4.

»Das nenn' ich eine Kinderzucht!
Das wäre mir die rechte Liebe,
Die alles zu entschuld'gen sucht,
Was immer auch ihr Abgott triebe!
Wie lang noch, und das Tierchen hält
Sich für den Mittelpunkt der Welt!«
[135]
Dein Vater sprach's, der grimme Mann!
Die Predigt war zu meinem Frommen,
Weil ich, da du in Acht und Bann,
Zu laut Partei für dich genommen.
Mir ward dabei ganz schwül und heiß, –
Ich sagte nichts und duckte leis.
Dein Mütterlein nahm's nicht so arg,
Mild klang das Wort der Guten, Schönen!
»Das Leben ist mit Liebe karg, –
Mag sie des Kindes Stirne krönen!
Thut sie zu viel, das Weltgebraus
Gleicht's einst durch manch' Zuwenig aus.«
Er drauf: »Ein wunderlicher Schluß!
Weil rauhe Pfade zu beschreiten,
Soll durch Verwöhnung man den Fuß,
So meinst du, darauf vorbereiten!
Wie kalt die Welt, wie ungelind,
Fühlt doppelt das verzog'ne Kind!«
Still lächelnd blickt' ich vor mich hin.
Dich zu verzieh'n, mein liebes Leben!
Hätt' ich so Schlimmes auch im Sinn,
Nicht Zeit wär' mir dazu gegeben.
Dein Morgen- ist mein Abendrot, –
Eh' du verzogen, bin ich tot.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Paoli, Betty. Gedichte. Neueste Gedichte. An Helene. 4. [»Das nenn' ich eine Kinderzucht!]. 4. [»Das nenn' ich eine Kinderzucht!]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-69B3-2