Der Fahnenträger

Die Andern fühlen alles an sich rauh
und ohne Anteil: Eisen, Zeug und Leder.
Zwar manchmal schmeichelt eine weiche Feder,
doch sehr allein und lieb-los ist ein jeder;
er aber trägt – als trüg er eine Frau –
die Fahne in dem feierlichen Kleide.
[524]
Dicht hinter ihm geht ihre schwere Seide,
die manchmal über seine Hände fließt.
Er kann allein, wenn er die Augen schließt,
ein Lächeln sehn: er darf sie nicht verlassen. –
Und wenn es kommt in blitzenden Kürassen
und nach ihr greift und ringt und will sie fassen –:
dann darf er sie abreißen von dem Stocke
als riß er sie aus ihrem Mädchentum,
um sie zu halten unterm Waffenrocke.
Und für die Andern ist das Mut und Ruhm.

License
Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).
Link to license

Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Rilke, Rainer Maria. Der Fahnenträger. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-90F1-1