Macht der Liebe und des Mädchens

Liebe, Liebe, wie verfolgst du mich!
Alles, alles lebt und webt durch dich!
Ich bin gar nicht mein,
Dein nur bin ich, dein!
Mädchen, Mädchen, ach wie geht's nur zu,
Wie kannst du mir nehmen alle Ruh?
Welche Zaubermacht
Hat mich dahin bracht!
Göttin, Göttin, sieh, ich bet' dich an!
Hab' ich jemals Sünd' an dir gethan,
O verzeih, verzeih!
Laß der Straf' mich frei!
S**n, S**n, ach dein Götterlicht,
Wie's umwallt mein sterblich Angesicht!
Wie's die Kammer füllt,
Wo mich Nacht umhüllt.
Ach daß doch ein Strahl von dir mich blend'!
Liebe, eil'! gieb meines Lebens End'!
Dann schweb' ich empor
Zu der Seel'gen Chor!
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Saug des Richters Blick, und fleh geschwind
Mir das auserwählte Menschenkind.
Ach dann hört er mich,
Und entziehet dich,
S**n, dieser schnöden Erdenwelt
Schenkt ein Hüttchen uns ins Himmelsfeld.
Ewig, ewig fort
Amen! lieb' ich dort!

Notes
Entstanden wahrscheinlich 1772. Erstdruck in: Deutsche Chronik, Zweiter Jahrgang, 34. Stück, 27. April 1775.
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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Miller, Johann Martin. Macht der Liebe und des Mädchens. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-38FA-D