweg in aller Teuffel Namen / oder Jch werde meine Generals und vornehmste Colonellen lassen foderen / daß sie dir und deiner Gesellschafft die Hälse brechen und Euch in stükke zerhauen. Trollet Euch von hinnen Jhr nichteswürdige Buben. Was? verziehet Jhr noch? Geschwinde Jhr meine Diener / lasset Lermen blahsen und ein paar Regimenter Mußquetierer anhero kommen / daß sie diese Schelmen und Verrähter also bald vor meinen Augen massacriren.

KÖNIG EHRENVEST.

Behüte GOTT Teutschland / wie bist du so gahr ümgekehret? Wie fluchest und lästerst du doch so gahr erschreklich? Jst doch nicht ein einziges Bluhteströpfflein Teutscher Ehre / Treü und Redligkeit bei dir überblieben: Nun wolan / wir wollen deinem grimmigen Zorn gern weichen. Merkuri / führe uns nur bald von hinnen / denn es ist uns unmüglich / die grausame Scheltworte dieses erbitterten Weibes länger anzuhören. Zu deme fürchte Jch / der Himmel müchte wegen solcher erschreklichen Lästerungen auff das verkehrte Teutschland fallen und uns alle nebenst Jhr auff stükke zerschmetteren / darum lasset uns nur bald von hinnen eilen.

[72]
MERKURIUS.

Gantz gern König Ehrenvest / folge mir nur nach Jhr wehrte Helden / denn Jch spühre außtrüklich / daß der gerechter Gott sich berahten hat / daß verstokte Teutschland um Jhrer übermachten Bößheit willen zu verderben / sonderlich / da sie nunmehr so gahr keinen getreuen Raht oder Ermahnung wil hören noch annehmen: O Teutschland / Teutschland / wie greulich wirst du gestraffet werden!

DIE HELDEN ALLE VIER.

Bewahre dich Gott du ruchloses Teutschland / wir sehen dich hinführo nimmermehr. Sie gehen mit dem Merkurio alle ab.

5. Aufzug
Der fünffter Auffzug.
Teutschland / Friede / Wollust / Diener.

TEUTSCHLAND
gehet etwas in Gedanken den Schauplatz auff und nieder mit zornigen Geberden / spricht endlich gantz entrüstet.

Gehet immer hin in aller Teuffel Namen Jhr leichtfertige Vögel / Jhr grobe Cujonen, Jhr ungesaltzene Bettelfürsten. Sol Jch mich denn nun von solchen Landläufferen und ungeschliffenen Bauren lassen verachten? Es wahr fürwahr hohe Zeit / daß sie sich hinweg trolleten; Jch wolte sie sonst vor meinen Augen haben niedermachen lassen.

FRIEDE.

Gnädigste Königinn und Frau / Eure Majestät erzürne sich doch nicht dergestalt über diese guhte Leute / sie haben ja meines bedünkens so gahr ungebührlich nicht geredet oder etwas gehandelt / daß einer so schärften Bestraffung würdig / Jch zwahr halte es dafür / es wäre E[uer] [73] Majestät viel rühmlicher angestanden / hätte auch mehr Lobes davon zu gewahrten / wenn sie dieselbe in guhtem Friede und wol vergnüget hätte von Jhrem Hofe hinweg ziehen lassen.

TEUTSCHLAND.

Ha Verrähterinn! was sagst du? Solte Jch diesen ungebehtenen Gästen noch guhte Wohrte geben? Solte Jch mit diesen groben Bauren noch fein höfflich ümmegehn? Solte Jch mit solchen Leuten / die weder weiß noch schwartz verstehn / mich so gemein machen? Vielleicht hätte Jch diese Bährenhäuter / die kaum ein rechtes Kleid am Leibe haben / deiner schönen Meinung nach / an meine Königliche Taffel setzen und sie bester mahssen tractiren sollen? Du hast es wahrlich sehr wol getroffen: Hast du unvernünfftige Bestie nicht gehöret / mit was hefftigen Schmähewohrten der Schandvogel Merkurius mich hat angegriffen?

FRIEDE.

Merkurius / Gnädigste Frau / hat es mit E[uer] Majestät nicht übel gemeinet / Er ist ein Priester und Abgesanter Gottes / deßwegen Jhm billig hat gebühren wollen E[uer] Majestät zu ernstlicher Buhsse zu ermahnen / diese sind ja die besten Freunde / welche uns vor dem heran nahendem Unglükke beizeiten warnen / wolte GOtt / wolte Gott E[uer] Majestät hätte des Merkurien treühertzige Ermanung nicht nur gedultig angehöret / sondern auch so zu Hertzen genommen / daß sie dadurch eine ernstliche Entschliessung gefasset / Jhr bißhero sündlich geführtes Leben künfftig zu besseren.

TEUTSCHLAND
hefftig ergrimmet.

O grosse Falschheit! O unerhörte Verrähterei! Hast du leichtfertige Plaudermetze mit so dem Schmähevogel Merkurio etwan eine Confœderation [74] gemachet / mir nach Ehre und Guht / Lande und Leuten / Leib und Leben zu trachten? Nun Diable m'en porte, daß sol dir übel bekommen.

WOLLUST.

Allerdurchläuchtigste Königinn / Gnädigste Frau / habe Jch nicht allezeit gesaget und E[uer] Majestät auff das treülichste gewarnet / sie solte sich beizeiten vorsehen / alldieweil ich schon längst gemerket / daß diese Schandbestie / die sich den Frieden nennet / mit lauter Verrähterei ümmegehe? wie lange wil sich Eure Majestät von dieser Ehrbahren Frauen noch tribuliren lassen?

TEUTSCHLAND.

Was? Tribuliren? Solte ein solches Weib / daß meiner Guhtthaten so viele Jahre gantz reichlich genossen / zuletst gahr über mich herschen? Daß sol und muß in Ewigkeit nicht geschehen. Heraus du Verfluchte / heraus du Abtrünnige / Schläget tapffer auff den Frieden. mache is dich schleunigst hinweg von meinem Angesichte / oder Jch lasse dich / hole mich dieser und jenner / zu Pulver und Aschen brennen.

FRIEDE.

Ach Teutschland / Teutschland warum schlägst du mich? Verjagest du also gewalthätiger weise den Edlen Friede von dir und lassest dich von der verfluchten Wollust zu dieser greulichen Tirannei anreitzen!

TEUTSCHLAND.

Was Tirannei du Ertzhuhre / du verfluchte Putain, daß dir der Hagel und Donner den Halß zerbreche: Heraus / heraus in aller Henker Namen.

FRIEDE.

O du verblendetes sicheres Teutschland / welche erschreckliche Flüche lassest du aus deinem gottlosen Munde gehen! Jst daß der Dank vor alle die Guhttahten / [75] welche dir der güldener Friede hat erwiesen? O mit was bitteren Tränen wirst du dermahleinst deine Unsinnigkeit beklagen!

TEUTSCHLAND.

Was beftzest du noch viel wieder mich du unverschämte Bestie? Wilt du meinen Grimm noch ferner erregen? Wilt du wahrten / biß Jch dich mit vier Pferden auff stücken lasse zerreissen? Hinweg sage Jch nochmahlen vor alle Teuffel Sie schläget tapffer wieder darauff. heraus und verbirge dich vor meinem Angesichte / dafern du dein nichtswürdiges Leben zuerhalten gedenkest.

FRIEDE
fliehet davon zuem Beschluß ruffend.

Ach / daß es Gott im Himmel erbarme / daß der wehrter Friede von dem unbesonnenem Teutschlande so grausahmlich wird verbannet / O Teutschland / Teutschland / wie wird dich diese Unsinnigkeit gereuen! Gehet ab.

TEUTSCHLAND
tritt gantz prächtig / jedoch sehr ergrimmet den Schauplatz auff und nieder mit einer starken und gleichsahm brüllenden Stimme raffend.

So sol es hinführo allen den jenigen ergehen / welche mir in meinem Regimente daß allergeringste vorzuschreiben sich im weinigsten dörffen erkühnen / Jch werde hinfort meine Königliche autoritet besser in acht zu nemen wissen.

WOLLUST.

So recht gnädigste Königinn / das ist auch meine gäntzliche Meinung / E[uer] Majestätt lasse die leichtfertige Metze / den faulen und unnützen Frieden nur immer hinfahren / denn Teutschland die mächtigste Beherscherinn der Welt / kan gahr wohl ohne Friede leben / ja reich / mächtig und prächtig ohne dieselbe bleiben. Hie wird geblasen [76] mit Trompetten. Aber / was mag doch wol dieses blasen bedeuten?

DIENER
kompt eilends auff den Schauplatz / sagend.

Allergnädigste Königinn / gleich itz kommen etliche Fremde und dem ansehende nach vornehme Kavallier bei Hofe an / Euer Königl[iche] Majestätt unterthänigst auffzuwahrten.

TEUTSCHLAND.

Wol Diener / lasse sie durch die Hoff-Junkeren also bald in unserem Namen annehmen / und in den grossen Sahl führen / Jch werde bald hinein kommen / selbige Kavallier persöhnlich zu empfahen.

DIENER.

Durchläuchtigste Königinn / Gnädigste Frau / E[uer] Majestätt gnädigstem Befehle sol aller unterthänigstes fleisses nachgelebet werden.

TEUTSCHLAND.

Jch wil ja hoffen / daß diese Geste etwas discreter als die vorige sich werden erzeigen / denn Jch gäntzlich davor halte / daß sie bekandte / vielleicht auch wol außländische Kavallier seyn mügen / welche sich aber zweiffelsohn ein weinig besser als die vorige Fastnachtsbutzen werden zu schikken wissen. Aber / was säumen wir? Lasset uns hinein gehen / diese Kavallier gebührender massen zu empfangen / und / du Frau Wollust folge mir / und verschaffe / daß wir diesen Tag in rechtschaffener Fröligkeit vertreiben mügen.

[77]
WOLLUST.

Großmächtigste Königinn / Jch bin E[uer] Majestätt unterthänigste und getreuste Dienerinn / sie lasse nur mich sorgen / wir wollen heute rechtschaffen turniren und das Hauß zuem Fenster außwerffen / denn es heisset doch: Friß / sauff / lebe stets im sauß / nach dem Tode wird doch nichtes drauß / Hei lustig! Sie gehen alle ab.


Ende der Ersten Handelung.
So bald die Erste Handlung sich geendet / muß einer auff die Uhralte Celtische Ahrt gekleidet / alß ein Witdod welche bey den Alten Teutschen vor Kunst und Weißheitliebende / als Dichter / Singer /Sittenlehrer / Naturforscher und derogleichen Leute würden gehalten) auff dem Platz kommen und nach gesetztes Lied fein deutlich und beweglich daher singen / kan Er eine Laute oder Pandor selber dazu schlagen / stehet solches nicht übel / wie es den auch gahr fein klinget / wen etliche andere
verborgene Jnstrumentisten die Melodei dazu spielen: Es muß aber solches gahr sanft geschehen /damit man ein jedes wohrt deß Gesanges gantz eigentlich könne hören und deutlich vernemen /dieweil fast der gantzer Jnhalt der verlauffener Handlung in gedachtem Liede wird enthalten / wie den der Leser eben ein solches auch bei den Anderen nachfolgenden Liederen wird befinden.

[78] [81]Klag-Lied

Uber Teütschlandes unbesonnene

Blindheit und Sicherheit.


1.

Bjst du den blind O Teütsches Reich /
Daß du so spöttlich fragest
Die Helden und gantz frech zugleich
Den Frieden von dir jagest?
O Wollust / dein verfluchter Raht
Der Teütschland so verführet hat
Wird dieses Reich verschlingen /
Ja bald zu Grabe bringen.

2.

Jhr Teütsche Helden / stehet still
Und sehet die Geberden
Der Königinn / welche will
Jhr' eigne Schlavin werden
Ach helffet! Es ist hohe Zeit /
Tritt auff du Teütsche Redligkeit
Die Falscheit zu verjagen /
Womit dich fremde plagen.

3.

Wird den der Alten tapfer Muht.
So spöttlich itz vernichtet /
Da doch Jhr unerschrokner Muht
Viel' händel außgerichtet
Welch' ewiglich zu preisen sind /
Die hält man schlechter itz als Wind
Ja darff Sie noch wol schelten /
Waß neü ist / daß muß gelten.

[81] 4.

Die Sprache / welcher gleichen kaum
Jn aller Welt zufinden /
Hat bei den Teutschen keinen Raum?
Sie muß Sich lassen binden
Von Jhren Kindern dergestalt /
Daß Sie fast weder warm noch kalt
Jn Jhren eignen Landen
Von Teütschen wird verstanden.

5.

Der Edler Fried ist außgejagt
Daß höchste Guht auff Erden /
Wie greülich wirst du nun geplagt
O Sichers Teütschland werden l
Ja Friede / du recht güldner Schatz /
Daß man Dir günnet keinen platz /
Daß wird nach weing Tagen
Selbst Teütschland sehr beklagen.

6.

Nun Teutschland du hast dieser Zeit
Die Sinnen gantz verlohren /
Du hast vor Teutsche Redligkeit
Daß Heüchlen Dir erkohren /
Dein' Eigne Sprach dir nicht behagt /
Den Frieden hast du wech gejagt /
Waß will auß Dir doch werden?
Ein Fluch und Spott auff Erden.

2. Akt

1. Aufzug
Der erster Auffzug.
Der Friede tritt allein auff mit traurigen Antlitze und Gebehrden / fähet also an zu reden.

Nun du verblendetes elendes Teutschland / nun hast du endlich mich / dein allerhöhestes zeitliches Guht den edelsten Friede gantz muthwilliger weise von dir hinweg gejaget und vertrieben / und nun meinest du noch dazu / du habest die Sache sehr wol außgerichtet. Aber O grosse Blindheit! O schrekliche Sicherheit / durch welche du dich so gantz unbesonnener weise in das eusserste Verderben sturtzest / Ach Teutschland / was wärest du doch eine glükselige Königinn / als sich der Friede mit deinem unvergleichlichem Nutze bei dir auffhielte. Jch / Jch der Friede habe durch Gottes Gnade / Hülffe und Beistand erworben und zu wege is gebracht / daß das edle Wohrt des Lebens rein und lauter in Teutschland ward gelehret / daß hohe und niedrige Schulen darinnen blüeten / daß alle gute Künste / Sprachen und Wissenschafften immer höher stiegen / daß die Rahtstühle bei den Höfen und in den Städten wol bestellet worden / daß einem jeden Unterthanen Recht und Gerechtigkeit ward ertheilet / daß Fürsten und Herren glüklich regierten / grosse und kleine Städte wuchsen und zunahmen / Handel und Wandel sicher ward getrieben / der Adel mit Ehre und Ruhm / die Kauffleute und Bürger mit Gütheren /der Akkermann mit überflüssigem Auffenthalt ward beseliget / daß die Schiffahrt biß in die eusserste öhrter der Welt ward fohrtgesetzet / die Nahrung der Handwerker nützlich getrieben / der Feld und Gahrtenbau in seinem wesen erhalten / und schließlich alle Stände jhre anbefohlene Ämter und Arbeit in erwünscheter Ruhe und Sicherheit / ehrlich / frölich und nützlich / Gott zu Lobe / dem Nehesten zu seiner ersprießligkeit [83] und sich selber zuem besten / Ehre und Gühteren konten bedienen. Was wil aber nun geschehen? Wie wird es nun ferner daher gehen O du tolles und thörichtes Teutschland / da du deiner grossen Glükseligkeit fast gantz und gahr überdrüssig / den Frieden muthwilliger weise von dir hast hinaus gestossen? Das mag wol eine seh wehre Straffe von Gott seyn / der mir gantz ernstlich hat befohlen / daß Jch mich von dieser bösen unruhigen Welt erheben und zu Jhme in den allerherrlichsten und glükseligsten frieden und freuden Trohn des Himmels sol verfügen.

Mir zwahr wird über alle mahsse wol geschehen / aber O Teutschland / wie wil es dir ergehen? Wie wirst du dich so jämmerlich betriegen lassen von denen fremden Völkeren / welcher Kundschafft und Gegenwahrt du so sehr liebest / du hast schon angefangen mit Jhnen Freundschafft zu machen / aber / was gilts / es wird dich in kurtzer Zeit gereuen! Du setzest eben hiedurch dein prächtiges Haubt in sehr grosse Gefahr / welches du doch über alles hättest ehren und lieben sollen. Alle deine Glieder werden nicht weiniger als das Haubt müssen herhalten und von den Fremden geplaget werden. Aber / was sol Jch dich viel beklagen / was sol Jch deine Unsinnigkeit ferner betrauren? GOtt hat diese Völker in seinem grimmigen Zorn beruffen / daß sie dir eben den Lohn sollen geben / welchen deine gottlose und üppige Thaten schon vorlängest haben verdienet. Ach Teutschland / es jammert mich dennoch deines bevorstehen-den Elendes / von Hertzen / unangesehen Jch mit schelten und schlagen von dir bin beuhrlaubet worden. Aber wozu hilfft mein klagen? Zeit ist es / daß Jch nach dem Willen des Allerhöhesten mich an den Ohrt der Freuden verfüge / und wenn es Jhme gefält / auff eine kurtze Zeit wiederum herunter komme / entweder Teutschlandes jämmerlichen Zustand [84] anzusehen / oder auch dem selben / dafern es rechtschaffene Reüe und Buhsse würket / mit Raht und Trost ins künfftige beizuspringen. Gehet ab.

2. Aufzug
Der ander Auffzug.
Teutschland gehet auff in Jhrem höhesten Prachte die Trabanten und Edelleute vor Jhr her / die Wollust folget Jhr auff den Fuß / nach dieser kommen vier ansehnliche fremde Herren: Der erste von denselben ist gekleidet als ein Spanier heisset Don Anthonio, der ander gehet als ein Franzoß /heisset Monsieur Gaston, der dritte kommet auffgezogen als ein Kroate / heisset Signoro Bartholomeo und der vierte als ein Teutscher Reuter im Köller mit rohten Atlassen Ermelen und Hosen /heiset Herr Karel. Diese vier gehen gleichsahm schmutzend hinder Jhr her / stekken bißweilen die Köpfe zusammen und reden heimlich / hierauff kehret sich gahr freundlich zu Jhnen und redet sie an.

TEUTSCHLAND.

Nun seid mir zu viel Tausend mahlen wilkommen / Jhr rechtschaffene ehrliche Cavalliers: Jch habe schon längst gewünschet die Ehre zu haben / Euch sämtlich und besonders an unserem Königlichem Hofe zu sehen / auff daß man Euch alle selbst erwünschete Gnade und Guhtthaten dieses Ohrtes müchte erweisen. Aber / Jch bitte Euch / saget mir doch / wie hat sich das immermehr gefüget / daß Jhr vier Edle Ritter von so gahr unterschiedenen Nationen eben an diesem ohrte und zwahr zu einer Zeit seid beieinander kommen?

DON ANTHONIO.

Allerdurchläuchtigste Königinn / der hohe Ruhm / mit welchem E[uer] Majestätt weltbekante Tugend dieselbe gleichsahm hat überschüttet / nebenst der [85] trefflichen Grandezza Jhres großmächtigsten Königreiches haben mich in meiner annoch zahrten Jugend auffgebracht / daß Jch mein Vaterland Sevilien verlassen / mich in Niederland und ferner in Hochteutschland begeben / daselbst die Teutsche Spraache gelernet / mich dabenebenst in allerhand ritterlichen Übungen weitlich gebrauchet / der unweifentlichen Zuversicht gelebend / Jch als ein Cavallero von guhten Qualiteten E[uer] Majestät dermahleinst unterthänigst würde auffwahrten und mit der zeit von derselben zu ansehnlichen Amteren und hohen Ehren könte befodert werden.

TEUTSCHLAND.

Aber Jhr Monsieur Gaston, erzehlet mir doch auch mit weinigen / wie denn Jhr zu dieser lieben Gesellschafft seid gerahten?

MONSIEUR GASTON.

Von Hertzen gern Madame: Es ist zwahr dieses nicht das erste mahl / daß Jch mich dieser öhrter auffhalte / gleichwol hat das weltbekante Lob / welches E[uer] Majestätt in der grossen Stadt Pariß / als auch in gantz Frankreich wird nachgeredet / veruhrsachet / daß Jch mich abermahl zu einer so höchstlöblichen Regentinnen habe anhero verfüget / denn es bei uns Franzosen ein gemeines Sprichwohrt ist. L'Allemannie entendu possedera la Charge du magistrat. Daß nemlich das verständige Teutschland billig sol regieren. Zu deme so habe Jch von unterschiedlichen verstanden / daß bei E[uer] Majestätt treffliche guhte Pferde / derer Jch ein über alle mahssen grosser Liebhaber bin / zu finden / welche Jch gerne sehen / und da es immer müglich / eins oder etliche derselben vor dankbahre vergeltung theilhafftig werden müchte.

[86]
TEUTSCHLAND.

An Pferden Monsieur Gaston sol es weder Euch noch einigem fremden Cavallier, der mich zubesuchen anhero komt / gahr nicht ermangelen / sie sind alle / Ja auch meine eigne Leibrosse und beste Gutschpferde zu Eurem Dienste. Wie hat aber Euch das guhte Glük hieher geführet Signoro Bartholomeo?

SIGNORO BATHOLOMEO.

Jch habe mich schon lange Zeit Illustrissima Donna, ohne üppigen Ruhm zu melden im Kriegeswesen geübet / sonderlich aber gegen den Türkischen Bluhthund mich tapffer lassen gebrauchen / unterdessen hat das bekante Gerüchte von E[uer] Majestätt übergrossen Macht und Herrligkeit mich hieher getrieben / und habe Jch / als Jch zu Frankfurt angelanget / daselbst in der Herberge / zuer Ketten genant / den Don Anthonio wie auch den Monsieur Gaston angetroffen / bin also in guhter Compagnia mit Jhnen anhero gereiset / wozu mich auch dieses vornemlich bewegen / daß Jch vernommen / wie daß Eure Majestät viel herrlicher schöner Gefässe / güldene und silberne Trinkgeschirre / nebenst anderen trefflichen Kleinodien / Ketten / Perlen / Edelsteinen und derogleichen raren Juwelen in Jhrer Macht hätte / derer etliche Jch / als ein grosser Liebhaber und Verwunderer solcher schönen Sachen / zum weinigsten nur zu sehen / oder im falle es immer müglich / an mich zu kauffen ein sonderbahres Verlangen jederzeit zeit getragen / zumahlen Jch guhte Mittel habe solche zubezahlen / und ja gantz kein Zweifel / daß derselbe / so Gelt hat / alles könne erlangen / nach dem wolbekanten Sprichwohrte: Il tutto ubbedesce al denaro.

[87]
TEUTSCHLAND.

Mein Signoro Bartholomeo, da sol es nicht ümme zukommen: Habet Jhr zu schönen Trinkgeschirren / fremden und mit allerhand Edelgesteinen und Schmeltzwerke wol außgearbeiteten Kleinodien eine sonderbare Lust / so seid versichert / daß Jch Euch damit eben so wol / als den Monsieur Gaston mit guhten Pferden / und den Don Anthonio mit einem ansehnlichen Amte und Ehrenstelle werde beschenken; Aber Jhr Herr Karel / Jhr seid mir ja dieses Ohrtes gahr ein fremder Gast!

HERR KARL.

Großmächtigste Königinn / eben deroselben Euer Majestät hohen Ruhm / welcher diese meine Gesellen hat auffgemuntert / daß sie sich an deroselben Königlichen Hoff begeben / hat auch mich gereitzet / daß Jch meine ansehnliche Bergschlösser auff eine Zeit verlassen / und mich nebenst diesen Cavallieren, demnach Jch sie ungefehr auff der Reise angetroffen / an Euer Majestät Hoff in aller Unterthänigkeit verfüget / beides daß E[uer] Königl Majestät Jch gehorsahmst auffwahrten / denn auch / dieweil mir bekant / daß dieselbe ein treffliches gesundes / wolerbautes Land beherrschet / Jch als E[uer] Majestät geringster / jedoch allergetreüster Diener unter deroselben gühtigem Scepter und hochlöblichen Regierung den rest meines Lebens glüklich müchte verschliessen.

TEUTSCHLAND.

Herr Karel / Jhr thut recht und wol daran / daß Jhr vor allen anderen Königreichen der Welt eben daß meinige zuer Wohnung habet erwählet / und wahrlich / Euer Vorhaben wird Euch nimmermehr gereuen: Mein Land ist weit / groß / fruchtbahr / wol erbauet / volkreich / und / kurtz gesaget / Teutschland fehlet nichts. Leset nur aus etlicher meiner Landgühter / welche Eüch vor allen anderen gefallen und lasset michs nur wissen / sie sollen Euch alsobald zuem Eigenthum eingeräumet werden / und Jhr [88] Don Anthonio, zweiffelt nicht / Jhr sollet bald zu hohen digniteten gebracht / Jhr Monsieur Gaston mit guhten Pferden und Jhr Signoro Bartholomeo mit allerhand schönen Kleinodien von mir beschenket und verehret werden.


Sie bedanken sich alle vier mit einer sehr tieffen unterthänigen Reverentz / Jmmittelst öffnet sich der Schauplatz / darauff stehet eine schöne Taffel mit vergüldeten Schüsselen voller Konfekt / viele güldene und silberne Becher / Pokal und allerhand Trinkgeschirr / an der seiten stehet ein Schenktisch /welcher übermässig mit mancherlei köstbahren Gefässen ist geschmükket / daß Gemach und die Wände mit schönen Tapezereien gezieret / etliche Stühle mit güldenen Küssen / alles auffs prächtigste man es immer kan haben außgerüstet / hierauff spricht.
TEUTSCHLAND.

Jhr meine wehrte Cavallier, Jch bitte Euch perdonnirt mir / dafern Jch Euch nicht nach Euren meriten tractire, mein Wille ist guht, Jch habe befohlen dieses geringe Banketchen so lange anzurichten / biß meine Königliche Taffel färtig und Jch die Herren zur Mahlzeit führen lasse. Bitte demnach / sie wollen sich unterdessen setzen und ein weinig von dem auffgetragenen Konfekt nebenst einem Trünklein Wein versuchen / biß wir die Abendtaffel mit einander halten / Ey die Herren setzen sich doch.

MONSIEUR GASTON.

Allerdurchläuchtigste Königinn / gnädigste Frau / wir bedanken uns zuem allerunterthänigsten vor die hohe Königliche Gnade / welche uns ohne allen unseren Verdinest von E[uer] Majestät wird erwiesen / welche zwahr wir nimmermehr können vergelten / wir versicheren aber E[uer] Majestät hiemit unterthänigst / daß wir werden sterben deroselben gehorsahmste Schlaven.

[89]
TEUTSCHLAND.

Schweiget doch von der gahr geringen Ehrbezeigung / welche Euch bei dieser so schlechten gelegenheit wiederfähret / Jhr meine liebe Cavallier, denn dieses erfodert ja meine Schuldigkeit; Teutschland ist verpflichtet /solche vorneme Völker und Nationen alles Jhres Vermögens theilhafft zu machen / Aber wornach wahrten sie? Jch bitte die Herren setzen sich nieder.


Hie setzet sich die Königin oben an / der Hofemeister setzet der Königinn den Don Anthonio und Signoro Bartholomeo zuer Rechten /den Monsieur Gaston und Herrn Karel zuer Linken. Frau Wollust stehet hinter der Königin / hüpfet und springet. Der Hofemeister / Hoff Junkeren und andere Diener legen der Königinn und Jhren
Gästen Konfekt vor / schenken in die Becher / derer jeglicher einen vor sich hat / die Königinn auch Jhren eigenen.
TEUTSCHLAND.

Jhr Ehrliche Cavallier, es ist mir mit Wohrten außzusprechen unmöglich / wie hertzlich lieb mir Jhre sämtliche Anherokunfft und wie angenehm mir anitzo Jhre süsse Gegenwahrt ist / wolte GOtt Jch könte Jhnen beliebliche Dienste lassen erweisen.

DON ANTHONIO.

Allergnädigste Königinn / es wiederfähret uns die allerhöheste Ehre der Welt / in deme wir gewürdiget werden E[uer] Majestät die Hände zu küssen / ja so gahr an deroselben Königlichen Taffel tractiret zu werden.

TEUTSCHLAND.

Was saget Jhr Don Anthonio? Habe Jch es nicht schon da unten im Sahl gedacht / daß Jch entschlossen sei Euch alle mügliche Freundschafft / nicht nur bei dieser schlechten Collation, sonderen so lange Jch die Ehre Eurer gegen wahrt werde gemessen / erweisen zulassen? Jmmittelst bringe Jch Jhnen dieses zuem freundlichem Willkommen auff die Gesundheit der gantzen Gesellschafft.


[90] Sie stehen alle vier auff / machen Jhre tieffe Reverentz / stehen auch so lange biß die Königinn welche den Becher gantz außsäufft hat getrunken /
darauff setzen sie sich wieder und spricht.
DON ANTONIO.

Monsieur Gaston, Jch bringe Euch diesen Becher auff Gesundheit / langes Leben und alles Königlichen wolergehendes von Jhrer Majestät.

MONSIEUR GASTON.

Jch bedanke mich zuem allerdienstlichsten / der allerhöhester GOtt wolle Jhre Majestät bei langer glüklicher Regierung und aller erwünscheter Gedeiligkeit / Friede und Wohlstands gnädigst erhalten.


Sie stehen beide auff / thut einer dem anderen bescheid / darauff bringt es Monsieur Gaston, dem Signoro Bartholomeo und dieser es hinwieder dem Herren Karl / biß sie endlich alle vier stehend / ein jeglicher aus seinem Becher der Königinn Gesundheit bescheid gethan / Hierauff fangen Don Anthonio und Monsieur Gaston anmit der Königinn freundlich zu schertzen / Jhr die Hände zu küssen und in geheim zu reden.
TEUTSCHLAND.

Ey die Herren wollen sich doch setzen / sie bemühen sich gar zu sehr / nun sie setzen sich. Sie sitzen alle vier nieder. Geliebt Jhnen nicht ein weinig von dem vorgelegten Confekt zu versuchen? Sie nemen doch nach Jhrem guhtem gefallen. Herr Hofemeister / befehlet unseren Kammermusikanten / daß sie mit Jhren Jnstrumenten also bald färtig seyn und ein liebliches stüklein lassen erschallen.


Der Hofemeister gehet hin und bestellet die Musik /welche gahr sanfft / damit man alles / was geredet wird davor hören kan / muß gemachet werden. Unterdessen stehet die Wollust hinter der Königinn /hüpfet und springet / sauffet bißweilen einen Becher Wein aus / singet ein Verßlein aus einem Buhlenliede / hertzet und küsset die Edelleute und stellet sich sonst sehr leichtfertig.
[91]
TEUTSCHLAND.

Nun Jhr brave Cavallier / Jch bitte Euch seid frölich und zwahr von Hertzen. Aber / saget mir doch / wie schmekket Euch dieser Wein. Jch / als die Jch nicht gerne meine Hoffkeller mit schlechten Wein Jährlich lasse bestellen / habe Jhn von anderen fremden Herren / welche mit Jhren auffwahrtungen meine Person unlängst verehret / höchlich gehöret rühmen / denn Er ist ein auffrichtiger Bacharacher / so guht Er am Rheinstrohm mag gewachsen sein: Oder trinken sie etwan lieber einen Klingenberger oder Nekkerwein / oder sonst einen Rinkauer? Sie foderen nur von was ahrt Jhnen beliebet / wir haben unsere Hoffhaltung reichlich damit versorgen lassen.

DON ANTHONIO.

Gnädigste Königinn und Frau / Jch meines theils halte diesen Wein vor einen sehr guhten Trunk /schmekket mir auch über die mahsse wol! Aber trinket Eure Majestät keinen Spanischen Wein?

TEUTSCHLAND.
Jch habe mich nicht sonder lieh dazu gewähnet / weis auch nicht / ob Jch Jhn könne vertragen.
DON ANTHONIO.

Warum nicht allergnädigste Königinn? Die bleiche Farbe von Euer Majestätt schönstem Angesichte bezeuget es gnugsahm / daß sie einen nicht sehr starken Magen hat / dannenhero Jch gäntzlich davor halte / daß ein guhter Trunk Spanischen Weins E[uer] Majestät nicht übel solte bekommen.

TEUTSCHLAND.

Dieses kan wol müglich sein / dieweil Jch ohne daß von den Medicis offt bin berichtet worden / daß Er viel besser däue als der Rheinwein.

[92]
DON ANTHONIO.

Wann es Euer Majestätt nicht zu wieder / wil Jch eine Flasche des allerbesten Spanischen Weines / welchen Jch mit anhero gebracht habe / lassen herauff hohlen.

TEUTSCHLAND.
Dieses bin Jch sehr wol zu frieden / lasset nur einen meiner Pagen hinlauffen.
DON ANTHONIO
zum Pagen.

Ei mein freünd / thut mir doch dieses zugefallen und gehet zu meinem Diener und saget Jhm / Er solle Euch die grosse Flasche Wein / auff welcher Vino di Madera geschrieben stehet / überantwohrten.

PAGE.
Von Hertzen gern Eure Excellentz.
MONSIEUR GASTON.

Don Anthonio, der Herr rühmet seinen Spanischen Wein sehr und zwahr nicht unbillig / wie wol Jch Jhn niemahls habe vertragen können. Zuer Königinn. Was hält aber E[uer] Majestätt von einem rechten guten Französischen Wein / Vin francois?

TEUTSCHLAND.

Dieser komt dem Rheinwein etwas näher / wiewol Jch Jhn dennoch nicht so gahr wol kan vertragen als einen guhten Nekkerwein.

MONSIEUR GASTON.

Man hält Jhn aber auch trefflich gesund / denn Er machet sehr guhtes Geblühte / gibt dem Angesichte eine rechte lebendige Farbe und erfreuet das Hertz über die mahssen wol / Jch habe eine Probe mit mir aus Frankreich gebracht eben derselben ahrt / welchen unsere Königinn über Jhrer Taffel pflegen zugebrauchen / wenn [93] E[uer] Majestätt gnädigst belieben müchte / denselben zu versuchen?

TEUTSCHLAND.

Jch bin wol zu frieden / lasset nur immer her hohlen / wir wollen alle guhte Weine kosten und die beste behalten.


Der Page komt wieder und bringet die Flasche mit dem Spanischen Wein / welche Er dem Don Anthonio überliefert.
MONSIEUR GASTON
zuem Pagen.

Ach mein Page, wollet Jhr Euch nicht verdriessen lassen / auch von meinem Diener eine Flasche Wein / nemlich Vin francois abzufoderen?

PAGE.
Gantz gern Monsieur, Er sol schleunigst anhero gebracht werden.
HERR KAREL
zuem Pagen.

Mein / thut mir doch den gefallen / und lasset mir auch zugleich den grossen Ziegenkäse / welchen mein Diener an hero gebracht hat / mit aufftragen.

PAGE.
Ja Herr / Er sol also bald mit kommen.

Don Anthonio lässet sich einen grossen güldenen Becher geben / schenkt denselben voll Spanischen Wein aus seiner Flaschen / und überreichet denselben der Königinn mit grosser Höffligkeit und vielen Ceremonien.
DON ANTHONIO.

Allerdurchläuchtigste Königinn / E[uer] Majestät wolle Jhr gnädigst belieben lassen diesen Spanischen Wein / welcher sonst der allerbeste Vino di Madera ist / ein weinig zu versuchen.

[94]
TEUTSCHLAND.

Ja Don Anthonio, wir müssen Euren Landesmann zuem weinigsten kosten. Sie sezt an und trinket. Wahrlich mein Cavallier dieser ist ein herzlicher Wein / Jch wüste nicht / daß Jch Jhn jemahls besser oder lieblicher von geschmak hette getrunken. Sie setzt wiedrum an und trinket den Wein vollends gantz aus. Don Anthonio lachet heimlich und winket den anderen. Jch werde hinführo öffter ein Trünklein Spanischen Wein zu mir nemen. Der Page komt wider / bringet zugleich den Vin Francois, wo von Monsieur Gaston auch einen Becher vol einschenket / und den grossen Käse / welchen Er dem Herrn Karl überreichet.

MONSIEUR GASTON.

Allerdurchläuchtigste Königinn / nach deme E[uer] Majestät dem Don Anthonio die hohe Gnade erwiesen / daß sie seinen Spanischen Wein hat versuchet; Als wil Jch unterthänigst gebeten haben / sie wolle Jhr nicht zu wieder seyn lalsen / auch dieses geringe Becherlein von meinem Vin Francois gnädigst anzunehmen / Jch zweiffle nicht / Er sol E[uer] Majestät nicht allein trefflich wol schmekken / sondern auch sehr wol bekommen.

TEUTSCHLAND.

Jch weis nicht Monsieur Gaston, wie sich das schikken wil? Können sich denn die Spanische und Französische Weine in einem Bauche mit einander auch wol vertragen?

MONSIEUR GASTON.

Gahr wol gnädigste Königinn / und können sie sich sonderlich in Teutschland gahr fein vergleichen / denn / der eine nimt seine residentz in Haubte / der ander im Magen.

[95]
TEUTSCHLAND.

Wolan denn / so will Jch auch ein Becherlein desselben versuchen. Sie trinkket und spricht. Jn Wahrheit / dieser Vin Francois ist nicht zu verachten / wiewol Er dem Spanischen an Liebligkeit bei weitem nicht zu vergleichen / denn Er bedünket mich etwas strenge seyn.

HERR KARL.

Deme ist auch also / allergnädigste Königinn / es ist der Französische Wein nicht so gahr milde / aber / wenn E[uer] Majestät nur ein weinig von diesem Käse / welchen Jch aus meinem Vaterlande / in der kalten Küche habe mit überbracht / kostet / so wird der Französische Wein bald anders und zwahr viel lieblicher schmekken / denn Er kan sich mit dieser ahrt Käsen sehr wol vertragen.

TEUTSCHLAND.
Das stünde leicht zu versuchen.

Herr Karel überreichet der Königinn etliche stüklein von diesem Käß geschnitten / welche sie gantz begierig isset und spricht.
TEUTSCHLAND.

Gewißlich Herr Karel / Jhr habet einen gahr guhten / wolschmekkenden Käse mit übergebracht / vielleicht habet Jhr gewust daß Jch gerne Käse esse? Monsieur Gaston, da wil Jch ein Trünklein von Eurem Vin Francois in Gesundheit Jhrer Königinn darauff versuchen. Sie trinket und spricht ferner. Fürwahr dieser Wein schmekket trefflich wol auff einen solchen Käse / meine Diener sollen mir denselben auffheben / denn Jch werde Jhn künfftig noch mehr lassen aufftragen. Aber / wie so stille Jhre Herren? Jch bitte Euch seid frölich bei dieser gahr schlechten Collation, auff den Abend (geliebt es Gott) sol es besser werden.

SIGNORO BARTHOLOMEO.

Allergnädigste Königinn / nach deme Jch gesehen / daß gegenwertige Cavallier ein jeglicher von den Früchten seines Landes / als Don Anthonio guhten Spanischen und Monsieur Gaston von seinem [96] Französischen Wein / Herr Karel aber einen köstlichen Käse E[uer] Majestät unterthänigst præsentiret haben; Als kan Jch nicht vorbei / dieses zwahr schlechter aber doch sehr wolriechender Händschuhe / welche das Gehirn sehr stärken und zu Florentz von dem besten Perfumirern gemachet sind / E[uer] Majestät demühtigst zuverehren / unterthänigst bittend / selbige mit Königlichen gnaden auff und anzunehmen.

TEUTSCHLAND.

Wie sol Jch das verstehen Jhr brave Kavallier? Müsset Jhr mich denn alle dergestalt beschenken? Fürwahr das ist zu viel! Unterdessen Signoro Bartholomeo, Jhr sollet freundlich von mir bedanket sein / wie nicht weiniger die andere liebe Kavallier vor Jhren köstlichen Wein und sehr guhte Käse. Aber was machen wir? Tantzen wir denn nicht einmahl bei diesem gahr guhten Wein / aber is noch viel annehmlichern Geselschafft? Zuem Diener. Lasset die Musikanten einen Courant spielen. Kommet an Monsieur Gaston, Jch weis / daß Jhr ein zierlicher Täntzer seyd /Jch will eins mit euch wagen.


Hie wird ein Tantz gespielet / Don Anthonio tantzet mit dem Becher vorher / Monsieur Gaston folget mit der Königinn / die Wollust tantzet mit Signoro Bartholomeo, und als dieses geendet / bringet Don Anthonio dem Monsieur Gaston einen Trunk /welcher Jhm bescheid thut / der Königinn wird auch ein Becher gereichet / welchen sie außtrinket. Jm folgenden Tante springet Monsieur Gaston mit dem Becher voran / diesem folget Don Anthonio mit der Königinn / Herr Karel tantzet mit der Wollust und zuletst auch mit der Königinn / nach vollendeten Täntzen spricht.
TEUTSCHLAND.

So! lustig Jhr Herren! Jch solte bald recht frölich werden / weiß nicht / ob mir etwan der Spanische [97] und Französische Wein dergestalt ins Gehirn steiget / oder ob es die guhte Gesellschafft verursachet? Aber / Jhr Herren / lasset doch die Becher frisch herümm gehen / denn auff einen guhten Sprung gehöret ein frischer Trunk; Herr Karel / diesen bringe Jch Euch auff Gesundheit Eurer gnädigsten Königinn meiner hertzwehrten Schwester und Freundinnen.

HERR KARL.

Jch bedanke mich unterthänigst / der allerhöhester GOtt wolle es E[uer] Königlichen Majestät wol gesegnen.


Teutschland trinket gantz aus und lässet Herrn Karel den Becher überreichen.
HERR KAREL.

Monsieur Gaston, diesen Becher bringe Jch Euch auff Gesundheit Jhrer Königlichen Majestät / meiner is gnädigsten Frauen / der Himmel wolle sie vor allem Unfälle kräfftiglich schützen / bei langem beständigem Wolergehende fristen / und mit aller selbsterwünschter Glükseligkeit überflüssig gesegnen.

MONSIEUR GASTON.
Der HERR aller Herren wolle seinen guhten Wunsch bekräftigen.

Herr Karel kniet nieder / wie auch Monsieur Gaston / Herr Karl nachdeme Er den Becher außgetrunken / überreichet Jhn Monsieur Gaston / der bringet Jhn Don Anthonio und dieser ferner dem Signoro Bartholomeo / trinken also der Königinn Gesundheit alle viere auff den Knien und wird dazu geblasen / die Wollust tantzet um sie her. Unterdessen setzet sich die Königinn auff Jhrem Stuhl / leget den Kopff in die Hand und fähet an zu schlummeren / die vier Cavallier stehen auff / sehen sich üm nach der
Königinn / Don Anthonio gehet zu Jhr und spricht.
[98]
DON ANTHONIO.

Wie denn Allergnädigste Königinn / befühlet sich etwann E[uer] Majestät nicht allerdinges wol? Jch bitte unterthänigst / sie lasse uns nur solches wissen / damit wir durch unsere vielleicht gahr zu verdrießliche Gegenwahrt E[uer] Majestät nicht länger beschwehrlich seyn.

TEUTSCHLAND.

Ach nein Jhr Herren / Jch befühle mich durchaus nicht übel / aber der Schlaaff setzet mir dermahssen hart zu / daß Jch auch vor grosser Müdigkeit von der stelle nicht kan auffstehen / Ja Jch kan meine Augenlieder nicht mehr offen behalten.

MONSIEUR GASTON.

Vielleicht hat E[uer] Majestät in der vergangenen Nacht gar weinig geruhet / können auch sonst andere Uhrsachen hinzu kommen / derowegen wollen wir E[uer] Majestät mit unserer Gegenwahrt nicht länger molestiren, sonderen in unterthänigkeit von derselben unseren demühtigen Abscheid nemen / und uns immittelst in E[uer] Majestät Ballhause / in falle es derselben nicht zu wieder pour passer le temps ein weinig exerciren.

TEUTSCHLAND.

Ja / gehet nur immer hin / Jhr meine liebe Kavallier / gehet hin und verzeihet mir / denn der Schlaff lässet mich kaum reden / Jch wil auch all mein Gesinde von mir lassen hinweg gehen. Ach / wie bin ich doch so hertzlich müde!


Hiemit entschläffet sie gahr fäste / die vier Cavallier machen ein weinig reverentz / geben von Jhr heraus / und wird der innere Schauplatz / auff welchen die Königinn ruhet / hiemit geschlossen /die Cavallier aber bleiben vor demselben auff der eusseren bühnen.
3. Aufzug
[99] Der dritter Auffzug.
Monsieur Gaston, Don Anthonio, Signoro Bartholomeo, Herr Karl.

MONSIEUR GASTON.
Was dünket eüch ihr Herren / haben wir das Spiel nicht ahrtig angefangen?
DON ANTHONIO.

Fürwahr Monsieur Gaston, es hätte kein besser Anschlag können erdacht werden. So recht! So muß man Teutschland in den Schlaff sauffen / denn sonst ist es schwehrlich zu zähmen.

SIGNORO BARTHOLOMEO.

Wahrlich Jhr Herren / daß war sehr klüglich bedacht / daß Jhr den Spanischen und Französischen Wein unter dem Bankette liesset auff die Taffel bringen / denn wir alle wissen mehr denn zu wol / daß Teutschland gerne säuffet.

MONSIEUR GASTON.

Ja wol Signoro Bartholomeo, der Wein wolte es allein nicht außgemachet haben / wenn Er nicht mit anderen Sachen wäre vermischet und künstlich zugerichtet gewesen.

SIGNORO BARTHOLOMEO.

Dieses weiß Jch vorhin wol / denn es war ja unsere Abrede / ehe wir noch bey dem Königlichen Hofe anlangeten / daß alles / was wir Teutschland wollen præsentiren / mit solchen Sachen solte zugerichtet seyn / welche den Schlaff hefftig befoderen / und sind die Händschuh / welche Jch Jhr zum letsten geschenket / mit einem sonderbaren Italiänischen Schlaffbalsahm præpariret / dessen blosser Geruch den Menschen gantz fast machet einschlaffen.

[100]
HERR KARL.

Und mein grosser Ziegenkäse ist durch und durch mit dem Opio vermischet / welcher Safft eben diese Würkung hat.

DON ANTHONIO.

Und mein Spanischer Wein war mit dem Laudano angelico vermenget / welches auch redlich machet schlaffen.

MONSIEUR GASTON.

Und in meinen Vin Francois hatte Jch die Essentiam Croci geschüttet / haben also gahr nicht zuzweiffelen / daß Teutschland nunmehr auff das allerhärteste schlaffe / worauff denn unser etliche schon manches Jahr mit fleiß haben gelauret / denn / so lange Teutschland wachet und Jhr das Haubt richtig stehet / Jhre sämtliche Glieder auch noch frisch und unter einander friedlich sind / so hält man es vor unmüglich / daß es könte bezwungen werden; Nun wir aber den Handel so weit gebracht haben / daß Teutschland schläfft / und diese Schlaafsucht so wol das Haupt / als alle Glieder wird unruhig und verwirret machen / nun / hoffe Jch / sol es nicht fehlen / daß wir sie unter das Joch bringen / insonderheit / wo wir dieses falles untereinder einig sind / und in diesem hochwichtigen Handel bei Leibe nicht von einander setzen; Solte sich aber nur einer unter uns nur dieses so grossen Werkes â part unterfangen / wie der Don Anthonio etwann vermeinete / daß es Jhme angehen müste / würde Er fürwahr weiniger denn nichtes außrichten.

SIGNORO BARTHOLOMEO.

Jhr saget die Wahrheit Monsieur Gaston: Aber Jhr Herren und Brüder / ein jeder gebe nun guten Raht / wie wir es ferner mit Teutschland angreiffen?

DON ANTONIO.

Einmahl ists gewiß / daß Teutschland schläfft und zwar über alle mahssen fast. Nun wisset Jhr Herren [101] sämtlich / zu was ende wir anhero kommen sind / daß wir nemlich daß reiche / mächtige und prächtige Teutschland wegen seiner grossen Üppigkeit / stoltzes / hochmuht / unmässigen Lebens / unerhörten Leichtfertigkeit und tausend anderer Laster nach dem Willen des Allerhöhesten straffen / plünderen / berauben / zerreissen und schließlich um alle Jhre zeitliche Wolfahrt bringen mügen. Begehren wir nun Jhres grossen Reichthums zuer ergetz- und belohnung unserer vielfältig angewendeten Mühe und Arbeit hinwieder theilhafft zu werden / so wil Jch treulich gerahten haben / daß wir uns alsobald über sie her machen / und in diesem harten Schlaffe erwürgen / alsdenn können wir unseres Wunsches stündlich gewehret werden.

MONSIEUR GASTON.

Don Anthonio, dieser Raht gefält mir gahr nicht / mein guhtdünken wäre / daß wir sie im Schlaffe gefangen nemen und Jhr eiserne Feßlen und Ketten anlegten / denn auff diese weise könten wir sehr wunderbahre Geheimnissen aus Jhr bringen und vielleicht daß jenige erfahren / welches uns nach Jhrem Untergange nimmermehr würde kund gethan werden.

SIGNORO BARTHOLOMEO.

Dieses wird schwerlich angehen / wisset Jhr nicht / was Teutschland vor eine unglaubliche Macht und Stärke hat? Wer wil sich unterstehen Teutschland anzugreiffen? Wer wil Jhr die Ketten anlegen? Wer wil sich erkühnen dieser so mächtigen Königinn das Leben zu nehmen? Wir zwahr sind alle viel zu schwach und weinig / eine solche wichtige Impressa vorzunehmen und glüklich zu vollenden. Dieses aber hielte Jch vor das beste / daß wir / wenn sie außgeschlaffen / auffs neue mit Jhr Mahlzeit hielten / und Jhr alsdenn in einem Trünklein Wein einen starken Gifft beibrächten / welchen zuzurichten meine benachbahrte Welsche Landesleute trefflich geschikket [102] sind / von welchen Jch auch noch ein guhtes stüklein habe gelernet.

HERR KAREL.

Alle diese Vorschläge gefallen mir durchaus nicht / denn / was würde uns damit geholffen seyn / wenn wir Teutschland um das Leben brächten? Wenn Teutschland tod ist / saget an / was werden wir vor nutzen davon haben? So lange es aber lebet / können wir Jhrer Gühter trefflich gemessen. Jhr selber habet zuvor aus Jhrem eigenen Munde verstanden / wie freigebig sie sich gegen uns allen wolle erzeigen. Zu deme / so würde der an Jhr begangner Mord wahrlich nicht ungerochen bleiben. Das man Teutschland in gefängliche Hafft brächte / wäre zwahr wol etwas / Jch frage aber nochmahls mit dem Signoro Bartholomeo, wer doch so behertzt seyn und einer solchen grossen Königinn Fesseln und Ketten anzulegen keine scheu tragenwolle? Jst demnach meiner Meinung zu folge dieser der allersicherste Weg / daß wir uns zu dem unüberwindlichem Schutzherren und Führer aller Kriege dem tapferen Mars verfügen / Jhme unser Vorhaben zu verstehende geben und endlich dahin vermügen / daß Er mit seinen Waffen und unserer Hülffe das trotzige Teutschland / es schlaffe oder wache plötzlich überfalle / und mit dem Schwehrt bezwinge / alsdenn kan uns kein Mensch einiger Untreu beschuldigen / vielmehr wird die gantze Welt unsere hertzhaffte Resolution höchlich preisen / daß wir / eine so mächtige Königinn zubestreiten die Waffen in die Hand genommen / und durch dieselbe als unerschrokne männliche Rittersleute nicht nur uns / besonderen auch allen unseren Nachkömlingen nebenst grossen Reichthum und Gühteren auch einen ewigen Namen / (welcher von den tapfersten Helden der Welt über alles wird gesuchet) haben erworben und zu wege bracht.

[103]
DON ANTHONIO.

Per Dio santo, das ist ein über alle mahssen guhter und nützlicher Raht; Eines aber hätte Jch schier vergessen / daß wir nemlich vor allen Dingen erstlich dahin trachten / daß wir Teutschland die güldene Kette / in welcher sie ein schönes Kleinoht mit edlen Steinen versetzet / träget / welches Kleinoht die Gelahrten CONCORDIA heissen und daß sie gantz unüberwindlich sol machen / vom Halse reissen / den so bald nur solches geschehen / wird es gahr leicht seyn sie zu bezwingen.

SIGNORO BARTHOLOMEO.

Eben dieser Meinung bin auch Jch / das Kleinoht muß Jhr entzogen werden / wenn wir denn nur den Mars werden zuem Helffer haben / wird es uns nicht schwehr fallen Teutschland zu übermeisteren.

MONSIEUR GASTON.

Jhr redet wahrlich recht Signoro is Bartholomeo, Mars kan uns Teutschland leicht helffen überwinden / insonderheit da sie nun in einem so tieffen Schlaffe sitzet / zu deme auch wir des Mars so außerkohrne guhte Freunde sind / Aber wir müssen eilen / denn Eilfertigkeit per Dieu das beste thun muß bei der Sachen.

HERR KARL.

So recht Jhr Herren / es wil dieses Werck keinen Verzug leiden / Mars sitzet schon hiebei im Quartier zuer negsten Wand / wir dörffen Jhn nicht weit suchen. Drum auff / auff / daß wir nur bald eins mit Jhm werden / was gilts / das prächtige Teutschland sol uns alsdenn bald zuem Raube und wolverdienten Beute werden.


Sie gehen alle ab.
Also bald darnach / wen die Kavallier sind hinweg gangen / muß einer mit etwas närrisch gemachten Kleideren / als einem Spanischen [104] Wamse /Französischen Hosen / Polnischen oder Krabatischen Mützen und anderen dergleichen fremden Trachten angethan / herfürtreten / seltsam Geberde führen und folgendes Lied mit einem hönischen und offtverenderten Gesichte / bald als ein ernsthaffter Spanier / bald als ein leichtsinniger Franzose / bald als ein schmeichelhafter Italianer und so fohrtan / nach dem eß der Jnnhalt gibt / fein langsahm singen und eine Spanische Kitarra oder Laute entweder selber dazu schlagen oder von einem anderen darinn spielen lassen / jedoch also /daß die wöhrter fein deütlich gesungen und von denen Zuhörern wol verstanden werden.

[105][108]
Teütschland wird sehr beklaget
von wegen des grossen Unglükkes /
welches Jhme die Bewirhtung und gahr zu freundliche
Gemeinschafft mit denen fremden
Völkern wird veruhrsachen.

1.

Teütschland hat zu seinem Schaden

(O der grossen Raserei!)

Fremde Völker inngeladen

Daß es ja bald dienstbahr sei /

Fremde Völker / welche leider

Bringen nichts alß fremde Kleider.

Fremde Sprachen / fremdes Geld /

Diß verdirbt die gantze Welt.


2.

Teütschland lustert Wein zutrinken

Den Maderen Jnsul bringt /

Teütschland will mit Spanien hinken

Wen Kitarra singt und klingt /

Teütschland will Sich mit Grandetzen

Spanien an die seite setzen /

Jst auch dessen hertzlich froh

Mit dem Don Anthonio.


3.

Teütschland will Couranten machen

Wie man sonst in Frankreich thut

Monsieur Gaston weiß die Sachen

Anzugehn mit schlauem Muht

Er läst unser Teütschland sauffen

Rohten Wein den es muß kauffen

Vor Jhr Blüht / daß heist wol recht:

Teütschland hat Sich selbst verzecht.


[108] 4.

Teütschland will die Hände zieren /

Jhr gefält der neue Pracht /

Teütschland die will Händschuh führen

Die der Welsch hat hergebracht /

Wol gewelscht! Diß weiche Leder

Jst ein Gifft vor dein Geäder /

Dieses Teütschland / samt den Wein

Wird dein Weg zuer Armuht sein.


5.

Teütschland hat den Schmak verlohren

Jhr gefält noch Wein noch Bier /

Hat deßwegen außerkohren

Alten Käse mit begier /

Käse der den Durst erwekket /

Käse da der Wein auff schmekket /

Doch bezahlt der Teütsche Schlund

Tausend Krohnen vor ein Pfund.


6.

Teütschland ist nun wol tractiret

Durch der Fremden höfligkeit

Welch' Jhr haben außgeführet

Einen Schmauß bei dieser Zeit /

Dessen wehrt nicht ist zu schätzen /

Dieses / mein' Jch / heist ergetzen

Selber Sich und seine Gäst' /

Es ist hin biß auff den Rest.


7.

Teütschland muß den Wirth bezahlen

Und den Gästen dienstbahr sein /

Welche bei der Wirtschafft prahlen

Und noch tapfer schenken ein /

[109]

Alles doch ohn' Jhren Schaden /

Daß heist frische Gäste laden /

Daß heist bei den Fremden stehn /

Teütschland du must bettlen gehn.

4. Aufzug
Der vierte Auffzug.
Merkurius.

Das die Undankbarkeit ein so schändliches Laster sei / daß auch die Heiden gesaget haben / der Erdbodem ernähre kein abschäulichers Thier als eben einen undankbaren Menschen / solches bezeuget das üppige und stoltze Teütschland mit Jhrem eignem Exempel. Mit höhester Verwunderung / ja mit einer hefftigen Bestürtzung habe Jch vernommen / welcher gestalt diese übermühtige Königinn nach meiner und der vier alten tapferen Helden schmähelichen Abfertigung / Jhr allerhöhestes irrdisches Guht / nemlich den edlen und wehrten Friede aus Jhrem gantzem Lande hat verjaget und dadurch alles Gedeien / ja allen Segen und Wolfahrt muthwilliger weise von sich gestossen / anderen statt aber mit fremden Völkeren und Nationen / (welche doch meisten theils anders nichts / als Jhren gäntzlichen Untergang und eusserstes Verderben suchen) Kundschafft gemacht / sie zu Gaste geladen / an Jhre Königliche Taffel gesetzet / ja sich toll und voll mit Jhnen gesoffen. Zuem allerhefftigsten aber erschrak Jch / als Jch eben in dieser gegenwertigen Stunde auß dieser fremden und ungetreuen Gäste eigenem Munde vernam (denn Jch hielte mich in einem abgelegenem Winkel / wo selbst Jch alle Jhre Rede gahr leicht konte hören / verborgen) daß sie vor alle empfangene Ehre und Freundschafft das leichtgläubige Teutschland [110] plünderen / berauben / verbrennen / zerreissen / ja um alle zeitliche Wolfahrt bringen / und zu dem ende mit dem grausamen Eisenbeisser und Menschenfresser dem Mars sich in Verbündnisse einlassen wolten. Endlich entsetzete Jch mich schier biß auff den Tod / als Jch mit diesen meinen Ohren anhörete / wie sich der Bluhtdürstiger Mars stündlich erboht / nach allem Jhrem Willen und begehren mit dem sicheren Teutschlande zu handelen / und dieweil diese Jhre angemahssete Freunde glaubwürdig berichteten / daß Teütschland in einen sehr harten Schlaaff wäre gefallen / also bähten sie diesen Jhren Patronen den Mars / daß / dieweil sie Jhm schon so viele Jahre getreulich hätten gedienet / Er ja nicht säumen / sondern so bald immer müglich / ja noch diese Stunde / Ehe Teütschland wieder erwache / dasselbe überfallen und begehrter mahssen tractiren wolle / welches Er Jhnen alsobald hat eingewilliget. Jtzo sitzet dieser grausamer Bluhtvergiesser / und trinket ein paar Pfeiffen Tabak / damit Er muhtig und behertzt werde dieses schwere Werk anzufangen / denn Er weis sehr wol / daß gahr ein grosses dazu gehöre daß allermächtigste Teütschland mit bewehrter Hand anzugreiffen / wobei Er auch dieses zu bedenken hat / daß die vier fremde Rittersleute nicht nur Jhres sonderbaren grossen Vortheils und geniesses halber / welchen sie von Teütschland verhoffen / sonderen auch in betrachtung vieler anderen Uhrsachen Jhme dem Mars ernstlich verbohten / daß Er sie nicht solle erwürgen / sonderen nur bezwingen und überwinden.


Hie wird der innere Schauplatz geöffnet und sitzet Teütschland allein in einem sehr tieffen Schlaffe / hat keinen Menschen üm sich / sind auch Tische / Stühle / nebenst allen anderen Sachen schon hinweg geraumet.

[111]

Aber / siehe da / ist daß nicht das sichere Teutschland? Ach ja / eben sie ist es. Ach schläffest du noch? Ach schlummerst du noch / O du rasendes Weib? Ach wie werden dich deine vielfältige Feinde aus diesem harten Schlaffe auffwekken! Fürwahr mich jammert deiner von Hertzen / und ob du mich schon nebenst denen hochgerühmten alten Teütschen Helden auff das allerschimpflichste hast abgewiesen / so kan Jch doch nicht unterlassen mich deiner / O du elendes und jämmerlich-betrogenes Weib mitleidentlich zu erbarmen.


Hie wird gar sanfft auff Jnstrumenten gespielet und nachfolgendes Liedlein von dem Merkurio fein hell /
klahr und deutlich mit sonderbahrer bewegniß seiner Gebehrden gesungen.
[112] [114]Warnungs-Liedt
An das sicherschlaffende Teütschland /
von dem Merkurius gesungen.

1.

Sjchers Teutschland schlaffst du noch?

Ach wie nah' ist dir dein Joch /

Das dich hart wird drükken /

[114]

Und dein Antlitz dürr' und bleich

Jämmerlich erstikken /

Wach' auff du Teutsches Reich /

Wach' auff du Teutsches Reich!


2.

Tolles Teutschland deiner Ruh'

Eilet Krieg und Auffruhr zu /

Ach hör' auff zu schlaffen /

Alle Kreaturen gleich

Kommen dich zu straffen /

Wach' auff du Teutsches Reich /

Wach' auff du Teutsches Reich!


3.

Volles Teutschland / grosse Noht

Wird dich martern auff den Tod /

Sichers Weib begehre /

Daß doch GOTT sein Hertz erweich'

Und den Feinden wehre /

Wach' auff du Teutsches Reich /

Wach' auff du Teutsches Reich!


Aber Ach! Was hilfft doch viel singen und sagen / da gahr kein Gehör ist? Daß mag wol ein rechter Todesschlaff heissen. Jch wolte zwahr wol näher hinzu gehen und das sorglose Teutschland etwas hart rüttlen und schütlen / aber Jch muß mich befürchten / daß / dafern dieselbe solte erwachen / Jch wol übel von Jhr machte empfangen werden. Zu deme muß Jch mich alle Augenblikke befahren / daß mein abgesagter und geschwohrner Todfeind der grausahmer und bluhtdürstiger Mars mir gahr zu schnell auff die Hand komme / denn Jch weis / Er wird sehr eilen /sein bößhafftes Vornehmen auffs allerschleunigst ins Werk [115] zu setzen. Und was? Hie wird gleichsahm von ferne getrummelt /. Höre Jch nicht schon von ferne seine Mordpauken erklingen? Nein / nein / es ist nicht länger Zeit alhier zu verharren / Jch muß mich nur aus dem Staube machen / damit Er seinen ersten Grimm nicht über mich außschütte / Aber / Ach du elendes Teutschland! Wehe dir! Ach du jämmerliches Teutschland! Wehe dir! Gebet ab: So bald Merkurius hinweg / komt Mars heraus gebrauset mit einem starken Schalle der Tromlen und Trompetten / es werden zugleich unterschiedliche Büchsen und Pistolen hinter Jhme laß geschossen / Er hat das Maul voller Rauches vom Tabak / welchen Er stark heraus bläset / hält einen blossen und bluhtigen Degen in der Hand und fähet an zu reden mit brüllender Stimme.

5. Aufzug
Der fünffte Auffzug.
Mars / Teutschland / Don Anthonio, Monsieur Gaston, Signoro Bartholomeo, Herr Karel.

MARS.

Erfreüe dich itz / du mein bluthlekkendes Schwehrt und jauchtze mit mir von Hertzen du Zerfleischerinn der allertapfersten Helden / denn nunmehr sol dein grosser Hunger und appetit, welchen du nach Menschen Fleische trägest / bald gestillet werden. Keine angenehmere Zeitung kan mir von einigem Menschen der Welt gebracht werden / als wenn Jch gantze Königreiche und Länder durch die Schärffe meines Degens sol bezwingen / denn dieses ist die höheste Ergetzligkeit meines bluhtsuchenden Lebens. Wollet Jhr noch ein mehreres von mir wissen? Jch wolte Euch gern dasselbe berichten / wenn mein grimmiger Zorn mir nur so viel Zeit und weile wolte vergönnen. [116] Und was ist es wol nöhtig / daß Jch so viele Wohrte oder dicentes von meiner Tapferkeit mache? Es ist ja ohne daß dieser gantzen Welt wissend / daß Jch meinen Magen ersättige mit dem Fleische und Gedärme der allertapfersten Soldaten / meinen Durst lösche Jch mit deroselben hitzigern Blute / meine Wollust suche Jch im Feür und Rauch / meine Musik lasse Jch mir auffmachen mit Feürmörsern / Feldschlangen / Kartaunen und Mußquetten: Mein Bette ist von lauter Kuglen / Schrot / Schwefel und Salpeter zugerichtet / und mein rechtes Leben ist / nur alles das / was das Leben hat / zu erwürgen. Teutschland erwachet endlich über diesem Tumult / wischet den Schlaff aus den Augen / stehet auff von Jhrem Stuhle und fähet folgender gestalt an zu reden.

TEUTSCHLAND.

Was ist doch vor ein greulicher Lermen und Tumult in diesem meinem Königlichen Schlosse mit schiessen / trumlen / blasen und schreien? Wer mag doch dieses Wesen wol haben angefangen? Aber schau! Was habe Jch dort vor einen Gast bekommen? Jst es nicht der Mars / welchen die Heiden pflagen einen Gott des Krieges zu nennen? Ja wahrlich / eben derselbe ist es: Was mag der wol vor Händel vorhaben? Glük zu Mars / wo körnst du bei dieser Zeit her? Dich habe Jch in vielen Jahren nicht gesehen.

MARS.

Es ist mir leid genug Teutschland / daß du den Krieg so lange Zeit nicht gesehen hast / Jch komme itz meinen Tribut einzufoderen.

TEUTSCHLAND.
Tribut? Von weme weitest du Tribut föderen?
MARS.
Von dir Teutschland / fragst du noch?
TEUTSCHLAND.
Von mir? Bin Jch dir etwas schuldig? Das ist ja fürwahr zumahlen lächerlich!
[117]
MARS.
Das ist mir trauen nicht lächerlich / du must mir einmahl die Zinsen mit der Haubt-Summa bezahlen.
TEUTSCHLAND.

Mars / Jch rahte dir / daß du dein vermessenes Maul haltest / oder Jch werde dich übel lassen anlauffen.

MARS.

Was sagest du übermühtiges Weib? Trotzest du noch viel? Jch will / daß du dich mir alsofohrt gefangen gebest.

TEUTSCHLAND.

Ha! Solte Jch deine Gefangene seyn / Ja Jch sage Jch / welche mit Jhrer Tapferkeit und Waffen der gantzen Welt bißhero ein Schrekken gewesen / solte Jch mich dir ergeben? Dir meinem Vasallen? Dir meinem Schlaven? Pfui dich an!

MARS.

Harre nur ein weinig / Jch wil dir den Hochmuht bald verbieten / Jch wil dich lehren was Vasallen und Schlaven sind.


Er wil mit gewalt Hand an sie legen / Teutschland springet frich und unerschrokken auff jhn zu /reisset Jhm den Degen auß der Hand und wirfft denselben hinter sich zu rükke auff die Erden.
TEUTSCHLAND.

Wie gefält dir dieser Streich Herr Struntzer? Hast du dich nicht tapfer gewehret? O du Närrischer Mars / bildet du dir wol ein / daß man Teutschland so leicht könne bezwingen? Weit gefehlt!

MARS.

Ach! Was hat mir dieses verfluchte Weib in dieser Stunde vor einen überaus grossen Schimpff angethan? Jch schwere dir bei dieser meiner Rüstung / daß Jch denselben nimmermehr wil ungerochen lassen: Soltest du so kühn seyn und mir mein Siegreiches Schwehrt / das so manchen tapferen Held / ja gantze Königreiche und Länder hat bezwungen / [118] aus den Händen reissen? Aber / wahrte nur ein weinig / du must mir besser dran / was gilts Jch wil dir härter auff die Haut greiffen. Er gehet abermahl frisch auff sie zu.

TEUTSCHLAND.

Ja / komme nur du verrähterischer Bluhthund / Jch bin vor dir gantz unerschrokken / nun solst du erstlich fühlen / was das unüberwindliche Teutschland vor Kräffte hat / Sa / sa / nur immer frisch heran.


Sie fallen einander in die Arme / fahen an tapfer zu ringen / endlich aber wirfft Teutschland den Mars unter sich / gibt Jhme rechtschaffene Stösse und tritt Jhn mit Fassen / Mars fähet an aus vollem Halse zu schreien.
MARS.

O helffet! Mordio! Rettet / dieses grimmige Weib wil mich ermorden. Ach kommet mir zu hülffe ümme GOTTES Willen / Ehe mich diese Teuffelinn auff kleine stükken reisset. Ach helffet! helffet! helffet!


Hie höret man wieder Tromlen und Trompeten schallen / es geschehen auch hinter dem Schauplätze etliche Schüsse / immittelst springen aus vier Ohrteren die vier Kavallier als Don Anthonio, Monsieur Gaston, Signoro Bartholomeo und Herr Karel hervor. Diese kommen den Mars zu hülffe / reissen Teutschland von Jhme hinweg / daß Er wieder kan auffstehen / sie halten Teutschland unter sich / Mars schläget sie mit Fäusten darauff schreiet.
TEUTSCHLAND.

Thut gemach Jhr Herren / was habe Jch mit Euch zu schaffen? Man thue mir doch keinen Gewalt und überfalle mich doch nicht so gahr ungewarnter Sache / sol Jch mit Jhnen kämpfen / so fangen sie es teutsch und auffrichtig mit mir an / Jch will Jhnen allen mit einander redlich Fuß halten.

DON ANTHONIO
stosset sie zurükke und spricht.

Ja / Ja Jch wil mit dir kämpfen / daß dir der Halß krachen sol / Jch wil dir meinen Spanischen Wein gesegnen du verfluchte Plaudermetze.

[119]
MONSIEUR GASTON
gibt Jhr auch einen Stoß.
Und Jch meinen Vin Francois.
HERR KAREL.
Und Jch meinen alten Ziegenkäse.
SIGNORO BARTHOLOMEO.

Und mir solt du die perfumirte Händschen bezahlen. Sie geben Jhr alle Ohrfeigen / Teutschland aber komt wiedrum auff springet zurükke und spricht.

TEUTSCHLAND.

Ha ihr Kavallier / wird mir meine Guhtwilligkeit dergestalt belohnet? Gedenket man auff eine solche weise mit mir umzuspringen? Wolan / so harret nur ein weinig / Jch muß mich wahrlich noch etwas besser mit Euch tumlen.


Sie gehet wiedrum frisch auff sie zu / wehret sich gegen alle fünfe mit einer grossen Hertzhafftigkeit /also / daß sie auch allesamt weichen müssen / biß endlich Don Anthonio seinen Vortheil ersiehet und im sprunge Jhr die Kette / in welcher das Kleinoht Concordia hänget / vom Halse reisset / das halt Er mit freüden in die höhe und spricht.
DON ANTHONIO.

Nun frisch daran Jhr Brüder / Jch habe das Kleinoht Concordia schon hinweg / welches Teutschland bißanhero unüberwindlich hat gemachet / was gilts / wir wollen sie nun augenbliklich bezwingen?

MARS.

Lustig wieder daran Jhr Herren / beraubet und plündert dieses hochmühtige Weib / Jch wil Euch helffen als ein ehrlicher Cavallier.


Sie fallen sie alle zugleich an: Einer greiffet Jhr nach der Krohn / kan sie aber doch nicht gahr herunter bringen / der ander bricht Jhr ein stüklein vom Skepter / der dritte reisset Jhr den Flor
hinweg / der vierte den Oberrok und was sie sonst nur können davon bringen. Teutschland schreietz wahr sehr üm Hülffe / aber vergeblich: Endlich spricht.
[120]
MARS.

Haltet ein Jhr Herren / lasset uns nur dieses wiederwertige Weib in mein Quartier hinein schleppen und Jhr daselbst vollends alles daßjenige / was sie noch übrign an Jhrem gantzen Leibe hat / abnehmen. Jch wil Euch Herren allen diesen Raub schenken / dieweil Jch ohne das reich genug bin / aber den Schimpff / welchen mir dieses auffrührische Weib hat erwiesen / in deme sie sich meiner unüberwindlichen Macht hat wiedersetzen dörffen / wil Jch / so lange ein lebendiger Bluhtestropfen bei meinem Hertzen ist / auff das allergrausahmlichste an Jhr zu rechen wissen. Jch wil sie zwahr nicht tödten / sonderen zu ihrem Elende und stetswehrenden Plage immer hin leben lassen und sie ohne auffhören / quählen / peinigen und marteren / wozu Jhr redliche Cavallier mir zweifels ohn getreulich werdet verhelffen.

TEUTSCHLAND.

O Mars / handle doch nicht so gahr unchristlich und tyrannisch mit mir / bedenke doch nur einmal / was Teutschland vor eine mächtige und gewaltige Königinn ist.

MARS.

Was Königinn? Was mächtig / was gewaltig? Du bist ein verfluchtes Weib. Kanst du nun bessere Wohrte geben Teutschland? Wahrte nur ein weinig / Jch wil dich bald andere mores lehren. Schleppet sie nur immer hinein Jhr Cavallier / sie sol drinnen etwas härter von uns allen getribuliret werden.


Sie greiffen sie alle vier gantz ungestühmlich an und schleppen sie mit gewalt hinein / Mars stosset binden nach mit schelten und fluchen / wird also Teutschland unter dem Schalle und Gethön der Tromlen des blasens und schiessens hinein geführet.
[121] So bald nun Teutschland durch den Mars und desselben Spießbrüdere gewalthätiger weise mit schelten stossen und schlagen ist hinein geschleppet / muß alsobald darauf eine gahr klägliche Musik werden angefangen und ein weinig hernach müssen gantz unversehner weise zwo Weiber in langen Klag-kleideren herfür wischen /und nachgesetztes Lied mit sehr traurigen Geberden / allezeit einen Verß üm den anderen singen / jedoch daß von anderen verborgener weise dazu gespielet werde. Wen nun dieses Lied vollendet so müssen diese beide Klag-Weiber auch plötzlich wieder davon gehen und die verborgene Musikanten diese andere Handlung vollends beschliessen und zuem Ende bringen.
[122]
Erbärmliches Klag-Lied
Uber den jämmerlichen zustand des beraubten /
geschmäheten / verstrikten und
geschlagenen Teütschlandes.

1.

Hjmmel / weine bitterlich /

Laß Kometen an dir sehen /

Weil nun fast den letsten Stich

Unser Teutschland sol außstehen /

[123]

Teütschland / daß Guht / Ehr' und Leben

Fremden muß zur Beüt' hingeben!


2.

O Jhr Wolken / öffnet Euch /

Lauter Trähnen zu vergiessen /

Trennet Eüch und last zugleich

Feürigs Wasser von Euch fliessen /

Liebe Sonn' hör auff zu prangen /

Teütschland / Teütschland ist gefangen.


3.

O Jhr leichten Federthier' /

Haltet inn mit Lust zu singen /

Besser / daß man für und für

Lass' ein traurigs Lied erklingen /

Teutschland ist vor weinig Stunden

(O deß Jammers!) hart gebunden.


4.

O Jhr Fisch in tieffen Meer /

Schauet doch auß Eüren Quellen /

Schauet Teütschland / das so schwehr

Mars gefallen / es zu feilen /

Teütschland / das sich nicht ließ pochen /

Jst zuem Kreütz' izt fast gekrochen.


5.

O du wild und zahmes Vieh' /

Eile Teütschland zubeklagen /

Schaue mit waß Grimm' und Müh'

Jhre Würger auff Sie schlagen /

[124]

Wie Sie gleich mit Grimm und beissen

Jhr den Rok vom Leibe reissen.


6.

O Jhr Teütsche / geht herbei /

Klaget Eürer Mutter Schaden /

Machet bald ein Mordgeschrei:

Teütschland muß im Blühte baden /

Teütschland / die Sich frisch gewehret /

Als man ihren Tod begehret.


7.

Jst das Kleinoht nicht mehr da?

Nein / es ist hinweg genommen /

Himlische CONCORDIA

Wirst du niemahls wiederkommen?

Weh' uns / daß wir dich vermissen!

Ach / wer hat den Band zerrissen?


8.

Teütschland ist gezogen aus /

Teütschland muß Jhr Kleid entbehren /

Feinde / welch' Jhr Hoff und Hauß

Ja Jhr Guht und Blüht begehren /

Halten Sie so hart verstrikket /

Daß Sie schier vor Angst erstikket.


9.

Unterdessen bleibet doch

Jhre Krohn' unabgerissen /

Und ob gleich die Feinde noch

Jn die Schultern Sie gebissen /

Wird Sie dennoch Sich erheben

Ja fast sterbend wiedrum leben.


[125] 10.

Teütschland / Teütschland tröste dich /

Gott wird dir zuer selten stehen /

Beht' und streite ritterlich /

Denn wird man mit Freuden sehen /

Dich die Feind' hinwieder binden

Und gantz Siegreich überwinden.


Ende der Anderen Handelung des Friedewünschenden Teütschlandes.

Zwischen-Spiel

1. Aufzug
Erster Auffzug.
Monsieur Sausewind allein.
Dieser komt sehr a la mode jedoch etwas Studentisch auffgezogen / fähet gahr frech und frisch halb lachend an zu reden.

Was ist es gleichwol eine brave Sache üm einen jungen Kavallier / der was redlichs hat studiret und sich auff allerlei Händel außbündig wol verstehet? Jch zwahr halte dieses vor meinen höhesten Reichthum und Glükseligkeit /daß Jch kein ungeschikter grober Jdiot / sondern in allen Sprachen / Künsten und Wissenschafften trefflich bin unterrichtet und erfahren. Ja / sehet Jhr mich noch darauff an Jhr Herren? Meinet Jhr vielleicht / daß Jch etwann die Warheit all zu kärglich spendire oder zu milde rede / oder meiner Weinigkeit gahr zu viel Qualiteten zuschreibe? Mit nichten: Jch bin viel ein ander Kerls / als davor Jhr mich achtet. Jch habe mich von meiner zahrten Jugend beflissen / alles / was nur ein Mensch in seinem Kopfe kan erdenken / zu wissen / zu lernen und zu behalten. Da war kein Knabe in der gantzen Schule in seinem Donat, Nomenklatur und Grammatiken so färtig als Jch beschlagen. Einen Syllogismum konte Jch viel leichter daher machen als ein paar Schue flikken. Eine Oration konte Jch latinisando daher schneiden / wenn Jch nur wolte / Ja biß auff diese itzige Stunde bin Jch so mächtig beredt / daß / wenn es mich nur[127] gelüstet / Jch die Leute alsobald kan lachen machen / welches Jch noch diesen Tag wil probieren / gestalt es denn die Herren selber sehen und meiner itzigen Rede gantz gerne beifall geben werden. Der Musik habe Jch eine so treffliche Erfahrenheit / vornemlich aber bin Jch ein solcher gewaltiger Künstler auff der Lauten / daß sich auch der Gautier, J. Pauli und andere weltberühmte Lautenisten selber nicht geschämet haben biß in das siebende Jahr von mir zu lernen / und hat man offt gesehen / daß / so bald Jch nur ein Couräntchen zu schlagen angefangen / die Stühle / Tische und Bänke gehüpfet und gesprungen / daher man mich auch den anderen Orfeus pfleget zu nennen / dieweil auch offtermahls / wenn Jch die Saiten rühre / ein gantzer Hauffe Ochsen / Esel / Seüe und andere Bestien / wiewol in Menschlicher is gestalt / um mich her sitzen oder stehen / gleich wie sie hiebevor üm Jennen alten Orfeus gethan haben.

Negst diesem bin Jch auch in der Poeterei so übertrefflich guht / daß der Franzosen Ronsard / Theophil und andere / der Italiäner Ariosto / der Latiner Virgilius und der Teutschen Opitz noch viel / viel von mir zu lernen hätten. Meine Lieder / welche Jch setze / sonderlich in der Teutschen Spraache / sind dermahssen kunstreich und anmuhtig / vornemlich / wenn Jch sie mit meiner lieblichen Stimme zu Zeiten vermähle und die Melodeien auff dem Mandörichen dazu spiele / daß sich über die Tausend Damen schon längst deßwegen in mich verliebet haben; Ja / Jch bin von glaubwürdigen Leuten berichtet / daß schon bei drei und zwantzig der Allerschönsten aus lauter Liebe gegen meine brave Person jämmerlich sind gestorben und begraben /welcher Seelen der lieber Gott gnädig seyn wolle.

Ferner / so bin Jch auch nicht aus der Zahl der jenigen / welche immer auff der Bährenhaut liegen und fast Jhr Lebenlang nicht weiter / als etwann biß nach Sant Jürgen / [128] oder nach dem Harn / oder nach Altonah ins Rohtbier / oder / da es gahr weit / biß nach Steinbeke / Blankenese und dem Bilwarder kommen: Nein Jhr Herren / Jch habe bei dem Element die Welt ein weinig besser durchgetrampet und mancher sauberen Pfützen die Augen außgetreten. Jch habe gereiset in Frankreich / in Holstein / in Spanien / in Meklenburg / in Engeland / in Westfahlen / in Welschland / in Pommeren / in Gohten und Wenden / Thüringen / Holland und Kassuben / und dieweil Jch so viele Länder durchwandert / kan man leicht schliessen / daß Jch auch viele und unterschiedliche Sprachen müsse verstehen / und in dieser Meinung werdet Jhr wahrlich nicht betrogen: Denn / Jch rede guht Barbarisch / Jch rede mein Hitländisch / Jch rede Marokisch / Chinesisch / Mexikanisch / Novazemblisch / Japonisch / Brasilianisch / Schlavonisch / Jühtländisch / Peruanisch / Assirisch und ein weinig Eißländisch / doch ist das Teutsche fast mein bestes / denn Jch mich dessen am meisten und zwahr von zahrter Jugend an habe gebrauchet. Jst unter dessen jemand unter den Herren fürhanden / der alle diese obgedachte Sprachen färtig redet und verstehet / der trete nur herauff / Jch wil Jhme dergestalt antwohrten / daß Er sich höchlich samt allen anwesenden Herren und Frauenzimmer darüber sol verwunderen. Ferner bin Jch auch ein trefflicher Mathematicus, Landmesser / Fortificator, Schantzenbauer / Wallmeister / wie Jch denn des Marlois / Freitages / Treuen und anderer berühmter Mathematicorum Præceptor etliche viel Jahr / auff mehr denn fünfftzig Academien in Teutschland allein / der Mußkowitischen und Grönländischen Universiteten allhie zugeschweigen / mit grossem Ruhm und Ehren bin gewesen. Nebenst diesem verstehe Jch mich auch trefflich wol auff des Himmels Lauff / Jch kan Kalender machen / Nativiteten stellen / weis zukünfftige Dinge / Jch kan auch aus der Hand [129] wahrsagen und einem Diebe gantz eigentlich aus derselben vorher verkündigen / daß er sol auffgehenket werden / sonderlich wenn Meister Jürgen ihm dieselbe schon auff dem Rükken hat zusammen gebunden.

Uber dieses alles gebe Jch auch einen braven Fechter und bin in dieser Kunst dermahssen fertig / daß Jch mir auch offt mit einem dikken Filtze das Angesicht lasse zubinden / und doch gleichwol meinen Wiederpart kan treffen / wo man es nur begeret / es sei ein Auge / den hindersten Zahn aus dem Maule / das linker oder rechter Ohr / ja ein gewisses Hahr vom Kopfe oder aus dem Knebelbahrte / und dieses alles thu Jch nur im blinden / wie meinet Jhr Herren / müsse Jch wol ein Fechter seyn / wenn Jch meinen Gegentheil kan vor mir sehen?

Was Jch vor ein Außbund von Bereuter bin / davon mügen die jenige Zeugnisse geben / welche mich auff des Pluvinels Reitschule zu Pariß gekennet haben / woselbst Jch meinen Meister weit übertroffen / doch höre Jch / der guhte ehrliche Mann sei schon gestorben / deßwegen man mich auch bereits vor vielen Jahren an seine stelle zum Königlichen Bereuter mit fleiß hat gefodert / welches Jch aber dem Könige in Frankreich dazumahlen in gnaden abgeschlagen. Betreffend ferner das Voltesiren über die allergrösseste Elefanten / Meerkatzen / Murmelthiere und Kamele / so weis Jch meines gleichen in der gantzen Welt nicht und noch viel weiniger im tantzen / denn es mir eine gahr schlechte Kunst über die fünfftzig Capriolen auff einmahl nach einander daher schneiden und einen Lufftsprung von der Erden sechs Ellen in die höhe zu thun / wenn Jch nur den Kopf nicht an die Balken stosse / und / damit Jch die Herren nicht gahr zu lange auffhalte / so wird wol heut zu Tage keine einzige Kunst noch Wissenschafft zufinden seyn / in welcher [130] Jch nicht über alle mahssen Excellire. Aber / Jch mag mich selber nicht rühmen / dieweil es nach dem alten Sprichwohrte heisset / daß eigenes Lob nur stinke / darum sage Jch nur kürtzlich / daß mein Haupt ein Tempel oder Wohnhauß ist aller derer Dinge / welche ein Mensch in diesem Leben kan oder mag wissen und erlernen. Nunmehr gebe Jch mich gantz und gahr auff allerhand treffliche Künste / als auff die Mahlerei / Perspectiven, Perpetuum mobile, Quadraturam Circuli und sonderlich auff das Goldmachen / welches mir so gewiß und unfehlbar muß angehen / so gewiß Jch gedenke ein gantzes Fürstenthum entweder in Arabiâ desertâ, oder auch in Novâ Zembla an mich zu kauffen / und bin Jch des gäntzlichen willens / so bald nur mein Lapis fertig ist / innerhalb weinig Wochen die vornehmste Thürme dieser weltberühmten Stadt / sonderlich die Domspitze / wie auch die zu Sankt Peter und Sankt Katharinen von der Erde biß an den Knauffe gantz vergülden / oder auch wol (dafern es nicht gahr zu viel Zeit kostet) mit feinem Dukaten Golde von neuen dekken zu lassen / unterdessen wollen sich die Herren nur ein weinig patientiren. Mars tritt allein auff / siehet annoch sehr grimmig / spatzieret an der einen Ekken des Schauplatzes auff und nieder.

Aber siehe da! was mag doch der wol vor ein ansehnlicher Kavallier seyn? Jch wil mich hier ein weinig an die seite stellen und anhören / was Er etwan vorbringen wolle /vielleicht ist Er ein Mann / von dem Jch auch noch etwas sonderliches kan lernen.

2. Aufzug
[131] Der ander Auffzug des Zwischen-Spieles.
Mars / Monsieur Sausewind.

MARS
annoch sehr entrüstet / spricht mit lauter Stimme.

Phy! Wie habe Jch mich über diß schandlose Weib entrüstet! kaum kan Jch wieder zu meinem Odem kommen / Ja / Jch bin fast müde geworden diese lose Bestien zu schlagen und zu plagen. Aber / ist das nicht schreklich / daß Teutschland noch so eigensinnig und überaus halstärrig ist / daß sie Jhr Unrecht nicht einmahl wil erkennen! Sie schläget / stösset und beisset auch mitten in ihrem Elende von sich / als ein rasendes und unsinniges Thier / sie schilt und fluchet mir ins Angesichte und ist bißweilen so trotzig / als wenn sie noch in Jhrem besten Flor sesse / da sie doch kaum ein Hemd mehr über dem Leibe hat / denn die vier Kavallier / welchen Jch diese Schandbestie das leichtfertige Teutschland in Jhre Hände übergeben / haben sie dermahssen zugerichtet / daß sie fast keinen Menschen mehr ähnlich siehet / gleichwol sind sie noch zu schwach Jhre Hartnäkkicheit völlig zu dampfen und sie zu rechter Demuht und Erkäntnisse zu bringen dahero Jch mir habe vorgenommen / mich nach etlichen Klugen und Sinnreichen Köpfen / sonderlich aber nach Jhren eigenen Landesleuten umzusehen / ob Jch etwan derselben / wenn Jch sie / die Waffen anzunehmen erstlich habe überredet / mich nützlich könne gebrauchen / das verstokte Teutschland durch Hinderlist und Praktiken zu zahmen / wenn es mir etwan mit dem Waffen allein nach meinem Wunsche nicht wolte gelingen / Jch zweiffle nicht / der Posse sol gahr wol angehen / in betrachtung Teutschland [132] Jhren eigenen Kinderen und Unterthanen nichtes böses wird zutrauen. Er siehet gleichsahm ungefehr den Sausewind. Aber / wer stehet dort an jenner Ekken? Jch muß Jhm ein weinig näher kommen? Der ist gewißlich ein Franzose / das merke Jch fast an seinem Habit und leichtfertigen Geberden. Er spricht zum Sausewind. Bon jour Monsieur, comment vous va?

MONSIEUR SAUSEWIND.
Je me porte bien, Dieu mercy, a vostre commandement:
MARS.
D'ou venez vous Monsieur? Estes vous un Francois?
MONSIEUR SAUSEWIND.
Nonny pa Monsieur, je suis un Alleman.
MARS.
Jst der Herr ein Teutscher / ey so lasset uns doch auch ein weinig Teutsch mit einander reden.
MONSIEUR SAUSEWIND.

Was meinem Herren gefält / mir gilt es gleiche viel / was einer vor eine Sprache mit mir zu reden begehret / is dieweil Jch sie alle verstehe.

MARS.

Per Dieu das were viel / so ist der Herr vor mich nicht / denn wenn Jch kein Teutsch reden könte / so wäre Jch fast stumm; Aber / der Herr verzeihe mir / Er wird gewißlich ein Kavallier seyn?

MONSIEUR SAUSEWIND.

Ja mein Herr / Jch bin so ein armer schlechter Kavallier / heisse sonst meinem rechten Namen nach Monsieur Sausewind.

MARS.

Das ist mir in Wahrheit sehr lieb zu vernehmen / daß der Herr ein Kavallier ist / aber / Er sage mir doch / welcher Partei und wie lange hat Er wol gedienet?

[133]
MONSIEUR SAUSEWIND.

Um Verzeihung mein Herr / Jch bin kein Soldat / bin auch niemahlen einer gewesen / gedenke auch mein Lebenlang keiner zu werden.

MARS.

Monsieur, wie kan Er denn ein Kavellier seyn / wenn Er kein Soldat ist / jedoch saget an / was könnet Jhr sonst etwan vor Künste?

MONSIEUR SAUSEWIND.

Mein Herr / Jch habe mich von meiner zahrten Kindheit an / biß auff diese gegenwertige Stunde / bloß und allein auff das studiern geleget / und habe dadurch fast alle Sprachen / Künste und Wissenschafften erlernet / also / daß Jch mich zu allerhand Bedienungen / so wol bei Fürstlichen Höfen als anderswo nützlich kan gebrauchen lassen.

MARS.

So ist der Herr ein Blakscheisser höre Jch wol? Ja / Ja / die sind eben die rechte Gesellen / die können was schönes außrichten!

MONSIEUR SAUSEWIND.

Ey der Herr verachte doch keine Leute / ehe und bevor Er sie recht kennet / die Blakscheisser sind auch allezeit keine Narren.

MARS.

Was haben sie aber vor Reputation in der Welt? Wer fürchtet sich vor Jhnen? Wer gehorchet Jhnen? Nur Jch der tapfere Mars und meine untergebene Generalen / Obriste / Rittmeistere und Hauptleute / wir führen heute zu tage das Regiment in der Welt / wir beherrschen eigentlich die Königreiche / Fürstenthümer / Städte und Länder / wir schreiben den grossen Potentaten Gesetze vor / wir samlen die Schätze der Welt / und lassen uns beim Schlapperment von keinem Schulfuchse etwas einreden.

MONSIEUR SAUSEWIND.

Ja leider Gottes / es ist wol hoch zu beklagen und hertzlich zu betauren / daß Kunst / Geschikligkeit / [134] Verstand und Tugend so gahr weinig wird geachtet. Aber Gestrenger Herr / Jch bitte unterthänig / Eure Excellentz halte mir es zuem besten / demnach Jch vernehme daß Er der gewaltiger und unüberwindlicher Mars ist / so wolle Er mich berichten / warum Er doch die Gelahrten so gahr weinig achte und seine Kriegesleute über alle andere erhebe?

MARS.

Eben darum Monsieur Sausewind / dieweil die Gelahrte ins gemein armselige Tropfen sind / welche mit aller Jhrer Kunst bei diesen Martialischen Zeiten kaum das liebe Brodt können erwerben / da Jch und meine getreue Vasallen / aller Dinge / so zu belustigung Menschlichen Lebens dienen / einen Überfluß haben / angesehen man uns alles contribuiren muß / was wir nur wünschen und begehren.

MONSIEUR SAUSEWIND.

Es ist in wahrheit nicht anders beschaffen / als wie es Eure Excellentz erwähnet / daß nemlich die Herren is Soldaten gleichsahm ohne mühe und vielmahls in den Quartieren gantz müssig liegend / reich werden / im gegentheil die allergelahrteste Leute / welche Gott und der Welt so nützlich dienen könten / müssen vielmahls bei Jhrer schweren und stetswehrenden Arbeit mangel leiden und darben. Fürwahr Jch liesse mich schier selber überreden / daß Jch den Schulsak hinweg würffe und auch ein Soldat würde.

MARS.

Ja mein Kerl / daß wäre wol der rechte Weg zuer wahren Glükseligkeit / da köntest du zu einem rechtschaffenem Mann und Kavallier werden / da du sonst mit allen deinen brodlosen Künsten dein Lebenlang ein Hümpler und Stümpler must bleiben.

[135]
MONSIEUR SAUSEWIND.

Ja mein allertapferster Mars / es wäre wol eine feine Sache ein vornehmer Soldat zu werden / wenn man nicht / ehe und bevor ein guhter armer Gesell zu denen hohen Chargen gelanget / so gahr vielem Ungemache / Krankheiten / Überfällen / Hunger / Elend / ja Leibes und Lebens Gefahr unterworffen wäre: Denn / Jch halte es gäntzlich davor / daß das Kriegeswesen bei weitem nicht so glükselig sey / als viele unerfahrne liederliche Leute davon urtheilen. Mir zwahr ist noch unentfallen / was die Gelahrten pflegen zu sagen: Dulce Bellum inexpertis: Wer es nie versuchet hat / der vermeinet / der Krieg sey lauter Wolleben / aber die Erfahrung bezeuget viel ein anders.

MARS.

Was sagest du verzagter Mensch von Gefahr und Ungemach? Es ist kein erwünscheter / glükseliger / wollustiger is und frölicher Leben unter der Sonnen / als eben das Soldatenleben / mahssen Jch dir dessen in dieser Stunde eine augenscheinliche Probe kan vorstellen.

MONSIEUR.

SAUSEWIND. Das hätte Jch führwahr wol Lust zusehen / in betrachtung Jch bißanhero einer sehr schlechten Meinung gewesen von der itzlebenden Kriegesleute Beschaffenheit / Zustande / Thaten / Wandel und endlichem Abscheide aus diesem in ein anderes Leben.


Der Schauplatz öffnet sich / da sitzen Jhrer vier an der Tafel / zwei spielen Piquet / die beide andere spielen mit Würffelen oder verkehren im Brett / es stehen etliche Beutel vor Jhnen an ff der Taffel /samt vielen stapelen Thaler und anderem Gel de /mit welchem sie lustig klapperen. Einer sagt: Er habe 500. Dukaten gewonnen / der ander sagt / Er habe 1000. Reichsthaler davon gezogen / u.s.w. Nachdeme Sausewind nebenst dem Mars dieses ein weinig angesehen und betrachtet / schliesset sich der Schauplatz.
[136]
MARS.

Ja Monsieur Sausewind / wie gefält dem Herren diese Übung? Jst das nicht eine rechte brave Lust / wenn man bißweilen des Abends mit ein paar tausend Dukaten zu Bette geht / welche zu erwerben nicht mehr mühe haben gekostet / als nur das blosse gewinnen und hernach die Gelder fein zu sich stekken?

MONSIEUR SAUSEWIND.

Fürwahr / Großmächtigster Mars / dieses muß Einen trefflich sanfft ankommen / wann man also ohne Arbeit kan reich werden / und zwahr so plötzlich; Aber / wenn man auch bißweilen eine guhte Summa Geldesverlieret / ja wol gahr nakkend zu hause geht / so muß denn auch Herr Kornelius redlich turnieren.

MARS.

Was verlieren? Wer achtet so viel Geldes? Eines einzigen Monats Contribution kan solches alles wieder einbringen / müssen uns doch die Bauren das Geld mit hauffen zuschleppen.


Der Schauplatz eröffnet sich zuem anderen mahl /da sitzen eben diese vier Kavallier und sauffen einander rechtschaffen auff die Haut / ein paar sitzet auff den Knien trinket Gesundheit / der dritte stehet auff dem Tische und säufft in floribus, der vierte singet immittelst daß Runda dinella und andere Saufflieder / haben einen Kerl mit der Leier oder sonst einen Bierfiedeler bey sich / sind sehr lustig und machen allerhand Possen / der Schauplatz schliesset sich.
MARS.

Was hältest du denn wol von diesem frölichen Leben Monsieur Sausewind? Gehets da nicht lustig daher? So machen wir es alle Tage von dem früen Morgen an biß in die spähte Nacht / der Hals muß stets geschmieret seyn.

MONSIEUR SAUSEWIND.

Jch kan nicht leugnen mein tapferer Mars / daß Soldaten Leben ein rechtes sorgloses freies Leben sey. Denn / [137] wenn Gelahrte und andere Leute sitzen und wollen sich entweder zu tode studiren / oder auch wol wegen des kümmerlichen Zustandes des allgemeinen Vaterlandes zu tode sorgen / so sind die Soldaten rechtschaffen lustig und frölich / sie doppelen und spielen / fressen und sauffen / daß es rauschet. Wer wolte sich nun wol länger mit den Büchern schleppen? Jch wil ein Kavallier werden und solte Jch mich auch drüber zu tode sauffen.

MARS.

So recht / Herr Sausewind / nun beginnest du endlich zu guhten Gedanken zu kommen / aber / Jch wil dir noch mehr Lust und Freude des edlen Soldatenlebens bei dieser Gelegenheit zeigen. Der Schauplatz gehet auff zuem drittenmahl / da tantzet der eine Kavallier mit der Jungfrauen / der Ander sitzet / hat ein Weibesbild im Arm / die übrige beide spielen mit anderen Damen um einen Kuß / thun heissen / heimliche Frage und dergleichen / gehet auch sonst über die masse freundlich und zimlich leichtfertig daher / der Schauplatz wird geschlossen.

MONSIEUR SAUSEWIND.

So recht! das gehöret mit dazu / wenn keine brave Damen bei lustiger Gesellschafft: sind / so achte Jch kein Hahr darauff: Nur Mund an Mund / nur Brust an Brust / das schaffet rechte Freud' und Lust.

MARS.

Ja freilich / mein redlicher Sausewind müssen Damen dabei seyn / was wäre es sonst mit dem Kriegeswesen? An solcher Gesellschafft fehlet es den ehrlichen Soldaten nimmer: So manches neues Quartier / so manche frische Huhre / wie könte ein unverehlichter Kavallier sonst in der Welt zu rechte kommen?

MONSIEUR SAUSEWIND.

Das meine Jch auch wol; Fürwahr es solte Einer allein um der Damen willen ein Soldat werden / denn [138] Jch ein so grosser Liebhaber des Frauenzimmers bin / daß Jch auch nicht einmahl im Himmel zu seyn begehre / wenn Jch wüste daß keine Damen darin wären.


Der Schauplatz öffnet sich zum vierdtenmahl und stehet einer als ein General gantz prächtig bekleidet / vor welchem sich die andere drei fast biß zur Erde neigen / und Jhme die allerhöheste Ehre erweisen / hinter Jhm stehet ein Baur / hat sein Hühtlein in der Hand / der Schauplatz wird geschlossen?
MONSIEUR SAUSEWIND.

Aber / Großmächtigster Mars / wer mochte doch wol der vornemer Herr seyn / welchem die Andere solche treffliche Ehre anthäten?

MARS.

Dieser Kavellier / Monsieur Sausewind / den du gleich itz hast gesehen / zeiget dir abermahl gleichsam in einem Spiegel die übergrosse Glükseligkeit der Soldaten / denn / ob Er zwahr aus gahr schlechtem Stande ist entsprossen /(wie denn der jeniger Baur / der mit abgezogenem Hühtlein neben Jhm stund / sein leiblicher Vater gewesen /) so hat Er doch durch seine Tapferkeit es so hochgebracht / daß Er endlich ein grosser General worden / welcher bei dieser Zeit vornehmen Fürsten und Herren hat zu gebieten /gestalt Er denn auch von denen trefflichsten Leuten der Welt als ein halber Gott wird respectiret, weßwegen du abermahl mit mir wirst bekennen müssen / daß / wer zu hohen Digniteten und Ehren zu kommen gedenke / der müsse nothwendig ein Soldat werden.

MONSIEUR SAUSEWIND.

Dem ist in der Warheit nicht anders / O allertapferster Mars / Jch sehe es ja vor Augen / daß die Vollenkommenheit [139] aller weltlichen Glükseligkeit bloß und allein beim Kriege bestehe: Jm Kriege kan Jch ohne mühe und Arbeit reich werden: Jm Kriege kan man immer lustig seyn / fressen und sauffen / huhren und buben / singen und springen. Jm Kriege kan man zu hohen Ehren und Respect gelangen / da einer sonst sein Lebenlang wol ein schlimmer Bärenhäuter muß bleiben / Jch wil die Bücher vor alle Teuffel hinauß werffen / und dir / O Großmächtigster Mars / nachfolgen / so lange Jch einen warmen Blutstropfen beim Hertzen habe / und einen Degen nebenst einem pahr Pistohlen in der Faust kan führen. Sa, courage, vive la guerre.

MARS.

Glük zu mein redlicher Herr Sausewind: Glük und Heil zuem neuen Obristen oder vielleicht gar zum General Feld Herren.

MONSIEUR SAUSEWIND.

Jch bedanke mich unterdienstlich / großmächtigster Mars / und bitte demühtig / Er wolle bei diesem neuen Stande mein grosser Beförderer seyn / Jch verpflichte mich hinwieder / Jhme biß in den Tod getreu / redlich und unverdrossen zu dienen.

MARS.

An meiner guhten Gunst und Befoderung hat kein ehrlicher Kavallier zu zweifelen / halte du dich nur in allen Occasionen, sonderlich Teutschland zu tribuliren also / wie du itz hast angelobet / welches du auch nochmahls mit darreichung der Hand an Eides statt wirst bekräfftigen.

MONSIEUR SAUSEWIND.

Warum daß nicht mein tapferer Mars? Siehe da / Knifft dieser Handgebung versichere Jch den allgemeinen Beherrscher der Kriege / den unüberwindlichen Mars / daß Jch mich hinführo als ein ehrlicher / muhtiger und rechtschaffener Soldat und Kavallier verhalten / auch Jhme das halstarrige Teutschland aller mügligkeit nach wolle [140] plagen helffen kan führen / so lange Jch lebe und die Waffen in der Faust kan führen.

MARS.

So recht / mein ehrlicher Sausewind / da sehe nur zu / daß du dich braf außmontierest / guhte Rüstung / Pferde und Gewehr zuer Hand schaffest und dich alsdenn bei Zeiten einstellest / damit du mir das hartnäkkichte verstokte Teutschland nebenst mehr anderen deinen Kriegesbegierigen Landesleuten noch ferner mügest helffen tribuliren, peinigen und plagen. Jch aber gehe itz hin / alles das jenige / was etwann mehr hiezu nöhtig seyn wird / mit sonderem fleisse ferner anzustellen / nicht zweifelend / das verruchte gottlose Teutschland nun bald zuer eussersten desperation und Verzweifelung dadurch zu bringen. Mars gehet allein vom Platze.

3. Aufzug
Der dritter Auffzug des Zwischen-Spieles.
Monsieur Sausewind / Merkurius.

MONSIEUR SAUSEWIND.

Nun wollan / die Haut ist verkauffet / Monsieur Sausewind ist nun auch ein braver Soldat worden und hat der elenden Blakscheisserei guhte Nacht gegeben. Pfui! Schämen mag Jch mich in mein Hertz und Blut hinein / daß ich mich mit der losen Schulfüchserei so lange Zeit geplaget und nicht schon vor vielen Jahren in den Ritterlichen Soldaten Orden bin getreten / aber / nun werde Jch es redlich wieder nachholen / was Jch so lange Zeit habe versäumet. Potz hundert tausend Element / wie werde Jch mich hinführo so frisch halten! Wie tapfer werde Jch nun die [141] die Bauren scheren und tribuliren! Jch wil Jhnen Hauß und Hoff / ja das gantze Dorff zu enge machen / Es sol auch hinführo kein Pfeffersak sicher vor mir reisen / kein Adi Laus semper sol von mir unberaubet / ungezwikket und ungeplakket bleiben / Pferde und Kutschen / Kleider und Waaren wil Jch Jhnen alles fein säuberlich abnehmen / und Jhre Sammitten Hösichen unter meine Reisemäntel lassen futteren / Jch werde mich auch Jhrethalben ernstlich bemühen / daß Jhnen das Geld im Räntzel ja nicht verschimmele / denn mein Beutel muß rechtschaffen gespikket seyn: Alsdenn kan Jch anfangen zu doppelen und zu spielen / dieweil ich ohne das in dieser Kunst trefflich excellire. Wie werde Jch so manchen statlichen Beutel voll Dukaten davon tragen? Denn sol es erst redlich an ein Sauffen gehn / aber / da mag meines theils einer wol ein Schelm heissen / der sonst einen nassen Trunk in seinen Hals geusset als den allerbesten Rheinwein / Malvasier und Muskateller / vnd solte Jch auch drey Dukaten vor ein Stübichen bezahlen. Da wil Jch denn / mit den vornemsten Kavalieren Brüderschafft machen vnd sauffen / daß mir der Hals krachet. Ja / denn wil Jch frisch anfangen zu huhren und courtesiren: Per ma foy, Wo mir nur eine schöne Dame zu Gesichte kommet / wil Jch alsobald Haken anschlagen / denn Jch ohne daß bei dem Frauenzimmer so beliebet bin / daß sich offt Jhrer zehn / ja wol mehr auff einmahl um mich gezanket und gerissen haben. Potz hundert tausend Dukaten / wie werde Jch mit Jhnen umspringen / daß Jch auch gäntzlich davor halte / Jch könne alle vierzehn Tage Gevatteren bitten. Wenn Jch mir denn mit tribuliren / Baurendrillen / spielen / sauffen / schossieren so und dergleichen lustigen Übungen einen braven Namen gemachet / so ist alsdenn kein zweiffel / Jch werde gahr leicht zu einer hohen Charge gezogen werden. Merkurius gehet [142] auff. Es hilfft ohne das im Kriege zuer Befoderung am meisten / daß einer seiner Soldatischen qualiteten halber vielen bekand sey.

Nun könte Jch zwahr zuem Anfange wol Rittmeister oder Capitain werden und eine feine Compagnie bekommen / aber die Wahrheit zu bekennen / es fält mir dieses ein weinig zu schlecht / denn / solcher Leute etliche beginnet man mit der zeit hinter dem warmen Ofen zu machen / ja man gibt wol etlichen vornehmen Gesellen Compagnien, welche Jhr Lebenlang keinen todten Mann im Felde (es wäre denn am Galgen oder auff dem Rade) gesehen haben / ist wahrlich ein grosses Wunder / daß man das Soldaten Handwerk so leicht und geschwinde kan auslernen / und in einem einzigen Tage zugleich Schüler seyn / und Meister werden. Obrister Wachmeister oder auch Obrister Lieutenant wäre is zwahr wol etwas / es wird aber auch zimlich gemein und kan sich bißweilen ein guhter Kerl und Auffschneider dazu liegen oder kauffen / welches denn eine gahr geringe und schlechte mühe ist. Jch mag so zum anfange ein feines Regiment nemen und Obrister werden. Mich dünket / es sol dennoch so gahr übel nicht klingen / wenn man saget: Siehe / da tritt der Herr Obrister Sausewind her. Wenn Jch denn nun erstlich in diesen heiligen Fastnachttagen bestalter Obrister werde / (welches mir / ob Jch wol niemahlen eine Mußquette oder Pike getragen / ja so grosse Ehre und Ruhmgibt / als denen Hauptleuten und Rittmeisteren / welche beim Schlafftrunke solche charge erlangen und mit welchen es bißweilen also ist beschaffen / daß sie gesteren eine Schuster oder Schneidernadelen / auch wol den Schmiedehammer / Heute aber den Commendo-Degen führen /) So heisse Jch etwan gegen Osteren (si Dijs placet) General Wachmeister / auff Pfingsten bin Jch sonder zweiffel General Lieutenant / und gegen die Hundestage wenn die Bienen [143] schwärmen werde Jch denn gahr Feldmarschalk oder Generalissimus, viel höher werde Jch es doch wol nicht bringen.

MERKURIUS
stellet sich als hätte Er den Sausewind zuvor nicht gesehen.

Glük zu mein liebster Sausewind / wo hat der Herr so lange gestekket?Sausewind antwohrtet Jhme das geringste nicht / kehret sich mit konischen Augen von Jhme hinweg und wil Jhn nicht einmahl recht ansehen.

MERKURIUS.
Ut Vales Literatissime Domine Sausewind? Siccinè avertis faciem? Quid nunc iterum meditaris novi?
MONSIEUR SAUSEWIND.
Was plaudert doch der vor ein Zeug daher? Jch weis den Teuffel viel / was Er saget.
MERKURIUS.

Behüte GOtt Herr Sausewind / verstehet denn der Herr kein Latin mehr? Vor diesem / als Er unter meiner Auffsicht studiret / hat Er ja offt und vielmahls mit mir geredet.

MONSIEUR SAUSEWIND.
Was Latin reden / wer hat mit solcher Blakscheisserei etwas zuschaffen?
MERKURIUS.

Das kompt mir seltzahm vor Herr Sausewind / wil der Herr kein Latin mehr wissen? Hat Er doch vor diesem den besten theil seiner Jugend in erlernung guhter Künste und Sprachen zugebracht?

MONSIEUR SAUSEWIND.

Ja / Künste und Sprachen wollen mir nicht viel einbringen / es ist mir leid genug / daß Jch meine guhte Zeit in erlernung solcher Bährenhäuterpossen habe verschlissen.

[144]
MERKURIUS.
Warum denn mein Herr Sausewind / das sind ja leiden seltzame Reden.
MONSIEUR SAUSEWIND.

Fraget Jhr noch warum? Eben darum / dieweil sich bei dieser Zeit ein ehrlicher Soldatischer Kavallier von Hertzen muß schämen / wenn Er in der Jugend etwas sonderliches hat Studiret.

MERKURIUS.

Ach / erbarme es Gott / daß es schon so weit in der Welt kommen / daß man sich der rechten Weißheit / Tugend und Geschikligkeit muß schämen!

MONSIEUR SAUSEWIND.

Was Tugend und Geschikligkeit? Im Kriege hat man sich wol um andere Sachen zu bekümmern. Sa, vive la guerre.

MERKURIUS.

Was höre Jch? Jst es wol müglich / daß mein Sausewind / mein alte redlicher Student ein Soldat worden?

MONSIEUR SAUSEWIND.

Ja freilich bin Jch einer worden. Der aller- is tapferste Mars hat mich nunmehr zu seinem Gehülffen erwehlet und angenommen / siehet nur darauff / daß Jch mich erstlich braff außmontire und darauff nebenst etlichen anderen frischen Kavallieren hinziehe unter seinem hochpreisen Commendo das hartnäkkichte und verstokte Teutschland rechtschaffen zu marteren und zu plagen / denn zu dem ende bin Jch vornemlich Kavallier worden.

MERKURIUS.

Behüte Gott Herr Sausewind / du bist ja ein gebohrner Teutscher und wilt dich gleichwol erkühnen deine eigene Königinn jnd Mutter zu plagen?

MONSIEUR SAUSEWIND.

Das weiß Jch selber wol Herr Pfaffe / daß ich ein gebohrner Teutscher bin / desto ehe wil mir es auch gebühren / [145] meinen Landesleuten das Hahr rechtschaffen zu ropffen. Solte Jch meinen Beutel nicht so wol als ein Fremder füllen? Was haben die vier großmühtige Kavallier / als der Don Anthonio, Monsieur Gaston, Signoro Bartholomeo und Herr Karel mehr vor recht das Teutschland zu berauben / als eben Jch?

MERKURIUS.

Das weiß der allerhöhester GOtt / was sie vor Recht dazu haben: Meines thuns ist es gantz und gahr nicht / von der Gerechtigkeit Jhrer Sache zu disputiren / Jch beklage nur von Hertzen die greuliche Mißbräuche welche bei dem leidigen Kriegeswesen unter allen Parteien in diesen Zeiten so gahr die überhand genommen. Aber mein Sausewind / Jch bitte dich höchlich / sage mir doch / wer hat dich auff diesen verkehrten Sinn gebracht / daß du nunmehr gleichsahm mit gewalt ein Soldate zu werden gedenkest?

MONSIEUR SAUSEWIND.

Das hat der allertapferste Mars und meine Courage gethan / wie denn auch / daß wir gleichsahm in einem Spiegel alle die Herrligkeiten / Freude und Wollust / derer man im Soldatenstande häuffig / ja täglich hat zugeniessen / von hochgedachtem Mars lebhafftig sind vor die Augen gestellet worden.

MERKURIUS.

Ach du elender Mensch / wie hast du dich doch so gahr sehr lassen verblenden / daß du vermeinest / es sei im Kriege lauter nichtes als Freude und Herrligkeit zu finden?

MONSIEUR SAUSEWIND
etwas entrüstet.

Das ist per Dieu keine Verblendung. Habe Jch doch hell und klahr gesehen / wie man im Kriege durch das anmuhtige Spielen kan reich und mächtig werden / wie man daselbst frisset und saufft / huhret [146] und bubet / tantzet und springet / ja endlich zu den allerhöhesten Ehren gelanget. Was wolte doch ein Mensch in dieser Welt mehr wünschen und begehren? Darum bitte Jch / Merkuri / du wollest dich nur nicht bemühen mich von meinem löblichem Vornehmen / welches du einen verkehrten Sinn nennest / abwendig zu machen. Spare diesen Wind nur mein lieber Pfaffe / biß du auff das Höltzchen komst / als denn hast du freie Macht zu reden so lange und viel dir nur selber geliebet. Da kanst du es denn machen / wie etliche deiner Cammeraden zu thun pflegen / welche /wenn sie sonst nicht viel auff Jhre Predigten Studiret haben / einen hauffen neüer Zeitungen und Avisen Jhren Zuhöreren vorschwatzen / wie viel man nemlich Städte gewonnen / was vor grosse Schlachten oder Treffen geschehen / wie viel Völker in denselben geblieben /wie viele Wagen / Pferde / is Geschütze und Standarten erobert und derogleichen tausendterlei neüe Mähre / und über solches Bluhtvergiessen können sie noch frölich seyn und jauchtzen. Wenn man aber solchen Zeitungen etwas weiter nachfraget / so ist die gantze Avisen-Predigt nichtes anders als eine dikke feiste wolgespikkete Lügen gewesen / und haben sich die guhte Herren einen grossen Hauffen erdichteter Zohten lassen auffbinden; Oder / wenn sie von dergleichen Materi nichtes zu sagen wissen / alsdenn nehmen sie bißweilen wol redliche Leute vor / ziehen dieselbe aus lauteren privat affecten ehrenrühriger und verleumderischer weise durch die Hechel / wolten Jhnen gerne aus Mißgunst / und dieweil sie es denselben nicht können gleich thun / einen Klik anhengen / schreien derowegen und toben gleichsahm durch ein Ellenlanges Horn oder mageren Kranichshals ein paar guhter Stunde daher / schlagen mit dem Fäustchen auff das arme Holtz / daß es splitteren müchte / sprützen Jhren Speichel etliche Ellen weit von sich / daß er herab fält / wie der [147] Dou vom Hermon und gebehrden sich aus lauter Raachgierigkeit und unchristlichem Hasse dermahssen eiferig / als ob sie lautere Jeremias wären / da sie doch rechte Phariseer und Heuchler in der Haut sind und bleiben. Nein / Merkuri / auff diese weise must du es mit Sausewind nicht machen / daß wird dir wahrlich nicht angehen.

MERKURIUS.

Hilff GOtt Sausewind / wie donnerst du so hefftig? Das war ein starker Platzregen. Aber / was gehen mich solche närrische Avisenprediger und mißgünstige Neidhümmel / welche du gahr unrecht meine (der Jch nichtes als die lautere Wahrheit predige) Kammeraden nennest / was gehen mich / sage Jch / solche Verläumder und Schwätzer an? Aber Ach mein ehmahls lieber Sausewind / hast du denn gahr kein Gewissen mehr? Wie lassest du dich doch den Teuffel so jämmerlich betriegen! Vermeinest du etwan / daß die Kavallier / welche dir Mars gleichsahm in einem Gesichte gezeiget hat / in verübung solcher Jhrer Weltfreude und Wollust gen Himmel sind gefahren?

MONSIEUR SAUSEWIND.

Ob eben alle Soldaten gen Himmel fahren /weis Jch nicht / und was hat sich auch ein Kavallier / so lange Er noch gesund ist / um den Himmel groß zu bekümmeren? Gnug ist es / daß Jch versichert bin / daß sie die allerglükligste Leute auff der Welt sind und die allerbeste und lustigste Tage haben / so lange sie leben.

MERKURIUS.

Ja wol glükselige Leute! Gott bewahre ja alle fromme Hertzen vor solcher Glükseligkeit / über welche Jhrer viele (wiewol nicht alle) erbärmlich zu gründe gehn. Aber was dünket dich Herr Sausewind / wenn Jch dir eben dieser Kavallier klägliches Ende und jämmerlichen Untergang[148] könte vor die Augen stellen / was würdest du denn wol sagen?

MONSIEUR SAUSEWIND.

Wie denn Merkuri / ist es diesen tapferen Kavallieren / welche mir der gewaltiger Mars vor weiniger Zeit hat gezeiget / anders als wol ergangen / daß wil Jch ja nimmer hoffen.

MERKURIUS.
Das solt du bald erfahren.

Der Schauplatz öffnet sich / da stehen Jhrer zwei rauffen sich und erstechen ein ander / fallen beide Tod danieder / der dritte sitzet an der Taffel / hat einen ledigen Beutel vor sich liegen / samt einer Pistolen / mit welcher Er sich selber erschiesset /der vierte hat einen grossen Blok an den Fassen und ist mit starken Ketten gebunden.
MONSIEUR SAUSEWIND.
Hilff GOtt Merkuri / was ist das vor ein Spektakul?
MERKURIUS.

Diese sind eben die vier Kavallier / welche du zuvor hast gesehen so lustig spielen / labeten und verkehren. Siehe diese beide / welche einander dort niederstossen / waren die allervertrauteste Dutzbrüder / in deme aber unter dem Spielen der eine den anderen hat heissen liegen / welche injuri (wie die Herren Soldaten sagen) anders nicht / als durch Blüht kan außgesöhnet werden / sind sie mit ihren Degen zusammen gangen und haben einander gantz grausahmer weise niedergemachet und also dem Teuffel zum neuen Jahr geschikket. Dieser / welcher sich selber erschossen / hat alle seine Werbgelder auff die drei tausend Dukaten sich belauffend / schändlich verspielet / und dieweil sich der General hoch verschwohren / daß Er Jhn / anderen derogleichen Spieleren und Betriegeren zuem [149] Abscheu wolte henken lassen; Als ist Er in Verzweiffelung gerahten und hat sich (grösseren Schimpff / seiner Meinung nach zu vermeiden) selber gantz jämmerlich erschossen. Dieser letster aber / welcher nicht allein sein eigenes / sondern auch anderer Leute Gelder hat verspielet / ist endlich nach dem Er abgedanket und auffs Land sich niedergesetzet / seinen Gläubigern in die Hände gerahten / welche Jhn mit grossen Ketten gebunden / nunmehr in einen stinkenden Thurn wollen werffen lassen / biß daß Er den letsten Heller bezahlet. Siehe doch / einen solchen schönen Außgang nimt endlich das Spielen.


Der Schauplatz wird geschlossen.
MONSIEUR SAUSEWIND.

Behüte mich mein GOTT Merkuri / pflegt es zu letst den Spielern so kläglich zu ergehen / so mag der Teuffel um des losen und leichtfertigen Spielens willen ein Soldate werden.

MERKURIUS.

Ja mein lieber Freund / es ist nicht alles Gold / was da gleisset / es schleppet der verfluchte Krieg einen so grossen Jammer mit sich / daß es mit Wohrten nicht kan außgesprochen werden.


Der Schauplatz öffnet sich / da liegen drei Personen tod auff dem Stroh ein jeglicher mit einem weissen Tuche bedekket / und stehen viele Drinkgeschirr üm
sie her / einer sitzet als ein Wassersüchtiger mit einem sehr dikgeschwollenem Bauche / winselt und klaget gahr jämmerlich.
MONSIEUR SAUSEWIND.

Ach Merkuri / sage mir / was sind doch diese vor Leute / welche Jch / dieweil sie mit weissen Leilachen bedekket auff der Erde liegen / vor Todte ansehe / und / wer [150] ist doch der vierte mit dem erschröklichem grossen Bauche? Du bringest mir ja sehr klägliche Spektakul vor!


Der Schauplatz wird geschlossen.
MERKURIUS.

Ja freilich mügen es wol klägliche Spektakul heissen: Siehe da / diese drei sind durch Jhr viehisches Sauffen erbärmlich um Jhr Leben kommen. Der Erster hat bei voller weise den Hals gebrochen / als Er eine Stiegen herunter gehen wollen: Der Ander hat sich in starkem Brantewein zu tode gesoffen. Der Dritte / als Er beim Trunke einen unnöhtigen Hader anfieng / ward mit einem Brodmesser meüchlischer weise erstochen / und sind diese drei in Jhren Sünden also jämmerlich dahin gefahren. Der vierte aber hat sich die Wassersucht an den Hals gesoffen / leidet über aus grosse Schmertzen / kan weder leben noch sterben.

MONSIEUR SAUSEWIND.

O du verfluchtes Sauffen / Jst das der Lohn deiner gefährlichen Wollust? Fürwahr es gereüet mich von gantzem Hertzen / daß Jch um des üppigen Sauffens und schändlichen Spielens willen mich in den Soldatenstand habe begeben. Ach wie übel habe Jch bei mir selber gehandelt!

MERKURIUS.

Mein liebster Sausewind / es ist noch frü genug / daß du wieder ümmekehrest und dieses ruchlose Leben verlassest / Gedenke / O Sausewind an dein Ende / zuem allermeisten aber bedenke Tag und Nacht die unendliche Ewigkeit. Der Schauplatz öffnet sich: Einer hat sich selber erhänget / ein ander hat sein Angesicht voller Pflaster / auch die Schenkel und [151] Arm mit vielen Tüchern verbunden / der Dritte läuffet vor mit einem grausahmen Geschrei und wird von einem anderen mit einer Pistolen erschossen.

MONSIEUR SAUSEWIND.

Was sehe Jch abermahl vor erschrökliche Greuel O Merkuri? Das Hertz im Leibe solte einem davor erzittern / Jch weiß fürwahr selber kaum / was Jch sehe.

MERKURIUS.

Freilich mag ein Christliches Hertz erzittern / wenn es die wunderbare Gerichte Gottes und dessen unaußbleibliche Straffen betrachtet. Diese / welche du / bei gegenwärtigem erbärmlichen Zustande vor Augen siehest / sind eben die vier höffliche Courtisanen und Auffwahrter des Frauenzimmers / welche sich hiebevor mit den Damen so lustig gemachet haben. Dieser / welchen du dort siehest hängen / ist von einer Weibesperson / welche Er mehr als seine eigene Seele hat geliebet / untreülich verlassen worden / worüber Er in eine solche erschrekliche Verzweiffelung und Melankolei gerahten / daß Er sich selber hat erhenket. Jenner dort mit den Pflastern und Tüchern / hat sich so lange mit den Huhren geschleppet / daß er darüber die edle Franzosen Krankheit an den Hals gekriegt / und nunmehr nichtes anders ist als ein lebendiges Aas. Der dritte aber / welcher vorläufft / ist bei eines anderen Weibe im Ehebruch ergriffen und drüber erschossen / der Thäter aber von des entleibeten Bruder wieder erstochen worden.

MONSIEUR SAUSEWIND.

Behüte Gott / was Unglük und Elend komt von Huhrerei und Unzucht her? Nein / nein / davor wil Jch tausend mahl lieber in einem ruhsamen Stande das trokkene Brod essen / als meinen armen Leib und Seele solcher eussersten Gefahr unterwerffen / keine Damen müsten mir so lieb seyn / daß Jch Jhrenthalben ein solches [152] zeitliches und hernach folgendes ewiges Elend solte zugewahrten haben.


Der Schauplatz öffnet sich / da stehet an dem Tische ein General mit abgezogenem Wamse. Ein anderer Kriegesbedienter eilet auff Jhn zu mit einer Partisanen oder Hellebahrten / setzet Jhm dieselbe auff die Brust / etliche andere stehen mit blossen
Schwereren um Jhn her und geben Jhm vollend den Rest / der General fält nieder mit einem grausamen Geschrei.
MONSIEUR SAUSEWIND.

Abermahl ein neuer Auffzug / und zwahr ein solcher / der anders nichts als Mord und Todschlag vorstellet: Sage mir doch Merkuri / wer ist dieser?

MERKURIUS.

O Sausewind / da siehest du / wie die grosse Herrligkeit der Welt gleichsahm im Augenblikke verschwindet. Dieser war ein mächtiger und prächtiger General / wie denn fast einen dergleichen / aber vielleicht nicht eben denselben der Mars hiebevor in grossem Pracht dich hat sehen lassen / und zwahr / eben dieser ist es / der den Königen ein Schrekken und den Fürsten Angst und Furcht mit seiner Gegenwahrt und unvergleichlichen Macht pflag einzujagen. Ja / dieser machte alle Städte und Länder zitteren / so bald Er nur heran nahete. Aber / da wird Er nun gantz unversehner weise jämmerlich erstochen und damit hat alle seine Pracht und Herrligkeit ein Ende. Sic transit Gloria mundi. Was dünket dich Herr Sausewind / hättest du noch wol Lust ein vornehmer General zu werden?

MONSIEUR SAUSEWIND.

Ach Merkuri / Jch habe so viel gesehn / daß mir nunmehr vor dem Kriegeswesen von Hertzen ekkelt. Ach du grausamer Feur und Bluht trieffender Krieg / was richtest du unzehlig viel Elend und Jammer an unter den Menschen Kinderen? Nein Merkuri / Jch bin gantz einer [153] anderen Meinung worden und danke die von grund meiner Seelen / daß du mich wieder auff den rechten Weg gebracht hast. Ach / Ach! Nulla salus bello, pacem te poscimus omnes.


Hinweg verfluchter Krieg / mir kanst du nicht gefallen /
Komm tausend schöner Fried' / Jch liebe dich ob allen /
Komm' Honigsüsser Fried' / hinweg verfluchter Krieg /
Ein ruhigs Leben geht weit über Krieg' und Sieg.
MERKURIUS.

GOtt sei hoch gelobet / mein Freund / der dir die Augen des Verstandes hat eröffnet / daß du nunmehr kanst erkennen / was vor ein gahr grosser Unterscheid zwischen Liecht und Finsterniß / zwischen Tag und Nacht / Leben und Tod / Friede und Krieg ist. Danke du nun diesem liebreichen Gott von gantzem Hertzen / daß Er dich bei diesem verruchten Leben nicht hat wollen verderben lassen / befleissige dich hinführo der wahren Gottesfurcht und entschlage dich aller weltlichen Eitelkeiten / vor allen dingen mein Hertzwehrter Freund / bedenke mit höhestem fleisse / wie kurtz und flüchtig dieses elendes Leben sey / und daß wir alle / hohe und niedrige / Reiche und Arme / Gelahrte und Ungelahrte aus dieser kaum augenbliklichen Zeit müssen hinwanderen in die lange Ewigkeit.

MONSIEUR SAUSEWIND.

Von Hertzen gern Merkuri / wil Jch deiner treuen Ermahnung folgen und die unchristliche Thaten des Bluhtdürstigen Mars biß in den Abgrund der Höllen verfluchen / Er spiele / huhre und bube so lange Er wil / [154] Jch aber Merkuri / wil dir anhangen und deinem Göttlichen Befehl biß in meine Grube nachkommen.

MERKURIUS.

Dazu wolle dir die Barmhertzigkeit GOttes gnädiglich verhelffen / folge mir derowegen nach / dieweil meines bleibens allhie nicht länger ist / denn Jch kan nicht unterlassen / das unglükselige Teutschland ferner zu suchen / ob Jch Jhr noch etwann mit Raht oder Hülffe / derer sie denn höchlich benöhtiget / ersprießlich beispringen könte. Sie gehen ab.


Ende des Zwischen-Spiels.

3. Akt

1. Aufzug
Der erster Auffzug.
Teutschland.
Teutschland gehet auff in der Gestalt eines armen elenden Bettelweibes / mit alten zerrissenen Lumpen bekleidet / sie steuret sich an einem Stekken / träget einen Bettelsak am Halse fähet an mit sehr kläglicher Stimme folgender gestalt zu reden.

O Wehe und aber wehe mir armen unglükseligem Weibe! Jst auch ein Schmertz unter dem Himmel / der meinem Schmertzen zu vergleichen? Jst auch einiger Jammer / ist einiges Unglük unter der Sonnen / das so schwehr wieget als das meinige? Jst auch wol ein Elend so groß / daß von dem meinigen nicht weit wird übertroffen? Ach! Ach! Jch is bin das allergeplagteste / das zerrissene / das beraubte / das geplünderte / das verbrante / das außgemergelte / das biß auff den Grund verderbte Teutschland! O wehe mir armseligen Weibe! Jch war biß an die Sterne erhoben / nunmehr aber bin Jch schier biß in die unterste Hölle gestürtzet: Jch war die aller großmächtigste Königin der gantzen Welt / nunmehr aber bin Jch zu einer Schlavinnen ja zuer elendesten Bettlerinnen worden: Jch hatte Reichthum die Fülle / nun bin Jch fast gantz und gahr außgelähret und in die eusserste Armuht versetzet. Jch war mit einer solchen unvergleichlichen Schönheit begäbet / daß sich alle Welt an mir vergaffete / nunmehr aber bin Jch so heßlich und abscheülich [156] geworden / daß auch die geringste auff Erden / ja meine eigne Kinder einen Greuel und Ekkel an mir haben. Meine Glükseligkeit war durch alle Theile der gantzen Welt berühret / nun ist kein Winkel mehr zu finden / da man nicht von meinem Elende und überaus grossen Unglükseligkeit weiß zu singen und zu sagen. Ach! wie habe Jch bei mir selber doch so gar thöricht gehandelt! Wie übel habe Jch gethan / daß Jch derjenigen Freundschafft gesuchet / welche mich aller meiner zeitlichen Wolfahrt so grausahmlich haben beraubet! Ach / wie grimmig und hart haben mir die vier fremde Kavallier / welche Jch doch bester mahssen bewihrtet und tractieret / in kurtzer Zeit mit rauffen und schlagen zugesetzet / sonderlich nach deme sie sich mit dem erschröklichem Bluhthunde dem Mars in vertrauliche Bündnisse eingelassen! Jch meine Ja / sie haben mir is alle genossene Freundschafft bezahlet / so gahr / daß sie mir auch keinen einzigen gantzen Rok / ja kaum das Hembd am Leibe übrig gelassen! Ach / wie bin Jch von Jhnen geschlagen / verwundet / zerprügelt / mit Füssen getreten und schier aller meiener Gühter beraubet! Ja /der grausamer Mars ist nicht damit ersättiget gewesen / daß Er so Unmenschlich mit mir elendem Weibe ümgesprungen und durch die vier fremde Kavallier biß auff den Tod zermarteren / schlagen / plagen und berauben lassen; Nein Er muste mich armselige Königinn (Ach ja gewesene Königinn!) in noch mehr und grösser Elend und Unglük stürtzen: Denn / nach deme Er mich lange genug hat gequählet / siehe / da sind noch zwene Weibesbilder (welche sich vor des Mars Schwesteren außgeben / auch von Jhme und anderen vor solche gehalten werden / derer Eine Frau so Pest / die Andere Frau Hunger wird genennet) dazu kommen: Was nun diese beide Weiber mir armen / kranken [157] und verwundetem Teutschlande vor ein Elend haben zugerichtet / solches ist meiner schwachen Zungen außzureden unmöglich. Und welcher Redner kan gnugsahm erzählen was Jch armes Teutschland nicht nur vom Kriege / sondern auch von Hunger und Pest habe außgestanden und erlitten? Diese beide nun folgen dem Mars Jhrem Bruder auff dem Fuesse nach und muß Jch Unglükselige mich befahren / ob zwahr nicht viel mehr als ein weinig Odem in mir übrig ist /daß doch der grausahmer Mars nebenst obgedachten seienen beiden Schwesteren dennoch nicht ablassen werden mich ferner zu marteren und zu plagen. Ach! Ach! Wenn Jch mich meiner vorigen Herrligkeit ein weinig nur erinnere / möchte mir ja das Hertz im Leibe vor grossem Leide zerspringen. Ach! wie war Jch eine so glükselige / reiche und mächtige Königinn! Jhr / Jhr / die Jhr mich in meiner vorigen Glükseligkeit habet gesehen und gekennet / Jhr / Jhr könnet mir dessen überflüssige Zeugnisse geben: Alle Welt liebete mich / alle Welt ehrete mich / alle Welt fürchtete mich / Armuht und Dienstbarkeit war viel weiter von mir als der Himmel und der Erden ist / Aber! Hie wird aber mahl getrummelt / geblasen und geschossen / Mars gehet gantz prächtig auff / Jhme folgen seine beide Schwesteren Hunger und Pest / der Hunger ist mit einem langen schwartzen / die Pest aber mit einem biß auff die Füsse hängendem weissen Tuche bedekket / hinter diesen dreien gehet der Tod mit seiner Sensen / Teutschland erschrikt hefftig hierüber und schreiet mit lauter Stimme. O Jhr Berge fallet über mich! O Jhr Hügel bedekket mich! O wehe / wehe / weh!

2. Aufzug
[158] Der ander Auffzug.
Mars / Hunger / Pest / Tod / Teutschland lieget an der Ekken.
Merke: Hie kan der Mars auff einem Triumfwagen etliche Krohnen / Skepter / Waffen / Schlösser /Thürme / güldenen und silbernen Raub samt mehreren dergleichen Sachen hinter sich her schleppen lassen / darauff fähet trotzig an zu reden.

MARS.

Sehet da ihr meine hochgeliebte Schwesteren / die vielfältigen Siege und Uberwindungen eures triumfirenden Bruders des Kriegerischen Mars / welches unaussprechliche Tapferkeit nunmehr fast den grössesten Theil der Welt unter seine Macht und Beherrschung gebracht hat. Kein Königreich unter dem Himmel ist vor meinen siegreichen Waffen befreiet geblieben; Alle haben sie mir endlich müssen zu Fusse fallen und mein grimmiges Joch auff sich nehmen / nur das einzige / verstokte / hartnäkkichte is Teutschland hat mir biß auff das allereusserste wiederstrebet und sich dermahssen gewähret / daß biß auff diese gegenwertige Stunde Jch sie noch nicht vollenkömlich habe untertretten können. Zwahr führe Jch der Anderen von mir bezwungener Länder Kronen / Skepter und Waffen gleichsahm zuem Triumf mit mir umher / aller Welt zum Schrecken und Zagen / aber die Jhrige kan Jch dergestalt noch nicht sehen lassen / wiewol Jch verhoffe auch derselben nun bald ein vollenkommener Besitzer zu werden. Zu dem Ende habe Jch dieses hochmühtige Teutschland durch die vier wolbekante Kavallier / am allermeisten aber durch Jhre eigne Unterthanen dermahssen lassen schlagen / plagen / marteren / dehnen / quählen und zerreissen / daß sie kaum Odem kan schöpffen / wie es denn auch schwehrlich so viel übriges hat behalten / wo mit sie so Jhren zerschlagenen und verwundeten Leib kan bedekken.

[159]
TEUTSCHLAND.
Ach Ja! leider mehr als all zu wahr!
MARS.

Aber / Jch vernehme dennoch von denen vier Kavallieren / als auch von Jhren eigenen Unterthanen / daß Teutschland bei weitem noch nicht gahr sei außgesogen / sondern viele ansehnliche Schatze und gemüntzete Gelder (welcher Gepräge denen Wapen der grossen Reichs-sonderlich aber derer an der See und vornehmen Flüssen gelegenen Handelstädte nicht gar unähnlich seyn sollen) bei diesen meinen langwierigen Krieges troublen sol vergraben haben / von welchen sie aber das allergeringste nichts bekennen wil / derowegen Jch nun gäntzlich bei mir beschlossen / dieses halstarrige Weib durch Hülffe dieser meiner beider Schwestern des Hungers und der Pest auff ein neues anzugreiffen und Teutschland dermahssen zu peinigen / daß sie endlich alles / sonderlich aber / wo sie den Rest Jhres Reichthumbs und unzehlichen Gühter hin vergraben habe / sol an den Tag geben. Aber sagt mir Jhr meine liebe Schwesteren / wollet Jhr mir auch in diesem Handel treulich und ernstlich beistehen?

PEST.

Ja freilich vielgeliebter Herr Bruder / wil Jch dir meines theils rechtschaffene Hülffe leisten / denn das erfodert ja die Schwesterliche Liebe / zu deme ist dir auch nicht unbewust / daß Jch dir ins gemein aller öhrter pflege zu folgen / warum solte Jch denn eben auff dieses mahl von dir absetzen?

TEUTSCHLAND.
O Wehe mir! wehe mir!
MARS.

Ja meine liebe Schwester / dieses kan nicht geläugnet werden / denn wenn Jch mich habe müde gekrieget und mein Arm matt ist von metzlen und schlachten der Menschen / so pflegest du an meine Stelle zu treten und offtermahlen [160] mehr Leute durch dein unsichtbares als Jch durch mein sichtbares Schwerdt dahin zu raffen. Aber / sage mir doch meine liebe Schwester Hunger / wie wilt denn du bei diesem Werke dich verhalten?

HUNGER.

Jch Bruder Mars? Was solte Jch anders thun / als dir getreulich folgen? Hast du Teutschland eine Zeitlang hefftig geplagt / Jch wil es noch zehnmal mehr plagen. Du zwar hilffst durch deine Waffen den Leuten plötzlich von der Welt / Jch aber pflege sie fein mehlich und langsahm zu ertödten / damit Jhre Pein um so viel grösser und schwehrer seyn müge. Ja Jch lasse sie vor Jhrem Ende vielmahls gantz rasend und unsinnig werden / und ob Jch dich zwahr nicht allezeit begleite / wie denn auch unsere Schwester Pest nicht zu thun pfleget / so neme Jch doch jederzeit mein Quartier an eben denselben Ohrten / is aus welchen du vor meiner Ankunfft bist hinweggezogen / denn / wo der Krieg heraus gehet / da gehet der Hunger wieder ein: Unterdessen wil Jch dir das ungehorsame Teutschland tapfer tribuliren helffen.

TEUTSCHLAND.
O wehe / wehe / wehe mir!
MARS.

So recht meine vielgeliebte Schwesteren / So wollen wir endlich die Rebellische Königinn bezwingen / sie sol bekennen / oder auch auff stükken von uns zerrissen werden. Aber siehe da / was sehe Jch in jenner Ekke so gahr zusammen gekrümmet liegen? Jst das nicht Teutschland? Hat sichs nicht in diesen tunklen Winkel verstekket / zweiffels ohn der meinung / daß man sie daselbst so bald nicht sol finden? Ja wahrlich es ist niemand anders als eben diese hartnäkkichte / ruchlose Verächterinn meiner kriegerischen Majestät. Horch / du schnödes Weib / sage an /was hast du hie zuschaffen?

[161]
TEUTSCHLAND.

Ach Mars / hörest du denn noch nicht auff mich unglükseligstes elendestes Weib zu jagen und zu plagen? Ach erbarme dich doch einmahl über mich!

MARS.

Was sagst du Bestie von erbarmen? Solte Jch mich deiner erbarmen? Wer hat doch sein Lebtage gehöret / daß beim Kriege mitleiden und erbarmung zu finden? Jch frage dich nochmahlen / was du dieser öhrter zuschaffen oder verlohren habest?

TEUTSCHLAND.

Ach du unversöhnlicher Mars / deine Grausahmkeit hat mich an diesen Ohrt getrieben: Denn / nachdeme du samt deinen unbarmhertzigen Mitgehülffen mich aller meiner Lebensmittel hast beraubet / bin Jch gezwungen worden / allhier in der Fremde ein stüklein Brod zu erbettelen / gestalt denn solches in diesem meinem Bettelsakke annoch ist zu finden.

MARS.

Was magst du unverschämtes Weib dich viel über meine Grausahmkeit beklagen? Wäre Jch anfänglich nur etwas schärffer mit dir verfahren / vielleicht hättest du alsdenn bessere Wohrte zu geben gelernet / ob du dich gleich itzo so sehr beschwehrest / daß du dein Brod müssest erbettelen. Und / was ist es denn endlich mehr? Es haben ja vor diesem auch wol andere Königinnen gebettelt / ist also Teutschland die Erste nicht.

TEUTSCHLAND.
O wehe mir! wehe mir! das ist vor mich wol ein elender Trost!
MARS.

Ja / was meynest du wol Teutschland / solte Jch dich noch viel trösten? Vermeinest du etwan / daß du deinen Herrn Pfaffen den Schwätzer Merkurium bei dir habest / der dir aus der Bibel ein hauffen Zeuges daher plaudert? Nein Teutschland / das ist keine Soldaten manier / Kinder [162] und alte Weiber mügen behten / einem Martialischen Kavallier stehet kein Ding so wol als rechtschaffen fluchen und Sakramentiren. Aber / sage mir du vermaledeite / wohin hast du deine übrige Schätze vergraben?

TEUTSCHLAND.
Ach Mars / was vor Schätze? Jch weis ja von keinen Schätzen.
MARS.

Weissest du von keinen Schätzen? Meinest du etwan daß Jch toll oder blind sei / oder daß Jch mich wie ein Kind von dir wolle überreden lassen / als wäre dein sämtliches vermögen schon gäntzlich erschöpfet? Nein Teutschland /das verstehe Jch viel besser.

TEUTSCHLAND.

Ach / Mars / erzeige dich doch nicht so gahr grimmig gegen mir armen Weibe / wohin wolte Jch doch Schätze vergraben haben / es müchte denn in die Tieffe des unergründlichen Meers seyn / woraus sie ja schwerlich wieder zu erheben?

PEST.

O Teutschland / wie bist du doch so gahr obstinat? Bekenne nur was mein Bruder von dir zuwissen begehrt / wo nicht / so werden wir dich für wahr auffs neüe sehr hart angreiffen.

TEUTSCHLAND.

Ach / was sol Jch armseliges Weib doch bekennen? Teutschland hat ja nichts mehr übrig behalten / als Jhr elendes Leben.

HUNGER.

Hörest du nicht Teutschland / Mein Bruder Mars wil wissen / wohin du deine übrige Schätze habest verstekket / sage es doch frei heraus / dafern du anders gedenkest dein Leben zu erhalten.

[163]
TEUTSCHLAND.

Wie kan oder mag Jch doch etwas bekennen / das Jch selber nicht weiß? Ach GOtt / wollet Jhr denn nicht einmahl auffhören mich zu plagen!

MARS.

Was? Auffhören? Nun wollen wir erstlich recht anfangen dich hartnäkkichtes / auffrührisches und verstoktes Weib auff das allerärgeste / wie wir es nur immer können erdenken / zu tribuliren / Jch sage nochmahlen bekenne / wohin du deinen übrigen Vorraht hast verstekket?

TEUTSCHLAND.

Ach Mars / quähle mich doch nicht länger / bedenke es doch nur ein weinig / daß du ein gebohrner Teutscher / mein Untersasse / Lehn und Landesmann bist / wie magst du doch gegen deine eigne Königinn so unmenschlich tyrannisiren?

MARS
wird hefftig entrüstet.

Was sagest du Schandbestie von Tyrannisiren? Heran Jhr meine Schwesteren und zerpeitschet mir dieses ruchloses Weib ohne einiges mittleiden von der Hauptscheitel biß auff die Fußsohlen / daß nichtes gesundes an Jhrem gantzen Leibe bleibe / was gilts sie sol uns endlich die rechte Wahrheit bekennen? Die beide Weiber / Hunger und Pest treten gantz grimmig herzu / schlagen tapfer mit Jhren Peitschen / welche von breiten Bänderen oder ledernen Riemen gemachet sind auff das jämmerliche Teutschland / raffen immerfohrt.

Bekenne / bekenne du alte Donnerhexe / oder du solt und must von unseren Händen sterben.

TEUTSCHLAND
auff der Erde liegend.

Sterben? Ach ja / von Hertzen gern wil Jch sterben / Jch kan und weiß Euch ja nichtes zu bekennen / Ach nehmet mir doch nur mein Leben!

[164]
MARS.

Höret nur auff Jhr meine Schwestern: Dieses Rebellische Weib ist weder durch Schläge noch Streiche gahr nicht zu zähmen. Teutschland fraget nach keiner Straffe / weder Pest noch Hunger kan sie bezwingen. Ey wolan / so sol denn endlich mein rechtmässiger Eifer Jhr das hochmühtige Hertz brechen und sie mit Ach und Wehe von der Welt räumen. Du Bößhaffte wünschest zu sterben? Siehe da hast du nun / was du so hertzlich begehrest. Mars schiesset auff sie mit einer Pistohlen / daß Teutschland / als wenn es gantz und gahr tod wäre / beliegen bleibet / und sich nichtes mehr reget. So muß man die halstarrige auffrührische Köpfe und hartnäkkichte Sinnen zähmen.

PEST.

Ja Bruder Mars / du hast Jhr recht getahn / denn nach meinen Schlägen fragte Teutschland doch sehr weinig.

HUNGER.

Und Jch / ob Jch Jhr gleich viel grössere Pein und is Marter angeleget als meine Schwester die Pest gethan hat / so bin Jch dennoch viel zu schwach gewesen Jhr trotziges Gemühte zu bezwingen / deßwegen dieses eusserste Mittel vor die Hand zu nehmen auch mich das rahtsahmste ge- deucht hat.

MARS
bedenket sich ein weinig.

Es ist wol nicht ohne / Jhr meine liebe Schwestern / daß man die Rebellen auff diese weise zuem allerbesten kan bezwingen / denn ein todter Hund beisset hinführo nicht mehr: Gleichwohl müchte Jch wünschen / daß Jch Teutschland mit diesem Schusse nicht ertödtet hätte.

PEST.
Warum das Herr Bruder?
MARS
kratzet den Kopff.

Ei nun erinnere Jch mich erstlich / daß Jch denen vier Kavallieren / welche mich als Jhren General in Bestallung haben angenommen / gahr ernstlich [165] und auff Glauben versprochen / daß Jch zwahr Teutschland auff das allereusserste tribuliren und plagen / aber nicht gahr erwürgen wolte / dieweil / wenn Teutschland todt / sie alsdenn ein sehr hohes Interesse daran würden verlieren / auch Jhr er annoch übrigen Haabe und Güter nicht theilhafftig werden könten. Jch furcht fürwahr / daß sie deßwegen eine schwere Action mit mir anfangen werden.

HUNGER.

Ja wahrlich Bruder Mars / dieses könte leichtlich geschehen / Jch erinnere mich itzo selber / daß sie durchaus nicht wolten / daß Teutschland gahr ümmekommen solte.


Teutschland beginnet sich ein weinig zu regen.

Aber / sehet doch ümme Gottes Willen / Teutschland reget sich noch ein weinig / Jch gläube fürwahr / es lebe noch.

PEST
ziehet Teutschland herüm auff die andere seite und spricht.

Jn der Warheit Bruder / Teutschland lebet / der Schuß ist Jhr nicht ins Hertz / sondern nur durch die Schulteren gangen.

MARS.

Was saget Jhr Schwesteren? Lebet Teutschland noch? Das ist mir von gantzem Hertzen lieb: Aber die Schüsse pflegen dennoch bißweilen gefährlich zu seyn und kan leicht der kalte Brand oder ein anderes dergleichen Accident dazu schlagen / derowegen erachte Jch es vor hoch nöhtig / daß wir uns nach einem erfahrnen Wundartzte / der zugleich eusserliche und innerliche Gebrechen weis zu heilen ümmesehen / daß derselbe Jhr den Schaden schleunigst verbinde und alsobald es immer müglich / wiedrum heile / damit / wenn Teutschland zu voriger Gesundheit gelanget / wir auff das neue Jhr zusetzen / ja sie mit allerhand Marteren / so nur immer zu erdenken [166] müglich sind / quählen und plagen und durch dieses gestrenge Mittel alles das jenige / was wir zu wissen begehren / endlich erforschen / und zu sonderbarem unserem Nutzen und Ersprießligkeit solches anwenden mügen.

PEST.

Du redest recht vielgeliebter Bruder / wir müssen uns bei Zeiten nach einem geschikten Feldscherer ümmesehen / damit der Schade nicht versäumet werde.

MARS
bedenket sich ein weinig.

Halt / halt / Jch weis schon einen trefflich erfahrnen Meister / Er ist von Gebührt ein Italiäner / der heisset Ratio Status und wohnet derselbe nicht gahr weit von meinem Quartier / den wil Jch alsobald heraus schikken / daß er das verwundete Teutschland verbinde und so viel müglich / wiedrum heile / folget mir nur schleunigst nach / damit ja alles zeitig genug bestellet werde.


Nachdem Mars mit seinen beiden Schwesteren dem Hunger und der Pest von dem verwundeten Teutschlande wieder hinweg gangen und dasselbe im Bluht ligend / gantz allein gelassen / komt der alte Teütsche Witdod (der Sich bei dem Beschluß
der ersten Handlung hatte hören lassen) zuem anderen mahl wieder auff gezogen / betrachtet erstlich die elende verwundete Königinn: Bald fanget Er an kläglich in daß Pandor zu singen /seine Augen allezeit auff Teutschland richtend /wobei Er sich solcher Gebehrden weiß zu gebrauchen / daß die Zuseher zu einem recht herzlichem mitleiden werden bewogen und muß Witdod / mit gen Himmel aufgeschlagenen Augen und andächtigen Geberden dieses nachgesetzte Lied schliessen / auch gantz traurig aussehend / seinen Abschied nemen und dem Feldscherer / Ratio Status die Schaubühne überlassen.
[167] [170]Letstes Klag-Lied.
Uber das hefftig verwundete / durch
Krieg / Pest und Hunger aüsserst geplagte / und
nunmehr mit dem Tode ringende
Teütschland.

1.

So ligt denn nun das arme Weib

Biß auff den Todt zuschlagen!

Ach daß Jhr wunderschöner Leib

Muß so viel Striemen tragen!

Ja muß den / nun dein Guht und Muht

Verlohren ist dein heisses Blüht

O Teütschland von der Erden

Zuletst verschlungen werden?


2.

Der tolle Mars hat auff gebracht

Die / welche Teütschland Neiden /

Die Völcker / welcher List und Macht

Diß arme Weib muß leiden /

So / daß Sie zappelt auff dem Plaan /

Ach Mars du hast Jhr weh getahn /

Bald muß Jhr armes Leben

Dem Würger sich ergeben!


3.

Verfluchter Schuß / verfluchtes Rohr

Das Teütschland hat getroffen!

Wer hebt dich armes weib empor?

Kein Held / hier gilt kein hoffen!

Seht / wie der grimme Menschen-Fraß

Vom Bluth' es hat gemacht so naß /

Daß man es kaum kan kennen

Ja Teütschland mehr darff nennen.


[170] 4.

Der Hunger / welcher gahr zu schnell

Dem Mars ist nachgestrichen /

Hat so vertreten seine Stell /

Daß Teütschland schier verblichen /

Die Theürung machte Teütschland bloß /

Ach Gott / die Noht war gahr zu groß /

Der Menschheit ward vergessen /

Die Kinder auff gefressen!


5.

Die schnelle Pest hat dieses Weib

Auch dergestalt gebrennet /

Daß Teütschland Jhren eignen Leib

Und Glieder nicht mehr kennet /

Sie ligt mit Beulen sehr beschwehrt

Durch Hitz' und Eiter außgezehrt /

Das Mark ist auß den Knochen

Vor Todes Angst gekrochen!


6.

O treüer GOtt / erbarme dich

Der armen Königinnen /

Steh' auff und hilff Jhr gnädiglich /

Daß Sie mag Lufft gewinnen /

Wend' ab / daß Hunger / Krieg und Pest

Jhr geben nicht zugleich den Rest /

Steür' Armuht / Krankheit Eisen

So sol dich Teütschland preisen.

3. Aufzug
[171] Der dritte Auffzug.
Teutschland. Meister Ratio Status der Feldscherer.

TEUTSCHLAND
ein weinig von der Erde sich erhebend / fähet an mit kümmerlicher Stimme sich folgender gestalt zu beklagen.

Es halten zwahr die blöde Menschen Kinder davor / daß nichtes grausahmers noch erschreklichers seyn könne als der Tod an Jhm selber und negst diesem die Furcht des Todes; Jch übelgeplagtes Weib aber glaube fästiglich / daß kein grösser Jammer werde gefunden / als wenn ein Mensch / der den Tod so viel tausend mahl wünschet oder begehret / desselben nicht kan noch mag theilhafft werden. O / wie süß und angenehm solte mir Elenden der Tod seyn! Nun aber / so lange Jch noch lebe / sterbe Jch nicht ein sondern Tausend mahl des Todes und zwahr dasselbe täglich. Jch hätte ja wol gehoffet / es solte mir der grausahmer Menschenfresser Mars mit diesen leisten Schuß den Beschluß meines traurigen Lebens haben gegeben / angesehen Jch schon hiebevor etliche hundert Wunden von Jhm empfangen; Aber / Er hat mir / meinem Wunsche nach / nicht das Hertz / sonderen nur die Schulteren getroffen / Jedoch kan es gahr leicht geschehen / dieweil Jch ohne daß gleichsahm mit dem Tode ringe / daß ein andere gefährliche Krankheit zu diesem Schaden schlage / die mich armes / zermartertes / verwundetes und beraubtes Teutschland vollends auffreibe und einmahl von allem Jammer und Elende erlöse / welches denn Jch Armselige von grund meiner Seelen wil gewünschet haben. Teutschland fält gleichsahm in einer schwehren Unmacht abermahl als tod zuer Erden.

MEISTER RATIO STATUS
gehet auff wie ein Quacksalber oder Feldscherer / zimlich gravitetisch außstafieret.

Er träget seine Wundartzlade unter dem Arm / hält in der Hand ein pahr Gläser / [172] Büchsen mit Salben / allerhand Jnstrumente und derogleichen: Er kan Jhm auch durch einen Diener etliche Sachen nachtragen lassen / fähet an gantz hochmühtig zu reden.

Sintemahl / dieweil und nachdem es des Durchläuchtigsten Kriegeshelden / des großmühtigsten Mars Excellentz gnädigst hat gefallen mich als einen sehr trefflichen Chyrurgus, Medicus, Ophtalmicum, Lytholomum, Hochfürstlichen privilegirten wolerfahrnen Leib- und Wundartzten gantz schleunigst heraus zu commendiren, daß Jch das von Jhme couragieuxer weise verwundetes und geschossenes Teutschland gebührlicher mahssen solle emplastriren; Als wil Jch solchem seinem Begehren zuer günstigen folge mich alsobald dazu præpariren und die verwundete Dame bester massen / das ist: Gründlich / künstlich und ohne einige Schmertzen curiren und heilen. Aber / Jch sehe ja is keine ansehnliche Weibesperson hieselbst / mahssen Jhre Excellentz / daß sie dergestalt beschaffen / mich selber haben berichtet. Er siehet sich ein weinig üm. Jch wil ja nicht hoffen / das es jenner Bettelsak sei / welcher dort im Kohte außgestrekket lieget; Es scheinet gleichwol / als wenn selbiges Weib an unterschiedenen Ohrten Jhres Leibes gantz hefftig sei verwundet. Er kehret oder nahet sich zu Jhr. Glük zu Mutter / wie gehts? Wie zuem Teuffel hast du dich so im Blühte herum geweltzet?

TEUTSCHLAND.

Ach mein Freund / Jch bin ein armes / elendes und hochbetrübtes Weib / Mars hat mich dermahssen jämmerlich zugerichtet / daß Jch auch fast keinem Menschen mehr ähnlich bin.

MEISTER RATIO STATUS.
Hat Mars das gethan? So bistu Teutschland höre Jch wol?
TEUTSCHLAND.
Ach Ja! Gewesen! Ach leider!
[173]
MEISTER RATIO STATUS.

Sei guhtes muhtes Teutschland / Jch bin zu dem Ende zu dir geschikket / daß Jch deine Wunden bester mahssen sol heilen / welches zu præstiren Jch viel geschikter bin / als der Theophrastus Paracelsus Bombastus von Hohenhaim mit allen seinen Jüngern und Nachfolgeren / es mügen gleich innerliche oder eusserliche Schaden seyn / man muß aber den dingen fein bei Zeiten vorzukommen wissen / dieweil es nach dem bekanten Vers heisset: Principibus obsta serò, medicina patrata Cum mala per longas confarafere foras.

TEUTSCHLAND.

Ja Ja mein Freund / Jhr schwatzet mir so etwas daher von Euren Chyrurgischen Künsten / welchem allem Jch doch sehr weinig traue / aber saget mir / wie heisset doch Eür Name?

MEISTER RATIO STATUS.

Jch heisse der Edler / Vester / Großachtbarer / Hochgelahrter auch hocherfahrner Meister / Doctor Ratio Status, Chyrurgus, Lythotomus, Hernieticus, Ophtalmicus, Empiricus, Theophrasticus, Galenicus, Magicus, hoch und viel approbirter Leib und Wund-Artz / imò plus si vellerem, Ja / so heisse Jch!

TEUTSCHLAND.

Seid Jhr Ratio Status? Ach GOtt / was sol man doch von Euch guhtes hoffen? Aber sagt mir Herr Doktor / wer hat Euch zu mir geschikket.

MEISTER RATIO STATUS.
Das hat der grosse Kavallier Mars gethan.
TEUTSCHLAND.

Mars? Mein abgesagter Todfeind? Ach / war es nicht genug / daß Er vor seine Person nebenst seinen mordgierigen Schwesteren mich so gräulich plagte / muste Ratio Status auch noch erstlich dazu kommen?

[174]
MEISTER RATIO STATUS.

Wie redest du närrisches Weib? Hörest du nicht / daß Jch üm deines besten willen bin anhero geschikket / deine fast unzehliche Wunden mit meinem Emplastribus, Catapotijs, Clystirijs, Cataplasmatijs, Elinctoribis, masticatoribus, gargarismatijs, potionibus, pilulibus, Electuaribus und anderen derogleichen / Galenischen / Hermetischen und Magischen medicamentibus glüklich / als ein Kunstreicher Meister zu heilen.

TEUTSCHLAND.

Ach! Wo findet sich doch ein solcher Meister / der Teutschlandes Gebrechen bei dieser Zeit aus dem grunde kan heilen!

MEISTER RATIO STATUS.

Jch / Jch bin derselbe Mann / Jch Ratio Status kan die Kunst / Jch weiß Raht in der Noht / vor die morbum vor den Tod. Aber / halt still Teutschland / da muß Ich dir erstlich etliche heilsahme Pflaster auff die is eusserliche Wunden legen und dir hernach die innerliche Schaden mit etlichen köstlichen Träncken oder potionibus wieder zu rechte bringen.

TEUTSCHLAND.

Ach / sagt mir Meister Ratio Status, was gebrauchet Jhr doch denn vor Pflaster / mit welchen Jhr meine bluhtige / ja nunmehr schier eiternde Wunde zu heilen vermeinet?

MEISTER RATIO STATUS.

Da habe ich erstlich das starcke Emplastrum Ligæ, welches trefflich wol bindet und in solchen Schäden sehr bewähret ist.

TEUTSCHLAND.

Ach mein lieber Meister / lasset mir nur dieses Pflaster von den Wunden / das Emplastrum Ligæ habe Jch nimmer können vertragen.

[175]
MEISTER RATIO STATUS.

Was dünket dich denn bei dem Emplastrum Unionis, welches nur gahr ein weinig zusammen hält / und demnach nicht so gahr stark ist / als das vorige.

TEUTSCHLAND.

O schweiget doch auch von diesem mein lieber Meister / Jch habe es schon vor vielen Jahren gebrauchet und mich trefflich übel darnach befunden.

MEISTER RATIO STATUS.

Ja Teutschland / wilt du denn keines von diesen beiden gebrauchen / so wil Jch dir das Emplastrum Neutralitatis zurichten / da wirst du dich ja nicht übel nach befühlen.

TEUTSCHLAND.

Ja / daß es Gott erbarm! Solte Jch mich bei diesem Pflaster wol befinden? Die Neutralität ist mir bißweilen eine solche schädliche Salbe gewesen / daß sie mir auch manches schönes Glied an meinem ehemahls herrlichem Leibe auff das eusserste hat verderbet.

MEISTER RATIO STATUS.

Was sol Jch denn mit dir anfangen Teutschland? Du bist über alle mahsse eigensinnig: Du begehrest deine eusserliche Wunden weder mit der Ligâ, noch der Union, noch auch der Neutralität zu salben / wie? wenn Jch dir denn et wann das Emplastrum Confœderationis cum exteris hätte auffgeleget?

TEUTSCHLAND.

O weg / weg mit deme! Was dieses vor ein beissendes Pflaster sey / habe Jch mit meinem grössesten Schaden schon längst erfahren.

MEISTER RATIO STATUS.

Du must dennoch etwas gebrauchen / dafern dir deine Gesundheit vollenkömlich sol restituiret werden. Dieweil Jch aber verstehe / daß du vor allem eusserlichen [176] Mittelen einen so gahr grossen Abscheu hast / so wil Jch dir lieber eine Potion oder Tränklein zurichten / welches dir verhoffentlich nicht übel wird bekommen.

TEUTSCHLAND.
Ja / wenn Jch versichert wäre / daß es helffen wolte.
MEISTER RATIO STATUS.

Wie solte es nicht helffen? Siehe da habe Jch ein Tränklein / das heisset Simulatio, solches darffst du nur fein kalt zu dir nehmen / was gilts es sol deine innerliche Schaden bald heilen.

TEUTSCHLAND.

Ja wol! Simulatio wird bei mir nichts außrichten / denn dieser Trank in Teutschland sehr weinig Kräffte hat /Jch glaube aber wol / daß Er in Jtalien / Frankreich und anderen Länderen viele grosse Dinge verrichte.

MEISTER RATIO STATUS.

Dieses alles leugne Jch zwahr nicht: Meine Landesleute die Jtaliäner befinden sich trauen sehr wol bei der Simulation, deinem harten teutschen Magen aber mag es wol etwas zu schwach seyn. Wie dünket dich aber / wenn du etwann die Dissimulation dazu nehmest?

TEUTSCHLAND.

Ach / was plagst du mich doch viel mit deinen Tränken? Eines nützet eben so viel als das ander. Alle diese Artzneien können Teutschland weiniger als nichtes helffen: Darum bitte Jch / mein Ratio Status, bemühe dich meinenthalber nur gahr nicht / Jch begehre von allen deinen Artzneien keine einzige zugebrauchen.

MEISTER RATIO STATUS.

Wie? Du bist mir auch wol ein rechter Närrischer Kopf / kan Jch dir denn gahr nichtes zu danke machen? Sol Jch denn also ohne einige Verrichtung [177] wieder davon gehen? Wie werde Jch daß vor meinem Principalen / dem großmächtigsten Mars können verantworten? Jch bitte dich / Teutschland / gebrauche doch nur ein einziges meiner medicamenten, damit Jch gleichwol könne beweisen / das Jch dir meinen guhten Raht gern und willig habe mitgetheilet.

TEUTSCHLAND.

Ach du höhester GOtt / wie plagest du mich doch? Bin Jch denn vorhin nicht elend genug? Was sol es denn endlich seyn?

MEISTER RATIO STATUS.

Höre Teutschland / demnach du weder Pflaster noch Tränke zu deinen so wol ausser- als innerlichen Schaden wilt gebrauchen / so verschlukke doch nur etliche weinig Pillulen / welche von sonderbahrer grosser Würkung werden gehalten.

TEUTSCHLAND.
Was sind es endlich vor Pillulen und wie heissen sie denn?
MEISTER RATIO STATUS.

Es sind Pillulæ Hypocriticæ, welche beides von Geistlichen und Weltlichen hoch werden gerühmet / Jch wil sie dir in einem gebrahtenen Apfel hinunter zu essen darreichen.

TEUTSCHLAND.
Wie / saget Jhr Meister / heissen diese Pillulen.
MEISTER RATIO STATUS.
Sie heissen eigentlich Pillulæ Hypocriticæ.
TEUTSCHLAND.

Pillulæ Hypocriticæ? Jch meynete wahrlich anfangs daß Jhr Pillulæ Hypochondriacæ gesaget hättet / die machten vielleicht zu Vertreibung meiner überaus grossen Melankolei und Hertzens Traurigkeit etwas [178] nützen: Aber / wie Jch verstehe / so sind es Pillulæ Hypocriticæ. Aber / saget mir Meister Ratio Status, heissen dieselbe nicht in meiner / das ist / der rechten Teutschen Sprache Heuchelpillen?

MEISTER RATIO STATUS.

Ja Teutschland / eben dieselbe sind es / und ist der Heuchelpillen Würkung so trefflich / daß sie mit keinem Golde zu bezahlen. Siehe da / Jch habe sie dir schon in einen Apfel verstekket / denselben iß nur geschwinde und laß dir diese köstliche Artznei wol bekommen.

TEUTSCHLAND.

Auff Eür Wohrt Herr Doktor / wil Jch den Apfel gemessen / es mag mir so viel nützen als es wil und kan / angesehen Jch ohne das kaum mehr lebe / Jch muß dennoch erfahren / wie Teutschland die Heuchelpillen wollen bekommen.

MEISTER RATIO STATUS.

Ohne allen zweiffel sehr wol. Was is gilts ob sie nicht bald trefflich sollen würken? Aber / Jch wil unterdessen meinen Abscheid nehmen / und meine andere Patienten, deren sehr viel an der Lustseuche / Frantz seinen Hosen / am Magenzipperlein / Zahnschnuppen / Goldsucht / Diebesfieber / Huhrenpest und anderen mehr gefährlichen Krankheiten danieder liegen / besuchen. Jmmittelst / Teutschland / gehabe dich wol. Die Bezahlung vor die gereichete Artzneien / wil Jch von meinem Principal und grossem Patron dem Mars zufoderen wissen.

TEUTSCHLAND.

Wol / wol Meister / gehet nur immer hin / Jch habe Eüch ohne das keinen einzigen Heller zu geben. Meister Ratio Status gehet ab und Teutschland verzehrt den Apfel gahr geschwind.

4. Aufzug
[179] Der vierter Auffzug.
Teutschland / Friede / Merkurius.

TEUTSCHLAND.

Nun wolan / diese Pillen sind verschlukket / GOtt gebe / wie sie mir auch werden bekommen. Jch habe in Wahrheit eine sehr gefährliche Sache gewaget; Denn / bin Jch nicht ein schwaches / krankes / zerschlagenes und verwundetes Weibesbild und unterstehe mich nichtes desto minder so vielerlei Leibes und Gemühtes Gebrechen endlich mit Heuchelpillen zu vertreiben? Das mag wol ein seltzames Beginnen heissen! Aber / Jch fühle schon / wie sie anfahen zu würken / sie zerreissen mir den Leib / den Magen / das Eingeweide und alle Gedärme dermassen greulich / daß Jch fast vor Angst nicht weis / wohin Jch mich sol wenden. O Ratio Status du Ehrloser Landbetrieger / was hast du mir vor eine gifftige Artznei in den Leib geschwätzet? Ja warlich / es muß wol ein strenges Gifft seyn / es wäre sonst unmüglich / daß sie mich so hefftig quählen könten. Ach Ratio Status, wie wird mir doch so grausahm wehe nach deinen verfluchten Heuchelpillen / das Hertz wil mir schier gahr in stükken zerbrechen. Teutschland wil sich gern erbrechen / rültzet mit dem Halse / ächtzet und thut sonst sehr übel. Ach! nun muß Jch endlich gahr erstikken und verderben / der kalte Schweis bricht mir schon aus / hören und sehen vergehet mir / Ach der verfluchten Heuchelpillen!Teutschland erbricht sich abermahl hefftig / wird endlich gantz stille / lieget / als wenn es nun gäntzlich wäre gestorben.

FRIEDE.

Es ist nunmehr eine geraume Zeit verflossen / daß Jch mich das letste mahl auff dem sündhafften Erdbodem / wo lauter Ungerechtigkeit und gottloses Leben wohnet /sonderlich aber bei dem damahls glükseligen / reichem und ruhigem Teutschlande habe finden lassen. Aber / Ach was kläglicher Zeitung habe Jch von dem erbärmlichen Zustande [180] dieser so grossen Königinn vernommen! Ja / solte es wol müglich seyn / das eine solche mächtige Fürstinn fast aller Jhrer Gühter / Kleider / Geldes und Kleinohter beraubet / dazu verhönet und geschmähet / zerschlagen und verwundet / ja so gahr biß auff den Tod verletzet / in armen Betlerslumpen solte umher kriechen und bei jedermänniglich so gahr unwehrt seyn / daß auch nunmehr die Buben auff der Gassen Jhrer spotten? O Teutschland / Teutschland / wohin ist es doch mit dir gerahten? das heisset: Jage den edlen Friede von dir / verspotte die alte Teutsche Redligkeit / setze dein Vertrauen auff fremde Völker und laß dich die schändliche Wollust einzig und allein führen und regieren. Aber was sehe Jch dort an jenner Ekken liegen? Es scheinet fast als wenn es ein Mensch wäre Gehet näher hinzu. Ja wahrlich es ist ein Mensch. Hilff ewiger Gott / die ist erbärmlich zugerichtet / die siehet jämmerlich aus. Sie ergreiffet Teutschland bei der Achsel rüttelt und schüttelt sie / sprechend. Wer bist du Weib?

TEUTSCHLAND.
Eine elende / hochbetrübte Kreatur.
FRIEDE.
Sage an / was fehlet dir denn?
TEUTSCHLAND.
Friede.
FRIEDE.
Ja liebes Weib / Jch bin der Friede / Aber Jch frage / was dir mangele?
TEUTSCHLAND.
Friede.
FRIEDE.

Ja / Ja / meine Freundinn / Jch heisse der Friede /Aber wornach seufftzest du doch so gahr ängstiglich?

TEUTSCHLAND.
Ach / nach dem lieben Friede!
[181]
FRIEDE.
Jch bitte dich armes Weib / sage mir nur deinen Namen / wer du bist?
TEUTSCHLAND.
Ach! Ach! Ach! Jch bin Teutschland / Teutschland / Ja gewesen!
FRIEDE
entsetzet sich hefftig.

Bist du Teutschland? O du barmhertziger GOtt / wer hat dich doch so erbärmlich zugerichtet / wer hat dich so jämmerlich zerschlagen?

TEUTSCHLAND
richtet Jhr Haupt ein weinig auff.

Ach! das haben meine Freunde und Feinde / ja meine eigene Kinder / Unterthanen / Knechte und Landesleute gethan. Aber wer bist du / die du so freundlich mit mir redest?

FRIEDE.
Jch bin der Friede. Wie Teutschland? kennest du mich denn gahr nicht mehr?
TEUTSCHLAND
kriechet auff Händen und Füssen herzu / wil den Frieden ümfangen.

Ach du Allerwehrteste Freundinne meiner Seelen / sei mir zu hundert tausend mahlen wilkommen / O du edler / O du süsser / O du güldner Friede!

FRIEDE
springt schleunig zu rükke und spricht.

Enthalte dich noch ein weinig du übel zugerichtetes Teutschland / es ist noch viel zu früe den Frieden dergestalt zu umfangen.

TEUTSCHLAND.
Ach / du theurer Friede / warum mag Jch dich nicht umfangen?
FRIEDE.

Nein Teutschland / der Allerhöhester GOtt hat mich zwahr hergesendet / dir in deinem itzigen hochbetrübten [182] Zustande einen gnädigen Blik zu ertheilen / mit nichten aber meine beständige Wohnung bei dir zu nemen / angesehen Jch annoch nicht kan wissen / wenn meine rechte Zeit und Stunde werde kommen.

TEUTSCHLAND.

Ach Friede / du allerhöhester Schatz auff Erden / dein blosses zusprechen beginnet mir wahrlich schon neue Kräffte zu ertheilen. Ach / dein göttliches Angesicht erquikket mir in meiner grossen Schwachheit Hertz / Seele und Leben.

FRIEDE.

Ja Deutschland / kanst du nun mit der Zeit erkennen /was vor ein edler / ja himmlischer Schatz der liebe Friede sey?

TEUTSCHLAND.

Ach Ja / wie solte Jch Unglükselige das nicht erkennen können? Jch habe es ja nunmehr mit meinem unüberwindlichen Schaden allzuwol gelernet. Ach / müchte Jch dich nur einmahl wieder ergreiffen und umhalsen! Merkurius tritt auff. Ach / Ach Friede / du allerwehrteste vergnügligkeit meines Hertzen / müchtest du doch ewig wiedrum bei mir wohnen!

FRIEDE.

Nein Teutschland / du must dich noch eine Zeitlang enthalten / denn Jch sol und darff den Willen GOttes meines HErren nicht wiederstreben. Aber siehe da komt unser Merkurius / was mag uns der guhtes neues bringen?

MERKURIUS.

Nunmehr halte Jch / werde Jch den begehrten Ohrt fast erreichet haben / den ungefehr in dieser Gegend / (wie man mich hat berichtet) sol sich das elende Teutschland aufhalten. Aber / was sehe Jch? Stehet nicht da der Friede? Ja / sie ist es / denn vor weinig Tagen hat Jhr die Göttliche [183] Barmhertzigkeit einen Befehl ertheilet / daß sie sich von dem Friedenthron des Himmels hinunter auff das Erdreich verfügen und dem hochgeplagten Teutschlande einen frölichen Gnadenblik sol ertheilen. Jch muß hin zu Jhr gehn: Glük zu hertzliebe Schwester / bist du schon hie?

FRIEDE.

Sei mir von gantzem Hertzen wilkommen Merkuri / mein liebster Bruder / hie stehe Jch bereits und rede mit dem elenden und erbärmlich zerschlagenem Teutschlande.

MERKURIUS
erschrikt.

Was sagest du Friede / ist das Teutschland? Jst das die mächtigste Königinn / vor welcher alle Welt sich muste fürchten? Jst das die Bezwingerinn so vieler tapferen Völker? Die Beherscherinn so grosser und fruchtbarer Länder? Die Besitzerinn solcher unermäßlichen Schätze? Die Erfinderinn so vieler herrlichen Künste und Wissenschaften? Jst das Teutschland? Ach GOtt / wie ist doch so gahr nichtes beständiges auff dem Erdbodem! wie kan sich doch alles so plötzlich und wunderlich verkehren!

FRIEDE.

Ja freilich liebster Merkuri mag man sich über solche erschrekliche Verenderung dieser hochmächtigsten Königinn größlich verwunderen. Wer solte es wol jemahls gedacht haben / daß es mit dem prächtigen Teutschlande endlich dahin würde gerahten?

MERKURIUS.

Du sagest wahrlich recht lieber Friede / Aber Jch komme eben zu gelegener Zeit / die weil auch Jch durch Himlischen Befehl bin anhero gesendet / Teutschland den göttlichen Willen vorzutragen.

TEUTSCHLAND.

Ach Merkuri / bringe mir doch einmahl guhte und fröliche Bottschafft / denn der traurigen habe Jch leider ohne das genug.

[184]
MERKURIUS.
Ja Teutschland / es dienet wahrlich alles zu deinem eigenem besten.
TEUTSCHLAND.
O wolte wolte GOTT / daß Jch doch einmahl aus diesem grausamen Elende würde erlöset!
MERKURIUS.

Das kan und wird zu seiner zeit wol geschehen Teutschland / du must dich aber erstlich zu rechtschaffener wahrer Busse bereiten.

TEUTSCHLAND.

Ach Merkuri / sol Jch noch härter bühssen / als Jch nunmehr fast gantzer dreissig Jahr her gethan habe?

MERKURIUS.

Eben das ist es Teutschland / was ich sage: Du bist annoch biß auff diese gegenwertige Stunde hartnäkkicht und verstokket / du begehrest dein Unrecht noch nicht einmahl zu erkennen / deine tödliche Krankheiten Leibes und der Seele wilt du mit Heuchelei heilen / welches is doch nichtes anders ist / als ein brennendes Feur mit Oel und Schwefel dämpfen wollen. Du beklagest dich zwar ohne unterlaß über die vielfältige Straffen / die dich von tage zu tage so grausahmlich überfallen; Aber von denen erschreklichen Sünden und deiner übermachten Bößheit /damit du diese Züchtigung veruhrsachet und dir selber muhtwilliger weise solche auff den Hals gezogen / wilt du gar nichtes wissen / was ist es denn wunder / daß der Mars samt seinen beiden Schwesteren dem Hunger und der Pest biß auff diesen Tag nicht auffhören dich jämmerlich zu quählen und zu marteren.

TEUTSCHLAND.

Ach Merkuri / gib mir doch einen einzigen guten Raht / wie das Werk recht anzugreiffen / damit [185] Jch endlich von diesem unaußsprechlichem Jammer müge erlöset werden.

MERKURIUS.

Ja Teutschland / dasselbe thu Jch hertzlich gern / denn solches erfodert mein Amt und Gebühr / wolte Gott / Jch könte dein hartes Hertz nur dergestalt erweichen / daß du dein Unrecht erkennen und durch ernstliche Reu und Leid über deine unzehliche begangene Missethaten / zu deinem GOTT und Schöpffer dich wiedrum wenden woltest. Siehe Teutschland / da stehet der Edler Friede / welchen der allergühtigster GOtt vom Himmel hat gesendet / dir in deinen höhesten Nöhten einen Freudenblik zu geben / dabei wil Er nun erkennen / ob du solche hohe Gnade auch mit einem demühtigen und dankbaren Hertzen annehmen und dich dermahssen bußfertig wollest erzeigen / daß die Göttliche Barmhertzigkeit ferner würde bewogen / den güldenen Friede dir völlig wiedrum zu schenken und dich seiner süssen Früchte / nach so vielen außgestandenen Trübsalen hinführo gemessen zu lassen. Dieweil du aber leider bleibest / die du jederzeit bist gewesen / nemlich ein hartnäkkiges / verstoktes und bößhafftes Weib / welches zwahr den Frieden gern bei sich behalten / aber jedoch dabei in Jhren gewöhnlichen Untugenden und sündhafftem Leben wil verharren; Siehe / so hat mich GOTT / der aller Menschen zeitliche und ewige Wolfahrt so hertzlich suchet / itz abermahl zu dir geschikket / und lasset dir andeuten / daß / im falle du nicht ernstliche / wahrhaffte und rechtschaffene Buhsse wirkest / dieser des wehrten Friedens Gnadenblik uhrplötzlich von dir genommen und du mit noch vielem grösserem Trübsahl und Elende / als dir jemahlen ist wiederfahren / häuffig sollest überschüttet und biß auff den tieffesten Abgrund verderbet werden / hiernach Teutschland solst du dich zurichten wissen.

[186]
TEUTSCHLAND.
O wehe / wehe Merkuri / das ist eine sehr harte Bottschafft.
FRIEDE.

Nein / Teutschland / es ist eine gnädige Bottschafft / GOtt erbeut sich alles guhten gegen dir / wenn du dir nur selber deine eigene Wolfahrt wilt etwas angelegen seyn lassen.

TEUTSCHLAND.
Ach lieber / sagt mir es doch denn / wie sol Jch es ferner anfangen?
FRIEDE.

Buhsse / Buhsse solt und must du thun im Sakke und in der Aschen / dafern du meiner erfreulichen Gegenwahrt zugemessen begehrest.

TEUTSCHLAND.

Ach / daß es Gott erbarm / sol Jch denn noch mehr bühssen! Wisset Jhr denn nicht / das meine Länder verheeret und verzehret / daß meine beste Mannschafft erwürget / daß Weiber und Jungfrauen geschändet / die kleine Kinderlein mit Füssen getretten / Städte / Flekken und Dörffer verbrennet / viel Millionen / reiche und arme / kleine und grosse / junge und alte meiner Unterthanen durch Schwehrt / Pest und Hunger auffgerieben und schließlich Jch armes Weib dergestalt bin zugerichtet / daß Jch fast keinem Menschen mehr ähnlich sehe / Ach! frage Jch abermahl / sol Jch denn noch härter bühssen? das ist ja gahr zu elend!

MERKURIUS.

Und eben darum solt du Buhsse thun liebes Teutschland / dieweil du bißhero noch nicht hast erkennen wollen / daß dir diese Straffen billig sind wiederfahren / wer / meinest du aber / daß der jeniger sey / welcher dich solcher gestalt hat heimgesuchet und gezüchtiget?

[187]
TEUTSCHLAND.

Wer solte es anders viel seyn lieber Merkuri als eben die jenige Völker / welche Jch gehauset und geherberget / gespeiset / gekleidet und ernähret und dadurch sehr vertrauliche Freund schafft mit Jhnen gemachet habe / wozu gleichwol meine eigene Unterthanen und Landsassen weidlich geholffen: Denn / ist nicht Mars mein Vasal, ja schier mein Leibeigener / und eben dieser hat nebenst seinen Untergebenen mich zum allerhefftigsten geplaget.

FRIEDE.

O Teutschland / du irrest sehr weit / in deme du nemlich auff die Jnstrumental oder Werkzeuges Uhrsachen alleine siehest / und dabei nicht bedenkest / daß alle deine wolverdiente Straffen von der gestrengen Gerechtigkeit Gottes herrühren. Bilde dir ja nicht ein Teutschland / daß diese fremde Völker aus eigener Bewegnisse dich dermahssen übel haben zerhandelt / GOtt hat sie zu diesem seinem Zornwerke beruffen / GOtt hat es ihnen befohlen: Ziehet aus euren Länderen und Herr schafften / plaget Teutschland / schlaget Teutschland / verwundet Teutschland / beraubet Teutschland / Sind demnach diese fremde Völker in dir nichts anders als vollenziehende Werkzeuge des feurigen Zorns GOttes gewesen / darum wenn du diesen außländischen Nationen und nicht dir selber und deiner Bößheit die Schuld deiner außgestandenen Trübsahlen aus Ungedult zumissest / so murrest du in diesem falle wieder deinen GOtt / du mißhandelst wieder die jenige / welche dich auff desselben Befehl billig gezüchtiget / ja du redest wieder dich selber und dein eigenes Gewissen und bist in Wahrheit denen Hunden gleich / welche den jenigen lassen fahren welcher nach jhnen geworffen und wollen immittelst Jhren Zorn an dem leblosen Steine außwetzen.

MERKURIUS.

Ach Ja liebe Schwester Friede / du redest die rechte teutsche Wahrheit / welcher kein vernünfftiger [188] Mensch mit guhtem fuge kan wiedersprechen. Dein Leben O Teutschland / welches auch der blinden Heiden Leben an Gottlosigkeit und verruchter Bößheit weit weit hat übertroffen / ist die einzige Uhrsache / daß alle diese Straffen über dich sind gekommen: Bedenke doch nur / wie du alle Teutsche Ehre und Redligkeit gleichsahm mit gewalt von dir gestossen und dich mit lauter neuen Politischen Strichen / falschen / unteutschen und unverantwortlichen Grieffen hast beholffen. Erwege nur bei dir selber wie stoltz und üppig du dich erwiesen / daß du auch die Alte / Teutsche / um das Vatterland wolverdiente Helden mit Schmähewohrten von dir getrieben / und / als Jch dir deine Untugenden nur ein weinig vorhielte / hast du mich / der Jch doch ein Diener / Mundbotte und Abgesanter des allerhöhesten GOttes bin / mit fluchen und schelten hinweg is gejagt. Den edlen Friede / die Mutter aller Glükseligkeit hast du muhtwilliger / ja gantz freventlicher weise von dir gestossen und von der verfluchten Wollust zu verbringung aller Schande und Laster dich anreitzen und verführen lassen. Du / du hast deine eigene Teutsche Helden-Sprache / welche an reiner Vollenkommenheit / Majestät und Pracht / Zierde und Liebligkeit Jhres gleichen unter der Sonnen nicht findet / (Wie solches etliche deiner Getreuen Fruchtbringenden und dannenhero ewigen Lobes würdigen Kinder und Helden nicht nur erkennet / sondern auch in Jhren herrlichen Schrifften und Büchern zu voller genüge erwiesen) gantz spöttlich gehalten / ja gegen die andere Fliksprachen / welche kaum tauglich sind Jhr das Wasser zu reichen / gantz liederlich verachtet und also dich selber zu einer schändlichen Schlavinnen dero außländischen Sprachen gemachet. Die alte Teutsche Sitten und Gebräuche / den alten ehrbaren Habit und Kleidung hast [189] du mit grossem Ekkel verworffen und anders nichtes als was fremd / neu und a la mode heisset / sehen / wissen und hören wollen / und / daß Jch es kurtz mache / du hast nur bloß und allein dahin getrachtet / daß du deinem üppigen Fleische gühtlich thun und solches in allen Lustbarkeiten der Welt / wie die Sau im Koht weltzen möchtest. Was wunder ist es denn nun / daß der gerechter GOtt in seinem Zorn diese fremde Völker samt dem bluhtdürstigen Mars und desselben beiden Schwestern dem Hunger und der Pest dir auff den Hals hat geschikket / dieweil deine gottlose Thaten keine andere Belohnung verdienet haben.

FRIEDE.

Ja Teutschland / so gehet es / wenn man seines lieben und getreuen Gottes so gar vergisset und sein Hertz bloß und allein an das Zeitliche hänget. So gehet es / Teutschland / wenn man die Diener Gottes und Jhre getreue Warnungen gantz und gahr weder hören noch wissen will / sondern dieselbe um der Wahrheit willen schilt und schmähet / plaget und verjaget / wie du selber diesem getreuen Prediger Merkurio getahn hast. Ja / so gehet es / Teutschland / wenn man seinen Leib zum Schlaven der verfluchten Wollust machet und dadurch allen Segen und Wohlfart / alle Friede und Ruhe von sich hinweg treibet / derowegen / O Teutschland / Teutschland / erkenne deine Bößheit und suche durch wahre Reue und Buhsse bei der unendlichen Barmhertzigkeit Gottes gnädige Verzeihung deiner so vielfältigen Sünde.

TEUTSCHLAND
etlicher mahssen zur Erkäntnisse kommend / fället gantz demühtig nieder auff Jhre Knie und fähet an mit kläglicher Stimme und sehr jämmerlichen Gebehrden folgender gestalt zu reden.

Ach Jch armes / elendes und hochbetrübtes Weib / nunmehr erkenne Jch erstlich meine überaus grosse Unwürdigkeit. Ach / wie habe Jch so bößlich bißhero gelebet / so übel gehandelt / so schändlich gehauset / so vielfältig [190] gesündiget und den allergerechtesten GOtt durch solchen meinen unchristlichen Wandel zu billichem Zorn erreget. Ach / meiner Sünde ist viel mehr / als des Sandes am Meer / wie eine schwere Last sind sie mir zu schwehr worden / Jch eitere und stinke vor meiner Bößheit / Jch bin nicht wehrt / daß Jch ein Mensch / Jch geschweige denn ein Kind GOttes sol heissen / Ach GOtt / sei mir armen / elenden / hochbetrübten Sünderinnen gnädig und barmhertzig!

MERKURIUS.

O Teutschland / daß waren etlicher mahssen demühtige und buhßfertige Wohrte einer leidtragenden Sünderinn / wolte GOtt / daß sie dir nur recht von Hertzen gehen müchten!

FRIEDE.

Ja wahrlich / Teutschland / dieses Lied gehet aus einem viel anderen Thon / als der gewesen / welchen du bißhero gehalten. Denn wahre Reu über die begangene Missethaten / nebenst einem rechtschaffenem Vertrauen zu der Barmhertzigkeit GOttes und dem ernstlichen Vorsatze hinführo einen neuen / GOtt wolgefälligen Wandel zu führen / vermag allein den zornigen GOtt wieder zu erweichen / denn ein betrübtes und zerknirschtes Hertz wird GOTT nicht verachten.

TEUTSCHLAND.

Ach / Jhr meine allerliebsten Freunde / helffet mir doch von Hertzen behten / denn Jch erkenne itz meine Missethat / Jch weis / wie gahr übel Jch gehandelt und wie billich Jch alle diese Straffen habe verdienet. Ach GOTT / du bist und bleibest gerecht / Jch aber muß mich schämen. Ach HERR / verleihe mir doch einmahl wieder [191] den wehrten Friede aus lauter Gnade und väterlicher Barmhertzigkeit.

MERKURIUS.

So Teutschland / so must du es anfangen / wenn du Vergebung deiner Sünde und wiederbringung des edlen Friedens bei GOtt zu erhalten gedenkest. Aber liebste Schwester Friede / demnach sich es ansehen läst / als wenn Teutschland nunmehr auff einem guhten Wege sei und sich durch wahre Buhsse zu GOtt wolle kehren / thun wir nicht besser / daß wir sie selber in diesem Jhrem kläglichen Stande vor den Trohn des allerhöhesten GOttes führen / auff daß sie daselbst um Wiederschenkung deiner süssen Person demühtigligst anhalte?

FRIEDE.

Ja Merkuri / wenn es dir gefällig / wollen wir sie vor das Angesichte deß allerheiligsten GOttes bringen / ob is sie etwan wiedrum Gnade daselbst erlangen müchte.

TEUTSCHLAND.

Ach Ja / Jhr meine allerliebste und getreuste Freunde / Jch bitte Euch üm Gottes und seiner unermäßlichen Barmhertzigkeit willen / unterlasset ja nicht / mich bald / bald dahin zu führen / denn mir gahr zu sehr nach dir / O wehrter Friede verlanget.

MERKURIUS.

Gantz gern Teutschland / wollen wir dir hierinne dienen; Aber meine vielgeliebte Schwester Friede / hieltest du es nicht vor rahtsahm / daß du ein weinig vor uns wärest hinauff gefahren und daselbst angezeiget hättest / daß Teutschland nebenst mir fürhanden wäre / damit sie desto kühnlicher vor das allerheiligste Angesichte Gottes dörffte treten?

FRIEDE.

Dieses wil Jch hertzlich gern außrichten / Jch wil mich augenbliklich erheben und für den Trohn des Allerhöhesten [192] schwingen / gestalt denn / daß Jch solches thun solte / von dem HErren der Heerscharen / mir gantz ernstlich ist anbefohlen. Unterdessen du Teutschland / bereite dich nur alsobald deine allerunterthänigste Bitte vor der Majestät GOttes abzulegen / du wirst gewißlich ungetröstet nicht von hinnen scheiden. Friede gehet ab und fähret gen Himmel.

MERKURIUS.

Nun Teutschland / nun ist es hohe Zeit / daß du dein innigliches Gebet mit Thränen außschüttest und in wahrer Demuht des Hertzen zu deinem GOTT dich wendest / ob du noch etwan Gnade wiedrum erlangen und endlich müchtest erhöret werden.

TEUTSCHLAND.

Ach Ja Merkuri / Jch wil als eine arme bußfertige Sünderin zu der Barmhertzigkeit Gottes unauffhörlich schreien / stehe du mir in diesem hohen Werke als ein getreuer Prediger und Diener GOttes ernstlich bei und hilff mir von gantzer Seele behten. Merkurius und Teutschland verfügen sich mit einander nach dem Himmel.

5. Aufzug
Der fünffter und letzter Auffzug.
Friede / Gott / Merkurius / Teutschland /Gerechtigkeit / Liebe / Hoffnung.
Der Himmel öffnet sich / in demselben sitzet GOtt in seiner Herrligkeit und klahrem Lichte / so schön und prächtig man solches mit Faklen und Feurspiegelen zwischen denen Wolken immer kan abbilden / die heilige Engel stehen üm Jhn her /mancherlei Musikalische Jnstrumenten und Bücher in den Händen haltende. Vor dem [193] Trohn GOttes stehet der Friede / hinter demselben die Hoffnung /zu seiner rechten Seiten die Liebe / zu seiner linken die Gerechtigkeit und was etwann mehr vor Göttliche Eigenschafften dieses Ohrtes füglich beizuordnen sich wil schikken / so bald solches Teutschland ersiehet / fället es nebenst dem Merkurio auff die Knie / hebet ihre Hände und Augen gen Himmel und fähet darauff an zu reden).

FRIEDE.

Allerheiligster GOtt / barmhertzigster Vater / vor deiner Göttlichen Majestät herrlichstem Angesichte erscheinet gegenwertig / das arme / elende / betrübte /geplünderte / geplagte und verjagte Teutschland / demühtigst bittend / du wollest Jhr gnädigst vergönnen / Jhre Noht und Anliegen deiner heiligen Majestät persönlich vorzutragen und deine unaußsprechliche Güte ümme würkliche Hülffe unterthänigst anzuruffen.

GOTT.

Ja / liebe Tochter / deiner Bitte und Begehren wil Jch zu diesem mahl gnädigst statt geben und hierinnen vielmehr auff meine grundlose Barmhertzigkeit und deine Würdigkeit / als des gottlosen Teutschlandes bißanhero bößhafft geführtes Leben und Wandel sehen. Zwahr / Jhr Gebeht ist mir biß auff diese gegenwertige Stunde ein rechter Greuel gewesen / dieweil Jhre Hände voll Blüht und all Jhr thun lauter Sünde und Schande: Jedennoch wil Jch auff deine Vorbitte Jhr Anbringen gedültig vernehmen.

MERKURIUS.

Nun Teutschland / nun ist es hohe Zeit / daß du dein Gebeht mit rechtschaffener Reu und Buhsse begleitet / vor dem Angesichte deß Allerheiligsten GOttes außschüttest.

TEUTSCHLAND.

O du heiliger / gerechter und barmhertziger GOtt / ewiger Himlischer Vater / Jch armes / elendes / hochbedrängtes Teutschland erscheine vor deinem allerheiligsten Angesichte mit einem reuenden / zerbrochnen / [194] zerknirschten Hertzen und zuschlagenem Gemühte und bekenne dir meine Missethat / welche so groß ist / das sie die Wolken übersteiget. Ach! HERR Jch habe gesündiget / Ja Jch habe gesündiget und mißhandelt / in deme aus meinem gottlosen Hertzen / gleich als aus einem Brunnen / durch alle meine Länder / Völker und Unterthanen hervor gequollen Verachtung deines heiligen Wortes / Lästerung / Hoffahrt / Lügen / eigne Liebe und Ehre / Ungehorsahm / Feindschafft / Zorn / Rachgier / Ungedult / Unzucht / Ungerechtigkeit / Geitz / allerlei böse Lüste und tausend andre Sünde. Ach HERR / Jch bin ein Greüel in allem meinem Thuen und Wesen / Alle meine Gerechtigkeit ist wie ein unflätiges Kleid! Ach HERR / Jch habe die grosse Wolthaten / welche du mir dem undankbahren Teutschlande so überflüssig hast erzeiget / auff das is schändlichste mißbrauchet / ja mit allen meinen Gliederen und Kräfften Leibes und der Seelen habe Jch dir wiederstrebet / mit Leib und Seele habe Jch der Sünden und dem Teuffel gedienet und habe damit deinen Zorn und Straffe billig über mich erreget. Daher hast du mich sündliches Teutschland nun biß in das dreissigste Jahr billig heimgesuchet mit erschreklichen Kriegen und Bluhtvergiessen / mit greulicher Verheer- und Verderbung so vieler schönen Land und Leute / Hungersnoht und theurer Zeit / mit Pestilentz und anderen Krankheiten / du hast mich mit Feur und Wasser gestraffet und mich zuem Scheusahl gemachet allen Volkeren auff Erden /daß die Fremde meiner lachen und die mir feind sind / Jhren Spott mit mir treiben / ja es ist des würgens und mordens noch kein Ende biß auff diese gegenwertige Stunde / der bluhtdürstiger Mars setzet mir an allen ohrten und enden gantz grimmig zu und lasset keinen einzigen Tag ab mich zu [195] schlagen und zu plagen. Nun HERR du grosser und erschreklicher GOtt / du bist gerecht und alle deine Gerichte sind gerecht / Jch aber muß mich schämen von Hertzen. Aber / du HERR bist auch ja gnädig und barmhertzig / du kanst nicht immer hadern noch ewiglich Zorn behalten / darum gehe nicht mit mir deiner Magd ins Gerichte / handle nicht mit mir armen Teutschlande nach meinen Sünden und vergelte mir ja nicht nach meiner Missethat. Ach du Stiffter des Friedens / gib mir doch einmahl wieder den güldenen Friede / wie lange sol Jch noch mein Traurliedelein unter denen mordgierigen Waffen singen? Laß doch dermahleinst wiedrum bei mir einziehen den hocherwünscheten Frieden! Ach du barmhertziger GOtt / erhöre doch die sehnliche Bitte des höchstgeplagten Teutschlandes und schenke mir nur einmahl wieder den alleredelsten Friede. Ach du liebreicher GOtt / Friede / Friede / sei mit mir / Friede / Friede sei bei meinen angehörigen / Friede / Friede sei in meinen Länderen und Städten / Friede / Friede sei in meinen Kirchen und Rahthäuseren / Friede / Friede sei unter meinen Fürsten und Unterthanen / Friede / Friede sei unter Geistlichen und Weltlichen / Friede / Friede sei unter Jungen und Alten / Friede / Friede sei bei allen Menschen. Ach du gnädiger GOtt / erhöre doch mich armes Teutschland / Erhöre das Friedewünschende / das Friedeseufftzende / das Friedebittende Teutschland und schenke mir aus lauterer Gnade wieder deinen lieblichen süssen Friede / so wil Jch deinen hochheiligen Namen mit Hertzen und Munde rühmen / loben und preisen hier in der Zeit und dort hernach in der unendlichen Ewigkeit so Amen / Ach liebster HERR und Vater / hilff mir um deines allerheiligsten und theuresten Namens willen / Amen / Amen.

[196]
GERECHTIGKEIT.

Es hat die allerheiligste Göttliche Majestät nach Jhrer unwandelbaren Gerechtigkeit das bitten und flehen / deß mit höhester Billigkeit gestrafften Teutschlandes angehöret und vernommen. Und zwahr soltest du / O gottloses Teutschland in Betrachtung der überhäuffeten Sünde / damit du das allerheiligste Wesen so schreklich hast erzürnet und beleidiget / dich scheuen und schämen vor diesem Himlischen Trohn deines Schöpffers zu erscheinen / angesehen deine Buhsse nicht aus einer freiwilligen Erkäntnisse deiner so vielfältigen Sünden / sondern aus der Noht und dem Elende welches dich billig hat getroffen / herrühret. Ja Teutschland / wenn Noht und Anfechtung für handen ist / so ruffest du ängstiglich und weil du gezüchtiget wirst / schreiest du zu GOtt / da du doch vorhin nicht einmahl an Behten gedacht hast. Jch heisse und bin die is strenge Gerechtigkeit GOttes / welche das Schwehrt nicht umsonst führet. Jch bin feind allen Ubelthäteren / wer böse ist bleibet nicht vor mir. Weissest du nicht / Teutschland / daß der Zorn GOttes ein brennendes Feur ist / welcher alles verzehret und biß in die unterste Hölle brennet. Verfluchet müssest du seyn mit allen deinen Angehörigen / dieweil du nicht gethan hast nach den Wohrten / welche dir der HERR dein GOtt hat gebohten. Du halstarriges Teutschland / Du sage Jch / hast dich weder Warnung noch Straffe wollen erweichen lassen / daß du dich von deinen bösen sündlichen Wegen zu dem HERREN deinen GOTT hättest bekehret. Nun kommest du endlich mit deiner Heuchelbuhsse auffgezogen und begehrest des Allerhöhesten Gnade / welcher du dich doch gantz und gahr unwürdig gemachet hast. Wer sol oder kan hinfohrt [197] dir leichtfertigem Weibe Glauben zu stellen / die du so manches mahl Besserung deines sündhafften Lebens hast angelobet und deine Zusage doch niemahls gehalten? Pakke dich hinweg du Gottloses Teutschland / ehe dich der Gerechter GOtt in seinem billichem Eifer und Zorn mit Donner und Blitz vom Himmel verzehre. Hie wird aus den Wolken / auff welchen die Gerechtigkeit stehet / mit Feuerpfeilen / Rakketten und derogleichen Sachen herunter geschossen / imgleichen höret man unter dem reden / welches die Gerechtigkeit hält / wie auch nach demselben ein hartes Donneren.

TEUTSCHLAND
zittert und zaget / schläget die Hände von sich und schreiet.

O wehe mir / wehe mir / Jch vergehe. O Jhr Berge fallet über mich / O Jhr Hügel bedekket mich vor is dem Zorn des grosssen Gottes / O wehe mir / Jch muß vergehen!

MERKURIUS.

O du süsse Liebe GOttes / du Brunquelle aller Barmhertzigkeit / nim du dich doch des elenden und schier gantz verzagten Teutschlandes mit Gnaden wiedrum an und besänfftige doch durch eine Hertzbrechende Vorbitte deiner holdseligen Lippen den gerechten Zorn GOttes / denn wo du / O allerwehrteste Liebe nicht ins Mittel trittest / so ist es mit Teutschland gantz verlohren.

LIEBE
kehret sich mit anmuhtigen Gebehrden zu GOtt.

O du gnädiger barmhertziger GOtt / gühtiger Vater / Jch erkenne und bekenne zwahr / daß du ein gerechter / eifriger und zorniger / aber doch auch dabenebenst ein gnädiger / sanfftmühtiger und liebreicher GOtt bist / dessen Gnade und Wahrheit waltet biß in Ewigkeit. Du erbarmest dich ja der elenden Menschen / wie sich ein Vater über seine Kinder pfleget zu erbarmen / HERR du weist ja / daß sie dein [198] Geschöpffe sind. Ach siehe doch an mit den Augen deiner unermäßlichen Barmhertzigkeit dieses elende jämmerliche Weib / das eusserst gequählte und biß auff den Tod geplagtes Teutschland. Sey Jhr gnädig / O HERRE GOTT / Sey Jhr gnädig in dieser Jhrer grossen Noht. Ach / du liebreicher Vater / du sanfftmühtiger GOtt / dein Hertz brennet ja vor lauter Liebe / Du kanst und wilt ja nicht ewiglich zürnen / du betrübest zwahr / aber du erfreuest auch wieder / du tödtest wol / aber du machest auch wiedrum lebendig / du führest in die Hölle aber bald wieder heraus. Jn erwegung dieses alles wollest du O gühtiger Vater dem elenden Teutschlande einmahl wiedrum Gnade erzeigen und sie mit dem allerhöhesten jrrdischen Guhte dem güldenen Friede dermahleinst wiedrum beseligen. Ach du gnädiger und barmhertziger GOtt / es scheinet is ja das Teutschland aus einem recht reuenden und zerknirscheten Hertzen um den wehrten Friede bittet / zu deme auch deine unermäßliche Liebe und Barmhertzigkeit / welche ewiglich wehret / redet dem armen Teutschlande das Wohrt / Du wollest dich Jhrer um dein selbst Willen aus lauter Gnaden erbarmen und dieses Jhr flehentliches Gebeht väterlich erhören: Und / dieweil du allerheiligster GOtt und grosser Himmelskönig von Engelen und Menschen ewig wilt seyn gerühmet und gepriesen; Ey wolan denn Jhr Himlische Frohngeisterlein / die Jhr zu seinem Dienste bereit stehet / ersuchet den barmhertzigen Gott und Vater / im Namen und von wegen dieser höchstgeängsteten und auff das eusserste verderbten Königinn mit einem geistreichen Liede / daß Er das nunmehr schier mit dem Tode ringende Teutschland mit unserer [199] Hertzwehrten Schwester den lieben Friede aus gnaden wolle beschenken / ob wir etwann könten oder möchten von Jhme erhöret werden. Singet derowegen alle und Spielet dem HERREN mit freuden. Alsobald fahen DIE ENGEL / welche hie und da wischen den gemachten Wolken in grosser Klarheit sitzen / an zu singen und zu spielen. Verleihe uns Frieden gnädiglich U.s.w. wie dasselbe Herr Schütze oder Herr Schoop in die Melodeien haben versetzet. Teutschland und Merkurius liegen entzwischen noch immer auff den Knien / hören sehr Andächtig zu mit auffgehabenen Augen und Händen gen Himmel / und muß dieses sonderlich sehr ernsthafft / beweglich und prächtig gemachet werden. Nach vollendeter Musik fähet stark an zu reden.

GOTT.

Nun Liebe / du außerwehlte Tochter meines Hertzen /du hast meine Gerechtigkeit schier überwunden / deine und dieser meiner lieben heiligen Engel im Namen des elenden Teutschlandes vorgebrachte Bitte / daß Jch nemlich um mein selbst willen dieser elenden Königinn mich wiedrum erbarmen müge / hat mir mein Hertz etlicher mahssen erweichet / daß Jch nicht eilen werde Teutschland gantz und gar zuverderben / dafern sichs nur von gantzem Hertzen / von gantzer Seele und von allen Kräfften zu mir wird kehren. Nun was sol ich aus dir machen Teutschland? Sol Jch dich wie die erste Welt im Wasser / oder wie Sodom und Gomorra im Feur lassen untergehen? Zwahr du hast dieses / ja viel ein härters schon längst verdienet: Aber mein Hertz ist anderes Sinnes / ja es bricht mir gleichsahm / daß Jch mich deiner etlicher mahssen muß erbarmen. Du Teutschland begehrest den wehrten Friede / welchen du durch dein ruchloses Leben selber hast von dir hinweg getrieben; Du sprichst / es sei dir solches alles von Hertzen leid: Wolan Teutschland / [200] daß dieses in der Taht und Wahrheit sich also verhalte / solches must du mit Besserung deines bißhero bößlich geführten Lebens würklich beweisen. Es ist aber / O Teutschland noch eine gahr geringe Anzeigung rechtschaffener wahrer Buhsse bei dir zu spühren / daher Jch denn auch den gebehtenen Frieden an und vor sich selber noch so bald nicht kan geben. Es ist trauen kein geringes / warum du bittest / ein gahr schlechtes aber / daß du gegen dieses grosse leistest. Damit du aber dennoch sehen mügest / wie liebreich mein Hertz gegen dir sei / wol an / so wil Jch dir immittelst die Hoffnung des wehrten Friedens zukommen lassen / wirst du nun in ernstlicher Bereüung deiner so vielfältigen Laster beständig fortfahren / dich meiner unermäßlichen Gnade getrösten ein neues mir wolgefälliges Leben anfangen / den Glauben und ein guhtes Gewissen behalten / so sol als denn der Friede auch selber folgen / und dich mit tausend fältigen Segen wieder erquikken. Du weist ja Teutschland / was vor wichtige Rahtschläge wegen Wiederbringung des edlen Friedens in Westfalen bei diesen Zeiten obhanden sind / welche dafern (wie man vorgibt) sie zu meiner Ehre und des allgemeinen Vaterlandes ersprießlichem Nutzen sind gemeynet / Jhre glükliche Endschafft durch mich werden erreichen. So fahre nun hin O Hoffnung / du vielgeliebte Himmelstochter / und tröste das langgeplagte Teutschland mit deiner angenehmen Gegenwahrt / erfreue sie nun in etwas wieder / nach deme sie so lange Unglük hat erlitten und bedekke immittelst Jhre Blösse mit dem Mantel meiner Gnade und Barmhertzigkeit. Hoffnung fähret herunter und wirfft Teutschland einen schönen seidenen Mantel über den Leib / stellet sich Jhr zuer Rechten. Und du Teutschland / vergiß ja nicht /[201] was der HERR dein GOTT guhtes an dir gethan hat / vor allen dingen nim das jenige wol zu Hertzen / was heute diesen Tag zu befoderung deiner zeitlichen und ewigen Wolfahrt ist geredet. Über alles ermahne Jch dich: Lasse ab vom bösen und thue guhtes / suche ferner den Frieden und jage Jhm nach / halte Tag und Nacht an mit behten und flehen / bedenke offt die Ewigkeit / Sei gedültig im Kreutze und Trübsahl / vertraue GOTT und hoffe auff Jhn / denn Hoffnung lasset Teutschland nimmermehr zu Schanden werden.

MERKURIUS.

O der grossen Gnade! O der väterlichen Güte! O der Göttlichen Barmhertzigkeit! Willkommen zu hundert tausend mahlen Du süsse Hoffnung des allerwehrtesten Friedens. Merkurius ümfähet die Hoffnung / dasselbe thut auch Teutschland mit inniglicher Begierde. Siehe da Teutschland / was grosser Liebe dein Himlischer Vater dir erzeiget / wie reichlich Er dich beschenket / wie gnädig Er dich beseliget / wie trefflich Er dich verehret! O du angenehme Hoffnung / wie hertzlich erquikkest du das lang geplagte Teutschland! Ach du Hoffnung des Friedens / Ach du Hoffnung des Friedens / Ach du Hoffnung des Friedens wie bist du doch so süß und angenehm! Ach / laß Teutschland nimmermehr zu schänden werden. Nun wolan Teutschland / nach deme der allergühtigster Gott deine Blösse mit seinem Gnadenmantel hat bedekket und dir die Hoffnung des Friedens aus lauter Gühte geschenket und verliehen / so laß uns solche unaußsprechliche Barmhertzigkeit unseres GOTTES mit einander preisen und mit Hertzen und Munde lobsingen seinem heiligen Namen.

[202]
TEUTSCHLAND
nieder kniend hebet Jhre Hände und Augen zu GOTT und spricht mit einer lauten und lebendigen Stimme dreimahl.
Lob / Ehr und Preiß sei dir gesagt
Von mir der armen Teutschen Magd /
Ach mein Gott lasse mich
Doch nicht von deinem Gnadentrohn
Verstossen bleiben Ewiglich!

Hierauff kan dieser Vers in die Musik versetzet /oder HERRE GOTT wir loben dich / oder ein anderer schöner Lobpsalm mit Stimmen und Jnstrumenten von den Engelen und anderen verborgenen Musikanten auff das Freudenreichste gemachet und also das gantze Werk anmuhtig und beweglich beschlossen werden.
Ende.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Rist, Johann. Dramen. Das Friedewünschende Teutschland. Das Friedewünschende Teutschland. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-9ABA-F