[18] Das Beinerhaus

Ein persischer Kalif, der zwar den Grieß,
Das Zipperlein und eine Fistel hatte,
Sich aber doch als Gott verehren ließ,
Verlor sich auf der Jagd. Auf einer grünen Matte,
Die tief im Holze lag, sah er mit leisem Graus,
Was wenig Fürstenaugen sahen,
Ein angefülltes Beinerhaus.
Er wagt es muthig hinzunahen
Und findet einen hagern Mann
Mit alten Lumpen angethan,
Der in den Todtenschädeln störte,
Bald einen, bald den andern griff,
Ihn forschend auf und abwärts kehrte,
Dann auf den Haufen schmiß. He, Freund, rief der Kalif,
Was machst du hier? Der Mann schien nicht auf ihn zu hören.
Der Sultan reitet näher hin,
Allein der Mann ließ sich nicht stören.
Verwegner! weißt du nicht, daß ich der König bin:
So brüllt er und durchbohrt mit Blicken ihn,
Die, wie sein Herz, von wildem Zorn entbrennen,
[19]
Sprich, ehe dir mein Speer das Hundeleben raubt,
Was suchst du hier? »Herr, meines Vaters Haupt
Und deines Vaters Haupt; ich kann sie nicht erkennen.«
Hier schwang der Schach die mordgewohnte Hand;
Sie sank – und das Phantom verschwand.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Pfeffel, Gottlieb Konrad. Gedichte. Fabeln und Erzählungen. Dritter Theil. Erstes Buch. Das Beinerhaus. Das Beinerhaus. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-72F6-5