27. Der bessere Teil

Jung und harmlos ist die Natur, der Mensch nur
Altert, Schuld aufhäufend umher und Elend;
Drum verhieß ihm auch die gerechte Vorsicht
Tod und Erlösung.
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Stets von heut auf morgen vertagt die Hoffnung
Ihr Phantom. Auswandert der Mensch in fremden
Himmelsstrich; doch tauscht er indes die Not nur
Gegen die Not aus!
Stets um Freiheit buhlt das Gemüt, um Kenntnis;
Doch um uns liegt rings, wie ein Reif, Beschränkung:
Keine Kraft, selbst Tugend vermag der Zeit nicht
Immer zu trotzen.
Manchen Flug wagt menschliches Wissen, das doch
Kaum ein Blatt aufschlägt in dem Buch des Weltalls:
Bist du je, Milchstraßen entlang, gewandelt
Nach dem Orion?
Nein – und deshalb lehrte der Mann der Weisheit,
Den die Welt dankbar den Erlöser nannte,
Zuversicht auf höheren Waltens Allmacht,
Lehrte den Glauben.
Tätigkeit löst Rätsel und baut der Menschheit
Schönstes Werk; doch schmähe sie drum ein stilles,
Sanftes Herz nicht, weil es erwählt den bessern
Teil, wie Maria!

Notes
Entstanden 1830, Erstdruck 1832.
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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Platen, August von. 27. Der bessere Teil. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-765A-1