[163] [168]An die hoch-adel. frau mutter/ Herrn Abraham Siegmunds von Hohberg/ als derselbe in Franckfurt an der Oder nach einer unglücklich empfangenen wunde sel. verschied

Im nahmen eines andern.


B.N.


So wie ein donner-keil durch hohle cedern fährt/
Wenn der gepreßte knall den grünen wald erschüttert:
So hat des himmels krafft auch meinen geist verzehrt/
[168]
Da sie/ betrübteste/ vor seinem donner zittert.
Mein brieff soll voller trost und voller zucker seyn;
Was aber soll mir doch die schwache feder rühren/
Indem wir halb erstarrt cypressen-zweige streun/
Und ihren liebsten sohn zum schwartzen grabe führen?
Ach allzulieber sohn/ ach allzuschwartzes grab!
Wie bald kan glück und zeit doch seinen wechsel finden!
Wie bald fällt doch die frucht der reiffen hoffnung ab/
Wenn unser lebens-baum läst seine pracht verschwinden.
So unbeständig ist der grosse Barmach nicht;
So weiß Suratta nicht das wetter zu verkehren;
Als wenn des himmels schluß durch die gedancken bricht/
Und unsre Babel sich wie schatten-werck verzehren.
Wer rühmte/ seligster/ nicht deiner jugend glantz/
Die wie ein feigenbaum vor blüte frucht getragen/
Als dir die tugend selbst den grünen lorbeer-krantz
Und ihren ehren-preiß um deinen kopff geschlagen?
Und dennoch schleust die grufft itzt deinen schimmer ein/
Der freunde lust-stern muß mit deiner brust erbleichen;
Und dein entseelter mund wird selber zeuge seyn/
Daß muth und jugend nur dem porcellane gleichen.
Des vaters edler ruhm/ der ahnen tapfferkeit/
Wird nunmehr allererst auff erden sich vermissen;
Nachdem der wunder-fall der kummer-vollen zeit
Dich/ als ihr ebenbild/ der stoltzen welt entrissen.
Doch dieses nicht allein: das theure Schlesien
Fängt auch an über dich/ als seinen sohn/ zu klagen/
Und schaut mit thränen an/ daß hier die Najaden/
Und nicht sein mutter-arm dich kan zu grabe tragen.
Zuletzt kommt Themis selbst und denn die tapfferkeit:
Die bricht den festen schild bey deiner grufft in stücken/
Und jene hat den leib mit flor und boy bestreut/
Und will dich noch als kind an ihre brüste drücken.
Diß schreib ich aber nicht/ was deiner brüder weh
Vor liebes-seuffzer läst nach deiner seele schiessen;
Noch wie die mutter selbst aus ihrer hertzens-see
Das saltz der thränen läst als rundte perlen fliessen.
Ein offtbeklagter todt verdoppelt nur die pein/
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Und der muß grausamer als rasende Cyrcassen/
Und unempfindlicher als wilde Mohren seyn/
Der nicht auff deinen ruhm soll frische thränen lassen.
Welch nebel aber klebt doch meinen augen an?
Genug/ betrübteste/ die thränen sind verstrichen:
Ihr allerliebster sohn tritt auff des himmels bahn/
Und ist dem Ninive der erden ausgewichen.
Sein blut-bespritzter leib macht nun in Jesu schooß
Die rosen-rothe bach zu reinen silber-quellen:
Nachdem die seele sich von allen sünden loß/
Vor Gottes augen kan in weissem atlaß stellen.
Die engel waschen selbst der wunden scharlach ab/
Und lehren wie er soll dem höchsten opffer bringen;
Er/ der zu guter nacht/ durch das bedeckte grab/
An seine freunde noch läst diesen trost erklingen:
Adjeu! Ich lebe wohl; denn ist gleich meine brust/
So wie der abend-glantz bepurpert untergangen:
So glaubt/ daß nach der zeit die sonne meiner lust
Auch wie der morgen wird in vollem golde prangen.

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TextGrid Repository (2012). Neukirch, Benjamin. Gedichte. Gedichte. An die hoch-adel. frau mutter. An die hoch-adel. frau mutter. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-608B-A