Auftrag

In poetischer Epistel
Ruft ein desperater Wicht:
Lieber Vetter! Vetter Christel!
Warum schreibt Er aber nicht?
Weiß Er doch, es lassen Herzen,
Die die Liebe angeweht,
Ganz und gar nicht mit sich scherzen,
Und nun vollends ein Poet!
Denn ich bin von dem Gelichter,
Dem der Kopf beständig voll;
Bin ich auch nur halb ein Dichter,
Bin ich doch zur Hälfte toll.
Amor hat Ihn mir verpflichtet,
Seinen Lohn weiß Er voraus,
Und der Mund, der Ihm berichtet,
Geht dabei auch leer nicht aus.
Paß Er denn zur guten Stunde,
Wenn Sein Schatz durchs Lädchen schaut,
Lock ihr jedes Wort vom Munde,
Das mein Schätzchen ihr vertraut.
Schreib Er mir dann von dem Mädchen
Ein halb Dutzend Bogen voll,
Und daneben ein Traktätchen,
Wie ich mich verhalten soll.
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Notes
Entstanden 1828, Erstdruck 1838.
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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Mörike, Eduard. Auftrag. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-41EB-6