[145] C* M** Selbstbetrachtungen


und

seine Abentheuer in der Hölle,

als ihn accordirtermaßen der Teufel geholt.


In zwei Abtheilungen.

OderC* M** in Verschiß.
Oder
Sau, schaug di on!
Verfertigt im hintern Stübel beim Trakteur S*.

Erste Abtheilung.

Wie C* M**, nachdem er in Verschiß erklärt, auch von seiner Liebsten verstoßen; sodann voll Verzweiflung sich ersäufen will, zuvor aber nochmals Reue und Leid und Nachdenken über seine Sünden angestellt, am Ende aber sich gewisser Ursachen halber doch entschließt, noch einige Monate zu leben und nun abreist.


Was weinst du denn, mein liebes Kind,
Was weinst du denn so sehr?
Gesteh' mir nur, du weißt's gewiß.
Daß ich, dein Liebling, in Verschiß.
Honorisch nimmermehr.
[146]
So sprach in süßem Schmeichelton
Ich zu der holden Maid,
Ich wollt' sie drücken an mein Herz,
Sie stieß mich weg zu meinem Schmerz,
Zu meinem Herzeleid.
»Und nimmermehr,« sprach sie zu mir,
Komm, Schißer, mir zu nah',
Den flotten Burschen liebt' ich nur,
Der Schißer such' sich eine Hur',
Für ihn bin ich nicht da.«
Sie kehrte mir den Rücken zu
Und sprach hinfür kein Wort.
Leb wohl, schön Liebchen! lebe wohl,
Nenn ich dich nimmer küssen soll;
Leb wohl! ich reise fort.
Ich stürzte aus dem Zimmer fort,
Der Mordgedanken voll,
Zur Isarbrück'; dort stand ich lang.
Mir ward so schwindlig und so bang,
Ob ich hinunter soll.
Da fiel mir erst der Teufel ein,
Dem ich beim Färbelspiel
[147]
Für vier und vierzig Guld'n in Gold
Mein Seel verschrieb, die er mir holt
Bis Lichtmeß auf das Ziel.
Drum geh ich wiederum nach Haus
Und mach a kurzi Reu und Leid
Und richt' mi her zur Ewigkeit,
Und hab' so bei mir g'redt:
Betracht' di itzt, du alte Sau,
Wie koani existirt,
Betracht' dein'n ganzen Lebenslauf
Wirst seg'n, der Teufel hot beim Kauf
So viel net profitirt.
Die zehn Gebot, wie hast du die
So weni ästimirt,
So langst an Kreuzer Geld host g'habt,
Host g'färbelt, zwickt, tarokt und tappt,
Koan Kirchathür ong'rührt.
Den Namen Gottes eitel sog'n
War dir Gebot und koans;
Ob unser Herrgott vor dir steht
Oder der Huf ins Zimmer geht,
Dös is dir alles oans.
[148]
Die Feiertage heiligen
Dös war a so mein' Plog;
'n Sunnta um a zehni schon
Da fangt ma flottweg 's Färbeln on
Und färbelt bis Mittog.
Kam g'fressen geht's af d'Goas hinaf,
Do setzt ma's wieder fort
Und schimpft und schilt grod wos ma konn,
Langt mannigmal der Fanny dron.
Wos steht s' just vor oan dort?
'n Vater und d'Frau Mutter ehr'n
Dös wär mir grod a Lust,
So lang s' ma hob'n brav Platti g'schickt
Hob i mi bis auf d'Erden bückt
Und d' Hand brav druckt und kußt.
Doch war es mannigmal der Fall,
Daß z'Haus just net recht g'kleckt
Und is der Postwag'n außi blieb'n,
So hob i glei an Brief hoam g'schrieb'n,
Den s' an koan Fenster g'steckt.
Koan Mordthat hob i net verübt,
Doch so viel kon i sog'n;
[149]
Hob i an großen Scherer g'habt
Und hot an Andrer a 'neintappt,
So hätt' i 'n mög'n darschlog'n.
Du sollst koan unkeusch Leb'n net führ'n.
O liebe gute Zeit!
I wißt nit, was i drum geb'n kunnt,
Wenn das Gebot net drunta stund,
I glab, mei Seligkeit.
Denn d'Madeln kann i nimmer grad'n,
Die san mein täglis Vrod,
Koan Bröck'l Fleisch, koan Trünk'l Bier,
So gern i friß und sauf; non mir
A Mensch, na hats koan Noth.
G'stohln hob i justament no nix
Außer in der Vakanz
Dem Pfarrer Meyer z' Genderking,
Weil er a intressirter Ding,
A mol a brotni Gans.
I mach dem Limmel a Visit,
War dursti, wie a Kuh.
Er gibt mir saures Gerstenbier
Und trocknes Brod, drum schanzt i mir
Das fette Gansel zu.
[150]
Koan falsches Zeugniß soll ma geb'n.
Ja manigmal, wie geh'ts!
Der I** fragt: Wie steht d'Parthie?
Der Markus sagt ihm z'viel und i
Schrei a glei: Ja, so steht's.
Deines Nächsten Gut sollst net begehr'n;
Ja, mein Gott, 's war schon recht,
Doch wenn die andern Thaler trog'n
Ganz' Säck voll, dürf i denn net sog'n,
Daß i die Thaler möcht?
Des nächsten Hausfrau hob i non
Mein Lebtag net begehrt,
I hob net lang den Monn drum gfrogt,
I hob's der Frau glei selber g'sogt,
Daß sie mir lieb und werth.
So is koan oanzis Hauptgebot,
Das du net hast verletzt.
Das Luderleb'n, daß du vollbracht,
Hat lang zur Höll' dich reif gemacht,
Drum hast dein' Seel' versetzt.
Und non net gnua, daßt unsern Herrn
Um Land und Leut' belog'n,
[151]
Der Teufel selber in der Höll
Is ang'führt itzt mit deiner Seel,
Selbst den hast du betrog'n.
Denn als du dem dein Seel verkauft,
Is s' non honorisch g'west
Und itza is sie in Verschiß,
Wo's kaum mehr fünfzehn Guld'n werth is
I glab net, daß er s' löst.
Koan Madl krieg i nimmermehr,
Wos fang i itza on?
Denn jede moant a Teufelssch*
Der glüht und brennt glei non so ganz
Drum loßt mi koani dron.
Doch Satan wart – non hast mi net,
So gar weit is net g'fehlt,
Knmm i nur zu mein Vater z' Haus,
Der löst mein' arme Seel' schon aus,
Non schicketa dein Geld,
Und hast du erst dein Capital,
No leckst du mi in Arsch,
No nimm i a kloans Crucifix
Und halt's dir für, na thust ma nix,
No hoaßt's: Herr Teufel, marsch.
[152]
So schick i mi denn endli on
Zu meiner langa Reis',
Koan Mensch nimmt Abschied mehr von mir
Es last a jeder für und für,
Als war i voller Läus.
Der Turban und der Strassersmon
Der Riepel und der Mensch,
Der Bauer wie der kloani Schmiedt,
Der Hennahund selbst net von Süd
Und kurzum halt koan Mensch.
Der Farbelbruder I* selbst
Is mäuselstat und stumm,
Drum hot 'n unser Herrgott g'straft
Und ihm a Platzl drin verschafft
Im Seminarium.
I glab der Hans Michael und i
Hob'n ziemli so oan Loos,
Denn ob i in der Höll' drin schwitz
Oder im Seminari sitz'
Is allwei toute même chose.
Wenn die spazier'n geh'n moant ma wohl,
Der Höll'npfuhl thut si auf,
[153]
Do hobn's so dunkelgraue Röck,
Wenn's draf regnt, stinkas wie die Böck,
Sonst war ihr Kleidung brav.
Wenn die a Stund im Hörsaal sein,
Konn Neamt mehr drinna bleib'n,
Der M** hot's wohl erfohr'n,
Dem is a mol sterben's übel worn
Und hot si müssen speib'n.
Der Doktor Winterbrand, die Sau,
Zu mir so naget Freund,
Der thut so fremd mi kam onschaug'n,
I wollt'n sein Kalmucken Aug'n
No außireißen heund.
September is der dritte g'west,
Als L** i verließ,
Ich wählte keinen eignen Weg,
Hopp ging es über Zaun und Steg,
Der Wind ganz schrecklich blies.

[154] Zweite Abtheilung.

Wie dem C* M** bei Isareck der Teufel in Gestalt eines Altburschen erschien, ihn durch List in die Hölle führen thäte und was er alldort zu befahren gehabt hätte.


Ich mocht' vier Stund' gegangen sein,
Schon sah ich Isareck,
Da kam auf einmal und so g'schwind
Als wie herbeigeweht vom Wind
A Mandl aus der Heck.
Der Kleidung nach is das a Bursch,
Vielleicht von Heidelberg,
Geht freundli auf mi zua und lacht
Und viele Komplimenter macht.
Doch alle nach der zwerch.
Und hat an Pfeifenkopf im Maul
Mit prächtigem Gemäld'
Und draf a Dedikation
Und Nama – von a Million,
Hob'n koani zehni g'fehlt.
Und's G'mäld war erst a Meisterstück,
Muß koans so existirn,
Es saßen tausend an 'm Tisch
Und unter ihnen Feuer frisch,
Daß d'Füß fein net erfriern.
[155]
Und wie i's Köpfel recht betracht
Und lies die Nomina,
Da steht – a Wunder ohne Zahl
(Denn wunderbar bleibt's allemal)
Auch C* M** da.
I frog'n, ob i ihm vielleicht
Per renommée bekannt?
»Du bist an Advokatenblut!
I kenn ja dein Herrn Vater gut,
Wir san gar noh verwandt.«
In Isareck schmollirn ma denn
Mit Bier – so herb wie Salz.
I frag'n denn, wie er heißt und er:
»I heiß Carolus Luzifer!
Aus Amberg in der Pfalz.«
Wos! Wos! Carolus Luzifer?
Jetzt is ma anders wor'n;
Doch faß i mi und nimm mi z'samm
Und denk, es gibt kuriosi Nam'
Bei deni, die gebor'n.
In Amberg, sog i, hobn's studirt,
Do hob i viele Freund:
[156]
Sie kannten doch als Syntaxist –
Ein g'wissen W** und ein L*,
Durch Freundschaft eng vereint?
»Den H** Seppel und den Max,
Die S** alle zwei,
Ja wohl, die kenn i all
Und schau nur auf mein Pfeif a mal
Da stehen s' nach der Reih'.
»Wir sind die besten Freund zusamm'«
Spricht er und greift zum Bier:
»Stoß an, Herr Bruder, sie soll'n leb'n,
Sie hob'n ma alli 's Wort draf geb'n,
Sie fahr'n a mal zu mir.«
Weil's Bier so schlecht war, kommt a Wein,
Wir san do kreuzfidel.
»Bin Senior,« spricht er mit Kraft,
»Der allgemeinen Burschenschaft
Beim Teufel in der Höll'.«
I nimm's natürli nur im Spaß,
Der Wein, der macht oa'n warm.
Er zahlt die ganze Zech allein
Und ladt mi af sein Schlößl ein,
O weh! daß Gott erbarm.
[157]
Es war schon hag'lfinster Nacht,
Itzt druckt mein Freund sein Schuh;
Itzt zieh'g i 'n seine Stiefel aus –
Do schlieft der schönste Goasfuß 'raus;
Itzt hob i oba gnua.
Doch war ich kürzlich resolvirt
Und dacht' mir in der Still:
Da du bis Lichtmeß ohnedies
Dem Meister Satanas gewiß,
Verlierst just net gor viel.
Drum ging ich still mit ihm dahin
Und war da guter Ding;
Bald kommen wir zur Felsenwand,
Der Teufel zog mit seiner Hand
An einen eisern Ring.
Auf sprang nun diese Felsenwand
Als wie zwei Flügelthor,
Und schnell kam wie vom Wind geweht
An so a schwarzer Höllkadet
Aus einer Ecke vor.
Wie der'n Luzifer erblickt,
So steht a kirzengrod:
[158]
»Schmelz Schwefel in 'n Kessel ein –
Wirf auch 'n Zentner Pech hinein,
Dem Herrn da zu an Bad.«
I dank, i dank, Herr Luzifer!
Nan! Nan! i protestir –
Pech hob i af der Welt gnua g'habt,
Vom Schwefel wer i gor glei satt,
I dank recht schön dafür.
Non, wennst net willst, so laßt es bleib'n,
So trink a Tass' Caffee.
He! macht's a Leinöl siedetheiß,
Rührt's drunta Wanzen, Spinn' und Läus
Und bringt's ihm für an Thee.
Herr Bruder! keine Kosten g'macht,
Dös muß i dir glei sog'n,
Der Kaffee thut ma gor net gut,
Er macht ma so a hitzis Blut
Und gor an schlechten Mog'n.
»A Böflamod a Portion,
Dös wirst doch net verwehr'n;
Nehmt's Schlangenfleisch und Krötenblut
Und Nasenschleim und kochts ös gut
Und bringt's ös für den Herrn.«
[159]
Der tausend! nein i dank dafür,
Die Sos, die war ma z'stark!
»A schlog di do das Wetter todt!
So friß doch wenigst a Butterbrod
Vom Advokatenmark.«
»Liebst Mehlspeis', mogst an Rufernschmarn,
Nix Prächtigers net iß;
Vielleicht a gute Eiterwurst,
Die stillt'n Hunger, löscht'n Durst,
I woaß, die schmeckta g'wiß.«
Herr Bruder, wennst mi gern thuast hob'n,
So wart ma mit nix auf:
I bin koan starke Kost net g'wöhnt,
Dös woas an jeder, der mi kennt,
Drum laß dem Ding sein'n Lauf.
»Meintweg'n,« sagt Meister Satanas,
»So komm nur jetzt mit mir,
I will di in mein Schloß 'rumführ'n,
Es muß koan schöners existir'n
Und zeig dir Alles für.«
Itzt führt a mi in Speissaal nein,
Do spielt'n s' à la guerre;
[160]
Die Bäll' sind alti Weiberköpf,
Die Pyramidenball'n Todtenköpf,
Die Queus ein Schlangenheer.
Und's Billard war künstli g'macht,
So zierli und so fein:
Sechs Hurna so g'schickt z'amma g'steckt,
Daß jede ihr weit's Loch herreckt,
Da rumpeln d'Bäll' hinein.
Do konnst du net leicht überschneid'n,
Denn d'Löcher san hübsch weit;
Am Arschloch hängt a Glöckl dron
Und kummt da Ball im Löchel on,
So schellt's, is grod a Freud.
Und mit an P** ellenlang,
Ganz voll von Schankerg'schwür,
Nimmt flink der Marcus allemal
Behend aus jedem Loch den Ball,
Der g'macht wor'n is von dir.
Lang sah ich diesem Spiele zu,
Bis es denn endlich gar;
Denn dieses Billard an sich,
Herr Bruder, interessirte mich,
Weil's gar so künstlich war.
[161]
Und in ein Nebenstübl führt
Mich Luzifer, mein Freund,
Alldorten waren ihrer viel
Zum lusti Zwicken, Färbelspiel
Und zum Tarock vereint.
Da färbelt ma statt Geld in Zähn,
Dös möcht doch Neamat moan;
I hob a bißl mitgethan,
Hob's all verlo'rn schon g'habt und dann
Non g'wonna bis af oan.
Und sechs verbuhlte Weiber war'n
Hier an 'm Tisch beisamm',
Die hob'n enk in drei Sch**l zwickt
Und manchmal hot's halt oana glückt,
Daß zu an hundert kam.
So sah ich denn noch eine Stund'
Dem Weltsspektakel zu;
Auf einmal hört ich zu dem Knecht:
»Mach dich zur Reise bald zurecht!«
Dort aus des Satans Mund.
»Nimm doch den großen Korb am Eck
Und geh mit nach Bayreuth,
[162]
Dort harret eine Pfaffenseel',
Die bringst im Korb herein in d'Höll;
Mach fort, verlier kein' Zeit.«
Holla! dacht' ich, Herr Luzifer!
Da fließt ein Rettungsquell',
Do setz' i mi in 'n Korb hinein,
Es wird kein halbi Stund net sein,
So bin i aus der Höll'.
Und richti war's, i hatte mi
Soglei in 'n Korb gebracht
Und Hurrah! über Berg und Thal,
Und über Fluß und Wasserfall
Ging's fort bei finstr'er Nacht.
Und eh' es Mitternacht noch war,
Lag Bayreuth vor uns her,
Und eine alte Hexe nahm
Den Korb ihm ab sobald er kam
Und glaubt er wäre leer.
Und setzt ihn weg, der Teufel geht
Um seine Pfaffenseel';
Doch kaum war der vom Korbe weck,
So schlich ich langsam wie ein Schneck
Und zog mich auf der Stell!
[163]
Adieu, mein Meister Luzifer!
I wünsch' da wohl zu leb'n:
Für alle Ehr'n, die mir gescheg'n,
So lang i in dein Schloß bin g'leg'u,
Konnst mi auf d' Bänk 'naf heb'n.

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TextGrid Repository (2012). Müller, Karl Theodor. C* M** Selbstbetrachtungen und seine Abentheuer in der Hölle. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-557D-1