Zweyhundert sieben und siebenzigstes Sonett.

Es floh'n, wie Hirsche, meine Tag' unbändig,
Den Schatten gleich, und sah'n nicht mehr vom Glücke,
Als wenig heitre Stunden, Augenblicke,
Die bitter-süß ich noch bewahr' inwendig.
Elende Welt, muthwillig, unbeständig,
Blind ist, wer hoffend baut auf deine Tücke!
In dir ward mir das Herz entwandt; zurücke
Hält sie's, die Staub, nicht Bein und Nerv lebendig.
Allein die bess're Form, die fort noch lebet
Und leben wird dort in des Himmels Auen,
Mit ihrem Reiz mich stündlich mehr umwebet.
Ich sinne nur, dieweil die Haar' ergrauen,
Wie jetzt sie ist, an welchem Ort sie schwebet,
Und wie ihr holder Schleyer anzuschauen.

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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Petrarca, Francesco. Zweyhundert sieben und siebenzigstes Sonett: [Es floh'n, wie Hirsche, meine Tag' unbändig]. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-70DA-6