52. Von der Nicolai-Kirche.

Kettner sagt in der Kirchen- und Reformationsgeschichte von Quedlinburg: »Es seynd sonst viel Nicolai, und heisset Nicolaus nach dem Griechischen so viel, als ein Ueberwinder. Den Nahmen Nicolaus führte 1) ein Diaconus der Kirchen zu Jerusalem, aus Antiochien. 2) Nicolaus ein Ketzer, davon die Nicolaiten herkommen. 3) Nicolaus I. II. III. IV. V., welche die päbstliche Würde verwaltet haben; aber allen diesen ist diese Kirche nicht gewidmet, sondern der[20] H. Nicolaus war zu Patara in Asia gebohren, und hernach Bischoff zu Myra in Lycien, lebete im Anfang des IV. Seculi, wurde in wehrender Verfolgung des Licinii gefangen und ins Elend verjaget. Nachdem aber Licinius gestorben und ihn Constantinus aus dem Gefängniß erlöset, besuchte er sein Bischthum zu Myra und zerstörete alle Götzen-Tempel. Er soll auf dem Concilio zu Nicäa gewesen seyn und dem Ario widerstanden haben. Er starb 343. Er soll einem armen Manne, der drei Töchter gehabt hat, am Nicolai-Tag etliche Beutel Geld eingeworffen haben, damit er sie aussteuren könnte. Er war sehr gutthätig, und wendete alle sein Vermögen an die Armen, und pfleget man umb dessentwillen am Nicolai-Tag denen Kindern Gaben einzuwerffen. Die Moscowiter halten ihn vor den Himmels-Pförtner, vor den Patron ihres Landes, ja vor den Regierer der gantzen Welt. Die Münche in Moscau, derer sehr viel sind, leben insgemein nach den Regulen Basilii und des H. Nicolai. Er ist ein Wasser- und Fischer-Gott bei den Papisten und Moscowitern, der denen, so aus Lycia in Aegypten schiffen, ein Nothhelffer gewesen ist; sie behaupten auch, daß er von Italien nach Archangel auf einem Mühlstein geschwommen sey, und wer daran zweiffelt, setzt sein Leben gewiß bey den Moscowitern in Gefahr. Weil nun die Neustadt an dem Bode-Wasser lieget, und die Bode die Alt- und Neustadt theilet, weil auch an dem Orth, allwo die Kirche stehet, Teiche gewesen sind, und die Kirche auf ellerne Pfäle gesetzet ist, so kan es wohl seyn, daß man umb dessentwillen die Kirche dem Wasser-Heiligen Nicolao gewidmet, damit nicht die Ergiessung der Bode der Neustadt schade. Es ist das Fundament auf einen höltzernen Grund geleget worden, weil ein Fischteich daselbst gewesen. Ob aber 2 reiche Schäfer die 2 Thürme haben bauen lassen, weil sie einen Schatz in einer wüsten Kirchen gefunden haben, davon hab ich keinen Beweiß gesehen. Anno 1201 soll sie zu bauen angefangen seyn, unter der Abtißen Agnes von Meissen, durch Hülffe und Collecten von den Bürgern.«

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TextGrid Repository (2012). Pröhle, Heinrich. Sagen. Unterharzische Sagen. Sagen von Quedlinburg. 52. Von der Nicolai-Kirche. 52. Von der Nicolai-Kirche. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-8663-E