Auff die Perlitz-Mühlendorffische Hochzeit

Das grüne feigenblat/ das Adam vor sich nahm/
War kaum mit schlechter kunst um seinen leib gewunden/
Als Eva schon bey sich in die gedancken kam:
Ey/ warum haben wir uns beyde doch verbunden?
Ist Adam so wie ich an gliedern auch bestellt/
So dürffen wir uns ja nicht vor einander schämen?
Und führt er sonsten was/ das etwan mir gefällt/
Warum will die natur mir mein geschencke nehmen?
Sie hätte noch vielmehr der sachen nachgedacht/
Was aber ließ sie doch die kurtze zeit umfassen?
Weil gleich den augenblick das urtheil ward gebracht:
Sie solten beyderseits das paradieß verlassen.
Nach diesem schlug das feur zwar frische flammen an/
Sie fand sich aber noch zu zeiten sehr betrogen;
Denn Adam war nunmehr mit peltzen angethan/
Und hatte leib und haut mit fellen überzogen.
Wer war wohl ärmer nun als Eva dazumahl?
Sie mischte speiß und tranck mit kummer-reichen thränen;
Ihr hertze war voll angst/ die seele voller qual/
Und muste sich umsonst nach ihrer kühlung sehnen.
Doch weil sie mittler zeit noch solche grillen fieng/
Und der gedancken schiff ließ hin und wieder fliegen/
Geschah es ungefähr/ daß sie zu felde gieng/
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Und ihren Adam fand im grünen grase liegen.
Sein leib war mehrenteils von kleidern unbedeckt/
Die glieder streckten sich/ wie silberne Colossen/
Nur diß/ was die natur zum zunder ausgesteckt/
War noch zu mehrer lust in rauches fell verschlossen.
Wie/ wenn nach trüber nacht der schwartze schatten weicht/
Wenn himmel/ wolck und lufft in reinem golde strahlen/
Alsdenn der kühle thau die felder überstreicht/
Und sich die tulipen mit frischem purpur mahlen.
So zog der Even hertz den freuden-balsam an;
Die adern stürtzten sich in geister-volle flammen/
Und was ihr ehermahls das gröste leid gethan/
Schlug itzt in einen dampff der grösten lust zusammen.
Sie fiel vor süsser qual in den begrünten klee/
Die füsse suncken ihr bey ihrem Adam nieder/
Und endlich drückte sie des leibes zarten schnee/
Und ihre schwanen-brust an seine marmel-glieder.
Der stirne taffel-werck/ des halses helffenbein/
Der lichte carmasin der rothen mund-corallen/
Die alle dauchten ihr nur leerer schaum zu seyn/
Auff die ein heisser mund läßt seine küsse fallen.
Sie forschte weiter nach/ und blößte seinen schooß/
Ihr finger rührte sich um seine weiche lenden;
Da war sie völlig nun der alten sorgen loß/
Und schaute den betrug in ihren liljen-händen.
Ja/ sprach sie/ voller scham/ das hab ich wohl gedacht/
Daß Adam nicht umsonst die blätter vorgenommen;
Wer aber hat ihm nur den plunder angemacht/
Und wo ist Adam doch zu diesem schaden kommen?
Doch/ was bedenck ich mich? die brust ist ja zu klein;
Vielleicht hat die natur mir meinen mann betrogen/
Und hat/ was sonsten soll am busen oben seyn/
Durch ihre wunder-kunst biß unten hin gezogen.
Ich weiß nicht/ ob sie gar zu laute worte sprach:
Denn Adam fieng nun an vom schlaffe zu erwachen:
Doch als er endlich sah/ was Even noch gebrach/
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Da must er bey sich selbst der blinden einfalt lachen.
Er schloß ihr zartes haupt mit seinen armen ein/
Und netzte mund und hand mit hundert tausend küssen/
Biß daß die stille krafft der unbekandten pein/
Ihm ließ das sanffte gifft durch seine nieren fliessen.
Da schärfft er allererst der Even den verstand/
Sie laß aus seiner hand die süssen zucker-beeren/
Und beyde wünschten nun/ daß diß versüßte band/
Und diese stunden doch nur möchten ewig währen.
Hierauff zerfloß ihr geist durch die zerstreute welt/
Der starcke dampff ergriff den gantzen kreyß der erden/
Und selbst im himmel ward der feste schluß gefällt:
Es solten künfftig nun aus jungfern frauen werden.
Was wunder ist es denn/ daß euch/ geehrtes paar/
Das anmuths-volle garn der liebes-lust umschlossen?
Weil diese süsse noth unüberwindlich war/
Und euer gefängniß selbst aus Adams schooß geflossen.
Was fleisch ist/ sauget auch vom fleische seine krafft/
Und wer ist der mir will mit worten widerstreben?
Daß nicht/ weil Eva sich am apffel hat vergafft/
Die engel oben nur/ und unten menschen leben?
Ihr thut/ was die natur auff erden eingesetzt/
Was selbst der himmel hat in eure brust geschrieben;
Was auch das Alterthum vor reine lust geschätzt/
Und fast vor aller welt ist unverworffen blieben.
Drum kan der himmel euch auch nicht zuwider seyn.
Das glücke wird euch stets in vollen ampeln brennen/
Und dieser zeiten gifft wird durch der sorgen pein/
So wenig eure lust/ als die gemüther trennen;
Wo euer fuß hintritt/ da werden rosen stehn/
Doch solt ihr beyde nicht die scharffe dornen fühlen;
Sie soll als eine braut in balsam ströhmen gehn/
Und er soll lebens-lang mit jungfer-äpffeln spielen.
Wo hätt' ihr besser wohl eur leben angebracht?
Wie solt eur freuden-baum wohl andre früchte tragen/
Als itzt/ da eure lust in voller blüte lacht/
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Und eure liebe muß in tausend knospen schlagen?
Seyd eurem glücke nur nicht selber hinderlich/
Und lasst den perlen-thau nicht in der lufft zerfliegen/
Denn freut euch beyderseits/ wenn um Jacobi sich
Ein junger Perlitz wird in seiner muschel wiegen.

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TextGrid Repository (2012). Neukirch, Benjamin. Gedichte. Gedichte. Auff die Perlitz-Mühlendorffische Hochzeit. Auff die Perlitz-Mühlendorffische Hochzeit. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-6054-2