Auff ihren abschied

B.N.


Verzeihe mir allhier/ mein widriges gestirne/
Wofern ich mich zu sehr auff deinen lauff erzürne/
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Du hast mir allzuviel auff einen tag gethan.
Mein leben reiset fort/ und dennoch soll ich leben:
Du nimmest/ was du doch mir niemahls hast gegeben/
Und legst mir unverhört die gröste martern an.
War es dann nicht genug/ daß ich mit tausend thränen
Mich täglich/ doch umsonst/ nach kühlung muste sehnen?
Soll ich von Sylvien auch noch geschieden sein?
Ach armer Celadon! du hast zu viel erfahren/
Doch diese stunde mehr/ als vor in zwantzig jahren.
Drumb hoffe nur nicht erst auff neuen sonnenschein;
Du wirst/ du solst/ du must auff dieser auen sterben:
Umb/ wie es scheint/ den platz mit purpur anzufärben/
Wo ehmahls Sylvia so schöne blumen laß.
Gedencke nur nicht mehr an die vergnügten stunden;
Wie sich ihr keuscher arm um deinen hals gewunden/
Und wie sie milch und brodt aus deinen händen aß.
Die lust ist schon vorbey. Itzt ist der todt erschienen.
Der tod/ so dir allein kan zur ergetzung dienen;
Nachdem die gantze welt dir ihren trost versagt.
Die zeit verändert sich offt anders als man meynet.
Heut' hat dein treues hertz umb Sylvien geweinet:
Wer weiß/ wer morgen schon auch wieder dich beklagt.
O himmel/ wald und thal/ und ihr begrünten auen/
Wo ich mich früher offt ließ als Aurora schauen/
Nehmt/ wo ihr mich noch kennt/ die letzten seuffzer hin/
Und saget Sylvien/ wenn man mich hat begraben/
Und sie sich wieder wird an euren blumen laben/
Daß ich für sie allein allhier gestorben bin.

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TextGrid Repository (2012). Neukirch, Benjamin. Gedichte. Gedichte. Auff ihren abschied. Auff ihren abschied. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-6069-3