Der Einsame

Hier im Schoß der Einsamkeit,
Die kein wilder Lärm entweiht,
Unter Eichen,
An Gesträuchen
Fühl' ich meine Lebenszeit.
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Still und ernsthaft, wie der Hain,
Soll mein Herz in Zukunft sein.
Flieht, ihr Sorgen!
Jeder Morgen
Ladet mich zur Freude ein.
Träg und weichlich heißt jetzt zart;
Spott, des Geistes Gegenwart.
Jeder Heuchler,
Jeder Schmeichler
Heißt ein Mann von Lebensart.
Tugend, Freundschaft, Freiheit, euch
Tausch' ich um kein Königreich!
Wollust schändet,
Hoheit blendet,
Unschuld macht uns Engeln gleich.
Trotz dem Sturme, der mir dräut,
Schleich' ich durch das Thal der Zeit
Im Geleite
Stiller Freude
Zu der nahen Ewigkeit.

Notes
Erstdruck in: Ulmisches Intelligenzblatt, 31. Stück, 3. August 1775.
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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Miller, Johann Martin. Der Einsame. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-383E-6