Die dreyfache glücks- und ehren-krone bey dem seligen hintritt Fr. Catharina von der Lith/gebohrner Wesenfeldin

B.N.


Als Franckreich seinen sohn den Pohlen wieder nahm/
Und Heinrich durch die flucht zum zweyten throne kam/
Da warff er die vernunfft erst auff der welt getümmel/
Nahm Solons lehren an/ die er dem Crösus gab/
Und riß auff reinen grund drey göldne kronen ab/
Mit dieser überschrifft: die dritte bleibt im himmel.
Betrübte! darff ich mich zu rühmen unterstehn/
Wie eure freundin schon den himmel hier gesehn/
Und unter dornen auch mit rosen sich verbunden;
So lernet/ daß ihr geist von gleicher würde war/
Und darum eher nicht/ als auff der todten-bahr/
So wie der könig hat die dritte krone funden.
Was jenem Pohlen war/ das war ihr jungfer-stand/
In dem sie witz und krantz als festen leim verband/
Und selbst Penelopen die palmen abgestritten/
Ihr kleid war Christi blut/ ihr spiegel aber Gott:
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Drum hat sie/ wie der mond/ auch in der grösten noth/
Zwar öffters finsterniß/ doch keinen bruch erlitten.
Doch diese krone brach die flamme der natur/
Als Lithens hoher geist durch ihre seele fuhr;
Drum legte sie getrost den alten scepter nieder:
Denn unser könig schrieb auch ihrer stirnen an:
Ob man gleich kronen offt im kärcker finden kan/
So sucht ein freyes kind doch seine mutter wieder.
Wie wenn ein glimmend feur auff einmahl lufft erhält/
Und der gepreßte dampff aus seinem circkel prellt/
Alsdenn die presse selbst zu frischem zunder dienet:
So zog ihr keusches hertz die reine flammen an/
Und folgte dazumahl dem baume von Japan/
Der von dem regen stirbt/ und in der sonne grünet.
Ihr pol-stern war allein ihr allerliebster Lith/
Lith/ der sich mehr um sie/ als alle welt/ bemüht;
Auff diesen warff sie nun ihr feuriges verlangen/
Und prägte bey sich selbst diß ihrer seelen ein:
Gönnt nur/ mein theurer Lith/ mir seinen sonnenschein/
So werd' ich monde stets in vollem lichte prangen.
Was Artemisia/ was Portia gethan/
Was sich der Grotius vom weibe rühmen kan/
Und Mommorantia vor ihren printz erlitten;
Das alles schreibet man durch bücher in die welt;
Doch wo nicht Momus selbst ein blindes urtheil fällt/
So hat die selige noch um den preiß gestritten.
Denn statt der aschen tranck sie Christi freuden-wein/
Vor kohlen schluckte sie nur himmels-flammen ein/
Und bat vor ihr gemahl mit heissen thränen-güssen.
Wenn denn der Labyrinth der sorgen ihn ümschloß/
Riß sie durch diesen trost ihm alle fässel loß/
Auch myrrhen lassen erst im sturme gummi fliessen.
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Wie sie sein hertze nun mit zucker überstreut/
So traff sie auch das gifft der herben sterblichkeit;
Das licht gebrach ihr offt bey langen sommer-tagen/
Dacht aber nur ihr geist an seine seelen-lust/
So kunte wind und sturm auff ihre felsen-brust
So wenig als der blitz auff grüne lorbeern schlagen.
Sie wuste/ daß um klee und grünen roßmarin/
Auch gifftiger napel und coloqvinten blühn/
Daß selbst der balsam muß aus schnitt und wunden qvellen/
Und darum lachte sie/ wenn wolck und donner brach/
Und ahnte der natur der klugen bienen nach/
Die auch den schierlings-safft in honigseim verstellen.
Das glücke dieser welt und seiner ehren bahn/
Diß alles sah sie nur als runde kugeln an/
Da auff- und niedergang in einem circkel schweben/
Und lehrte: daß die lust und dieser erden schein
Nichts/ als Sirenen-klang und falsche Circen/ seyn/
Da selbst Ulysses nicht kan ohne sorgen leben.
Und endlich gab ihr leib der erden gute nacht/
Und will auch in der grufft ohn alle seiden-pracht/
Wie Maximilian/ in blosser leinwand liegen.
Ob man nun gleich ihr grab mit golde nicht bestreut/
So blitzt ihr kronen-gold doch in der ewigkeit/
Und zeigt/ daß niemand kan vor seinem tode siegen.
Daß er/ Hoch-Edler/ nun in thränen-saltze schwimmt/
Daß in dem kinde noch die mutter-liebe glimmt/
Und ihre freunde fast vor traurigkeit zerfliessen/
Ist freylich nicht zu viel; denn wo der ancker fällt/
Wo donner/ blitz und sturm den starcken mast zerschellt/
Da kan das müde schiff leicht in den abgrund schieffen.
Hier steht sein werthes haus/ und klaget seine frau/
Trägt gall und wermuth auff vor süssen nectar-thau/
Und weiß ihn anders nicht/ als weinend/ zu bedienen;
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Dort liegt sein armer sohn/ und zeigt mit thränen an/
Daß er noch ohne sie so wenig leben kan/
Als ein citronen-baum mag ohne sonne grünen.
Und darum glaub ich leicht/ wie seine seele schwitzt/
Indem das wetter ihm durch alle glieder blitzt/
Und er sein liebes-schiff so plötzlich sieht verderben;
Noch leichter glaub ich auch/ er würde voller pein/
Dafern sein letzter wunsch nur könte möglich seyn/
Wie Laodamia in ihrem schatten sterben.
Was aber bringen uns die thränen endlich ein?
Ein Christ muß in der glut wie Salamander seyn/
Und wie ein palmen-baum auch in der kälte grünen.
Nach sonne folget blitz/ nach regen sonnenschein;
So strahlt des himmels gunst auch wieder nach der pein/
Und läst die thränen offt uns zum ergetzen dienen.
Es lebt die selige nun aller angst befreyt/
Sie strandet an den port der vollen sicherheit/
Dem auch Marsilien und Syracusa weichen;
Und Jesus führt sie selbst mit diesen worten ein:
Wer in Jerusalem will kind und bürger seyn/
Muß in Egyptenland erst thon und ziegel streichen.
Gesetzt/ daß Südland nun gesunder lüffte sey;
Es schätze Persien sein Tebris fieber-frey/
Es baue Waldemar ihm tausend sichre thäler:
So schaut sie alles doch wie Sodoms-äpffel an/
Auff die der blasse todt diß urtheil schreiben kan:
Von aussen Carmasin/ von innen dunst und fehler.
Denn ihre burg ist nun der thron der ewigkeit/
Den stets der engel hand mit rosen überstreut/
Und Jesus selber hat mit purpur überzogen:
Da wird ihr frommer geist durch keine sorgen matt/
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Und grünet nach der glut so wie ein liljen-blat/
Das wieder frische krafft vom regen angesogen.
Drum zieht/ betrübteste/ die schwere thränen ein/
Und dencket/ daß wir nichts als seiden-würmer seyn/
Die nach erzeugter frucht in voller arbeit sterben:
Wohl dem/ der auff den todt schon vor dem tode denckt/
Und endlich/ wenn die zeit zwey kronen ihm verschenckt/
Wie unsre Lithin kan die dritt' im himmel erben.

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TextGrid Repository (2012). Neukirch, Benjamin. Gedichte. Gedichte. Die dreyfache glücks- und ehren-krone. Die dreyfache glücks- und ehren-krone. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-60EB-1