Luitbertas Tod.


Achtes Lied

»O quäl' nicht deine Brust mit selbst erschaffner Pein,
Rief zärtlich die Holde, sind Sünden hier abzubüßen,
So lasten sie nur auf mir, auf mir allein!
Statt diesen bittern Kelch in etwas zu versüßen
Durch Trost, streuet mehr noch dein Vorwurf Wermuth hinein.
Bin ich bereit doch jede Stunde zu bekennen,
Daß ich es war, die dich verleitet so weit,
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Um sichrer deine mir ersehnte Zärtlichkeit
Zu eignen an, sollt' auch des Vaters Zorn entbrennen
Noch stärker gegen mich; dein bleib' ich jederzeit,
So lang mein Herz fortschlägt, bleib' ich dir unverloren.« –
Was schwörst du eitel? ha! bist du nicht auserkoren,
Als Braut dem Artur? rief voll Abscheu und voll Graus,
Der Jüngling hier, Verzweiflung sprachen seine Mienen aus,
Zur Schmach allein ist Rhin, ist nicht für dich geboren.
Laß ab! der König hat bey seiner Krone geschworen,
Mich zu vertilgen, und hat er dich zur Wittwe gemacht,
Zu senden nach Artur, damit voll Pracht,
Der Eidam einzieh im Triumph, dich würd'ger zu empfangen,
Wie ich – Laß ab von Gilfrichs dienendem Sohn!
Kurz dauert dein Jammer um ihn, der Glanz von einem Thron
Stillt bald ein leichtes Weh', in des Weibes verbuhltem Verlangen. –
»O Angst! rief Luitberta hier erfüllt von bitterem Schmerz,
O Dornen, die, ach tief! die Seele mir verwunden,
Wie soll ich zeigen dir, wie beweisen mein reines Herz?
Die Treue, mit der ich dir mich achte ewig verbunden?
Befiehlst du mit dir zu fliehen? sieh mich dazu bereit,
Obgleich, gestehn muß ich, mich jammert, zu verlassen
Den greisen Vater, der, wie streng er jezt mir dräut,
Zu jeder andern Zeit
Mit Liebe mich umfasst; er wird', ich weiß es, erblassen,
Vernimmt er meine Flucht. Doch ach! ich opfre auch dieß
Dir, der du Herr und Meister
Von meinem Wollen bist; mag, meiner Liebe gewiß,
Besänftigen dieß Opfer nur dich; der regen Lebensgeister
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Gefährlichen Aufruhr dir stillen.« – – O wehe uns Beyden! ach!
Daß ungehindert du nicht ließest mich entfliehen! –
Brach Rhin hier aus voll Harm, den Worten stürzte nach
Ein Thränenstrom; bereit das harte Loos zu ziehen,
Zur Buße war ich bereit, jezt stehen wach
Die Furien neu in mir – wozu soll ich mich entschließen?
Soll ich ziehn ins Elend auch dich? Ins Elend? nein!
Bleib hier, des Vaters Trost. Verbannt, kann ich allein
Das Leid ertragen. Mag das Schicksal auf mein Haupt all seine Pfeile schießen,
Mein Falk, mein Roß, mein Hund
Sind die Gefährten, die sich tröstlich an mich schließen,
Ins Elend folgend treu. – O wie zerschlagen, wund
Mein Busen, voll das Herz – und kann sich nicht ergießen –
Ja! höhern Trost gewähret auch von dem niedern Knecht
Die Tochter dem Gemahl, ist standhaft nur ihr Wesen,
Entfernt von Eitelkeit, ihr sittsam Thun gerecht,
Als die entsproßne aus erhabenstem Geschlecht,
Trifft Wankelmuth ihr Herz. Zur Schmach war sie erlesen,
Zu ihres Gatten Verderben! – indem dieß Wort er rauh
Aus seinen Lippen stieß, wobey des Fräuleins Zähren,
Ergossen reicher sich, ließ seitwärts von der Au,
Der Laut von Geltars Horn, aus nahem Busch sich hören:
»Verrathen, ach! sind wir, ich kenne, ruft Luitberta, genau
Des Vaters Zeichen! wir sind, ich fürchte, schon umzogen
Von seinen Kriegern, flieh! O Bester, rette dich!
Bevor man hier uns trifft.« – Umstellt? knirscht Rhin, Wer? ich?
Von Geltars Hunden gehezt? ins Netz von ihm bewogen?
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Gebraucht als Mittel bist du wol zum Verrath hier,
Nach meinem Blute lechzend? – Er komme! Dieser Bogen
Soll grüßen freundlich ihn! Verfolgt man so mit Gier
Mein banges Leben, ha! mich hetzend gleich einem Thier,
Dann wehr ich mich – als Thier. – Entweich von meiner Seite!
Verderben weilt bey mir. – Gefaßt zum blutigen Streite,
Springt vor am Busche er; hell schreitet die Wolkenbahn
Herauf der Mond, Rhin sieht die Feinde vorwärts dringen,
Mit Geltarn eilt jezt schon der Kronmarschall heran,
Genau erkennt er Beyde, er sucht sie zu umringen,
Mit seiner Mannschaft; jezt zieht Rhin des Bogens Senne an:
Tyrann! dieß weihet die ein Dank der nie erkaltet –
Des Vaters Gefahr ersah Luitberta, eilet hinzu
Ihn deckend mit ihrer Brust, und ach! – im gleichen Nu
Trifft von der Seite sie der scharfe Pfeil und spaltet
Ihr liebevolles Herz; sie sinkt in Geltars Arm.
Rhin sieht, was hier geschehen, vernimmt des Königs Harm,
Den Schmerz durchkreuzt bey ihm der Rache süßer Schauer:
Nun ernte deine Saat, rief jubelnd er jezt laut,
Führ' deinem Artur heim; geh' schmücke ihm die Braut;
Verdammt von nun an sey zu steter Schmach und Trauer.

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TextGrid Repository (2012). Müller, Friedrich (Maler Müller). Gedichte. Nachlese. 24. Zehn Lieder von der Liebe Rhins. Achtes Lied. Achtes Lied. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-5171-4