Herbst

Ueber den brennenden Meeressand
sind wir beide geschritten,
als mir dein trotziger Mund gestand,
was du erlebt und erlitten.
Weithin lachender Sonnenschein,
duftverschleierte Fluren . . .
sahen denn unsere Augen allein
rings des Verderbens Spuren?
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Welk am Stengel, duftlos und matt,
hing die Rose, die süße;
ein vertrocknetes Lindenblatt
warf uns der Wind vor die Füße.
Glanzumflossen und ohne Schmerz
nahte des Sommers Scheiden –
du nur, zuckendes Menschenherz,
du mußt leiden, mußt leiden! –
Seine Blüte hat jeder Strauch,
Früchte der Baum getragen –
du nur, ringender Menschengeist,
mußt entsagen – entsagen!
Ueber den brennenden Meeressand
sind wir beide geschritten,
als mir dein trotziger Mund gestand,
wie du geliebt und gelitten.

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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Müller-Jahnke, Clara. Herbst. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-53F6-E