Gesang zwischen Eliel, Elisens, und Uriel, Amyntens Engel

1775.

Uriel.

Eliel, mein Auserwählter,
Eliel, umarme mich!
Eliel.

Uriel, mein Auserwählter,
Feuriger umarm' ich dich!
Uriel.

Denn ihr Kummer ist verschwunden,
Eliel.

Denn sie haben sich gefunden,
Beide.

Die uns Gottes Hand vertraut!
Uriel.

Nach so vielen trüben Tagen,
Eliel.

Nach so vielen bangen Klagen,
[253] Beide.

Ward Elis' Amyntens Braut!
Uriel.

Eliel, mein Auserwählter!
Eliel.

Uriel, mein Auserwählter!
Beide.

Komm, o komm, umarme mich!
Die Erkornen fanden sich.
Uriel.

Bruder, Bruder, welche Freude,
Beide.

Welche Wonn' umfloß uns beide,
Als, herab vom Paradies,
Mich Amyntens / Elisens Herz zu bilden,
Nach der Sterblichen Gefilden
Gottes Stimme schweben hieß!
Uriel.

Als ich, gleich den Lebensbäumen,
In des Knaben Seele keimen
Jede Männertugend sah!
Eliel.

Als, mit himmelsheitern Zügen,
Ich den neuen Engel liegen
An der Mutter Brüsten sah!
Uriel.

Bruder, Bruder, welche Wonne,
Allerwärmend, gleich der Sonne,
Junge Seelen zu durchglühn!
Eliel.

Neue Seligkeitsgenossen,
Edle, blütenvolle Sprossen
Gottes Garten zu erziehn!
[254] Uriel.

Wie die königliche Ceder
Vor den Bäumen, ragt vor jeder
Seine Seel' im Sonnenstrahl.
Eliel.

In der Rose Schönheit hüllte
Ihre Seele sich, und füllte
Früh mit Duft das Blumenthal.
Uriel.

Wie an festlichen Altären
Der Gesang von tausend Chören
Sich zu Einem Lob' erhebt;
Also wurden seine Triebe
Von der reinsten Feuerliebe
Zu dem Ewigen durchbebt.
Eliel.

Wie in sonnenheller Fläche
Sich des Lebens goldne Bäche
Still dem Throne Gottes nahn;
Also wallten, reiner immer,
In der Demut mildem Schimmer,
Ihre Thaten himmelan.
Uriel.

Aber seine Freuden welkten;
Traurigkeit und Lieb' umwölkten
Sein verblühtes Angesicht.
Ach! er sahe Sie, und brannte;
Und dein frommes Mädchen kannte
Seiner Seele Jammer nicht!
Bang umschwebt' ich seine Qualen,
Und ihm Trost ins Herz zu strahlen,
War ich, doch umsonst, bemüht.
Freund, du sahest meinen Kummer,
Sangest bei Elisens Schlummer
Einst ein mitleidvolles Lied!
[255] Eliel.

Freund, in dämmernden Gesträuchen
Sah ich deinen Jüngling schleichen,
Wo Elise, denkend, schlich.
Wenn der Vögel Lied ertönte,
Hub ihr Busen sich, und sehnte
Unbewußt nach Liebe sich.
Uriel.

Ach, sein Kummer ist verschwunden!
Eliel.

Ach, sie hat den Freund gefunden!
Beide.

Ihre Seelen sind vereint!
Wie mit dankendem Entzücken
Sie hinauf zum Himmel blicken!
Wie ihr Auge Freuden weint!
Ewig heilig, ewig teuer
Sei euch dieses Tages Feier,
Der auf ewig euch vereint!
Jährlich wollen wir ihn feiren,
Und der Liebe Glück erneuren,
Die auf ewig euch vereint!

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Miller, Johann Martin. Gedichte. Ausgewählte Gedichte. Gesang zwischen Eliel, Elisens, und Uriel, Amyntens Engel. Gesang zwischen Eliel, Elisens, und Uriel, Amyntens Engel. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-392D-6