[38] Frühlingsbotschaft

Sinnst du noch den alten Schmerz? –
Sieh, schon aus der Erde Gründen
dringen Knospen himmelwärts,
blühend Leben zu verkünden;
aus dem dunklen Bann der Nacht,
aus des Winters starren Banden
ist in lichter Morgenpracht
sonnenfroh der Lenz entstanden! –
Lächelnd sucht der goldne Strahl,
ob sich hinter dichten Hecken
nicht im engsten Felsental
noch ein Veilchen möcht verstecken, –
und er küßt des Berges Firn,
daß sich scheue Nebel senken,
wie sich von der Menschenstirn
löst ein lastendes Gedenken.
Selbst im tiefsten Waldesschoß,
wo bei schwülen Juligluten
über Farrenkraut und Moos
grüne Schattenwellen sluten,
blitzt der letzte Abendschein
goldig in die feuchten Gründe,
daß er dem Vergißnichtmein
auch des Lichtes Botschaft künde!
[39]
Nur um deine Stirne spinnt
sich kein Traum von Lenz und Wonne;
deine Wangen, blasses Kind,
rötet dir kein Strahl der Sonne –
sei getrost! – So lange noch
lindernd deine Tränen fließen,
kann aus tiefem Schatten doch
einst des Glückes Blume sprießen!

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Müller-Jahnke, Clara. Gedichte. Gedichte. Alte Lieder. Frühlingsbotschaft. Frühlingsbotschaft. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-524C-5