[21] Kiefuen

Ein Mandarin ward wegen Räubereyen,
Die Fürsten nur sich selbst verzeihen,
Zum Schwert verdammt. Kiefuen, sein Sohn
Warf sich vor des Beherrschers Thron
Und bat um seines Vaters Leben:
»Ich weiß, er ist des Todes werth;
Doch mußt du dem Gesetz ein Opfer geben,
Hier ist es! weyhe mich dem Schwert
Und laß ihn los.« Mit scheinbar strenger Miene
Sprach der Monarch: dein Wunsch ist dir gewährt;
Man führ ihn auf die Todesbühne.
Der Jüngling küßt entzückt des Kaysers Hand
Und springet auf. Halt, rief der Fürst voll Freude,
Den Vater schenk ich dir, und dich dem Vaterland.
Er küsset ihn und hängt sein eignes Halsgeschmeide
Dem Helden um. Beschämt ergreift er den Talar
Des Kaysers. Herr, erlaß mir diese goldne Bürde,
Sprach er, die täglich mich daran erinnern würde,
Daß einst mein Vater schuldig war.

Notes
Entstanden 1779.
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TextGrid Repository (2012). Pfeffel, Gottlieb Konrad. Kiefuen. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-734F-A