[108] Warnung

Du willst mich, sagst du, ewig lieben?
Hast du dieß Wort auch recht bedacht?
Soll sich dein heitrer Himmel trüben
Mit den Gewittern meiner Nacht?
Willst du, daß deine Freude sterbe,
Daß Glück und Hoffnung weich' von dir,
Daß sich dein Leben schnell entfärbe, –
Ja dann, dann fordre Lieb' von mir!
In klaren Sonnenscheines Blicken
Liegt licht vor dir des Lebens Bahn;
Was willst du von dem Quelle trinken,
Der nur den Tod dir geben kann?
Der heitern Kränze, die dich schmücken,
Vergessend, willst in süßem Traum
Du in dem Schatten dich erquicken
Von meiner Liebe Upasbaum?
[109]
O wisse, daß, was je im Herzen
Ich trug als höchstes Lebensziel,
Gar bald dem heißen Brand der Schmerzen
Als rettungsloses Opfer fiel;
Daß, die ich zu den Meinen zähle,
Vom Gram als Seine auch begrüßt;
Kurz, daß die Liebe meiner Seele
Der Kuß der Eisenjungfrau ist! –
Hör' auf, nach einem Ziel zu streben,
Das Glück verspricht und Unglück beut!
Laß mich auf Schmerzeshöhen leben
In königlicher Einsamkeit.
Verwahre deines Glückes Blüthen,
Gern netzt' ich sie mit meinem Blut!
Gern – – nein! dich möge Gott behüten
Vor meiner Dichterliebe Glut.

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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Paoli, Betty. Warnung. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-67C3-1