An die Dämmerung

Wie warst du, kühle Dämmrung, mir
Vor kurzem noch so lieb!
Nun naht sich Traurigkeit mit dir,
Und alles ist mir trüb.
Sonst hülltest du in dein Gewand
Mich und mein Mädchen ein;
An ihrer lieben weißen Hand
Vergaß ich aller Pein.
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Ihr Auge blickte, minder scheu,
Mir freundlich ins Gesicht,
Und barg das Pfand der Lieb' und Treu',
Die stille Zähre, nicht.
Manch leiser Seufzer schlich sich ihr
Tief aus des Herzens Grund;
Und mancher Händedruck von mir
That meine Lieb' ihr kund.
Wir saßen ganze Stunden so,
Verloren nicht ein Wort,
Und doch ging uns die Zeit so froh,
Und ach! so eilig fort.
Der Mond und alle Sterne sahn
Vom blauen Himmelszelt;
Wir sahn so froh und stolz sie an,
Als dient' uns alle Welt.
Nun leb' ich von dem Mädchen weit,
Beklage mein Geschick;
Und wünsche die vergangne Zeit
Mit Thränen mir zurück.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Miller, Johann Martin. Gedichte. Ausgewählte Gedichte. An die Dämmerung. An die Dämmerung. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-38D6-E