Friedrich Müller
Bacchidon und Milon
Eine Idylle
nebst einem Gesang
auf die Geburt des Bacchus

[1394] [1393]Vorbericht des Herausgebers

Zu einem einzigen kleinen Gedicht einen Vorbericht zu machen! Welch ein sonderbarer Einfall! – Nur Geduld, geneigter Leser, und Sie sollen hören, warum es geschehen ist. Die Sonderbarkeit dieses kleinen Gedichts ist an diesem sonderbaren Einfall Ursach. Sie auf die Schönheiten desselben aufmerksam machen zu wollen, hieße Ihrem eigenen guten Geschmack zu nahe treten; aber Sie auf einige Stellen vorzubereiten, welche Ihnen mit einer unangenehmen Empfindung auffallen möchten, wird dem Herausgeber erlaubt sein.

Die Idylle ist so griechisch – so griechisch, daß man sie für ein Original eines alten Griechen geben könnte; allein es hat dem Herrn Verfasser, ungeachtet er ein Maler ist, gefallen, das Kostüm mit Fleiß zu verletzen, und seinen Satyr sowohl als den Schäfer, in Mützen rheinländischer Bauren aufzuführen. Nun wissen wir zwar wohl, daß die Satyren eigentlich das Baurenvolk in der Götterwelt waren; aber wenn Milon den Halb- oder Viertelsgott einen »Lümmel« heißt; wenn wir die Personen, welche vom Styx, vom Zerberus, vom Bacchus sprechen, mit »fuchswild«, »sucklen «, du »stoffelst« mich, »Halunk« u.d.g. um sich werfen, und bald »ums Pans willen«, bald den, soviel mir bekannt, nur unter christlichen Völkern üblichen Ausdruck; »möcht 's Teufels werden«, gebrauchen hören; so ist uns ohngefähr so zumute, wie wann wir ein aus dem Französischen übersetztes [1393] Lustspiel aufführen sehen, und der Bauer redet die nämliche Sprache, wie der Marquis.

Der Herausgeber hat diese und noch andere Anmerkungen dem Herrn Verfasser, der ihm mit dieser Idylle eine Verehrung machte, mitgeteilt, und nur angefragt, ob er nicht lieber ganz Grieche sein wollte? Er erklärte aber, lieber das Gedicht wieder zurückzunehmen: Und dafür wäre es schade gewesen.

Nun lesen Sie selbst, und Sie werden sehen, daß ein gewisser Geist, den die Maler »Capriccio« nennen, ein wahrer Genie sei.


Laetitia in terras stellato ex aethere venit
Cui comes ille ciens animos et pectora versans
Spiritus a capreis montanis nomen adeptus,
Ignotum Latio nomen; pictoribus ille
Interdum assistens operi; nee segnius instans
Vatibus ante alios, Musis gratissimus hospes.

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TextGrid Repository (2012). Müller, Friedrich (Maler Müller). Idyllen. Bacchidon und Milon. Vorbericht des Herausgebers. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-5190-F