An den Asinius

B.N.


Ich habe vielmahl schon im hertzen nachgedacht/
Was doch die kluge welt auff diese thorheit bracht/
Daß da die schulen noch voll rechter leute leben/
Sie dir/ Asinius/ den doctor-hut gegeben.
Du bist kein weiser nicht: denn sonsten thätest du
Diß andern/ was du wilst/ daß man dir selber thu:
Du würdest deine frau nicht wie der teuffel plagen/
Und wie ein lumpenhund dich mit den mägden schlagen.
Du bist kein weltmann nicht; dieweil du nicht verstehst/
Warum du deiner frau zur lincken seiten gehst:
Das heist: du solst dein weib nicht treiben/ sonder führen/
Und sie mit höfligkeit/ nicht mit gewalt regieren.
Du bist kein medicus/ sonst nähmst du in der pein
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Ein treibendes clistir vor deine würmer ein.
So hast du auch nicht viel in Gottes wort vergessen/
Sonst würdest du dein thun nach dem gewissen messen.
Du bist auch kein jurist/ denn wer das recht erklärt/
Der weiß wohl/ daß das weib nicht einen mann ernehrt/
Und daß/ wenn eine frau im hause soll befehlen/
Man ihr die krüge nicht muß aus der kammer stehlen.
Was hencker bistu denn? Ein narr/ der nichts gelernt/
Ein flegel/ der nur drischt/ was andre eingeerndt.
Und gleichwohl bist du doch ein grosser doctor worden?
O mein Asinius/ man kommt nicht in den orden/
Wo man bey dieser zeit nicht künste mit sich bringt/
Und wenn die kunst gebricht/ von grosser zahlung singt.
Wie geht es dann nun zu? das geld hat dich erhoben/
Das geld/ das dir wie koth offt in der hand verstoben:
Das deines vaters fleiß mit grosser müh gehegt/
Und du schon/ eh er starb/ mit schanden angelegt.
Drum fiengst du nach der zeit dich endlich an zu grämen/
Und dachtst/ ich muß mir nur ein liebes weibgen nehmen/
Die/ weil ich armer schelm in büchern nichts gethan/
Und alles geld verzehrt/ mich noch erhalten kan.
Das glücke war dir hold/ du wurdest angenommen/
Dein titel hat ein weib/ nicht aber du bekommen:
Nun hastu/ was du wilst/ du lebst/ wie dirs gefällt/
Die frau ernehret dich/ ihr vater schafft dir geld;
Die braten müssen dir fast in die gurgel fliegen/
Du kanst den gantzen tag im bette schnarchen liegen/
Und hast kein trübsal/ als/ daß diese/ die dich fretzt/
Sich täglich/ wenn du speist/ mit dir zu tische setzt.
Das aber ärgert dich: Dann du bist wie die raben/
Du schaffst nichts in das hauß/ doch wilstu fressen haben.
Und was ein ander schafft/ das soll für dich allein/
Und nicht/ als wenn du wilst/ für deinen nechsten seyn.
Die frau soll/ wenn sie dir den rachen voll läst schütten/
Dich dennoch/ schöner wirth/ um ieden groschen bitten/
Und sagen: Lieber mann/ ich weiß wohl/ daß das geld
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Dir aus der tasche nicht wie pregel-erbsen fällt:
Ich weiß/ daß du es schwer und sauer must erwerben;
Allein erbarme dich/ laß meine strümpffe färben/
Und schicke meine schuh doch zu dem schuster hin/
So seh ich/ daß ich noch dein liebes weibgen bin.
O grober eselskopff! ist das nicht zu beklagen/
Daß ein so schönes weib muß deine narrheit tragen.
Du bist mehr katz und aff/ als einem menschen gleich/
Die lippen hengen dir/ die wangen werden bleich/
Das kinn ist zugespitzt/ gleich wie die bauer-hütte/
Die nase kömmt mir vor/ wie eine kramer-tütte/
In welche man ein pfund rosinen schütten kan:
Dein gang ist abgeschmackt/ und iedes wort zeigt an/
Daß du ein garstig thier in deinem busen trägest:
Und dannoch brummest du/ wenn du dich schlaffen legest;
Du brummest/ wenn du wachst; du brummest/ wenn du stehst;
Du brummest/ wenn du frist; du brummest/ wenn du gehst;
Und suchest deiner frau stets tadel auszusetzen/
Die dennoch alle welt/ nur dich nicht/ kan ergetzen;
Und die von hinten zu weit schöner läst und scheint/
Als du/ wenn du dich gleich zu zieren hast gemeynt/
Und in dem garten gehst mit deinem degen stutzen.
Ach schade/ daß dir nicht der tod den bart soll putzen!
Ach schade/ daß dein weib so treu und ehrlich ist/
Und daß du armer schelm nicht längst ein hahnrey bist!
Wie artig würde dir doch das geweihe stehen?
Jedoch was laß ich dich hier deine thorheit sehen?
Du bleibest/ wer du bist/ und unsers nachbars hund
Wird seinen rüssel eh in einen jungfer-mund/
Und sein gekraußtes haar in seid' und gold verkehren/
Eh dein erstarrter kopff wird seinen wurm verzehren.
Was aber habt ihr doch/ ihr Musen/ nur gedacht/
Als ihr ein solches thier zum doctor habt gemacht/
Ach hört doch einmahl auff der erden vorzulügen;
Sonst wird kein ehrlich kerl ein schönes weib mehr kriegen.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Neukirch, Benjamin. Gedichte. Gedichte. An den Asinius. An den Asinius. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-60E7-9