Daniel Casper von Lohenstein
A.Z.
Ibrahim
Trauer-Spiel

[Widmung]

[12] Denen Hoch- und Wol-Gebohrnen


Herren / Herren


Carl Henrich


und


Primislaus /


Freiherren von Zirotin / von und auff


Olbersdorff / Wisenberg / Schön Johnsdorff /


Groß-Wilkaw und Vogel-gesang / meinen gnädigsten


Herren


übersendet solches

Daniel Caspar von Nimptsch

aus Schlesien.

[Vorrede]

[12] Gros-günstiger Läser.

Wenn Ich dir in diesem nunmehr frembden Vrtheil unterworffenem Ibrahim ein gelehrtes Werck fürställete / würde Ich zu besorgen haben / die neidische Miß-gunst würde so wenig als sonst jhren gifftgefülleten Zahn von Ihm abhalten. Weil aber der Neid nur dem was ruhms-würdig als wie der Schatten dem Lichte nachfolget / hoffe Ich diese meine nidrige Stauden wärden sich keines Donners zu befahren haben. Gleich wol aber wie das Wasser aus dem Macedonischen Flusse Lyncestis eben als der Wein truncken macht; Also wärden manche Neidharte auch von solchen Sachen die wenigern Ruhm verdihnen / aufgeblehet / daß selbige ihrem spitzigen Auslachen und klügelndem Tadeln nicht entrinnen können. Damit nun auch dises mein geringes Trauer-Gedichte / von dem spitzfinnigen durchzihen des scharfsichtigen Momus möchte verschonet bleiben; Wenn dir etwan dise frühe Früchte / wegen zu unahrtiger Erfindungen und nicht gar zu reiner Aus-Rede / all zu sauer schmäkketen / wirstu von Mir dihnstschuldigst ersuchet / du wollest Sie mit der Sonne deines linden Vrtheils etwas besser durchwürken und reiffer machen.

Was in Deutscher Sprache dise Ahrt zu schreiben belanget / wird der gelehrte Läser leicht abnähmen /daß Ich Mir in einem und dem andern einen fürtrefflichen Lands-Mann zu einem Weg-Weiser zu haben Mich nicht geschämet / der hierinnen die Bahn gebrochen / und dässen unterschidene Trauer-Spile Mir nicht alleine unter die Hände sondern auch auf den Schau-Platz kommen. Welchen Ich hiermit samt noch vielen geitzigen Libhabern unserer Mutter-Sprache aufzumuntern gedänke / daß Er die / wie man weis /theils schon verfärtigte / theils noch unter händen wachsende Schrifften der begihrigen Welt nicht länger wolle Mißgönnen. Die Trauer-Geschichte von dem Weltberühmten Ibrahim wird von unterschiedenen /welche sich der Sachen im Außgange erkundiget /aber mit unterschiedenen umbständen und ungleichem Außgange beschrieben.

Ich / wie wol Ich Mich allenthalben an die ausführliche Beschreibung [13] Philip Zesens in seinem aus dem Frantzösischen übersätzten Ibrahim gehalten / hab Ich doch nothwändig mit den meisten Geschicht-Schreibern in dem von seiner Meinung abschreiten müssen /wenn dise / daß Er nicht / Er aber / daß Er unerwürget davon kommen / berichten.

Das Ich aber dise frühzeitige Frülings-Frucht für dem reiffenden Herbste ans Licht gegäben / wirstu Mich disfalls / weil Sie mehr etliche gutte Freunde /als meine eigene Vermässenheit heraus gelokket /desto eher entschuldigen. Wie die ausschlagenden Bäume erstlich die Blätter / die Knospen und die Blüthe / darnach erst die volkommenen Früchte tragen /also wächset in fortpflantzung der Weißheit auch eines nach dem andern. In mittels bleibe Mir ferner bewogen.

Leibzig den 1. Mey des 1653. Jahrs.

Dein

D.C.

Inhalt

Innhalt.

Ibrahim ein Wälscher Fürst / welchen Soliman wegen tapferer Thaten aus einem Leibeigenen zum grossen Visihre gemacht / wird aus der Flucht nach Genua /durch welche Er seine Libste zu retten dachte / in die sich in währendem Aussen-Sein des Ibrahims in Persen Soliman verliebet / nach Constantinopel gefangen bracht / und auf Ohrenbläserisch Anstiften der Keiserin und des Rusthans / jämmerlich erwürget.

Der Schau-Platz ist zu Konstantinopel die Burg zu den sieben Thürmen. Daß Trauer-Spiel begünnet des Morgens / endet sich umb Mitter-Nacht.

An den Verfertiger des Trauer-Spiels

An den Verfertiger des Trauer-Spiels.

Opitz weis dir grossen dank / unser Flemming lobt dein Wesen /

Tscherning wil Ihm allbereit einen schönen Tag erlesen

[14]

Nur ein Wort mit dir zu sprächen / umb daß du bemühet bist /

Vnser Deutschen Mutter Reden und was zihrlich an Ihr ist

Vnermüdet fortzupflantzen. Clio windt die edlen Myrten

Vnd Mich däucht Ich sehe schon dein Gehirntes Haupt umbgürten

Mit den grünen Lorber-Zweigen: der Apollo heist dich Sohn

Vnd begehret dich zu sähen neben sich auf seinem Thron /

Auf daß du / was unter dir kanst ergrimt zu Bodem treten.

Ibrahim erhebt dich hoch: aber Bruder sei gebethen

Laß die Ader nicht vertrocknen welche Febus dir verehrt /

Laß Sie immer höher springen / weil Sie deinen Ruhm vermehrt.


Melchior Fribe.


Dein hoch entbrandter Geist / der schwingt sich Himmel an

Vom Erden-Klumpen weg / und trit die rechte Bahn

Dem grossen Opitz nach. Dis Weißheit-volle schreiben

Wird künftig deinen Ruhm der Nach-Welt einverleiben

Vnd diser Ibrahim den durch der Feder Macht

Aus der Vergässungs-Gruft du hast ans Licht gebracht

Wird dich zu keiner Zeit im minsten lassen stärben /

Er wird dir schon den Preis und Lorber-Krantz erwärben.


S.S.S.E.F.

Christian Vincens /

LL.

St.


Indem du werther Freund / den Ibrahim dem Leben /
Aus der verfaulten Asch und stäubichtem Gebein /
Die von der Jahre Zahn längst aufgefressen sein /
Durch dis dein Traur-Gedicht jetzt wider suchst zu geben:
Stifftstu ein Leben dir / das nicht die Zeit wird fressen /
Das nicht die Todten-Gruft mit dir vergraben kan /
Das aus dem irdschen dich schreibt bei die Sternen an /
Vnd das in deinem Tod auch dein nicht läst vergessen.

H.V.B.S.

Henrich Haupt /

Theol. Stud.

[15]

Personen

[16] [86]Spielende Personen.

    • Soliman. Türckischer Kayser.

    • Roxolane. Seine Gemahlin.

    • Ibrahim. Türckischer Groß-Visier.

    • Isabelle. Dessen Gemahlin eine Fürstin von Monaco.

    • [86] Rusthan.
    • Achmat. , Zwey Bassen.

    • Hali Bassa über das Meer und Schiffs-Flotte.

    • Mufti. Obrister Priester bey den Türcken.

    • Mustaphens Gespenst.

    • Asien.

    • Die gefangenen Christen.

    • Reyen der Vernunft / der Begierde / und des Menschen.

    • Reyen der Sarazenischen Pfaffen.

    • Reyen der Sinnen und des Schlafs.

    • Reyen der Sänger.

    • Etliche Bassen.

    • Die Janitscharen.

    • Die Hencker und Stummen.

[Prolog]

[88] [16]Asien wird in gestalt einer Frauen von den Lastern angefässelt auf den Schau-Platz gestället.

Weh weh! Mir Asien / ach! weh!

Weh mir! ach wo Ich Mich vermaledeien

Wo Ich bei diser Schwermuths-See

Bei so vil Ach selbst mein bethränt Gesicht verspeien;

Wo ich Mich selbst mit höuln und Zetter-Rüffen

Durch strängen Vrtheils-Spruch verdammen kan!

So nim dis lächtsend Ach / bestürtzter Abgrund an!

Bestürtzter Abgrund! o die Glider triffen

Vol Angstschweis! ach des Achs! der lawe Brunn der dürren Adern schwällt

Den Jäscht der Purper-flut! mein Blut-schaum schreibt mein Elend in den Sand!

Entthrönte Königin! entzepterte Beherscherin der Welt!

Gestürtztes Asien! aus Ichts in Nichts und Staub verstobens Land!

Ja wol aus Jchts / als mein gekröntes Haupt

Ein Haupt so viel gekrönter Häupter war;

Als ich noch mit Sigs-Palmen war belaubt

Vnd aller Welt gesätze reichte dar;

Als noch gesänkt zu disen Füffen

Europens Haupt und Afrika mein Zepter musten küssen:

[16] Als mein Geboth wie Stahl und Glut durch-drang

Vnd Länder zwang.

Ach! aber ach! so hoch als ich beim Tugend-Gipffel

In Goldgestickten Kleidern stand /

So tief hat sich das Spil verwand

So starb mein Ruhm! so schlägt die Zeit die grünen Wipfel

Von den bejahrten Zedern ab.

Man schmükt mir ia noch wol mit diesem Purper-Rokke

Mit Inseln / Königs-Krantz und -Stab

Hals / Achseln / Hand / und Haupt; wo man mit solchem Schmukke

Mich nicht nur spötlich schminckt und äffet und geheiht.

Doch auch gesätzt / daß dis beschönungs-Kleid

Mich nicht beschimpft:

So trag ichs doch nur zu Vermummung meiner flekke /

Zur brand- und schand-mals schminkk / und meiner schalkheit Däkke /

Wiwol Ich weis / daß man die Nase rimpft

Vnd Mäuler auf Mich flennet /

Ich weis nicht wie? wol nennet.

Vmb prächtgen Schmuck der aussen gleist und schimmert

Daß der Sere von den Wipffeln seidne Wolle drüselt ab /

Daß der Tirer Schnekken-Farbe / Gangens Schaum-schwolst Perlen hab;

Der Inde Gold; des bin ich nicht bekümmert.

Wird wer den aussen-Glantz beim innern Glider-Koth besähen /

Der wird mich viel verächtlicher noch schmähen.

Mich schmertzts / und Ich beschmertz es auch mit disem bangen Säufzer-galme

Wenn Ich mich wie aus einem träum und kwalme

Auf Mich / als Ich noch in der blüthe war / besinn,

War Ich nicht Asien /die gröst und ältst und schönste meiner Schwestern?

Hat Neid und Geiffer-Sucht Mich für der Themis Richtstuhl können lästern?

Der Menschen Ahn-Herr hilt mich erblich inn'.

Hat alles All / den Ost und West / und Sud und Nord nicht schlissen

Mich selbst nicht oft mit seinem Glantz erfüllt

[17] Vnd sich selbst-ständig in mich ein verhüllt?

Luft Himmel / Erde Meer / Glut / Felder / Wälder / Klippen wissen

Mit stummer Zunge noch zu sprächen /

Das sie gesähn die Sonne stehn /

Gewölkte Feuer-Säulen gehn

Die Felsen bersten Klippen brächen /

Den Regen Brodt / die Wellen Mauern werden.

Weh! weh / mir Asien / ach weh!

Stund imand auf dem Schau-Saal diser Erden

So hoch gepflantzt zur Ehren-höh?

Mein Mund hat Kirch und Volk den Gottes-Dinst gelehrt /

Die Welt hat unsern Arm als Kronen-Herrn verehrt.

Das zwölf-bekrönte Haupt / des Halfes Alabaster

Pflügt unter Gog und Magogs Joch.

Der freie Nakken ist verkoppelt an die Laster

Für den ich kaum nur athme noch.

Der Zepter und die Hand die vor nichts Mördrisches mißhandelt

Hat Ach Mir in Metall und in Blut-dürftig Ertzt verwandelt.

Das dürre Hertze schwimt in Flamm und Glutt /

Der Glider Ketten schwirn / die stählernen gelänkk erschüttern /

Der steinern-schwere Fus trit und zerknikt durch sein erbittern /

Die treuge Zunge lekt gelifert Blut

Die welke Seuge-Brust

An die des Schöpfers Sohn der Schöpffer angehangen /

Gibt Hunger / Krig' und Pest als Egeln / Molch und Schlangen

Vergifte Lebe-Kost.

Geitz / Mord-lust / Geld-durst / Haß und was der Abgrund zeuget

Wird alls an Mir gesäuget.

Fragt Sterbliche / nach Kind- und Eiter-Mördern

Und die durch Dolch und Gifft und Strang und schwerd /

Der Freunde Rei und Brüder schaar begehrt

Ins Bein-Haus für bestimter Zeit zu fördern.

Fragt / Fürsten fraget nach / nach denen die die Klawn

Umb Lust zu herschen durch des Herschers Brust gehaun.

[18] Ach! tausend Würme wol die sich also beflekket

Hat meine Schos gehökket.

Ha Bluthund! Bluthund ha! unmenschlichs Mensch! verzweifelter Tyrann

Durch-teuffeltes Gemüth / Ertzt-Mörder Soliman!

Ertz-Mörder! Ach hab Ich

Dich Tigerthier dich Wurm mit meiner Milch gesogen

Hab Ich dich Drache Mich zu fressen aufferzogen

Dich Kinder-Mörder dich!

Was stifftestu? du Grewel dieser Zeit

Auf Ibrahims gerechten Kopff für Leid!

Blitzet ach! blitzet ach! Wolkken und machet von den umbfäßelnden Lastern mich loß!

Donner ach! Donner! zerschlag und zersplitter ides in einen zerdrümerten Klos.

1. Akt

Die erste Abhandlung.

Der Schaw-Platz bildet ab das Keiserliche Geheime Zimmer des Solimanns.
Soliman. Achmath. Hali Bassa über das Meer.

SOLIMAN.
Ist kein Verfolgungs-Schiff noch nicht zurükke kommen?
HALI.
Man hat das minste noch mein Keiser nicht vernommen.
SOLIMAN.
War Rusthans Schiff-Armee zur See besegelt wol?
HALI.
Vol Volk vol Zeug / wie man in solchen fällen sol.
SOLIMAN.
Sätzt jhm kein Nachdruk nach?
HALI.
Es ist in See gelauffen
Was nur in Ankkern lag: der gantze Krigs-Schiff-hauffen
Fast fiebzig Segel stark.
SOLIMAN.
Vmb das die Mänge sie
Zu mehrer Tregheit reitz / und uns der Feind entflieh.
HALI.
Entflihe? wem? wohin? des Keisers langen Händen?
Aus Solimans Gebitt? der bis zur Erden enden
Mit Sieg und Schrekken herscht.
SOLIMAN.
Ja herscht! Wenn Ibrahms Flucht
Den Blitz des Bosphors trotzt.
HALI.
Er findet / was er sucht
Wenn Ibrahms bluttig Kopff auf Osmanns hoher Pforte
[19] Zum Schimpf gespist wird sein.
SOLIMAN.
Was freveln deine Wortte?
Aufwigler! ist dir wol darzu dein Keiser gut /
Das Er / was jhm ein Knecht vorschwatzt / gehorchend thut?
Daß du? dem / dem wir Reich und Leben schier zu dankken
Aufbürdest eignen Haß.
HALI.
Der Argwohn der Gedankken
Verläscht durch dise Flut / wenn es mir Sklaven nicht
Bei dir verfänglich ist / daß er den Feind versicht
Vnd für des Badens Heil beim großen Sulthan bittet.
SOLIMAN.
Hat dir Verwägenheit gantz dein Gehirn zerrüttet?
Welch Wahnwitz bleht dich auf? ha unverschämter Hund.
Verdrüßlicher Fasall; vermag dein frecher Mund
Dem greifen Soliman Gesätze fürzumahlen?
Du darfst Mir! sol dein Kopff mir deinen Frefel zahlen?
Du darfst Mir! aber schweig. Was ist denn Achmaths Rath
Das Soliman hirbei zu thun und lassen hat?
ACHMAT.
Mein Keiser heischt zu vihl.
SOLIMAN.
Pflichtschuldigkeit ein mehres.
ACHMAT.
Darf Ich als Sklaf und Knecht mißbrauchen des Gehöres
Des weisen Solimanns?
SOLIMAN.
Des Solimanns / der dir
Zu reden uhrlaub gibt.
ACHMAT.
Wol denn! weil Osman Mir
Zu urtheiln freigestellt / (wie wol an ein Entschlüssen
Des Kefers / sich nicht wird der Adler binden müssen)
So gibt Mir die Vernunft bewegungs-Gründ in Mund /
Zwar nicht fürs Flüchtgen Recht zu sprechen kurtz und rund
Doch für sein Heil zu flehn. Hat Ibrahm sich versündigt
An seiner Majestät? ists Ibrahm; dem verkündigt
Des milden Fürsten Hold / des grossen Reiches Rath
Des leichten Pöfels Gunst / der siegende Soldat
Der grossen thaten Ruhm / das Kriegs-erlegte Persen /
Der Straffe Minderung. Man folg jhm auf der Fersen
Mit Heer und Schiff-Flott nach / man stell ihn ernstlich dar
Fürs strenge Hals-Gericht: wird der Soldaten schaar
Wird der auf-rührsche Kopf der wüttenden Gemeine
Sehn unbestürtzt vergehn den / welchem auf die Beine
Zuvor der Keiser half: sol er gefässelt stehn /
So wird der Länder Ruh / des Keisers Sig eingehn.
[20]
SOLIMAN.
Die Vnhold ärgsten Zorns / der Eifer ernster Rach
Des Grimmes Mörder-galm / die undanks-reiffe Sache
Der freche Trotz der uns steif in den Ohren ligt /
Die Blut-sucht des Gemüts / die aller Gunst obsigt
Vnd allen Libreitz tilgt / das frevelnde Verbrächen /
Mus billichen das Beil und nur den Strang gut sprächen.
Vndankbar Mensch! den wir vom Staub ans Licht gebracht
Vom Kerkker in Palast; hastu den Arm veracht
Den Arm der aus Metall zum Purper dich gezogen?
Vnd mein gantz Hertz gekränkt / das Ibrahm dir bewogen
Mehr als mir selber war. Nein red es mir nicht ein:
Es kostet Ibrahms Hals / nein Achmath nein ach nein.
Man träte was uns trit; Komm Hali nicht zurükke /
Es sei / daß Rustahn denn den bluttgen Kopf uns schikke
Wo Ibrahim entwischt und nicht den Zorn kan kühln
Sol Sulthans strenger Fus mit euern Köpffen spiln.

Rustahn. Soliman. Ibrahim. Isabelle. Hali. Achmath.
Die Gefangenen. Die Janitscharen.
RUSTAHN.
Großmächtigster Monarch / der Donner herber Rache
Des rechten Himmels schlus / der für den Sulthan wache
Vnd seine Hoheit hält / der für des Ossmanns Kron
Selb-selbst zu Felde zeucht / hat den verwägnen hohn
Des frechen Ibrahims / durch seinen Knecht gerochen /
Durch Rustahns strängen Arm. Ich war erst aufgebrochen
Vom Bizantiner Port / als unsers Keisers heis
Vnd ernstes dräw-Geboth / der starkken Rudrer fleis
Mehr als verdoppelte. Die steiffen Winde pfiffen
Die Segel günstig an / und sprächen unsern Schiffen
So Rachch als Nach-satz gut / der Flüchtgen Jagt-Schiff kam
Vns gehling ins Gesicht / als schon der Feind wahr-nam
Bei Sest und Abid uns entwischend zu entkommen:
Da unsre Losung man im Blokk-Haus erst vernommen
[21] Und ihre Flucht verschnitt. Als ihr der Paß verrannt
Hilt unsre Gegen-Part aus zwang verzweifelnd stand.
Des Ibrahms festes Schiff ward bald von uns besprungen /
Dem wir aufs Keisers Wort die Waffen abgedrungen
Die Fässel angelägt / in welchen Soliman
Der frechen Hunde Trotz mit Ernste straffen kan.
SOLIMAN.
Mit Ernst und nach verdihnst. Was hat dich so vermässen
Vndanckbar Mensch! gemacht? hastu wer du vergäßen
Vnd Bosphors Sonne sey? Was hat dich angesträngt
Zu flihn den man umb sonst zu flihn sich unterfängt.
Hat Stambul dis umb dich / der aus dem Mord-getümmel
Der Henkker dich zum glantz zu seiner Hoheit Himmel
Mit gröstem Ruhm erhob; hat Ossman dis umb dich
Hat Ossman dis verdihnt / der von dem throne sich
Zu deines Kerkkers Schimpff / zur fässel Schand ernidrigt
Trew-Loser! hat sich ie ein Sklaff ein Knecht gewidrigt
Zu herrschen über den dem er gehorchen mus?
Zu träten dessen Haupt dem er doch unterm fuß
Verschmachtend dihnen sol. Schien dir Stambuldens König
Schien Ossman dir zu schlecht / schien Ossman dir zu wenig
Zu üben der dich übt / und der zwar Keiser hies
Doch der dich mehr als Herrn mehr sein als Keiser lies.
Mehr sein als Keiser! könt Ich Mich mehr vergeringern?
War dir die Hand zu schwer die dich mit linden Fingern
So sanft in Schlaff einwiegt? die Sonne zu Bizanz
Zu dunkkel? die dir gab als seinem Monde Glantz?
Was flohstu? hatte dich die Ehrfucht so vergiftet?
Was für ein Mordstükk war auf unsern Hals gestiftet?
Was für ein Fallstrikk war auff Stambuls Reich und Haus
Vnd Kron und thron geställt? ha; ietzt iß selber aus
Was du dem Soliman für Gift hattst eingebrokket;
Hat Karl zu seinem dihnst hat Karl dich hin-gelokket?
Kirrt dich Venedig weg / und der Geneser Rath?
Daß du was Ossmanns Stul trotz Christ trotz Persen hat
[22] Für Kräfft und Heimligkeit verräthrisch mögst entdäkken.
Kom Karl / kom kom / dein Kopflf sol bald die Zähne bläkken /
Vnd kreischen an der Sonn / wo schon die Blut-Fahn stäkkt
Die iden Christen-Hund und Krig und Tod entdäkkt /
Dir Marter / ach / und Angst.
IBRAHIM.
Ha! Ibrahm wirds nicht schäuen
Ich will noch so behertzt den harten Knoten käuen
Der Mich bald strängeln wird; ich wil mit Hertzens-Lust
Dem stumpffen Dolch bestehn auf der zernarbten Brust;
Ich wil das scharffe Beil / ich wil die Schwerdter küssen /
Den Henkker der mich bald wird säbeln oder spissen /
Auf des Tirannen Wortt / so standhaft / so behertzt:
Als Ich dem Zelebes der deine dräuung schertzt'
Vnd deine Wortte schimpft' und deinem heer obsigte
Den kahlen Kopff abhihb / den ihre Hoheit krigte
Gesihlt in Sand und Blutt geworffen für den Thron!
Ich wil mit so viel Muth erdulden Schmach und Hohn
Als Ich Chach Tachmas Volkk Chach Tachmas heer bezwungen;
Vnd den bestürtzten Pers' aus gräntz und land verdrungen.
Dis wil Ich! ohne frag ob unrecht oder recht
Dein Ibrahim vergeh / dein Ibrahim / der schlecht
Für Stambuls füssen ligt; Nur dis / mein Keiser schmertzet
Dis jammert mich / mein Fürst / daß der / der nie gestertzet
Aus Ossmans Lib und dinst mus Mammelukke seyn
Und Ertzt-verräther heist / und Aufruhr führen ein.
Daß der / der Persens Kron auff Ossmanns Haar gehäuffet
Nach Solimans Verdacht / auf Ossmann schwerdter schleiffet /
Und auf Bizanz erherbt / und auf den stul erhitzt
Den er (es weis es Gott!) mit Rath und That geschützt.
Gott weis / der alles weis / daß Ibrahm nichts gesponnen
Auf Ossmans grosses Reich / das Ibrahm nichts gesonnen
Verfänglichs / großer Fürst / daß Ibrahm durch die flucht
wo Gott soll mein Zeuge sein / nur sein Gemahl gesucht
Zu flüchtgen aus gefahr / und diesen zu entrinnen
Die noch voll Haß voll Neid auf Ibrahm Nätze spinnen;
[23] Vnd ihn beim Soliman durch süsses Häuchel-Gifft
Verschneiden ie und ie. Ist wer der sicher schifft
Wenn die ergrimten wind' erboßter Mißgunst brausen
RUSTHAN.
Ich hör aus Ibrahms Halß erlogen Antwort sausen
Umb Solimans Gehör. Beschönestu noch dis
Was hell und Sonnen-klar? Zausch Bassa schreibt gewis
An Ossmanns hohe Pfort / es sei zu Wien ankommen
Ein Türckscher Bottschaffter / den Karl so angenommen
Als keines Sulthans nicht / mit dem er Tag für Tag
Geheim zu Rauhe geh: von wem er kommen mag
Wird unser Bottschafft selbst vom Keiser nicht entdäkket /
Wer weis ob Ibrahim verräthrisch nicht verstäkket
Lig unter dieser Däkk / ob er nicht heimlich Ränkk
Auf unsers Keisers Stul auf Stambuls Reich erdänkk
Und nach der Krone steh. Auch hat nach wenig stunden
Nach unsrer Rükkunft sich viel Volkks zur See gefunden
Das nicht gar weit von Sest die Ankker eingesänkkt /
Und wie in einer Schlacht der Schiffe Rei umbschränkkt.
Kan der Verräther sie nicht ihm bestellet haben?
Denn als die unfrigen vom Schloffe Feuer gaben
Ging alles nach gehöul und heuserm Krigs-Geschrei
Mit vollem Segel durch / als wenn ihr Anschlag sei
Ein Schelm-stükk zu begehn / entdäkket durch die Wache.
Was meinet Soliman!
IBRAHIM.
Ha! ungereimte sache.
O gantz unscheinbar Schein! O Anklag ohne Grund.
Hat dein verschlagnes Hertz / hat dein zwey-Züngicht Mund
Was glätter nicht gewust die Lügen zu besalben?
Doch was bekümmerstu dich / Vogel / meinet-halben
Arg-listger Schaden-froh! was geht es Ibrahm an
Was Wien und Sest vermeld? gesätzt auch / daß was dran!
Daß Karl / wiewol es falsch mit Mir Verständnüß habe /
Das Ibrahim nach Kron und Ossmanns Königs-stabe
Ein geitzigs Auge wärff / hett er zum Aufruhrs-Brand
Ins Keisers Haupt-stad nicht mehr Mittel an der Hand
[24] Als fern von Stambuls Sitz in weit-entlägnen Ländern
Durch der Soldaten Gunst die kein Gelükkssturm ändern
Aus Ibrahms dihnsten wird. Die gantze Heers-kraft siht
Auf mich und diesen Arm. Was hätt ich mich bemüht
Zu flihn für Soliman und aus des Keisers Händen?
RUSTAHN.
Dort desto sicherer dein Schelm-stükk zu vollenden.
IBRAHIM.
Auf was für weis' und weg?
RUSTAHN.
Durch Krigs- und Waffen-Macht.
IBRAHIM.
Hat ie ein Thor ein Kind so alber ding für-bracht?
Gesätzt / Karl führe was auf Ossmans pfort im Schilde!
Bedörft er mich darzu? Was nützet es gefilde
Bereichern mit Gehöltz? Karl hat wol andre Karl!
Doch allzu sorglichs thun! Karl wird umb diese Perl
Sich stürtzen in die See? Karl wird sich so verbrännen?
Laß ein gerüstet Heer den Bosphor rings umbrennen
Und für Bizanz sich ställn / laß das geharnschte Meer
Mit schiffen schwanger stehn? hat man zur gegen-wehr
Nicht Zeug nicht Volk zur Hand? der schon den Pers' geschlagen
Würd er von Keiser Karln geringern Ruhm wegtragen?
Doch Karl dankkt selber Gott daß er zu fride bleibt
Nun sein ein-heimscher Krig sein eigne Kräfft auf-reibt.
Hett auch ein Christen-Schif / (das du doch leugest) gestern
Den engen Pont erreicht / sie würden sich den Sestern
Für Maul und Nase stelln. Mein Vnschuld bricht an Tag /
Mein Kläger spricht für Mich / weil Rustahn mir nichts mag
Gereimtes bürden auf?
SOLIMAN.
Was spricht für dein entführen?
Wer spricht für deinen Raub? kont es dir Hund gebühren
Zu stehlen was für uns / zu nehmen was uns lieb /
Zu rauben was nicht dein? Ha? un-gestümer Dieb!
Vnd du auch loses Weib! Bezauberin der Sinnen!
Vn-keuscher Huren-Balg? hat Ossmann dich nicht können
Beställn in seinen dihnst? brach Ossmanns Gunst und hold
Nicht dein verstoktes Hertz? ent-liefstu / als Er wolt
Aus Koth aus Asche dich auf Stul und Eh-bett haben?
Last hören / was der Balg uns wird für Antwort gäben /
[25] Last hörn auf was für Ahrt / sie wird verreden sich.
Last hören / was sie spricht.
ISABELLE.
Die Tugend spricht für Mich /
Die Vnschuld / Ehr und Recht.
RUSTAHN.
Hihr geht Gewalt für Rechte.
SOLIMAN.
Trug für dem Keiser dich dein Hertze zu dem Knechte?
ISABELLE.
Mein Keiser / es trug Mich für dem / den seine Brunst
Mich nur zu üben zwang / und der durch seine Gunst
Mir blossen Haß anboth / zu meinem Eh-gemahle.
Ich zog die Tugend für in der Erköhrungs-wahle
Und sties den Ehr-geitz aus. Zwar Ossmann wies den Glantz
Deß Purpurs / aber Ich nahm Ibrahms Tugend-Krantz.
SOLIMAN.
Nihm itzt den Hänkkers-strang.
ISABELLE.
Der Mich doch nicht beraube
Des Vnschuld-Krantzes kan. Hielt Ossmann Trew und Glauben
Was er dem Ibrahim eh er in Persen zog
Mit Hand und Mund versprach?
SOLIMAN.
Was ists / das Ich dir log?
ISABELLE.
Mein Keiser / er verhies vertraulich Mich zu schützen.
SOLIMAN.
Heist dises nicht geschützt auf Throne heissen sitzen?
ISABELLE.
Auf Throne; wol / wenn fi nicht Folter-bänkke sein.
SOLIMAN.
Wenn fi erwünschte Luft.
ISABELLE.
Ach! wenn Ach und Pein /
Läst uns umb rechte Flucht den Grimm der Sulthan blikken?
SOLIMAN.
Weil jhr die hold ausschlugt.
ISABELLE.
Versprach Mir doch / zu schikken
Mich ihre Hoheit heim / wo ja in einer Schlacht l
Mein Ibrahim kähm umb: sol nun er Friden bracht
Und mit sighafter Hand aus Persen heimgekehret /
Vns beiden / Mir und Ihm der Heimzug sein verwehret?
SOLIMAN.
Verwehrt! nun er verschertzt; als ihr so frech und kühn
Zoht un-beuhrlaubt weg.
ISABELLE.
Wir musten also zihn
Weil die Vergünstigung vom Sulthan nicht zu hoffen.
SOLIMAN.
Steht Zung und Läster-Maul dir nur zum schmähen offen?
Wer schreibt dem Soliman zu thun und lassen für?
Dem unrecht recht mus sein / und der gesätze dir
Nach seiner Wülkühr schreibt. Ist eine Satzung stärkker
Als Ossman der sie sätzt? Schleus in absondre Kerkker
Den Ibrahm ein und Sie / die andern schmide man
[26] Zum Rudern in Metal auf den Galeen an /
Laß weder aus noch ein ihmanden von dem Pövel /
Daß der Gemeine Grimm nicht etwann einen Frevel
Und Auf-ruhr unterfang auf Ossmanns thun und Haus.
Stekkt eine Todten-Fahn an Sieben-Thürmen aus.

Isabelle. Ibrahim. Rustahn. Achmat. Hali.
Die Janitscharen. Die Gefangenen.
ISABELLE.
O Vrtheil herbster Rach; o un-aus-sprächlichs wütten;
O stränger Aus-spruch; ach; kan wol der Blut-hund schütten
Mehr Elend über uns? kan uns der Soliman
Kan uns des Abgrunds Fürst was grimmigers thun an?
Als bei so trübem Glükk uns von einander scheiden /
Als kurtz für unserm Tod uns nicht beysammen leiden?
O daß der Blut-hund uns nicht balde strängeln läst!
O daß das Unthier uns nicht bald den letzten Rest
Im ersten sturme gab! O das man selbst nicht rännet
In Rusthans sebeln eh / als er uns zwei zertrännet
Die nur ein Hertze sind! daß man zugleiche nicht
Vergehn und leben kan; Ist was / das schärffer sticht
Kan wem sich herberer die Glükkes-gall erherben /
Als wenn man gerne stirbt / und doch nicht kan ersterben?
Zu was für Marter hebt / zu was für Hänkkers-kwal
Er beide langer auf? sinnt über strang und Pfal
Er neue Marter aus? Kommt hauet mich in stükke;
Zerfleischt die Glider uns; Ich schätz Mirs für ein glükke /
Ihr thut mir einen dihnst / kommt stost mich in die brüst /
Bis blutt und Seel aus-sprütz ich sterbe wi ein Christ.
IBRAHIM.
Ich gleichfals sonder schuld! bekomm ich dis zu Lohne!
Hat dieser dis umb dich verdihnt / der Persens kröne
Dir willig über-ließ? der Ossmans Erb und Sitz
Frei-müthig unter-schob den Nakken zu der Stütz
Als er schon wakkelnd hing und halb-zersplittert knakte /
Als Phrat und Tigers Greiff nach Stambuls Monden hakkte
[27] Die Blut-gewaschne Klau.
RUSTAHN.
Offt nimmt sich unser an
Ein Mörder / nur darumb daß er uns tödten kan.
Ein stoltzer dihnt / daß er zur Zeit hersch auf dem Throne.
Doch dir fehlts! lerne nun: Daß oft der blitz nicht schone
Der Wolkke die ihn zeugt / indem dein Schelm-stükk dich
Das uns galt / selber stürtzt!
IBRAHIM.
Wol! er erdrükke mich
Mein Fall fällt ihn und euch / mein Kerkker wird ihn stürtzen.
RUSTAHN.
Du kanst durch fluch und dräun dir sein die Marter würtzen!
IBRAHIM.
Dein Auf-hatz ist die Würtz.
RUSTAHN.
Gäbt seiner Läster-Zung
Und schmach nicht mehr Gehör. Er ist gehört genung!
IBRAHIM.
Gehört doch nicht erhört / beschuldigt nichts erwiesen
Verdammet!
RUSTAHN.
Führt sie hin / und iden unter diesen
Schlißt auf die Ruder-Bank.
ISABELLE.
O wort / das wie der blitz
Durch Mark und Adern dringt! O wort / das einen Ritz /
Durch beider Seelen reist! o Donner-Keul der Hertzen!
IBRAHIM.
Mein Hertz ich bin der Brunn und Vrsprung eurer schmertzen!
ISABELLE.
Ich euers Vntergangs! O das man uns wie sie
Eh ins Metall verdamm / und an die Ketten zih
Als von einander trenn!
IBRAHIM.
O un-glükkhaffte Libe!
Libt Ibrahm sie mein Hertz / daß Ibrahm sie betrübe;
Verflucht / daß ich gelibt! verflucht / verflucht bin ich!
Doch / was gedänkk ich / ach! räwt ihrer Libe mich?
RUSTAHN.
Fort / fort / hier ist nicht Zeit daß man die zeit verschertze.
ISABELLE.
Ade! mein Leben!
IBRAHIM.
Ach! ade!
ISABELLE.
Mein Licht!
IBRAHIM.
Mein Hertze!
ISABELLE.
Mein Aufenthalt! ade! wir scheiden / ach! mein Licht!
Wir scheiden / gutte Nacht!
IBRAHIM.
Allein / mein Hertze nicht
Mein Hertze nicht / mein Sinn!
ISABELLE.
Ade! zu gutter letzte!
IBRAHIM.
Ich lib und ob man mich auf lichten Schweffel sätzte!
ISABELLE.
Ich lib / und ob ich stürb / ach Jammer! ich vergeh!
IBRAHIM.
Noch einen kuß / mein Schatz!
ISABELLE.
Noch einen küß! ade!

Achmat. Hali Bassa.
ACHMAT.
Ist Hali so behertzt / dis traur-spiel ohne schmertzen
Und Thränen anzuschaun?
HALI.
Es geht mir tiff zu Hertzen
[28] Und macht mich höchst bestürtzt / wenn ich den Fürsten stehn
In Stein und Eisen seh / und ins Gefängnüß gehn
Den ehe gestern noch Bizanz mit Furcht und Zittern
Und Ehr-Erbittung prieß.
ACHMAT.
So werden von gewittern
Die Gipffel stets erschällt / wenn dis zu friden bleibt
Was in den Thälern kreucht. Das elend mahlt und schreibt
Sein Tag-Regiester vol mit eitel Fürsten-Namen.
Wie daß dir vor so tif nicht in Gedankken kamen
Die thaten Ibrahims? So siht man auf das Licht
Des Sonnen-Rads so sehr bei heiterm Wetter nicht
Als wenn ein Finsternüß den hellen Blitz versehret
Und ihr Gesicht umbhüllt. Dis itzge Beyspihl lehret
Was mir und dir für-steht. War dir nicht kurtz zuvor
Kaum ein scharff Wortt entfahrn / wie schon des Keisers Ohr
Sich höchst verletzt befand.
HALI.
Sich stets in Fürsten schikken
Wird Mir / und dir / und nicht dem hundersten gelükken.
ACHMAT.
Wol / dis ent-schuldigt ihn / und spricht den Ibrahm los.
Wenn mans beim lichten siht ist nicht die Schuld so gros
Als sie die Miß-gunst macht / die / (kan ich anders rathen)
Uns auch noch stürtzen wird. Vermögen Ibrahms Thaten
Nicht dis zu läschen aus / was ihm zwar was Verdacht
Doch keine Schuld auf-halßt / und ihn zwar scham-roth macht
Doch durch kein Recht verdammt. Was werden unsre taugen?
Die nur ein Schatt und Schimpff und Schertz in Ossmanns Augen?
Der Fürste räumt zu vihl Platz für die Miß-gunst ein /
Du sihst beim Sulthan den am Brette wider seyn /
Der nichts als Vn-glükk stift und nur zum Schaden wachet /
Der durch Schmarutzen nur der Mord-Lust Feur auf-sachet /
Das vor schon ohne Wind und neuen Zunder glimmt /
Und den der nicht mit ihm in seine Pfeiffe stimmt /
Verdächtigt und verhaßt / wenn er ihn hinterm Rükken
Verschneidet wie er weis.
HALI.
Doch kan man solchen strükken
Durch Vnschuld wol entgehn.
ACHMAT.
Die reinste Vnschuld läscht
Oft diesen Flekk nicht aus / und der verdihntste wäscht
[29] Sich nicht vom Arg-wohn rein.
HALI.
Man glaubet oft nicht ehe
Doch arg-wohnt man / biß daß der Fürste gar vergehe.
All unschuld bricht wol aus.
ACHMAT.
Uns lehrt des Bassen fall
Das unschuld oft verdirbt.
HALI.
Sprichstu den Ibrahm all
Von dem Verbrechen los?
ACHMAT.
Von diesem / das den Kerker
Wo nicht den Strang / verdihnt.
HALI.
Sein Frevel ist vihl stärker
Als ich und du vermeint.
ACHMAT.
Nicht stärker als verdihnst'
Als Tugend.
HALI.
Vndank nimmt den vorigen Gewihnst
Der ersten Wohl-that weg.
ACHMAT.
Kanstu ihn Vndank zeihen?
HALI.
Zwar ich nicht / Ossmanns Gunst.
ACHMAT.
Wird zwang sich zu befreien
Für Laster aus-geschrien?
HALI.
Was zwang ihn zu der flucht?
ACHMAT.
Sein Wol-stand sein Gemahl.
HALI.
Hett ers durch bitt ersucht.
ACHMAT.
Umbsonst man hett es ihm unfehlbar abgeschlagen.
HALI.
Wer kont ihm dis gewiß von so vihl Zweiffeln sagen?
ACHMAT.
Die Brunst die Solimann zur Isabellen trug.
HALI.
Stand nicht die Ehr ihm ob die selbe Brunst ausschlug?
ACHMAT.
Der Ehre Feuer war im Liebes-Rauch erstikket.
HALI.
Sie glam noch in der Asch und ward hieher erblikket.
ACHMAT.
Itzt ist noch Strumpff noch Stiel nicht übrig mehr von ihr.
HALI.
Wer weis ob nicht ein Funk erst wider komm herfür.
ACHMAT.
Kein Funke kan wo er nicht Nahrung hat verbleiben.
HALI.
Wer weis es / bis der Wind die Asche wird zerstäuben.
Wie leicht kan Zelebes dem Keiser fallen ein /
Vnd Tauris / die durch Ihn allein bezwungen sein.
ACHMAT.
Vergäbens! nichts nicht ist / das also bald verrauchet / |
Und aus dem Sinn uns fällt / als Wohlthat: man gebrauchet
Ihr als des Rosen-Zweigs / der länger nicht belibt
Als weil er blüht und raucht.
HALI.
Des Ibrahms Gutthat gibt
Noch Soliman Geruch.
ACHMAT.
Du glaub es. Ich besorge
Daß man dem Ibrahim den Tod und Strang nur borge.
Vmbsonst siht der / auf den so mancher Sturmwind geht
Sich nach dem Hafen umb. Wer auf der Schippe steht
Stürtzt leichtlich Kopff und Hals. Auf den ein Fürst gewändet
[30] Vihlfältge Wohlthat an / in eben selbem endet
Und fürchtet Er Sie auch. Des Neides Augen sind
Auf das Gelükk ein Luchs / auf die verdihnste blind.
Der Menschen Eifer ist geahrtet mehr zum schälten /
Zur Rach / als die verdihnst und Wohlthat zu vergälten.
HEI.
Getrost? die Sturm-Well hat oft in den Port verfätzt /
Der Nord-Wind hat oft mehr als lauer West ergätzt:
Der Dorn ward oft zur Ros' und unser Schmertz zum Schertze /
Der Fall erhöht' uns oft.
ACHMAT.
Du machst mir schier ein Hertze!
Es sei / daß sein Gemahl Ihm denn im wege stünd
Und Ossmann neue bränd aus ihrer Kält empfind.
Ich fürcht auch Roxelan und Rustahn wird die länge
Wol schwerlich feiern mehr / bis Ibrahm wird die gänge
Des trauten Mustaffa noch auch gegangen sein.
Doch bricht des Ibrahms Halß bricht Ossmanns Thron auch ein.

Chor der Leibeigenen Christen.


Satz.


Die in erhitzter Schlacht
Behertzt für Gott und Land die hand-voll Jahr beschlossen /
Die mit versprütztem Blutt auch Seel und Geist vergossen
Und Türkk und Tod verlacht /
Kan man so billich nicht betrauern /
Als uns die wir allhier in dises Kerkers Felsen
Das Vrtheil unserm Kopff und Mord-Spruch unsern Hälfen
Erwarten / und fürm Tod uns schauern.
Wird man uns auf Galeen schmiden?
In sidend-heissem Oele fiden?
Wird man uns braten an dem Pfal?
Wird man in Mörseln uns zerstossen?
Wird man umb unsre Köpfte lossen?
Wird man uns spissen an den Stal?
Wird man uns köpffen oder wird man uns erwürgen?
[31] Wird man uns unsern Leib zersegen?
Auf Holtz-stöß und auf Röste legen?
Mit glüend-rothen Kohln und warmer Asch umbschürgen?
Wil man uns Därm und Lung und Eingeweid aus-reissen?
Vnd umb das blutge Maul die fetten Hertzen schmeissen /
O höchster! kanstu sehn
So deine Christen schmähn?

Gegen-Satz.


O Ja er siht es wol!
Vnd hat ein wachsam Aug auf dise die uns tretten
Und Ihn durch uns verschmähn. Doch weis Er / wenn er retten
Und wenn er helffen sol!
Der Akkers-Mann haut Strauch und Dörner
Nicht eh ab / als bis er davon die Frucht beisammen:
Der Mohre wirfft nicht eh in das gestrüttig Flammen
Als er des reiffen Weirauchs Körner
Hat abgelesen von den ästen:
Also hilft Gott zwar den gepresten /
Doch stürtzt er nicht Tirannen eh
Ob sie zwar jhm ein Dorn in Augen
Vnd uns aus-ädern und aus-saugen
Als bis von jhnen Nutz entsteh
Als bis Er / wenn wir uns an jhm sich oft versündigt
Durch Sie als Dihner seiner Rachche
Als Bohten seiner muntern Wachche
Hat seines Eifers Grimm und heissen Zorn verkündigt.
So dihnen Schlang' und Molch' und Nattern oft den Aertzten /
Und ist ihr ärgstes Gifft für Gifft nur am bewährtsten.
Doch kurtz nach dem gebrauch
Stürtzt er Tirannen auch.

Satz und Gegen-Satz.


Beherscher über uns / und über unsre Fässel
Wie lange peitscht uns deine Rutt
Wie lange brennstu uns mit diser Jammer-Nessel;
[32] Wie lange wäscht in warmem Blut
Der wilde Bluthund sich der dir vertrauten Christen /
Kan deine Lang-Muth noch die Rachche länger fristen?
Erbarm dich über die
Die Hand-voll Volcks / o Gott; gerechter Richter wachche;
Die für dir auf dem Knie
In Türckschen Banden schrein und winseln: Rachche! Rachche!

2. Akt

Die andre Abhandlung.

Der Schau-Platz verändert sich in den Keiserlichen Spatzir-Saal.
Solimann.

Ist Ossmann bei Vernunfft / ist Soliman bei Sinnen?

Vnd weis nicht was er läst noch thut?

Kan unser zweifelnd Hertz noch Grimm noch Gunst gewinnen?

Noch Rachche beugen unsren Muth?

Läst Eifer und Verstand nicht ihren Fürsten wissen

Wes Er sich sol entschlissen?

Wol; Ossmann wol erwägs / es steht dir beides frei

Ob mehr mit schärff als Gunst hihr zu verfahren sei.

Wol! Ossmann / wol; erwägs! doch was ist zu erwägen /

In dem / was Rachch und Recht gutt spricht?

Verruchter! pflegt darumb die Natter man zu pflägen /

Daß sie uns in die Ferse sticht?

Es ist nicht sicher / nein / der gifftgen Schlangen häucheln

Und mit den Fingern sträucheln.

Nicht sicher; ob man sie mit süsser Milch gleich tränkt /

Daß man sie auff die Schos hebt / und an Halß jhm hängt.

Wol an; verruchter Hund; wol an; weil unsre gütte

Nur einen Drach an dir ernährt;

Nur einen Wurm gesäugt / weil dein verstokt Gemütte

All unsre Lib in Eis verkährt /

[33] All unsre Gunst in Schmach / weil unser guttes hoffen

Im Vndankk ist ersoffen:

Weil du die hold aus-schlägst / und uns gibst Fluch zum Dank

So fühle Mord und Todt und Pein und Hänkkers strang!

Schawn wir trew-loser Hund dich Hund an / als Verrähter

Als Räuber / als ent-lauffnen Knecht

Als flüchtgen Vnterthan / als frechen übelthäter /

Spricht Wohlstand / Majestäth und Recht:

Man mus dich auf den Pfal auf brand- und Holtz-stoß binden

Ja wol lebendig schinden.

Man mus umb Ossmanns Lib umb unsers Reiches Heil

Ergreiffen Stal und Spiff' und Säbel Dolch und Beil.

Man mus dich! aber ach! wer kan das Haupt verdammen

Den Arm dem Hänkker sprächen zu?

Der so vihl Auf-ruhrs bränd und so vihl Kriges-Flammen

Verwächselt zu des Reiches Ruh?

Dem Ossmann Kron und Stuhl / des Reichs verlängte Schranken

Ja Leben schier zu danken.

Wer kan den Ibrahim verdammen / der durch Flucht

Ihm nur mit dem Gemahl nothwändig Ruh gesucht?

Doch was erwägen wir? wird und kan der wol leben?

Der dise / die nur uns gebührt /

Vnd ohne welche wir in ängstgen Säufzern schweben /

Verrähtrisch unsrer Lib entführt?

Wen? umb den Soliman in hitzger Sucht verwäset /

Der unsre Lib aus-bläset?

Kan der wol lebend sein / umb den man gantz vertirbt /

Vmb welchen / Soliman so lang Er lebet / stirbt?

Ach aber! wird uns wol die Fürstin können üben?

Die Fürstin? uns? die wir durch Blut

Durch Ibrahims Verlust Sie bis in Tod betrüben?

Gesätzt! daß ihre Libes-Glut

Des Bassen Blut-Bad ab aus ihrem Hertzen wäschet

Und Ossmanns Grimm ausläschet /

Kan Sie uns holder sein / als an dem strengen Phrat /

Ein Tiger dem / der es der Frucht beraubet hat?

[34] O Zwitracht unsrer Seel und der entsinnten Sinnen!

Wie wenn man Ihn beim Leben liss'?

Ach! würde Sie sonst wen als Ihn recht lihb-gewinnen

So lang Er nicht den Geist ausbliss'?

Nein nein! man sondert nicht das Vnkraut von den Bäumen

Weil seine Wurtzeln käumen.

Weil Ibrahm lebt und übt / des herben Hasses kwell

Findt Ossmanns üb und flehn nicht bei der Fürstin stell.

Ergrimme rechte Rach! Er sterb! er sterb! er sterbe!

Er sterb und kühle Stambuls Grimm!

Zum minsten tröstets uns / daß Sie kein Libs-gewärbe

Nach dem erblasten Ibrahim

Mit andern treiben kan; wird Ossmann sie nicht lenken

Und wo sie Ihn wird kränken!

Ergrimme Soliman / laß Si den Eifer fühln /

Sein Mord und ihr verlust darf unsern Eifer kühln!


Soliman. Rustahn.

SOLIMAN.
Wol gleich zu rechter Zeit hastu dich eingestället!
Hastu den Hund verwahrt? den Hund der uns vergället
Zeit / leben / Lib und Lust?
RUSTAHN.
Mein Fürst / es ist verricht.
SOLIMAN.
Wie stält' er sich? sahst du Ihm unter Augen nicht
Absondre Regung an?
RUSTAHN.
Ein frech und kekk Gebehrden:
Wie die die ohne schuld geführt zur Schlacht-Bank werden.
SOLIMAN.
Oft ists der ärgste Schelm der bei der follter sich
Am unerschroksten ställt.
RUSTAHN.
Der tüksche Dieb fuhr Mich
Doch mehr den Keiser an / mit un-gestümen Worten;
Als wie ein Ketten-Hund der huttsam an der Pforten
Auf iden billt und schnautzt.
SOLIMAN.
Was warff auf uns für Schmach
Sein Läster-Maul heraus?
RUSTAHN.
Mein Keiser gäbe nach
Das Ich mit disem nicht den Sulthan darf verlätzen /
Was un-werth des Gehörs und des Erzählns zu schätzen.
SOLIMAN.
Entdäkk es / was wir wolln.
RUSTAHN.
Idweder Auspruch klang
Nach Lästern / fluch und dräwn / ja / iedes Wort-glid zwang
Mich zur Erbitterung / doch kont ichs so verbeissen
[35] Daß nicht mein Eifer aus in Rache dörfte reissen:
Wiewol der Hund ihm leicht aus Stirn und Augen schlos
Und aus der Zähne knirsch wie sehr es mich verdros.
SOLIMAN.
Laß hören was er log?
RUSTAHN.
Er ließ sich frey verlauten
Das ihre Hoheit blos auf seinen Rükken bauten es
Des Reiches sicherheit / daß / wenn nicht er geschützt
Schach Tachmas längst das Reich des Solimans zerrützt
Und ihn vom Stul gestürtzt / ja / ihm seis zuzumässen
Daß Ossman Keiser sei.
SOLIMAN.
Ha / hastu Hund vergäßen /
Wer du bist und wer wir.
RUSTAHN.
Noch eines; Er gab für
Daß Konstantinus Erb und Reichs-Stul ihm gebühr.
SOLIMAN.
Ihm Schelmen?
RUSTAHN.
Endlich schloß er also: zwar er ställe
Es Ossman gerne frei / ob er ihn lieber fälle
Als zu Genaden nahm: allein er müsse dis
Zuvor ihm offen-bahrn / das ihn sein fall gewis
Auch kürtzlich würde fälln. Sein dräwn sei Blitz und krachen
Ein winken köndte Stadt und Reich auf-rührisch machen /
Ein winken könte dich in Asch und Graus verkährn /
Der Pers' und Türkke stünd ihm / wolt er sie begährn
Gehorsam zu geboth.
SOLIMAN.
O schwaches Mensch-geschöpffe
In was bläßtu dich auf! wol! hättstu tausend Köpffe
Von Stein und Ertzt geetzt / sie müsten alle dran /
Schnautz aber wie du wilst den grossen Welt-Printz an
Doch geht dirs umb den Hals / der Monde kehrt ans bällen
Sich toller Hunde nicht. Man pflägt es heim-zuställen
Dem Spihler der verspihlt / ob er ein Blatt zerreist.
Wie spreust der Käfer sich!! kein todter Hunds-Kopff beist!
Du thust uns kleinen Hohn! wie wenn wir es nicht wüsten?
Der Löwe wird sich nicht ob dieser Maus ent-rüsten!
Bill immer in die Luft! doch! wes Gesichtes nam
Sich an die Isabell als es zum scheiden kam?
RUSTAHN.
Sie thät / mein Fürst / als wenn sie gar vrzweifeln müste.
Sie fihl ihm umb den Hals mit beidem Arm / und küßte
Mit Thränen sein Gesicht / und hilt sich an Ihm an
[36] So feste / daß man Sie schwer von Ihm abgewann.
Es müst / ich selbst gestehs / ein stähl- und steinern Hertze
Zugegen sein gewest / dem Sie mit ihrem Schmertze
Nicht Weh-Muth hett erregt. Er auch war anders nicht
Gebährdet / als ein Mensch dem man den Hals ab /bricht.
Ein mehrers! sie vermaß Sich Ihm und Er Ihr wider
Daß ihre Libes-Glut / wenn Sie gleich ihre Glider
Den Flammen würden solln auf-opffern auf dem Pfal
Doch nicht verglimmen würd.
SOLIMAN.
O neue Seelen-kwal
O bluttger Hertzens-stos! Erweicht noch Printz noch Bittel
Noch Schmach noch Ehre dich? wird auch durch dises mittel
Der Anschlag uns zu nichts / der nächst durch Lindigkeit /
Uns auch zu Wasser ward. O trauriger Bescheid!
Durch was hat Sie der Hund bezaubert und bethöret?
Das ihr verstopftes Ohr nicht unser Drangfaal höret! |
Daß unsrer Hoheit Glantz Sie nicht verbländen kan /
Daß Sie den Kerker mehr als Ossmanns Stul siht an /
Den stoltzen Sklafen küßt / den grossen Printz verlachet
Den Keiser höhnisch hält / und den zum Mörder machet
Zum Mörder / der Sie übt / daß er gezwungen thut
Was Ihm die Rach einbläst / daß er ihr kreuschend Blut
Auf blauen Schweffel-Loh und Flammen lässt verzischen.
Woll last uns noch einmal die bitt mit dräwn vermischen!
Wol laßt uns noch einmal versuchen unser Heil /
Ob mehr der Henker hab als Ossmann an Ihr Theil!

Solimann. Roxelane.
ROXELANE.
Wohin? wie so bestürtzt? mein Keiser / was entdäkket
Das traurige Gesicht? welch neuer Aufflauf stäkket
Das Hertz mit Vnruh an? Wünscht Soliman was mehr
Als daß Er endlich Ihn sein Ossmanns-pochen lehr?
Der der des Fürsten Brust mit un-luft noch behäuffet
Schwimmt in der Welle schon / bis sie Ihn gaar ersäuffet
[37] Und in den Grund verschlingt / so bald als Ossmann läst
Den letzten Zorn-sturm loos und ihn aufs Tods-Meer bläst.
SOLIMAN.
Ja bläst! wenn uns der Wind von nichts ward aufgehalten.
ROXELANE.
Welch anhält ist so stark das man ihn nicht kan spalten?
SOLIMAN.
Der der uns Hertz und Sinn und Hand und Glider hält.
Auf dem Rach Haß und Grimm mit Kraft zurükke prellt
Wie die erboste Schwulst des Meer-schaums an den Felsen.
ROXELANE.
Was ists / mein Fürst / was ists / das den verdammten Hälfen
Das Blut-gericht verschäubt.
SOLIMAN.
Der Rache wider-spihl.
ROXELANE.
Sie sind in Ossmanns Hand.
SOLIMAN.
Sie sinds / doch der so vihl
Nicht Macht hat über sie als da sie weit von hinnen.
ROXELANE.
Wer wird dem Soliman die Hände binden können?
Wer können? längst geschehn.
ROXELANE.
Geschehn / was nimpt / was reift
Aus Stambuls thürmen sie?
SOLIMAN.
Dis was selbst Ossmann preist.
ROXELANE.
Hat wer / der ihm villeicht mit Mitschuld angekettet
Und mit im Spihl gewest / durch Vorbitt Ihn errettet?
SOLIMAN.
Vergebens!
ROXELANE.
Hat sie Ihm der Pöfel loos gemacht?
SOLIMAN.
Nein! auch nicht!
ROXELANE.
Hat betrug sie aus den Fässeln bracht?
SOLIMAN.
Sie irrt!
ROXELANE.
Steht Mohamed der Pers villeicht im wäge?
Daß seine Botschaft sich nicht uns ins Mittel läge /
Weil Ibrahms schlauer Frid ihm schier sein Reich verehrt
Daß ihrer Hoheit hett nach Krigs-Gebrauch gehört?
SOLIMAN.
Vmbsonst! was hätt uns Schach hir thulichs fürzuschreiben?
ROXELANE.
Und nun noch dis / noch das / welch andre gründe treiben
Den Keiser auf den wahn?
SOLIMAN.
Wo nicht auf rechten schlus!
ROXELANE.
Auf rechten schlus? Wenn man den Frefel lassen mus
Gantz un-gestraft hingähn? wenn man dem Ertz-Verräthe
Dem trew-vergäßnen Hund und ärgsten Vbelthäter
Der Galg- und Rad verdihnt / noch durch die Finger siht?
Daß Er verdrüßlich uns als Dorn in Augen blüht?
Kan ihre Hoheit dem kan Rach und Recht vergäben
Der nach des Keisers Stuhl ja nach des Keisers Leben
Meineidisch hat gezihlt?
SOLIMAN.
Man arg-wohnts: aber dis
Das Er das Keiserthumb erhalten / ist gewis.
[38]
ROXELANE.
Durch dis erhalten hats der Hund ihm vorbehalten.
SOLIMAN.
Es sei ihm wie ihm sei / man heist ihn schlechts erkalten;
Und gibt nicht auf verdihnst auf Stärk und Tugend acht.
Katz-Bektas Nachkomm hatt in solch Gedräng uns bracht;
Die Türksche Heers-Krafft war meist flüchtig durchgelauffen;
Wir kämpften rings umbringt vom Chientayer hauffen
Es hat uns wach und Volk verlassen / ausser Ihn
Wiewol er als ein Sklaf an Ketten muste zihn \
Entwaffnet / un-geharnscht. Es ward nach uns geschmiffen
Ein Spis durch welchen wir wol in das Gras gebissen / \j
Wenn Er Ihn von der Brust uns nicht vorbei geweist.
Er säbelt' umb uns her auf die die uns umb-kreist
Mit einem von der Erd ergriffenen Gewehre;
Bis Er dem hin und her zerstreuten Türkschen Heere
Ein Loos gab / daß zu stehn / sie könten Siger sein.
Er drang auch in die Stad sich mit den Flüchtgen ein
Alleine / sonder hülff / und gab auf ihren Thürmen
Ein Zeichen unserm Volk wo sie sei zu er-stürmen.
Der Bassa Sinan ward geschlagen bis aufs Haupt
Als er mit uns zog heim / doch als wir Ihm erlaubt
Nur einen Zug zu thun / hat er mit eignen Fäusten
Des Zellibs Kopff zerkipft / und die das Schwerd uns weisten
Straks zum gehorsam bracht / was er in Persen thät
Erweist Karamide / Orfanzehf / Bagadet
Wo er dem Ossmann auf den göldnen Reichs-krantz sätzte /
Als uns der Califa für Persens König schätzte.
Vmb nechsten Friden-Schluß / als Er durch Siges-hand
Den Bosphor und den Phrat / Sark und Bizanz verband /
Ist Stambul Ihm wie Schach und Vlama verpflichtet.
ROXELANE.
Durch neue Laster wird / mein Fürst / verdihnst vernichtet.
So viel als Er genützt verdihnt kaum also viel
Als unsre Sulthanin für die Erlösung wil
Da Ihn die Hänker schon zum Halß-Gerichte führten /
[39] Ich schweige / mit was ihn für Ehren-ämptern zihrten /
Des Keisers Majestät
SOLIMAN.
Selbst Ossman spricht für Ihn
Selbst Ossmann / der ihn sol dem Hänker gäben hin;
Der einen Augen-blik verflucht / verdammt / verhöhnet /
Den andern liber ihn verehrt / begnadigt / krönet
Bald Gunst bald strang spricht zu.
ROXELANE.
Wo nicht mein Fürst das Flehn
Der die er übt / verschmäht / so laß mein Keiser den /
Der nur auf Ossmans Stul auf unser ungedeien
Und beider Tod umbgeht / die schwartze Seel ausspeien /
Den schuldgen Kopff abhaun. Mein Fürst / mein Solimann
Wo Ibrahm lebend bleibt / wird schälten was gethan /
Verfluchen Stund und Tag / an dem er nicht gewüttet
Auf dieses Vn-thier hat / wenn Stambuls Reich beschüttet
Mit Flamm und Aschen sein / mit Leichen überdäkkt
Der Stul in Graus zermalmt / die burk in Brand gestäkkt /
Und uns sein heimlich Gift des Meineids auf wird reiben /
Uns die wir mit der Glutt nur spil und Kurtz-weil treiben.
SOLIMAN.
Es sei denn / was sie wil straks bald in eil verriebt /
Prinzessin / der wir Macht was abzuschlagen nicht.
Geh Rustahn lad ihn uns zum schwartzen Todten-Essen
Und Mord-Trankk / weil hir nichts gebräuchlichs zu vergässen:
Du solst auch / wenn er sich gesätzt an Hali Seit
Zur Taffel haben wird / das lange Sterbe-Kleid
Selbst überreichen ihm samt den schwartz-seidnen strängen.
Itzt Last uns etwas nach des Hertzens Schwer-muth hängen.

Solimann.

Der Schluß ist denn gemacht / das Vrtheil ist gefällt /
Wo nicht ein ander schon den ersten Schluß aufhällt!
Der schluß ist denn gemacht auf Ibrahms Halß und rükken /
Auf Ibrahms Kopff und Blut. Den mag der Henker drükken
Den mag die Rach in Koth vertreten / welchem wir
Mit unsrer sanften Hand zu harte kommen für
Er sterbe / nein / nein / nein / umbsonst / in eil / verhätzet
[40] Aus Anreitz / unbedacht / gesprochen! Freundschafft sätzet
Uns andern Vorfatz für. Wir wider-ruffens gar
Wir stossen alles umb / was vor geschlossen war.
Wir schiben alles auf / in willens vor zu wissen /
Was sich noch gegen uns wird Isabell entschlüssen.

Reien der Begihrde / der Vernunft / des Menschen.

BEGIHRDE.
Dis ist der Pfeil / und dis die Kertze
Die mit begihrgen Flammen kan
Des Menschen Glider Sinn und Hertze
Verzaubern und sie zünden an.
VERNUNFT.
Dis ist der Zaum / und dis die Spritze
Der wider deine Pfeile kämpfft /
Die der Begihrde Flamm und Hitze
Verläschet / bläset auf und dämpfft.
BEGIHRDE.
Dis ist die Glutt die alle Glider
Und alle Sinnen nimmet ein /
VERNUNFT.
Auch meinem Zaume folgt ein ieder
So vihl ihr in dem Menschen sein.
BEGIHRDE.
Die Nihren zünd ich an mit liben;
VERNUNFT.
Ich mit erfreuter Tugend-Brunst.
BEGIHRDE.
Verstand führ ich zum Wollust-üben;
VERNUNFT.
Ich zu tif-sinnger Künste gunst.
BEGIHRDE.
Das Hertze zu der hoch-muth Throne;
VERNUNFT.
Ich zu der hohen Demuth Glantz.
BEGIHRDE.
Das Haupt zur stoltzen Ehren-Krone;
VERNUNFT.
Ich zu dem grünen Weißheits-Krantz.
BEGIHRDE.
Die Augen zu verbuhlten Blikken;
VERNUNFT.
Ich Gottes Wunder zu beschaun.
BEGIHRDE.
Die Hand zum geilen Wange-drükken;
VERNUNFT.
Ich etwas nutzbars zu erbaun.
BEGIHRDE.
Die Ohren zum Belustgungs-Klange;
VERNUNFT.
Ich selbst des Höchsten wort zu hörn.
[41]
BEGIHRDE.
Die Zung zu Lust- und schertz-gefange;
VERNUNFT.
Ich Gotts-Dihnst / Artznei / Recht zu lehrn.
BEGIHRDE.
Die Lippen zu un-keuschem küssen;
VERNUNFT.
Ich sie zu Gottes Preis zu rührn.
BEGIHRDE.
Das Fleisch die Libs-brunst zu genüssen;
VERNUNFT.
Ich die Geschlechte fortzuführn.
BEGIHRDE.
Die Kräffte zu gros-müttgem zwingen;
VERNUNFT.
Ich für Gefahr zu schützen sich.
BEGIHRDE.
Den Fuß zum tantzen und zum springen;
VERNUNFT.
Ich hin und her zu tragen mich.
BEGIHRDE.
Mein Pfeil trift durch die Ahrten-Zeugung
Auch frücht und unvernünftig Vih:
VERNUNFT.
Ich auch weil die Geburts-Zuneigung
Mir von sich selbst erspart die Müh.
BEGIHRDE.
Begihrd ist von Natur gezeuget
Den meisten Welt-Geschöpffen an.
VERNUNFT.
Wol! wenn dich die Vernunfft nur beuget
Und aus dem Grund aus-rotten kan.
BEGIHRDE.
Begihrd ergätzt mit tausend Lüsten
Und gibt Vergnügung / stärkk / und Krafft.
VERNUNFT.
O schlechte Luft! wenn aus dem süssten
Bald Galle wird und Wermuth-Safft.
BEGIHRDE.
Ich schantze meinen Kindern Tittel
Schätz / Ehre / Zepter / Insel zu /
VERNUNFT.
Vnd bist bald Hänkers-Bub und Bittel
In der Gemütter sanften Ruh.
Du leitst auf Wäge die verborgen /
Du leutest / und hast selbst den Star.
BEGIHRDE.
Vernunfft siht nichts als schwere Sorgen.
Si hat Licht-heller Augen zwar;
Doch wo si die begihrd anzündet
Siht Sie wi durch ein Blaaster kaum.
VERNUNFT.
Bis daß vernunfft dich überwindet
Und macht für Dunst der Sonne raum.
Begihrd hat alles über-flüssig /
[42]
VERNUNFT.
Doch ist sie nur an Mängeln reich.
BEGIHRDE.
Begihrd ist räg' und keinmahl mussig.
VERNUNFT.
Sie ist dem Wetter-Hahne gleich.
BEGIHRDE.
Mein Reich reicht über alle Reiche.
VERNUNFT.
Mein Reich ist Fride / deines Krig.
BEGIHRDE.
Mein Krig findt nichts das ihm nicht weiche /;
VERNUNFT.
Dein Krig ist flucht / mein Frid ist Sig.
BEGIHRDE.
Ich kriche nicht wie du auf Erden /
Mein Zihl ist Sternen-gleiche Höh.
VERNUNFT.
Dein Himmel kan nicht höher wärden
Als wo ich mit den Püffen steh. l
Mein tiffter Zihl-Zwek ist der Himmel /
Dein böchster Gipffei Erd und Koth:
Dein jauchtzen ist ein traur-getimmel / i
Geld / Ehre / Wollust ist dein Gott.
Mein trauren Lust; mein Armuth Fülle /
Dein Wohl-stand kränke trauer-sucht /
Dein Will ist leer und blosser Wille /
Dein Wunsch hekkt Wünsch und meiner Frucht.

Der Mensch.

Wenn der Erde Schatten-Kugel körnt gerade zwischen ein
Wird der Monde blaß und machet schwartz der Sonne Gegenschein:
Wie vihl finsterer erscheinet des vernünftgen Menschen Hertze /
Wenn Ihm die begihrd umb-nebelt / der Vernunft erleuchtungs-Kertze.
Wer der begihrde folgt / verbrennt in ihrer Glut,
Verschmältzt in ihrer Flamm / erläufft in ihrer Flut.
Wer sich mit der Vernunfft gedrangen Zügeln zäumet /
Der Fakkel der Vernunfft sein dunkkel Hertz einräumet /
Und ihren Anker fänkt in der Gedancken Hauß
Mit Strömen der Vernunfft läscht die begihrden aus;
An dem wird die Begihrd mit ihrem Pfeil nichts enden /
Den wird nicht die Begihrd mit ihrem Dunst verbländen /
Ihr Sturm-Wind wird ihn auch in Schiff-bruch nicht gefährn
Den wird nicht die Begihrd in ihrer Glut verzehrn.

3. Akt

[43] Die dritte Abhandlung.

Der Schau-Platz verändert sich in der Isabelle Gefängnüs.
Isabelle.

Bestürtzte Sterblichen / die Ihr die band voll Jahre

In Lust und Jammer theilt / eh Ihr Sie auf der Baare

Nach Schuldigkeit lägt ab / Elende / schaut uns an /

Ob der geängstigste sich uns vergleichen Jean!

Schaut / urtheilt ob ein Mensch im Schau-Platz diser Erden

Durchs Himmels Haß und Neid mehr kan geängstigt wärden;

Schaut urtheilt / ob ein Mensch der sich durch herben fall

In gleichem Elend weis; schaut ob des glükkes Ball

Mit imand trüber spilt! schaut urtheilt meine Schmertzen!

Ob Euch ein Donner-Keil des Trübsaals mehr die Hertzen

Gerührt / zerschmettert hat! Die Thränen rühm Ich nicht

Die dis gesicht benätzt / seit Ich das Tage-Licht

Bestrahlet von Kind auf; was uns für Vnglüks-Fälle

Zur Hand gestossen sind. Die erste Jammers-Kwälle /

Die erste Schif-bruchs-Flut die uns durch ernste Noth

Fast gar zu Scheitern schmiß / und uns die Waffen both

War der Grimbalder Haß zu den Justinianen

Die bis zun Eltern sich von den uhralten Ahnen

Schier un-versöhnlich span. Als diser Sturm verging

Zog ein new Wetter auf das Luft und Krafft empfing

Von dem versöhnungs-Wind der uns zwar einen Hafen

Doch auch neu Vnglük wieß: als die mehr schlechte Sklafen

Als edlen Spinoler den Rudolf bei der Nacht

Mit stürmer Hand fieln an / und einer umbgebracht

Durch Ibrahms Spitze fiel / der sich aufs Vaters seite

Straks aus dem zwei-Kampff gab. Wiewol nun von dem Streite

Der Väter Haß hört' auf / so ward aus Stad und Land

Doch mein Justinian von unserm Rath verbannt.

Die tiffen Säufzer sind von nimand zu ermässen

[44] Die als Ich zu Monahk hab oft bethränt gesässen

Mein jammernd Hertz aussties / wenn Ich die Briffe schrieb

Dem Libsten / ohne den ich Lib und Zeit vertrib!

Doch was erzähl Ich dis? was war es / was beklaget

Zu schätzen gegen dem / als Mir an ihm verfaget

War schriftlicher besuch / und uns die Julie

Dem Printz von Massarahn zu gäben zu der Eh

Durch-aus entschlossen war: Bis daß des Himmels gütte

Des Hertzogs Lib auf-hob / aus Juliens Gebitte

Und stränger Aufsicht nam: Doch bald ward dise Lust

Mit neuer Pein vergällt. Es war uns nichts bewust

Als das Justinian Bestallung sollte haben

Ins Deutschen Keisers Heer / doch erste Briffe gaben

Uns Nach-richt / daß Er längst dem Krigs-Ampt ab-gedankt;

O Nach-richt! Wie hat uns die lange Zeit verlangt

Zu wissen / ob mein Fürst schon todt sei / oder lebe.

Die Hand war stets geschikkt das sie dem Jammer gäbe

Ein Ende durch den Tod. Doch nach so rauer Pein

Schien einen Augen-Blikk des Glükks geschminkter schein /

Als meinen Ibrahim mit Frewd und Ehrn-Gepränge

Gantz Genua nahm an / den Ossmann nach der länge

Begnadigt heim zu zihn. O trauriger Verlust

Als Er nach kurtzer Zeit uns lassend zihen must

Ins Türkschen Blut-Hunds dihnst. Doch wie bei kühlem Mertzen

Des Himmels Angefleht bald finstre Wolken schwärtzen

Bald auch die Sonne scheint: so handelt' uns die Noth

Als Rustahns nützlich Raub nach Solimans Geboth

Uns nach Stambulden bracht'/ und uns nach Wunsch ergätzte

Mit Ibrahms Gegenwart. Doch ach! was ich mir schätzte

Für günstigstes Gelükk / das hat / ach ach! ach Weh

Uns in den Jammer-Schlund / uns in die Thränen-See

Uns in dis Schiff-bruchs-Meer / uns in dis trübfals-Feuer

In disen Tod gestürtzt / wo wir so schwer so teuer

Bezahlen was erkwikt'/ hat uns ein Tag ergätzt /

Seit Ibrahim den Fuß in Persens Krig gesätzt!

Mit was erschröknüs hab Ich die erboosten Wellen

[45] Die mächtiger / als mich mich schwaches Weib zu fallen

Erduldet auf der Brust? Mit was Bestand hab Ich

Die Brunst zurükk gedrükt / durch welcher Flamm an mich

Der tolle Sulthan sätzt'! Ach! Hänkker unsers Lebens!

Ach Blut-Hund! ach Tiran! hat Ibrahm dir vergebens

Geleistet treue dihnst? hat Ibrahm dir so viel

Zu Lib und nutz gethan? daß wir ein Zwek und Ziel

Itzt deinem wütten sein! Gott / mächtigster Erretter

Printz aller Printzen Printz / laß uns dis Vnglüks-Wetter

Nicht gar in nichts verkehrn; wo nicht / hilf / das der Nacht

Des Kerkkers / uns der Tod geschwind ein Ende macht.


Soliman. Isabelle.

SOLIMAN.
Wir fragen noch einmal ob sie noch un-verrükket
Harr auf dem alten Kopff / ob sie noch nicht geschikket
Zu dem / worzu wir Ihr bedänk-Zeit lissen zu?
ISABELLE.
Bedänk-Zeit ändert uns nicht die Gewissens-Ruh.
SOLIMAN.
Was nicht bedänk-Zeit kan wird Schärff und Eifer wenden.
ISABELLE.
Wir wünschen aus der See in Tods-Port ein-zuländen.
SOLIMAN.
Dünkkt Klipp und Strudel sie ein froher Port zu sein?
ISABELLE.
Ja wol! wir fahrn zur Ruh aus disen Banden ein.
SOLIMAN.
Sie kan ein besser Wind zum Ehren-Hafen führen.
ISABELLE.
Wenn wir durch disen Port nur nicht den Port verlieren.
SOLIMAN.
Wie daß Sie flüchtig Ihn / ist er ein Port / umbfahrn?
ISABELLE.
Weil die Gedanken uns auf einem bessern warn.
SOLIMAN.
Wie daß Euch der nicht taug der besser ist als alle?
ISABELLE.
Ich wil Ihn wo Ich kan umbsegeln: Er gefalle
Wem Er gefallen wil!
SOLIMAN.
Wie wenn er euch denn mus?
ISABELLE.
Er mus nicht / dem es nicht zu sterben ein Verdrus.
SOLIMAN.
Bedänkt wol was ihr thut / bedänkts wo euch zu rathen!
ISABELLE.
Es dünkt uns wol gethan was wir zuvor schon thaten.
SOLIMAN.
Bedünkts euch wol gethan wenn ihr den Keiser höhnt?
ISABELLE.
Nein / wenn wir ihn verehrn.
SOLIMAN.
Wenn ihr den der euch krönt
Mehr als zum Sklafen macht?
ISABELLE.
Der uns in Kerker stäkket?
[46]
SOLIMAN.
In der nur gifftgen Haß des Keisers lib erwäkket?
ISABELLE.
Der Keiser feindet uns nur durch sein liben an.
SOLIMAN.
Der unser Demuth nur mehrt ihren hoch-muths-wahn?
ISABELLE.
Des Keisers Demuth schrökkt uns mehr als wenn er krachet.
SOLIMAN.
Die unser bitt und flehn nur unerbittlich machet!
ISABELLE.
Des Keisers bitt und flehn ist rauer als ein Schwerd.
SOLIMAN.
Der unser thränend Aug das Hertz in stein verkehrt!
ISABELLE.
Des Keisers Thränen dräun uns mehr als schwerdter-schleiffen.
SOLIMAN.
Wol! so last strang und Pfal und schwerdter uns ergreifen.
Wol / so last unsre Thrän abwaschen euer Blut
Weil / wie ihr fagt der Tod euch so gelinde thut.
ISABELLE.
Wir finden uns geschikkt. Vnd wo wir ja den wissen
So laß mein Fürst allein uns für den Ibrahm büssen
Der nichts an dem hat schuld / was Isabell begeht.
SOLIMAN.
Nichts schuld hat / der der uns allein im Wege steht
Und einen Ein-trag thut?
ISABELLE.
Was hat er ie begangen?
SOLIMAN.
Auf was für einer That ward er mit Euch gefangen?
ISABELLE.
Auf der zu der ihn Noth und Recht gedrungen hat.
SOLIMAN.
Fand Wollust mehr bei Ihm als der gehorsam statt?
ISABELLE.
Bei Schiffbruch und gefahr ergreifft man zu entkommen /
Brett / Holtz und was man kan.
SOLIMAN.
Es ist denn fürgenommen /
Daß sie mit einem Wortt sich rund ent-schliessen sol.
ISABELLE.
Wir thun was Tugend heist.
SOLIMAN.
Bedänkts bei zeite wol
Daß Ossman der sie bitt ihr Macht hat zu gebitten.
ISABELLE.
In dem nicht / wo er wil recht handeln / und nicht wütten.
SOLIMAN.
Daß Ossman der sie übt der übe würdig sei.
ISABELLE.
Libt uns der Keiser denn so mach Er uns doch frei.
SOLIMAN.
Sie sol den Keiser selbst Ihr zum Leib-eignen haben.
ISABELLE.
Dis heist mit Ketten / nicht mit Freiheit uns begaben.
SOLIMAN.
Kan ihr der / der so bald sie zu Monak verlies
So vihl am Wäge stehn?
ISABELLE.
Selbst ihre Hoheit prieß
Den der auch Preisens werth / daß Er die nach-gesätzet /
Die er doch mehr als sich mehr als die Welt geschätzet /
Der Zu-sag und dem Eid.
SOLIMAN.
Wir prisens zwar als gutt
[47] Für uns / doch nicht vor sie.
ISABELLE.
Wenn er mir unrecht thut /
Dem Keiser wol / warumb strafft er ihn unsert-wägen?
SOLIMAN.
Weil auch der Keiser wil der Fürstin Wolfarth pflägen.
ISABELLE.
Ach / dis ist nicht gepflägt / wenn den mein Fürst betrübt
Den Isabelle mehr als selbst ihr Leben übt?
SOLIMAN.
Libt sie den Ibrahim mehr als ihr eigen Leben /
Wol / so kan sie hirdurch ihm straks die Freiheit gäben.
ISABELLE.
Die Freiheit? wie! durch was?
SOLIMAN.
Wenn sie den Keiser übt
ISABELLE.
Was nützt es / wenn man dis für ihn zur Beute gibt
Daß wir so gerne nicht als seel und Geist entbehren /
Und ohne das ihm nicht wird Ibrahim begähren
Zu leben / frei zu seyn.
SOLIMAN.
Sol denn der Keiser eh
Sich selber bringen umb / als das sein knecht vergeh?
Der Keiser kan sich selbst mit samt den knecht erhalten.
SOLIMAN.
Nein / Ossmann mus wo sie nicht libet straks erkalten.
ISABELLE.
Und Isabelle wil eh sie ihn übt vergehn.
SOLIMAN.
Itzt wird ihr Ibrahim den schwartzen strang ausstehn.
ISABELLE.
Es geh nun wie es geh / Er wirds erfreuter leiden
Als uns aus seiner Lib ins Keisers Dihnst sehn scheiden /
Doch ach! wo dänkk ich hin. Ich führ ihn in die Noth
Auf diese Schiffbruchs-klipp in Marter Angst und Tod /
In diese Donner-Wolkk / die über ihn ergrimmet.
Wo noch ins Keisers Hertz ein Freindschaffts-funkke glimmet
Wo Ibrahm ihm nur noch mein Fürst im träum kompt ein
Wo Ibrahms Thaten ihm nur nicht ein ekel sein
Wo meine Thränen noch mein Fürst so viel verfangen /
So laß Er seine Magd die jüngste bitt erlangen /
Die jüngste bitt / mein Fürst / mein Keiser / er gesteh
Das die die es verdihnt / nicht Unschuld untergeh.
Was hat hier Ibrahm schuld wenn Isabelle sündigt
Warumb denn das man Ihm nicht Ihr den Hals ab-kündigt?
Muß anders Rach und Grimm auf seinem Kopf beruhn
So laß uns auch mit ihm.
SOLIMAN.
Wir wissen was zu thun.

[48] Der Schau-Platz verändert sich in den Keiserlichen Richt-Saal.

Ibrahim. Hali. Achmatb. Rustahn.
Etliche andere Bassen / die Stummen.
Der Aufzug zu der Todten-Mahlzeit.
RUSTAHN.
Nachdem die Majestät die Rach und Recht befästigt
Des großen Solimans / vom Ibrahim belästigt
Gereitzt durch deine Schuld verlätzt durch deine Flucht /
Durch deinen Vnter-gang des Reiches bestes sucht;
Heist seine Hoheit mich den Ich in Demüth ehre
Dir reichen diesen Rokk.
IBRAHIM.
Mein itzigs Beispihl lehre
Den Rustahn / daß sein Fall so nah ihm sei als mir.
RUSTAHN.
Ich thus vom Soliman nicht von mir selber dir.
IBRAHIM.
Wir wissens / was dein Maul uns fälschlich angedichtet.
RUSTAHN.
Weistu nicht das dich selbst dein Schelmstükk hingerichtet.
IBRAHIM.
Die Tugend wird durch Neid zum Laster oft gemacht.
RUSTAHN.
So spricht der / der sich selbst zu seinem falle bracht:
Der Neid kan keinen nicht ohn Vrsach überschütten.
IBRAHIM.
Wie kan ich als ein Mensch was menschlich ist verhütten?
RUSTAHN.
Steigt eine Flamm empor wenn sie nicht Nahrung findt?
IBRAHIM.
Des schelen neides Aug ist des Gelükkes kind.
RUSTAHN.
Mißhandlung darf allein dem neide Platz gestatten.
IBRAHIM.
Wem Glükk und Sonne scheint / den däkt auch neid und Schatten.
RUSTAHN.
Der Geier rücht ein Aaß / leb-haffte Leiber nicht.
IBRAHIM.
Manch Hund billt wenn ihm gleich oft gar kein leid geschicht:
Der neid blüth nirgends mehr als wo die Tugend grünet.
RUSTAHN.
Der neid körnt nicht so hoch der bloßer mißgunst dihnet.
IBRAHIM.
Manch starkes Last-Schiff geht zu Scheittern durch den Wind.
RUSTAHN.
Doch weis man / das ein Kahn noch seltener entrinnt.
IBRAHIM.
Genung hirvon! genung / weg schlechtes Wort-rgezänke!
Wir nähmen disen Rokk dis grimme traur-geschänke /
Zwar unerschrokken an / und scheun dis Mordgericht
Und schmäliche vergehn mit keiner Ader nicht.
[49] Weil unschuld und Verdihnst und unbeflekkt gewissen /
Die Marter / denen die sie nicht verdihnt / versüssen.
Uns graust nicht vor dem Tod und harten Hänker-strang
Weil unser Ehren-Ampt noch niemals bessern Dank
Noch bessern Lohn verdihnt. Die roth-bespritzten Wände
Vons Kassa Bassen blut / in welchem seine Hände
Der dürstge Sulthan wusch / erinnern uns im Schlaff
Daß dis uns heute triff was jenen gestern traff.
Doch schmertzt michs minder nicht / daß Osmann unserthalben
Mit disem Schand-flek ihm wird seinen ruhm besalben /
Daß unser blut ihm wird ein Brand-mahl brännen ein /
Dem wir ob dieser Rach dennoch nicht ab-hold sein.
Noch schmertzlicher fällts uns / wenn wir die Neider sehen /
Die auf uns dieses Gifft mit steiffen Bakken wehen /
Frolokkend über uns / wenn unser Tods-seind kan /
Die Seel uns sprächen ab die strängel kündgen an.

Die stille Mahlzeit.
IBRAHIM.
Wol an / denn laßt uns gehn die rauen todes-gänge
Uns wird die saure frist des lebens nicht zu enge /
Weil Rustahns Vngedult uns zu verstehen gibt /
Daß Stund und Tod sei dar. Ist daß uns Ossmann libt
Dis unser Bürg und Pfand? dem wir mit Lib und Traue
Bis auf den Tag gedihnt / dem wir mit Stein und Bleie
Und schwerem Stahl belägt erhilten Leib und Geist /
Als Ihn der Feind mit Tartsch und Spiß und Schild umbkreist:
Vns? die wir gantz bedekkt bei den Nifaten Steinen
Das fändicht harte Land / mit Leichen / Hirn und Beinen;
Die wir mit Eisen / Helm und Harnisch / stein und Schwerd
Der Parten Feld gepflügt / des Sofi Kron gewehrt
Dem der uns hir erwürgt mit den gedrangen Strikken /
Daß wir in eignem schaum geronnen Blutts erstikken.
Wiewol ist Wund und Zeit umb dieses schwartze band
Umb diesen Todten-Rokk so traulich angewand!
[50] O hette ja mein blutt des Sinans durst gestillet!
O hett ich meine Seel im strängeln aus-gebillet!
O wär ein gifftig Pfeil durch lung und Hertz geschlipfft;
O hett ein Persisch beil mir nakk und Stirn zerkipfft.
Doch Last uns gehn! wol an! du schau-Platz meiner Sige
Du Zuflucht / Schirm und Trotz der Keyserlichen Krige
Du aller Städte Stad / und du / ihr Keyser auch /
Ade! dein Siger stirbt; du du durch mich in Rauch
Und in umb-schwermend Asch und graus verkehrtes Persen
Ade! dein schrekken liegt! mein siegs-Lob wird doch herschen
Und meiner Palmen Ruhm wird eingeetzet seyn
Den halben Marmeln / die von mir geäschert ein;
Dem Sande / der noch naß von unser Feinde blutte
Das unsre Faust vergos dem Soliman zu gutte
Ihr Freunde gutte Nacht! Ihr / die Euch Mund und Hand
Und Hertze mir verknipft! Ade! mein Vaterland!
Vertraute Fürstin / Ach! zu gutter Nacht / mein Leben /
Der wir dis letzt Ade mit schweren Säuftzern gäben /
Mit schweren Säuftzern / ach! man lasse dise Glut
Des Sulthans läschen aus / allein durch unser Blut /
Und lasse sie nicht des was Ibrahm büst / entgälten /
Sol der erblaste Geist nicht eure Mord-Lust schälten /
Den strenges Blut-Recht tagt aus seiner Grufft herfür.
Ihr alle / die Ihr Mich bestürtzt schaut / und was Mir
In eurer Gegenwart für Jammernüs begegnet /
Seid von Mir zum Ade! zu gutter Nacht gesegnet!
Ihr legt den Rokk uns umb: hier ligen wir gesträkt!
Schlingt uns die strängel an. Wenn wir den Kopff gestäkt
Zur Erden / denn ziht zu / daß wir im eignen Bade
Ersauffen unsers Blutts.

[51] Trompeten.
Soliman. Ibrahim. Rustahn. Die Bassen.
Die Stummen.
SOLIMAN.
Halt halt verziht Genade!
Verziht halt inne halt / verziht! Es ist geschehn
Es ist geschehn / daß Er noch nicht den Tod sol sehn.
Was starrt Ihr? hebt Ihn auf / bald macht ihm los die Strikke /
Ziht Ihm das Tods-Kleid aus!
RUSTAHN.
Zeucht Soliman zurükke
Was erst sein Aus-spruch war?
SOLIMAN.
Thu was dein Keiser heist.
IBRAHIM.
Wo bin Ich? Himmel hilf! welch Blitz welch Donner reist
Den harten Strang entzwei?
SOLIMAN.
Pakt euch aus dem Gesichte /
Geht Hänkker!
IBRAHIM.
Wie mein Fürst? hebt Er das Blut-Gerichte
Von Ibrahms Nakken auf?
SOLIMAN.
Ziht Ihm den Purper an.
IBRAHIM.
Den Purper / wie? wem / Mir? Mir? Keiser.
SOLIMAN.
Ossmann kan
Dich nicht verdammen.
IBRAHIM.
Er mein Keiser?
SOLIMAN.
Wir begnaden
Den Ibrahm / daß Er frei.
RUSTAHN.
Was mag dem Keiser schaden?
SOLIMAN.
Schweig Hund! Es ist geschworn / befästigt durch den Eid
Daß Ibrahm leben sol.
IBRAHIM.
Ach glüklicher Bescheid /
O meines Keisers Gunst / ach meines Keisers gütte!
SOLIMAN.
Die Tugend Ibrahims dein redliches Gemütte
Der hoch-betheuert Eid der erst gefaste Schlus
Bezwingt den Soliman. Er Ibrahm Ibrahm mus
Noch leben! trit herbei / mein Ibrahm / trägstu schäue
Uns zu umb-armen? komm! die uns sonst fremde Räue
Vertilgt den grimmen Haß / die Gunst verneuert sich
In der verhasten Seel / und Ossmann übet dich
Der dir vor spinnen-Feind. Des Ibrahms Freundschafft findet
Den alten Sitz in uns: der Libes-Dunst verschwindet /
Der uns umb-nebelt hilt / durch den erneuten Glantz
Der würkenden Vernunfft. Wir schaun den grünen Krantz
Des kräfftigen Bestands / die tapfermüthge Tugend
Der Isabellen an: nicht ihre schöne Jugend
Nicht ihres kinnes Perl nicht ihrer Augen Schein /
Die Marmel-Brüste nicht / der Stirne Helffenbein
Nicht den Korallnen Mund und die Milch-rothen Wangen;
[52] Wir sind verwundernd zwar doch itzt nicht mehr gefangen /
Wir wünschen sie zu ehrn doch nicht ihr Eigenthum.
Wir wünschen den Geruch nicht selbst die Ros' und Blum.
IBRAHIM.
O itzt erkänn Ich erst des Keisers eigne Stimme!
Itzt lern Ich daß so sehr noch Ossmanns Tugend glimme!
Itzt hör Ich / daß er noch der alte Sulthan sei /
Der den nicht tödten kan der vom verbrechen frei.
Es ist nicht Soliman nicht meines Keisers Wille
Gewesen / was verdammt. Die falsch-beschönte hülle
Der Wahrheit die den Sinn mit scheinbarm Dunst verbländt
Der Neid-Sturm der sein Hertz auf disen Schlund gewändt
Hat über uns geblitzt; der Auf-hatz hat die Säbel
Auf unsern Kopff geschärft. Itzt werden Dünst und Nebel
Verstäubt / zertrennt / erhellt / wenn Ossmanns Sonn aufgeht
Mit seiner Tugend Glantz. Mein Kärker wird erhöht
Wenn Oßman freundlich siht. Begihrde kan zwar sätzen
An Oßmanns gros Gemütt allein es nicht verlätzen:
Wie der erhitzte schaum zwar an die Fälsen schlägt /
Auf Klippen rawer Wind / doch beides nicht bewägt.
Scheint auch zwar der Vernunfft begihrd oft obzuligen /
So scheints nur: Wie ein Pfeil vom Bogen hoch zu fligen
Bis an den Himmel scheint / ob Er das Mittel-Theil
Der Luft gleich kaum erreicht. Nun trag Ich wider feil
Mein Leben für den Nutz und Wol-stand meines Fürsten /
Das Ich sätzt in die Schantz als ide Waffen knirschten
Zu trotze Stambuls Burg; dein Ibrahm steht geschikt
Daß Er was Oßman feind gewaffnet unterdrükt.
Ich schwer' es teur und sehr daß Ibrahim die Glider
Daß Ibrahim sein Haupt nicht sanffte lägen nider
In Stambuls Gräntzen wil / es sei daß der verlauff
Des Krigs / durch den der Feind sich wider dich lehnt auff
Durch disen Arm erlägt.
SOLIMAN.
Wir kennen dein Gemüte
Und dein gut-hertzicht Hertz.
IBRAHIM.
Begnadigt seine Gütte
Mit diser Freiheit auch / mein Keiser Isabelln?
SOLIMAN.
Wir heissen / ja! mit dir auf freien Fuß sie ställn.
[53] Geht / laßt im Kärker bald die schöne Fürstin wissen /
Daß unsre Gnade sie der Freiheit läst genissen /
Das Ossmanns Ehr / und ihr Bestand / und Ibrahms preis /
Den Kärkker ihr eröffn und aus den Fässeln reiß.
IBRAHIM.
Was wünsch Ich mehr mit Ihr als daß Ich Ossmanns Füsse
Mit tifstem Dehmuths-dihnst und Ehr-erbittung küsse /
Als das Ich – –
SOLIMAN.
Hebt ihn auff.
IBRAHIM.
Mein dankbar Hertz erweist:
SOLIMAN.
Wir: daß ihr heute noch mit uns zur Taffel speist.

Reien der Sarazenischen Pfaffen.


1. Satz.

Heinte wenn die kühle Nacht wird ihr Haupt mit Maah bekrönen
Und Bizanz mit Schatten däkken / fällt der heilge Neu-Mond ein /
Und in Jetti-Gula Burg wird bei den Musulmans-Söhnen
Des berühmten Bujuk-Weiram grosse Fest-Begehung sein.
Nun dem Mahumeth zu Ehrn
Auf Befehl der Kadi-Orden
Die uns Recht und Gotts-Dihnst lehrn
Heilig schon gefasset worden.

1. Gegen-Satz.

Unser Ramadam fällt ein / aber wird den Ertz-Propheten
Unser Feier auch versöhnen? Weil sich Soliman beflekt
Und den grossen Ibrahim lässet durch die Hänker tödten /
Der mit Kiful-Bassens Kronen unsers Sulthans Haupt bedäkkt /
Der des Roth-Kopffs Trotz versehrt /
Die Kalenders überwunden /
Stambuls Türksches Reich vermehrt
Und den edlen Friden funden?

2. Satz.

Freilich ist zu fürchten uns daß uns Mahumeth nicht hasse /
Weil der Sulthan der Musulman nicht der Christen blutt vergeust /
[54] Weil von Padi-Schach erwürgt bald wird der bald jener Basse /
Daß der Bosphor auch beschäumt roth von Türkschen blutte fleust
Seit der Kaimekam starb
Mustaffa verging durch Stränge /
Kassens Rath den Strik erwarb /
Ists wol eines Menschen Länge?

2. Gegen-Satz.

Heilger Sohn des Abdala / Ertzt-verkündger unsrer Zeiten /
Wende dises Vngewitter von des Ibrahms Nakken ab /
Daß er deine Lehre könn in den gantzen Aufgang breiten /
Biß der Ketzer Hali selber Wahl-farth geh in Mechchens Grab /
Biß der Christ und Indian
Sei bekehrt zu unser Lehre
Biß der Adler Ossmans Fahn
Und Stambuldens Monden ehre.

Ab-Gesang.

Dem Mahumeth sei Dank
Er hats dem Padi-Schach vom Himmel eingegäben
Daß er den Ibrahim ihm läst zum besten leben /
Wiewol ihm schon der Strang
Ihn zu er-würgen lag geschlingt umb seinen Halß.
Er leb er leb / er lebe!
Des Schöpffers Hülffe gäbe
Daß Ossmans gnade nicht sei Vrsach seines Falls!

4. Akt

Die vierdte Abhandlung.

Der Schaw-Platz verändert sich in der Keiserin Zimmer.
Rustahn. Roxelane.

RUSTAHN.
Dis ists / was mich und Sie bißher so sehr bekümmert!
ROXELANE.
Ist Ibrahm todt?
RUSTAHN.
Ja todt! dem wir das Grab gezimmert
Dem baut der Keiser Kron und Reich.
ROXELANE.
Was redestu?
[55]
RUSTAHN.
Was mir solch Vn-lust macht.
ROXELANE.
Sag uns gerade zu.
RUSTAHN.
Der Ibrahm lebt und herscht!
ROXELANE.
Träumt dir?
RUSTAHN.
Wie ich erzähle
So ists.
ROXELANE.
Du irrst dich.
RUSTAHN.
O daß meine Rede fehle!
ROXELANE.
Ich selbst ja sah Ihn erst zum Hals-Gerichte führn.
RUSTAHN.
Dis glaub Ich; half Ich ihn doch gar zum Tode zihrn.
Wir waren neben Ihn zur Mahl-Zeit schon gelassen
Man sah einander an / es wolle nimand essen /
Die Taffel war voll-aus mit frembder Kost bedäkkt
Kein einger redt' ein Wort; Er bloos saas un-erschräkkt
Vihr Stumme dihnten Ihm auf mit schwartz-feidnen Strängen
Uns ward die Zeit zu kurtz / Ihm wolt sie sich verlangen.
Er stand zu erst auch auf und ging den sauern Gang
Des Todes / als Ihn rief der Mord-Trompeten Klang.
Er lag die länge schon zur Erden aus-gesträkket
Er hatte schon den Halß ein in den Strang gestäkket
Die Hänkker dorften nur die Schlinge zihen zu
Als unser Sulthan gleich – –
ROXELANE.
O der verdammten Ruh
Der langsamen Fasalln?
RUSTAHN.
Geplatzt kam in das Zimmer /
Vnd uns zu-winkend rief:
ROXELANE.
O könt uns etwas krümmer
Begegnen.
RUSTAHN.
Hali / verzieht! Er fuhr Mich trotzig an /
Ich sagte nur ein Wort.
ROXELANE.
O närscher Gütte Wahn!
RUSTAHN.
Ich starrt und hätte gern mein Wort gehabet wider.
ROXELANE.
Sah der verdammte zu?
RUSTAHN.
Der Hund fihl vor ihm nider
Doch Achmat hob Ihn auf: die Bassen lägten Ihm
Den Purper wider an.
ROXELANE.
Als wenn Er ihm geziem!
RUSTAHN.
Der Keiser nahm Ihn selbst mitleidend in die Armen /
Und reicht Ihm Kuß auf Kuß.
ROXELANE.
Ha Weibisches Erbarmen!
RUSTAHN.
Dem Hali gab Er auch aus-drüklichen Befähl
Daß Er die Fürstin straks frei vom Gefängnüs zähl.
ROXELANE.
Die Fürstin? nein die Magd / die Magd die wir verlachen.
Wie? oder wil Er sie zur Keiserin Ihm machen?
Nein allzu weit gefehlt. Wo dise Sklafin nicht
[56] Wird disen Abend noch sein schmählich hingericht't /
Wo wir für Mitternacht nicht noch den Ibrahm stürtzen
So mus der Himmel uns der Jahre Rest verkürtzen /
So müssen wir verhöhnt / ent-sätzet unsrer Würd /
Verstoffen aus der Burg / belästigt mit der Bürd
Der harten Dihnstbarkeit / und von der Ehren-Staffel
In Grund gedrümert sein.
RUSTAHN.
Er hies ihn auch zur Taffel
Erscheinen.
ROXELANE.
Daß Ihr bund ja bald bekräftigt ward.
RUSTAHN.
Man feier länger nicht. Wenn uns ein Ast entfährt
Den man vom Wipffel hat gebeugt zur Erden nider /
So schnellt er aus der Hand empor vihl höher wider
Als er zu erste wuchs. Entwischt der tolle Hund
Uns anders disesmahl so drükt er uns zu grund
Und wächst uns mehr zu Hals / als da Er an der Spitze
Der Ehren-würden stand.
ROXELANE.
Der Kummer ist nichts nütze.
Wird der / die durch Vernunfft und Arglist und Verstand
Den Vater Bajazet / wie weit er weg verbannt
Aus Stad und hoffe war voll-kömlich eingelibet /
Die dem was Ossmann schleuft / kraft / Würkung / ausschlag gibet /
Die aus Leib-Eigenschaft sich künstlich eingespielt
Ins Keisers Bett und Thron und ihren muth gekühlt
An seinem Mustaffa / dis schwer sein zu verrichten?
RUSTAHN.
Ich zweifel an der Macht der Sulthanin mit nichten /
Auch weiß Ich: Frauen-List sei schärffer als der Blitz
Der durch das trächtge Tuch der Wolkken einen Ritz
Mit hellen Flammen macht. Doch wenn sie gegen-wärtig
Besichtigt den Verlauff / wie freudig / fiks und färtig
Der Keiser ihn umbarmt / begnadigt angeredt /
Und wie er vorgab / ihm sein Heil beeidet hätt /
Die Fürstin würds ihr selbst so leichte schwerlich machen.
ROXELANE.
Noch leichter!
RUSTAHN.
Ist ein Feind doch nicht wol zu verlachen
Der schon halb unten ligt.
ROXELANE.
Es ist uns umb ein nein
Und umb ein Wortt zu thun.
RUSTAHN.
Was ging er vor erst ein
Auf unser bitt und Wunsch und stösts doch über hauffen.
[57]
ROXELANE.
Wir wissens mit was wir solln seine langmuth kauffen.
Es ging noch langsamer mit seiner Zusag her
Es machtens ihm sein Sohn und Reichs-Verordnung schwer
Eh er an beischlaffs-statt uns ihm zur Eh empfinge.
Du weists / wie scharf allzeit wie schlecht und wie geringe
Gleich das Gelatze war / er über selbem hilf
Doch gleichwol brach ers uns.
RUSTAHN.
Sie weis was Ibrahm gilt
Beim Keiser.
ROXELANE.
Auch was wir. Er wirds uns nicht versagen /
Gesätzt / er solts uns auch ab wieder hoffen schlagen /
Du weist was Muffti kan. Vnd ist uns dieser nicht so
Nach unserem begehr zu willfahrn hoch verpflicht?
Den unsre vor-bitt hieß zum Prister-Ampt erhaben.
RUSTAHN.
O hat der Mahumeth den Rath ihr eingegäben.
ROXELANE.
Die Sache wie wir sehn erduldet nicht Verzug
Wir haben gleich ietzund den Keiser guten fug
Zu sprächen.
RUSTAHN.
Sie kan sich / als wenn Ihr seine gnade
Unwissend / nähmen an.
ROXELANE.
Wol! wir gehn schon gerade
Aufs Keisers zimmer zu. Beställ uns du hieher
Den Muffti / sprich / daß sein die Keiserin begehr.

Der schau-platz verändert sich in des Solimans zimmer.
Roxelane. Achmat. Soliman. Hali.
ROXELANE.
Ist nicht der Keiser hier?
ACHMAT.
Er ging un-längst in Garten
Uns hieß er seiner hier in disem Zimmer warten.
ROXELANE.
Ging er alleine?
ACHMAT.
Nein. Er trat den blauen Steig
Mit dem Visier hinab zur Sommer-laube.
HALI.
Schweig
Der Keiser.
ROXELANE.
Wo gewest mein Fürst / mein Schatz /
mein Hertze?
SOLIMAN.
Wir gingen unsrer Sorg und kummer-reichem schmertze
Zu hälffen ab / als schon die Sonne nicht mehr stach
Und gleich zu Golde ging / in Lust-gang / vom Gemach /
In welchem sich uns hat was seltzams zugetragen.
ROXELANE.
Wil seine Hoheit uns nicht ihren Zufall sagen?
SOLIMAN.
Wir gingen / wie erwähnt / im Garten ohngefähr
Nach-hängend unserm Weh und Schwermuth hin und her
[58] Wo sich der Erden Schos mit tausend Blumen schwängert.
Besonders einer war ihr blättricht Haupt verlängert /
Die lacht' uns bevoraus gleich einem Lib-Reitz an /
Biß unser Aug ihr sich zu nähern kurz besan.
Je näher wir auch ihr mit unsern Augen kamen /
Und die vollkommne Pracht in das Gesichte namen
Ie schöner daucht sie uns / sie war breit aus-gesprist
Doch hatte sie bereit zwei Blätter eingebüst;
Zum Vber-flusse hilt sie noch ein andre wider
Die nicht viel minder schon / das sie nicht sank darnider:
Doch augen-bliklich ward die stützende zerdrükt
Von diser die sie hielt; auch kurtz darnach zerknikt
Ent-blättert / dürr und welck der hohen Blume Krone
Und stoltze Keiserin.
ROXELANE.
Mein Hertz / es ist nicht ohne
Daß oft des Himmels Schluß / durch Zeichen gleicher Art
Verborgne Zufall hat die künfftig offenbahrt.
Doch daß man dis und das was ohn-gefähr geschihet
Nach seinem Sinn und Kopff zu deuten sich bemühet
Ist Arbeit sonder Frucht. Der Keiser steht in Ruh
Und siht dem Zischen nur der Todten-Flamme zu /
Er lebe wol mit uns mit Reich und Stad vergnüget
Nun nur der Ibrahim der Hund gesträngelt liget
Der nach gepochter gunst den ihm erhohlten Lohn
Bekommen seinen Rest.
SOLIMAN.
Er hat die Tugend-Kron
Und unsre Gnad erlangt.
ROXELANE.
Was fagt mein Fürst?
SOLIMAN.
Wir lassen
Ihm Gnade widerfahrn.
ROXELANE.
Dem den der Fürst erblassen
Erst noch für abends hies? den Ibrahm unsern Feind?
Den Ibrahm der uns hast.
SOLIMAN.
Nein / unsren träusten Freund.
ROXELANE.
Ist dis ein Freund der uns nach Stul und Reiche trachtet?
SOLIMAN.
Nein der / der unser Heil mehr als sich selbst geachtet.
ROXELANE.
Der unsern Vntergang und gantz Verdarben sucht?
SOLIMAN.
Nein der uns noch beschützt.
ROXELANE.
Der uns in Abgrund flucht
Wie ists / wo dankt er hin? wie? läst mein Fürst zerplatzen
[59] Den End-Spruch? oder wie / wil er uns überschwatzen
Zu glauben was er spricht? Es red uns niemand ein
Wir müsten denn nicht klug nicht wol gescheuet sein /
Daß Soliman so bald den ersten Vorsatz änder.
Nein / er hat umb ein Wort Leib / Leben / Glük und Länder
Oft in den Stich gesätzt. Wie vihlmal haben wir
Selbst ihrer Hoheit Mund groß-müttig bringen für
Den tapfern Spruch gehört; das Widerruff und Räue
Nur blosse Schwachheit sei / der Hertzen welche schäue
Begleitet für Gefahr.
SOLIMAN.
Nein nein / es räut uns nicht /
Es räut uns nicht / nein nein! denn dis was itzt geschicht
Sol uns der Abweg sein aus den verzagten Schranken
Der Räw und Wiederruffs.
ROXELANE.
Von was wil er nicht wanken?
SOLIMAN.
Von dem was Gott noch ich noch Tugend brächen läst.
ROXELANE.
Mein Hertz entdäkk uns doch was diese Glutt ausbläst?
SOLIMAN.
Der Eid-Schwur welcher ihm mit uns versprach das Leben.
ROXELANE.
Der Keiser ist des Schwurs gar leicht zu überhaben.
SOLIMAN.
Wer billigt ausser ihr uns den ertheilten Rath?
ROXELANE.
Dis / daß der Hund den Eid zu erst gebrochen hat.
SOLIMAN.
Er hat nicht weniger als wir den Eid gehalten.
ROXELANE.
So pflägt man dieses Loch zu richten in die Falten.
SOLIMAN.
Heist uns die Keiserin so mit dem Eide spieln?
ROXELANE.
Nein / den der sie verdihnt die Rache lassen fühln.
SOLIMAN.
Kurtz / Osmann hats geschworn der nie den Eid gebrochen.
ROXELANE.
Der Osmann welcher stets den Eifer scharf gerochen.
SOLIMAN.
Ein Narr schleust heute dis und häbt es morgen auf.
ROXELANE.
Ein Fürste läst der Zeit und Rechte seinen lauf.
SOLIMAN.
Wir wolten ihm das Reich / wenn wirs versprochen / gäben.
ROXELANE.
Der Fürst schwur ihm den Tod / itzt wil er ihn aufhäben.
SOLIMAN.
Der erste Schwur zerreist was erst der ander spricht.
ROXELANE.
Der ander Eidschwur macht das erste Wort zu nicht.
SOLIMAN.
Das ander war kein Schwur. Dis hängt an dinner seide.
ROXELANE.
Der Fürsten ides Wort gilt eben viel als Eide.
SOLIMAN.
Die Räue würd in uns ein Hänker ewig sein.
ROXELANE.
Denn erst / wenn Er uns wird die lang-Muth bringen ein.
[60]
SOLIMAN.
Mit seinem Helden-Muth?
ROXELANE.
Und unserm Vntergange.
SOLIMAN.
Der Blumen Fall entdäkkt uns / was wir mit dem Strange
Für Vnheil abgethan.
ROXELANE.
Wie lägts der Fürst ihm aus
SOLIMAN.
Vns dünkt / als wenn wir wärn bedäutet durch den Straus
Der hohen Sonnen-Blum: und Ibrahm durch diselbe
Die zwar was nidriger; Doch mit roth-dunkler Gelbe
Nicht minder schön als wir. Wir hätten auch vielleicht
Doch künftig / wo nicht schon / den harten Strang erreicht
Und warn aus unserm Pracht / verwälkt / verdorrt / zerknikket
Ins schlechte Gras gefalln / so bald wir ihn erdrükket
Der unsre Schwerd auf-hilt: mit Ibrahm blüht und fällt
Das glükke Solimans. Was uns der fall fürställt
Des walken zwifach-Blats / ist un-schwer auszulegen.
Dis nemlich / was uns muß das Vater-Hertze rägen /
Des trauten Mustaffen / und des GiangirsTod /
Der beiden Kinder / ach!
ROXELANE.
Der Fürst zeucht sonder Noth
Zu Hertzen ihm dis Ding / und spielt mit diser Welle
Bis sie uns gar ersäufft.
SOLIMAN.
Die Räu hat keine stelle
Gefunden noch in uns. Wir wolln / wir wolln / ja wol!
Daß Er den ärgstenTod noch heute stärben sol.
Wir wolln! alleine Nein wir dörffens nicht gedänkken. /
Wir würden uns sonst an den höchsten Meineid hänkken.
Wir wolln! ja wenn uns nicht die Hand gebunden war
Die ihn erwürgen sol.
ROXELANE.
Mein Fürst machts Ihm zu schwer.
Doch kan mein Keiser sich beim Muffti Raths erholen
Dem die Gesätze sind vom Mahumeth befohlen.
SOLIMAN.
Wir wolln zwar / was sie wil in disem Falle thun;
Doch schwerlich wärden wir auf anderm Schlus beruhn.

Der Schau-Platz verändert sich in der Keiserin Zimmer.
Rusthan. Mufti. Roxelane.
RUSTAHN.
Ia sie hies unterdes im Zimmer uns verzihen.
Sie wolte nur zuvor beim Keiser sich bemühen
[61] Umb dis was ich erzählt.
MUFTI.
Die grosse Sulthanin
Vermag hirbei sehr viel. Sie hat des Keisers Sinn
Des Keisers Hertz / ja selbst den Keiser in den Händen.
Rustahn. Doch gleichwol kan sie schwer Ihn auf die seite wänden.
MUFTI.
Hirinn ist vil versähn das man mit diser That
Als ers schon einmahl sprach so sehr gekünstelt hat.
RUSTAHN.
Wer hätt es Ihm gedacht was er so deutlich wolte
Daß Er im Augenblikk es widerruffen sollte.
MUFTI.
Ein Mensch der nach Vernunft bald nach begihrden thut
Ist wie auf stürmer See die auf-geschwöllte Flut /
Die bald der West hieher bald dort der Nord hinschläget.
RUSTAHN.
Am klügsten wird ein Ding nach Ausgang ausgeläget.
MUFTI.
Ein vor bedachtes Werk schlägt seiten übel aus.
RUSTAHN.
Wir sind hir im Palast; weis man ob dises Haus
Noch heut einbrechen wird?
ROXELANE.
Ist Mufti denn erschinen?
MUFTI.
Ja jhrer Majestät nach Wünschen aufzudihnen.
ROXELANE.
Nein nicht zu dihnen / uns zu helfen. Den bescheid
Des Werks / warumb hiher uns deine Heiligkeit
Erschinen auf der Burg / wird unser Rustahn haben
Dir hoffentlich entdäkkt. Der Anschlag / den wir gaben
Dem Keiser / schlägt uns fahl. Das Werk beruht auf dir.
Kömpt deine Heiligkeit nicht diesem Vnheil für
So wird der freche Hund / der mit den Christen-Hunden /
Den'n er beim Keiser stets gelibkost hat / verbunden
Auf Osmanns Erb und Reich; der ein vermumter Christ
In einer Türkschen Larv und kein Musulman ist;
So wird der / der den Arm des Keisers hat gehöhnet
Der Kopf und Halß verwürgt / noch endlich gar gekrönet.
Wir flehn bey unserm Gott beim Mahumeth dich an /
Wo deine Heiligkeit dem Vnheil stewern kan /
Wie sie denn / wie man weis / gar wol kan / hilf der Sachen /
Es ist dem Reich und uns / der Kirche / daß wir wachen
Ihr Heil gelegen dran. Stünd es in unser Macht
Es war kein Kummer nicht daß er nicht umgebracht.
[62]
MUFTI.
Wenn ich der Sulthanin durch welcher gunst ich funden
Dis hohe Prister-ampt / zu willfahrn hoch verbunden
Und nicht schon schuldig war / so würde mich der Eid
Die Wohlfarth dises Reichs / der Insel Heiligkeit
Des Mahumets Gesätz und Wort dahin vermögen
Was ihre Hoheit heischt. Er mag uns gleich entgegen
Sich sätzen wie er wil. Wir haben Rath und Krafft
Die was der Keiser nicht wil eingehn / künlich schafft.
Des Mahumeths Gesätz und Ausspruch spricht ausdrüklich;
Die iemals einen Christ verschonet / augen-bliklich
Verflucht / verdammt / erwürgt. Er wärff uns etwas ein
Ich weiß schon wie auch dem wird zu begegnen sein.
ROXELANE.
Wol! du machst dir hierdurch uns ewig hoch verpflichtet.
Itzt / das es wärd ie eh ie besser ausgerichtet
Eh auch in Stad und Hoff ein Auf-ruhr mög entstehn /
Last uns in Solimanns geheimes Zimmer gehn.

Der Schau-Platz verändert sich in des Solimanns geheimes Zimmer.
Soliman. Mufti. Roxelane. Rustahn.
SOLIMAN.
Dv kennst / den Bosphors Sonn gemacht zum Monden hatte
Am Himmel unsers Reichs / den Ossmanns Vngunst-schatte
Itzt gantz verfinstert hat / weil unser Gegen-schein
Ihm wol zu dunkel daucht und nur geborgt zu sein /
Dem waren wir und sinds auch noch durchaus entschlossen
Zu brächen Kopf und Halß / der unsrer Hold genossen
Mit blossem Ekel hat: Doch als die Seel ihm gleich
Schon auf der Zunge saaß alsbald zu werden bleich
Erinnerten wir uns was wir so hoch geschworen /
Ihm bei dem Mahumeth in beisein seiner Ohren /
Diß nehmlich was wir ihm zu nähmen gleich gesinnt.
Ob Ossmann nun den Eid so schlechts hin brächen könt
Und stränges Halß-gericht auf den verdammten hegen /
Wird deine Heiligkeit gerathfragt auszulägen:
[63] Doch zweifeln wir sehr viel / das solche teure Schwühr
Ohn unsers Gottes Zorn zu brächen uns gebühr.
MUFTI.
Des Keisers Frömigkeit läst sich aus Red- und werkken
Wie sehr er über all Gewissenhaftig märken.
Wahr ists und ewig fest / wie ihre Hoheit spricht /
Daß schlechter dings ein Eid wol sei zu brächen nicht /
Auch daß unfehlbar Gott den Meineid lasse büssen.
Doch bitt Ich / lasse Mich nur etwas klärer wissen
Der Keiser seinen Eid zu sähn ob nicht hierbei
Nach Machmets Satzungen was auszunähmen sei.
SOLIMAN.
Ja / ja! du kanst den Schwur von uns gar leicht erfahren
Wir wissen eigentlich noch / was die Wortte waren /
Der Ort war eben der wo diser Fuß steht hier.
Ich schwör es teur und hoch bei unserm Gotte dir
Daß Ibrahim den Geist weil Soliman wird leben
Nicht sol gewaltsam auf dem bittern Tode gäben.
MUFTI.
Der Eid ist gros und schwer! Er kan nicht klärer sein!
Doch / Himmel! was gibt uns für einen Rathschlag ein
Der große Mahumeth / der unser Gotts-befleissung
Viel dunkel Ding entdäkt? Ists wahr / daß die Verheißung
Die er dem Ibrahm thät / nicht weiter sich ersträkt
Als weil der Sulthan lebt?
SOLIMAN.
So ists wie wir entdäkt.
MUFTI.
Nun wol! so sol mirs ihn nicht schwer falln zu vergnügen.
Er Ibrahm wird gar wol die Achsein können schmügen
Ins strängen Hänkers Joch / wenn Soliman den Eid
Gleich kräftig halten wird. Weil täglich eine Zeit
Und wenig Stunden sind / in den er Mensch nicht lebe.
SOLIMAN.
Wir fassens nicht / was uns für Antwort Mufti gäbe.
MUFTI.
Weis ihre Hoheit nicht das man der Sorgen End
Das Kind der Nacht den schlaff des Todes Bruder nennt:
Und warlich hat der Mensch / in dessen müde Glider /
Die Ruh des lauen schlaffs sich hat gelassen nider
Kein rechtes Leben nicht: weil sein sonst weises Haupt
Der Würkung des Verstands auch alles sinns beraubt
Und was den Menschen macht. Ich wils nicht widersträben /
[64] Daß er der Stauden Seel und grüner Pflantzen Leben
Und frisches Wachsen hab / alleine dessen nicht
Was ein vollkommen Mensch durch die Vernunfft verricht.
Die Fürsten sind so wol als die geringen Schäffer /
So wol die Haar und Stroh als Purpur tragen / Schläffer.
Der Schlaff fällt Kron und Stab so wol als Insel an
Die die so wol dem Glükk als Vnglükk unterthan.
Wol an denn / weil der Schlaf ein kurtzer Tod zu achten
Der Tod ein langer Schlaff / weil weißlich zu betrachten
Ein Schlassender noch eh todt / als lebendig Heist
So schließ ich kurtz so viel: So bald den matten Geist
Des großen Solimanns und die entsinnten Sinnen
Die Schlaff-Sucht wird umbhülln; Wird Er am Ibrahm können
Gar wol den Muth abkühln / und seinen Spruch vollzihn
Durch den verdihnten Strang / wiewol der Meineid Ihn
Mit nichts besudeln wird.
SOLIMAN.
Man kan sich zwar bemühen /
Der Wortte Klang und Sinn bald hin bald her zu zihen /
Doch gibt nur Gott aufs Hertz und die Gedanken acht.
MUFTI.
Das Hertz ist nur verpflicht dem / was der Mund fürbracht.
SOLIMAN.
Der Mund verhies so vihl als wir Ihm konten gäben.
MUFTI.
Nur bei der Lebens-Zeit des Solimanns das leben.
SOLIMAN.
Wir leben auch / wenn uns der süsse Schlaff verläst.
MUFTI.
Denn aber lebt Er nicht wenn Er die See! ausbläst.
SOLIMAN.
Er darf nicht gantz / weil wir nicht gantz gestorben / stärben.
MUFTI.
Sein Nahme / Lob und Schmach darf nimmermehr verdarben.
SOLIMAN.
Des Nahmens leben ist kein rechtes leben nicht.
MUFTI.
Auch dis nicht / wenn ein Mensch nicht dankt / nicht sinnt / nicht spricht.
SOLIMAN.
Ein schlaffender dänkt sinnt und spricht auch wenn ihm träumet.
MUFTI.
Der schläfft nicht recht / der Platz der Träume Dunst einräumet.
SOLIMAN.
Wie wenn uns denn im Schlaff ein leichter Traum einhüll'.
MUFTI.
Ob schon / wenn man es nur in Meynung des erfüll'.
SOLIMAN.
So würden wir uns hoch an Gott und ihm verbrächen.
MUFTI.
Nicht höher als wenn sie ihn un-gestrafft los-sprächen.
ROXELANE.
Die Vorsorg über uns des Ertz-Propheten hat
[65] Des Muffti Heiligkeit entdäkket disen Rath.
Des Keisers Hertze macht ihm allzu viel Gewissen.
Weis ihre Hoheit nicht wen sie hie folgen mussen?
Es redet Mahometh mit uns durchs Mussti Mund
Und thut uns sein Gesätz und seinen Willen kund.
SOLIMAN.
Wir gehn es endlich ein; doch schiben wir die Sache
Wofern Sie uns beflekt / auf den / der uns zur Rache
Gibt Vhrsach an die Hand.
MUFTI.
Der Keiser lägs auf mich
Schlägt etwas übel aus.
SOLIMAN.
Geh Rustahn hin / und sprich
Daß Er auf unser Wort sich wider lasse binden:
Daß Sie auch wider sich mög ins Gefängnüs finden /
Auf weiteren Bescheid. Wenn uns die kühle Nacht
Wird haben sanffte Ruh in Sinn und Augen bracht /
So mag der harte Stand des grimmen Eifers springen /
Den weder wir noch Er zum beugen können bringen.

Reien der Sinnen und des Schlaffes.


Das Gehöhre.

Der grosse Mensch der Auß-zug diser Welt
Hat nichts das Ihm mehr nützet und gefält;
Als das Gehöhr und die geschwinden Ohren.
Sie sind die Pfort in Himmel der Vernunfft /
Sie sind der Weg wenn Wonn und Lust verlohren
Durch süssen Klang zur Freude wider-kunfft.

Das Gesichte.

Der Augen Blitz das strahlende Gesicht
Hat in der kleinen Welt seins gleichen nicht.
Sie sind die schnellen Bothen der Gemütter /
Durch die die eingeschlosshen Hertzen schaun
Als durch ein weit-eröffnetes Gegütter
Was der Natur geschikte Hände baun /
Sie sind das helle Licht des süssen Leben-Lichtes /
Der Farben Schau-glas / das Gesichte des Gesichtes.

[66] Der Geruch.

Ist etwas süsser / wenn das Hertz erschrikt
Als der Geruch der ides Glid erkwikt?
Er ist der Balsam der Luft-vollen Nasen /
Des Athems Würtz und Kraft / der Säffte Safft.
Er läst den ab-gematten Geist verblasen
Wenn Er die flüchtgen Sinnen zu sich rafft.

Der Geschmak.

Ist etwas das den Mensch ergätzen mag /
Und das mehr nöthig ist / als der Geschmak?
Er ist das süsse Mittel daß man lebet /
Der Zukker-Taw die scharffe Libligkeit
Die in dem Gaumen / Mund und Zunge schwebet;
Durch die des warm und kalten Unterscheid
Die Kost des sauer-bitterns und des Zukker-süssen
Die Speiß und Trank des naß- und truknen zu genüssen.

Das Fühlen.

Das Fühlen hat mehr Nutz / auch Kräffte mehr /
Als der Geschmak / Geruch / Gesicht / Gehöhr.
Es ist der Grund und Pfeiler aller Sinnen
Und hat (da sonst die andern nur ein Glid)
Die Sinnen all und alle Glider innen.
Es fühlt was schmäkt / was reucht / was höhrt / was siht.

Der Schlaff.

Am stärksten ist der Schlaff / der dis was lebt
Und fühlt und sinnt in sein Gemach vergräbt.
Er ist des Todes Bruder / Bild und Schatten /
Der Glider Band / und aller Sinnen Grufft /
Das Kind der Nacht / mit dem sich Träume gatten
Doch auch / durch den die Sorgen schöpffen Luft.

Sinnen und der Schlaff.

Je mehr wer / weil er lebt / dem schlaffen ist ergäben /
Je weniger ist Er lebendig in dem Leben.

5. Akt

[67] Die fünffte Abhandlung.

Der Schau-Platz ver-ändert sich in der Isabellen Zimmer.
Ibrahim. Isabelle.

IBRAHIM.
Ie finsterer die Nacht / ie häller ist das Liecht;
Je öfter man die Hand an spitzge Dörner sticht
Ie mehr bekräntzt man sich mit Blut-bemilchten Rosen:
Je mehr die Mittags-Hitz uns sticht / ie süsser kosen
Die feuchten Abends-Lüft: Ist Wetter / Sturm und Well
Und Wolke trüb und schwarte / so dünkt uns noch so hell
Und luftig Sonn und Port. Die steinern-harten Ketten
Die Felsen-Last / die uns zu Boden schier getretten /
Des Lebens steter Tod der ieden Blikk uns schrökt
Das dunkel-grause Loch in das wir eingestökt /
Der Trauer-Rauch hat sich verkehrt in sanfte Wonne;
Die Nacht hat sich verhellt in eine lichte Sonne.
ISABELLE.
Wo diese Sonn uns nur ist anders wider nicht
Zu einer dunklern Nacht ein Weg-weis und ein Licht.
Wie manchmal ist die Luft uns worden schon verbittert!
Wenn es nach langem Blitz so plötzlich helle wittert
Ist meist ein neuer Sturm auf frischer Fahrt bereit
Der ärger als zuvor.
IBRAHIM.
Es hat ja lange Zeit
Geblitzt / gewölkt genug / genug gewetter-leuchtet.
Der tapfre tugend-Sinn des grossen Sulthans däuchtet
Uns noch nicht gantz verzehrt. Ein räger Helden-Muth
Dem die Geburths-Ahrt selbst die frohe Tugend-Glutt
Hat würklich eingepflantzt / den nur frembd Miß-begönnen
Und häftge Leidenschaft und An-trieb ärgern können
Kehrt auf den gutten Weg in einem Augen-Blik /
Wenn nur ein Tugend-Funk Ihn leutet / straks zurükk.
ISABELLE.
Wie oft / wie oft / mein Hertz / hat sie Ihn schon geleutet!
Wir wissens / was dis Licht uns für Gefahr bedeutet /
Aus viel Erfahrung schon. Die häftige begier
Mit der Er unser Hertz als ein erhitztes Thier
[68] Blut-dürftig an-gefalln / wird nicht so bald verglommen
Zu todter Aschen sein.
IBRAHIM.
Ein Pfeil fällt wenn Er kommen
Zum höchsten Gipfel ist. Sein heisser Liebes-Brand
Zur Axiamire / wie heis Er war / verschwand
Als er am sehrsten glam. Wie nimmt Sie ihr zu Hertzen
Mein Hertze / was sie kränkt / die itzt verschwundnen schmertzen!
Sie schlage / was Sie so bekümmert / aus der acht?
ISABELLE.
Das Hertze wallet noch mit ängstigem Bedacht
Weil die erschröklich Angst uns übel läst vergässen
Was so gewurtzelt ein; seit wir allhier gesässen
Voll Schwer-muth und voll Furcht / seit uns der Soliman
Als eine Hinde / die schon vor begarnt / fiel an;
Seit wir den stoltzen Trotz und das bedräute Bitten
Zwar sonder Schwachheit nicht doch mit bestand gelitten
Seit man von Ihm / mein Hertz / uns zu verstehen gab /
Daß Ihn die Hänkers-Rott gehöhlt zur Follter hab /
Und auf den Saal geführt / der umb und umb bekleidet
Mit schwartzem Sammet ist / wenn ein Verdammter leidet /
Und Strang und Tod aus-steht. Doch furcht ich / das der Geist so
Für etwas sich entsätzt was sich Ihm künftig weist
Und ärgern zu-fall dräut.
IBRAHIM.
Ein schrekken-volles Hertze
Steht oft / wenn es umbsonst in Furcht für neuem Schmertze.
ISABELLE.
Gleich so begegnets uns / als die Gefängnüs-Thür
Zu knarrn fieng plötzlich an / und Achmats Auge mir
Eh Er ein Wort noch sprach die frohe Botschaft brachte.
IBRAHIM.
Ich weis / daß Sie von Mir Ihr schweren Kummer machte.
ISABELLE.
Nachdem Ich kurtz vor-her das Mord-getümmel hört
Und Mich ein Wächter hier den trauer-Auf-Zug lehrt'/
Meint ich / daß ihr mein Licht schon würdet sein erblichen;
Und daß man / würd ich nicht in Ossmanns Schand-Bett krichen / l
Nachdem man seine Leich und schröklichen Ver-lust
Gezeigt würd haben uns / mir auch durch diese Brust
Das von Blutt fette Schwerd und scharffe Säbel winden.
IBRAHIM.
So kan man oft den Port bei trübstem Wetter finden.
ISABELLE.
So ists / mein Lebens-Licht / der Ausgang übertraf
Die Hoffnung und den Wunsch. Der matten Seelen Schlaf
[69] Das stets-gehäuffte Weh / und der Verdruß zu leben
Verboth mir / zu begehrn: Mich des zu über-häben
Was wegen des Verlusts des liebsten Ibrahms Mir
Mehr Vor-theil schien als bürd. Ich wünschte für und für
Den Hafen meiner Noth und Jammers / nur zu stärben:
Daß Ich aufs minste nicht sein klägliches vertärben /
Mein Hertze / dörfte sehn.
IBRAHIM.
Wir –
ISABELLE.
S't / wer kömmt herbei /
Welch ein gepolter? S't.
IBRAHIM.
Man wird zur Gasterei
Zu der der Fürst uns lud vielleicht uns hohlen sollen.
ISABELLE.
Es ist schon ziemlich späth. Wer weis / was sie erst wollen.
Wer weis / welch neuer Schmertz sich rägt vons Sulthans Grimm
Hilf Himmel! Rustahn ists! Ich kann ihn an der Stimm.

Rustahn. Ibrahim. Isabelle. Die Trabanten.
RUSTAHN.
Dv solst aufs Keisers Wort in sein Gemach dich ställen /
Und du gefangen sein.
ISABELLE.
O Frucht der schwartzen Hellen.
IBRAHIM.
Wer heist es / wer befiehlts?
RUSTAHN.
Der Keiser.
ISABELLE.
Du für dich.
IBRAHIM.
Sein Wort versprach uns erst was bessers.
RUSTAHN.
Er hat sich
Auf einen sndern Schlus vernünftiger besonnen.
IBRAHIM.
Nun du / und Roxelan auf uns dis Garn gesponnen.
RUSTAHN.
Fort fort!
IBRAHIM.
Ach Schandflek! ach der Zeit!
RUSTAHN.
Kom folg uns nach.
ISABELLE.
Ach Hänker!
RUSTAHN.
Ihr / führt sie in ersten Kärker!
ISABELLE.
Ach!
IBRAHIM.
Steht / Schelmen / steht! und Last sie mir un-angegriffen /
Sonst sol des ersten Blutt an diser Säbel triften.
RUSTAHN.
Was trotzstu? greift Ihn an / den widerspänstgen Hund.
IBRAHIM.
Ich wil euch Folge thun; wofern dis Handeln Grund
Auf Oßmanns wortten hat. Sie aber Last zu friden.
ISABELLE.
Ach! hat uns der Tirann auf disen Dank beschiden?
Ist dis das schöne Mahl / auf dem man unser Blut
Vermischt mit Speiß und Wein in die Christallen thut?
Wol! reist uns auch mit Ihm / erwürgt / kocht Hertz und Lunge /
Verbrennt und läscht mit mir den Blutt-durst eurer Zunge!
Ich wil viel liber todt / als im Gefängnüs sein.
IBRAHIM.
Nicht also / nein / mein Hertz.
ISABELLE.
Es ist ja Trost / nicht Pein /
[70] Wenn zwei / die nur ein Hertz / zwar in zwei Leibern leben /
Zusammen Seel und Geist und traue Lib aufgeben.

Der Schau-Platz verändert sich in des Keisers Schlaff-Gemach.
Soliman. Rustahn. Ibrahim. Die Trabanten.
Die Stummen. Die Sänger.
SOLIMAN.
Denn thu / was dir befohln / wenn uns der Schlaff gebracht
Wird haben zu der Ruh. Gib anders fleissig acht
Daß uns die Hänker nicht / wenn wir noch schlummernd wachen
Verbrechen halfen auf / und Ihm sein Letztes machen.

Reien der Sänger.


Der grosse Fürst / auf Ossmanns Stul und Reich /
Des Auf-gangs Sonn und Blitz / die Furcht der Welt /
Der Sud und Ost / und was der Tiger gleich
Und Phrath und Nil umb-schweift / im Zaume hält.
Schrökt / und erschrökt / fällt ihn der Schlaff gleichen
Mit seines Eifers hartem Donner-Strahl /
Den Tarter / Mohr / und Christ und Indian
Den Szith und Reuß / die Persen allzumal.
Der Ossmans Reichs-Stul an den Himmel hat
Mit Demant-Ketten selbst gebunden an /
Der Mahometh / des Keisers Hülff und Rath /
Kämpft / siegt und wacht für unsern Soliman.
Wer sich auf den / den Gott und Himmel schützt
So frech erbost / und Grub und Nätz Ihm ställt /
Macht das er in der Brunst selbst schmältzt und schwitzt /
Im Strom er-säufft und in die Klinge fällt.
Der grosse Fürst der unterm Sulthan zwar /
Doch über die / die nächst des Keisers Macht
Beim Pöfel sind in höchstem An-sähn / war /
Fühlt wie sein Grimm auf die Verbrächer kracht.
Lernt / die ein Fürst durch Wohl-that ihm verknipft /
Wenn ihr ihm Schimpff und manchen Fuchs verkaufft
[71] Wie bald auf die des Löwen Rach aufschlipft /
Und sie verschlingt / die ihn gezöft / geraufft.
So spigelt Euch / wie einer der durch Püsch
Und öden reift / der / wenn der Donner Wehn
Ihm an der Seit erschlägt / bleibt er gleich frisch
Für schrökken zitternd nicht kan hörn noch sehn.

Mustaffens Gespänste. Soliman auf dem Bette.
Das Gespenste.

Welch schräkklich Jammer-galm
Welch höulend Todten-ruff / welch Geist-ausblasends Mord-gekräusche /
Welch kochend hertzen-schaum / welch zischend Blutt-Jäscht in dem Fleische
Tagt aus dem tiffen Kwalm
Aus der mit Finster und schräkken bedäkketen Höle
Die in der bluttigen Strängel erstikkete Seele?
Welch fäufzend schweres ach
Stört die mit eignem Leben theur erkauffte ruhe-Stelle?
Welch donnerndes gekrach
Bricht und zerrüttet der verdammten Geister sterbe-Schwelle?
Ach greuel ach! wer irret neben mir
Welch zitterndes Gespänst schleicht ein in Schloß und Kammer?
Bistu es nicht / vertrautster Bruder? ach! ach Jammer!
Ist die durchs Hertz gedrungne Säbel dir
Noch nicht aus deinen blutt-besprützten Händen
Zum Zeichen verbittertes Eifers gefalln?
Wie? oder bistu auch verkracht in branden
In welchen nach uns auch noch andere walln /
Die das un-menschlich-vertärbende Rasen
Ihm über Kinder und Kinds-Kind geblasen.
Schaut / wie der Geist erbebt! schaut / wie erschüttert sich
In gliedern blaße Furcht! schaut / kalten Angst-schweiß schwitzen!
[72] Schaut wie die Wunden noch gefärbte Ström ausspritzen!
Du bists / Giangir? ja! mich dünkt ich sehe dich
Noch über meinen todten Leib bethränend deine Glieder sträkken /
Und in dein mir eröfnet Hertz die ungeheure Klinge stäkken.
Ach ärgster Greuel! ach! ach jammriches Gesicht!
Wer ist das blasse Weib?
Ist es Saraide mit unserm Sohne nicht?
Schaut / schaut! wie sie den Leib /
Wie sie die brüste schlägt / schaut doch / wie sie zum Himmel
Mit kläglichem geschrei und winselndem getümmel /
Die nakten Armen sträkt / die Hände schränkend windt!
Schau / Vater Mustaffe! schau / Mustaffen dein Kind /
Erbärm-erbärmlich zugericht!
Den krumb-verdrehten Halß an den verdammten Hänker-Strängen
Erblast; und im Gesicht
Von dem erstökten Blute braun und blau darnider hängen.
Weh! weh! weh!
Hastu / du Drachen-geahrteter Vater / du von den Tigern gesäugeter Wurm
Von Schlang und Nattern genähreter Blutt-hund / über mich einen so häfftigen Sturm
Solche See
Solche trübe Well ergossen?
Daß mit meines Bluttes Flutt /
Meines Stammes Stärk und Blutt
Auf ein-mahl in Sand geflossen.
Mir selber graust vor diser Einsamkeit allhier;
Das Haar steht mir zu Berg; ich werd erschrökket und erschrökke;
Weil dieser Mord-Palast nur eine dunkel-grause Hekke
Ein stränger Hänkers-Platz / ein Mord-loch wilder Thier'/
Erhitzter Löwen Auffenthalt
Ein Irr-Saal blasser trauer-Geister;
Wo Rach und Rach-gier und Gewalt
Für rechtem Rechte spilt den Meister.
Erde brich / Erde brich schütternd ent-zwei /
[73] Blitz und erkrache du wölkichte Feste der Lüffte!
Öffne dich finsterer Abgrund verschränketer Klüffte /
Lasse den stürmenden Zwirbel-Wind frei /
Bosphorus Meer-schlund / schwälle die Wellen
Über die ufer / über die Gräntzen / über die Stad!
Daß sie dis Mord-haus gründlich umb-fällen /
Zwischen dem dieses Vn-thier der Wohnung Auffent-halt hat.
Verruchter Blutt-hund; wohnt ein Tiger
Der von so grimmer Vh-ahrt ist
In öder wildnüs an dem Niger
Der seine Leibes-Frucht auf-frist?
Blutt-dürstger Blutt-hund; dessen Rache
Auch noch in tiffstem schlaff ist wache.
Blutt-dürstger Blutt-hund! ach! das Unschuld-reiche blutt
Des tapfern Ibrahims / das du als epp und flutt
Als schwäm' hältst und als schilff / das seine Zunge mus auf-läkken
Schreibt an die wänd / und mahlt auf die beflekten Todten-däkken /
Höult / winselt / bittet / schreit umb Rach:
Wehmuth / Angst / Schrökken / Betrübnüs und Räue / böses Gewissen / Furcht / Zittern und zagen
Müssen den Mörder / den teuffels-Tirannen / peinigen / züchtigen / martern und nagen.
Ach! Zetter! Zetter! Zetter! ach!

Soliman. Rusthan. Achmat. Hali.
SOLIMAN.
Mein Sohn! mein Mustaffe! mein Mustaffe! verzih;
Verzih / verzih! hilf Gott! was ists? hilf Himmel! wie
Schrökt' Euch hier kein Gespänst? Er ist ja noch bei Leben
Der Ibrahm? wo ist er?
RUSTAHN.
Dar wo er nicht mehr streben
Nach Ossmanns Zepter kan.
SOLIMAN.
Was sagstu?
RUSTAHN.
Er ist todt.
Es hat / Gott Lob / nunmehr mit Stambul keine noth.
SOLIMAN.
Ha! ärgster Galgen-dieb! verruch-verruchter Hänker /
Vermaledeiter Hund; verfluchter Hertzens-Kränker /
Mus Ossman denn durch dich / betrübster Schelm / vergehn?
Mus Ossman denn durch dich so raue Pein ausstehn?
Verfluchter Hund! kein Mensch!
RUSTAHN.
Ich bin dem / was er schaffte
[74] Mein Keiser / kommen nach.
SOLIMAN.
Wie? daß auch hier nicht schlaffte
Dein fleis / wie anderwerts? o das ich nicht als-bald
Dir sol den Hals verdrehn?
RUSTAHN.
Wer braucht sich der gewalt
Daß er des Keisers heisch nicht in dem nu verrichte?
SOLIMAN.
Geh / pak dich uns du hund / pak dich aus dem Gesichte
Und kom uns nimmer nicht für unsre Augen mehr;
Eh ich / du ertz-dieb / dich des Keisers Donnern lehr;
Geh / schaff uns bei verlust des Kopffs / des Ibrahms Leiche
Hier Augen-bliklich her! laufft / wenn mit Ossmanns Reiche
Ihm noch gedihnt ja war! laufft / rettet / laufft / laufft kühlt
Laufft / ob ihr ja bei Ihm noch einen Athem fühlt /
Ob sich ein Glid noch rägt! Wer hats den Dieb geheissen
Von hier Ihn weg-zu thun? Wo lies er ihn hinschmeissen?
ACHMAT.
Den Leichnam warf er hin in der Erwürgten Ort
Den ab-gehakten Kopf stäkt' Er auf auf die Pfort.
SOLIMAN.
Ach! hat der Teuffels-Hund so schäutzlich dich zerfleischet
Vertrautster Ibrahim! Hat Ossmann je geheischet
Dis Hänker-stükk von dir? habt Ihr der That gekönt
Geduldig schauen zu? hat uns noch Ruh gegönt
Der Himmel / wo auch Ruh solch schröknüs recht zu nennen?
Könt uns des Ab-grunds Rach auch ärger Wunden brännen?
Lauf Hali / lauf lauf straks und bring uns bei Verlust
Des deinen / Rustahns Kopf / und aus der schwartzen Brust
Sein aus-geschnittens Hertz in sein noch warmem Blutte.
Und du entschuldige / was in erbostem Muthe
Uns Grimm und Feind ein-gab / bei seiner Isabelln;
Auch sprich! daß wir nun-mehr auf freien Fus sie ställn
Mit allen / die mit Ihr in Band und Kärker stäkken.
Beinebenst / möcht es Ihr nur nicht mehr Leid erwäkken /
Verehr ihr Ibrahms Haupt zum trüben traur-geschänk
Und daß sie noch an Ihn zu gutter letzte dänk.

[75] Der Schau-Platz verwandelt sich in der Isabelle Gefängnüs.
Achmat. Isabelle.
ACHMAT.
O daß / Durchläuchtigst / Ich auch dis-mal überhoben
Der Bottschaft / die Befehl mir auf den Hals geschoben /
Doch hette mögen sein; wenn ja nichts bessers mir
Der große Soliman zu ver-gewissern Ihr
Ent-bitten hätte wolln.
ISABELLE.
Was hat er zu befählen?
Wir wissens schon / Er woll uns nur nicht länger kwälen
Mit Auf-zug unsersTods.
ACHMAT.
Die Fürstin / bitt ich / lag
Auf disen nicht die Schuld / der solche Donner-schläg
Ihr kurtz entdäkken sol.
ISABELLE.
Wir wissens / wer uns tödtet /
Wir wissens / wer die Faust mit unserm Bluthe röthet /
Wer Narb' und Wunden schlägt! Er / ja / wir wissens wol /
Ist ausser aller Schuld; nur sag Er / wie man sol
Durch was für Pein vergehn. Wir sind der Noth gewohnet
Die uns nicht seltzam ist / und seiten unser schonet.
ACHMAT.
Der Fürstin Wahn ist falsch. Nein; Ossman spricht / daß Sie
Noch heinte / wo Sie wil / samt den Gefangnen zih
Heim in ihr Vaterland: Er spricht Sie für gefänglich
Itzt los / kwit / frank und frei.
ISABELLE.
Er macht uns arg-gedänklich
Und furchtsamer als vor.
Achm.
Wahr ists zwar; aber ach!
Ach! das ich schweigen möcht!
ISABELLE.
Sein schmertz lehrt das die Rach
Auf uns noch wilder haußt als furcht und arg-wohn meinte.
ACHMAT.
Ich schweige! dieses Haupt ist Vhrsach das ich weinte.
ISABELLE.
Ach Gott! ach weh! ach weh! wo bin ich? wie ist mir?
Ach! wie geschicht mir? ach! O das der Blutt-hund dir
Den ernsten Spruch ertheilt uns / ihn nicht / auf-zureiben!
O das der Blutt-hund dir die Kling ins Hertz zu treiben
Durch unser Brust / befohln! du soltst ein werther Both
Als mit der Freiheit sein! O freiheit / der der Tod
Noch gar ver-zukkert ist! Auf! heist mich auch erbleichen!
Auf! Last mich auch den Strang / sein bluttig Beil erreichen
Uns dient die Freiheit nicht! O höchst-beschimpstes Haupt
Von dieses Panthers Klaw! das dich des Schmuks beraubt
[76] Des Ansehns freier Stirn / des fremdlichen Gesichtes
Mit unter-mengtem Ernst! des langsamen gewichtes
Des stoltzen Augen-throns. O werthes Haupt! dem vor
An Zierath wenig gleich / eh es den Leib verlohr;
Itzt nichts an Schäutzligkeit! läst er zum libes-Zeichen
Für die verdihnste dich also der Libsten reichen?
Heist dis mit dem gekrönt / was Wolthat und was Ruhm
Und Helden-Muth verdihnt / solch eine Tugend-Blum?
Ist dis der Abschieds-dank die schöne Morgen-Gabe
Du Hund / du Blutt-hund du? schik uns nur bald zu Grabe
Du schäutzlicherTirann; plag uns nur länger nicht
Du blutt-begierger Löw! wir wissens / was dich sticht /
Du Schlangen-Zucht / du Wurm! wir kännen deine tükke
Du Drach und Tiger-thier! du hohlst uns doch zurükke
Auf deine Folter-Bank!
ACHMAT.
Sie gäbe sich zur Ruh /
Und minder' ihr gros Leid. Sonst trau sie mir es zu;
Der Keiser hat den Mord erbärmlich selbst beräuet /
Und dem / der ihn vollbracht den Vnter-gang gedräuet
Bei seines Kopfs verlust. Ja / wo sie sich wil kühin
Am Mörder / sol sie bald mit Rusthans Kopffe spieln.
Auch daß sie sich nichts mehr vom Keiser zu befürchten /
Wil ich ihr Bürge sein
ISABELLE.
Was können die Verbürgten
Uns hälffen? dein und ihr und unser aller Blutt
Ist dem Tirannen nicht so viel als schaum und flutt.
Arm-seeligst Isabell / wünschstu dir auch zu leben?
Wünschstu dir auch den Fuß aus der Türkei zu haben?
Wünschstu / nun er mein Hertz mein halbes leben hin /
Armseelge Isabell armseelge! weg-zu zihn?
Nein nein! laß es nur auch laß es den Blutt-hund wissen /
Daß wir auch dar wo er wolln unser Blutt vergissen;
Daß wirs verkauffen wolln / dafern ihm auch vielleicht /
Mit unserm Blutt gedihnt / und's ihm zu Nutzen reicht!
Doch ach! was sinnen wir? ja! Last uns immer scheiden /
Ja Last uns immer / ja / dis Hänker-Mord-Haus meiden /
[77] Weil hier nur Nattern-Zucht und Drachen wohn-haft sind.
Dis Mord-haus ist nicht werth daß man sein Grab hier findt /
Auf! Last uns weit von hier! Last Schiff' und Segel fligen!
Ziht Port und Anker auf / Last alles stehn und ligen!
Das in Sud West und Nord dis Haupt aus-sprächen kan /
Was der verdammte Türk für gräulich Ding gethan.
Sonst wünsch Ich: daß sein' Asch in lichte Flamm entglimme /
In der Stambuldens Burg und ihr Tiranne schwimme l
Daß aus des Ibrahms Blutt ein Rächer wachs' herfür
Durch den des Bosphors Fürst so Kron als Grimm verlier.

Ende.

Anhang

[78] [80]Anhang: Zusätze In B

Denen Durchlauchtigen

Fürsten und Herren /


Herrn Georgen /


Der Röm. Kayser- auch

zu Hungarn und Böheimb Königl.

Maystt. Oberhauptmannschaffts-

Verwaltern im Hertzogthum Ober-

und Nieder-Schlesien.

Wie auch


Herrn Ludwig /


und

Herrn Christian /


Allerseits Gebrüdern und Hertzogen

in Schlesien / zu Liegnitz / Brieg

und Goldberg /

Meinen Genädigsten Fürsten

und Herren.


Durchlauchtigste Hertzoge

Genädigste Fürsten und Herren.


Wenn Eurer Hochfürstl. Durchl. vielfältige Tugenden / besonders aber die ruhmwürdige Kunstbewogenheit mich nicht überredeten: wie das große Welt-Auge die Sonne ihre durchdringende Feuer-Strahlen von dem höchsten Gipffel ihres Umbkreißes / auch den niedrigsten Thälern; Also E.H.F.Durchl. ihre Gnadens-Bezeugungen /denen die guten Künste und Wissenschafften sich gewiedmet /ich geschweige dem gemeinsten Pöfel / nicht mißgönneten; würde ich billich einer Selbst-Liebe / und Eigendünckels zu beschuldigen seyn: daß ich diese meiner Jugend noch unreiffe Sinn-Frucht und unzeitige Mißgeburth E. Hoch-Fürstl. Durchl. fürzutragen nicht [80] schamroth würde. Diese zu Deroselbten gedachte Zuversicht bekräfftigt mir leichte zu glauben: daß Eur. Hoch Fürstl. Durchl. dieses in schuldigster Demuth überreichtes Trauer-Spiel nicht allein nicht zu schmähen / [A3] sondern auch mit Ihren genädigsten Gunst-Strahlen anzublicken werden gesonnen seyn. Wird die Sonne doch nicht befleckt / wenn sie gleich unsaubere Oerter bescheinet. Also wenn Eur. Hoch Fürstl. Durchl. diese von keiner gelehrten Zierde gefüllete Blätter mit Ihrem vorhergesetzten Glantze derer durch alle Welt bekannten HochFürstlichen Nahmen bestrahlen werden.

Eur. Hoch Fürstl. Durchl. werden in des tapffern Ibrahims seiner unüberwindlichen Tugend / seiner großmüthigen Hertzhaftigkeit / seiner unsterblichen / wiewol übel belohnten Verdienste /wo nicht mit lebhaften Farben des langsamen Zeuxes abgebildet / doch mit nachahmenden Strichen des überhineilenden Agatarchus angedeutet / Dero eigene Tugenden als in einem Schau-Glase abgemahlet befinden. An der edelsten Fürstin Isabelle werden Sie verwundern die biß zu der Asche durch kein Unglück erleschliche Liebe. An dem Solymann werden sie schauen einen Tugendhafften / doch von den zwey schärffsten Gemüths-Regungen übermeisterten Fürsten; An der Roxellanen mehr ein von allen Welt-Lastern aufgeblasenes Weib / als eine Kayserin; An dem Rusthan aber einen [A3 b] Ehr-vergessenden Hof-Heuchler und Mord-stifftenden Ohrenbläser.

Ich weiß: daß Eur. Hochfürstl. Durchl. sich mit völliger Hertzens-Vergnügung ergetzen werden / wenn Sie das bey Ihnen selbsten noch vollkömmlicher / was an unterschiedlichen Gemüttern lobwürdig / dies aber / was an dem Türckischen Hofe zu schänden ist / aus Ihren Hochfürstlichen Höfen weit weg verbannet befinden werden. Ich lebe demnach vorgesetzter unterthänigster Bitte des ungezweifelten Vertrauens / Eur. Hoch Fürstl. Durchl. werden dieses meines in Unterthänigkeit verpflichteten Gemüttes für Dero Füsse gelegtes Opffer nicht von sich stossen / sondern als ein Zeichen meiner schuldig-sten Dienstfertigkeit / wiewol es von keiner sonderlichen Vortreffligkeit ist / auslegen. Hält man doch diesen auch für einen fruchtbaren Acker / welcher gleich nur mit dicken Unkraute / und Dörnichten Gestrittig bewachsen ist; weil man muthmassen kan: daß er / so er gepfleget würde / auch nutzbaren Uberfluß tragen würde; Also ich / da ich mit etwas besserm bey Eur. Hoch Fürstl. Durchl. mich angenehm [81] machen könte.

Vor solche hohe Gnaden-Bezeugung findet sich meine geringe Wenigkeit in schon-schuldigster Unterthänigkeit E.H.F.D. aufs höchste verpflichtet; und erwünschet sambt dem zuruffenden Vaterlande Eur. Hoch Fürstl. Durchl. glückselige Regierung / brüderliche Einigkeit / und dem gantzen von dem großen Piastus herstammenden Hause / des güttigen Himmels Seegen und Wohlergehen / der ich ersterben werde Eur. Hoch Fürstl. Durchlauchtigkeiten

Unterthänig-gehorsamster

Daniel Casper.


Hochgeneigter Leser!


Gegenwertiger Ibrabim Bassa ist vorlängst vergessen und verloren / auch unter des seelig-verstorbenen Herren von Lohensteins Schrifften kein Buchstaben davon zu finden gewesen; ausser daß etliche gutte Freunde / welche demselben in ihrer Jugend allhier in Breßlau auf dem Schau-Platze öffentlich vorstellen helffen / sich dessen erinnert / und nicht allein offtermahls nach ihme gefraget; sondern auch endlich einen Abdruck von ihme zuwege gebracht / und solchen drucken zu lassen inständig gebethen. Weil denn die Lüsternheit der menschlichen Gemütter derogestalt beschaffen ist: daß dieselben offtermals an unvollkommenen Sachen eben so grosse Vergnügung als des Grichischen Fürsten Pericles Gemahlin Aspasia /an unreiffen Weintrauben zu haben pflegen; Als wird in Ansehung dessen / auch solcher Ibrahim dem Leser hiermit wolmeinende überreichet; und derselbe darbeyis dienstfreundlich ersuchet; dafern ihm dessen Ausarbeitung oder Redens-Arth denen andern Lohensteinischen Trauer-Getichten nicht gleich zu seyn bedüncken möchte / hiervon kein übeles Urtheil zu fallen / weniger einige Lehrsätze davon zu nehmen. Sintemahl es eine Frucht ist / welche dem Seelig-Verstorbenen im funfzehenden Jahre seines Alters auß seiner Lehr-begierigen Feder gewachsen: die zum wenigsten angezeiget: daß dieser edle Stamm bey Männlichen Jahren der Welt einen viel schönern Schatz herrlicher Tugend-Früchte mittheilen [82] würde. Der hochgeneigte Leser gedencke im übrigen des seel. Herrn Verfassers im besten / und lebe darbey in Hoffnung eines bessern / allezeit wol.

Der Verleger.


Innhalt

Des Trauer-Spiels.


Das von den Lastern angefesselte Asien / erzehlet seine alte Herrligkeit / bejammert seine Unglückseligkeit / worein es durch die Laster gestürtzet worden; verfluchet des Solymanns Tyranney / und die gegen dem Ibrahim bezeigete Grausamkeit; ruffet auch deßwegen die Wolcken umb Straffe an.


Die Erste Abhandlung.


Nachdem Ibrahim ein Welscher Fürst / welchen Sultan Solymann / wegen tapfrerer Thaten aus einem Leibeigenen zum Groß-Visier gemacht / sich auf die Flucht nach Genua begeben / als wordurch er seine Liebste Isabelln / in welche sich der Solymann zeit seiner Abwesenheit in Persien / verliebet / zu retten gedacht: so verlanget der Sultan von dem Hali Bassa zu wissen: Ob er keine Nachricht von denen Flüchtigen habe? von dem Achmet aber ein Guttachten; wie Ibrahim / wenn man ihm bekäme / zu bestraffen sey? Dieser giebt den Rath: daß man ihm nachsetzen / und ihn fürs strenge Hals-Gerichte stellen und zum Tode verdammen lassen solle. Worauf Solymann ihnen beyden / bey Verlust ihrer Köpffe befiehlet / des Ibra-[A7] hims Kopf zu liefern. Nach diesem bringet Rusthan den Ibrahim und Isabellen vor den Kayser / und erzehlet / wie er dessen Schif erobert / und sie beyderseits gefangen bekommen habe. Der Kayser verweiset dem Ibrahim seinen Undanck und Flucht; gegen welchen aber Ibrahim seine Unschuld unerschrocken vertheidigt / auch daß er keine Verrätherey wider den Kayser angesponnen / sondern nur seine Gemahlin ausser Gefahr zu flüchten willens gewesen. Hingegen beschuldigt ihn Rusthan: daß er zu Wien bey Kayser Carln durch einen Türckischen Botschaffter gefährliche Anschläge wider das Türckische Reich schmieden lassen; gegen deme sich aber Ibrahim gleichfals hertzhafft verantwortet. Hierauff setzet [83] Solymann auch die Isabelle deßwegen zur Rede; die aber eben dergleichen Entschuldigung brauchet. Nachgehends befiehlet Solymann dem Rusthan / sie beyderseits / nebst andern eingebrachten Gefangenen ins Gefängnüs zu führen. Diese beklagen ihren unglückseligen Zustand / und nehmen voneinander mit vielen Liebes-Bezeugungen Abschied. Achmet und Hali-Bassa reden mit einander von des Ibrahims Falle /dessen Beyspiel sie in zimliche Furcht setzt.

In den Reyen bejammern die leibeignen Christen ihren elenden Zustand / und ruffen Gott umb Erlösung an.


Die andere Abhandlung.


Der Kayser Solyman gehet mit sich selbst zu Rathe /was er mit dem gefangenen Ibrahim thun solle; und ob ihn auch alsdenn die Isabella lieben würde; beschleust aber doch endlich bey sich seinen Tod. Hierauf erzehlet ihm Rusthan weitläuftig / wie sich der Ibrahim im Gefängnüs gestellet / und sich gegen dem Kayser zu rächen gedrohet / auch wie sich Isabella geberdet habe; worüber der verliebte Solymann sehr bestürtzt ist; den aber die darzu kommende Kayserinn Roxellane zu bestillen sich bemühet / und ihn beredet: daß er den Ibrahim aus dem Wege räumen lassen solle. Wiewol zwar Soliman hierein anfangs nicht willigen wil / sondern ihr des Ibrahim grosse Verdienste / und die wider das Türckische Reich ausgeübte tapffern Thaten dargegen hält; so verspricht er ihr doch auff ferneres Anhalten seinen Tod zu befördern; befiehlet auch bald dem Rusthan das Todes-Urtheil an dem Ibrahim zu vollziehen. Jedoch stehet der Kayser deßwegen in lauter Zweifel.

In den Reyen streiten die Begierde und Vernunft wegen ihrer Macht und Stärke mit einander; der Mensch aber giebet ihrer Sache einen rechten Außschlag.


Die Dritte Abhandlung.


Isabelle beklaget im Gefängnüs ihre vielfältig erlittene Zufälle und Unglücke seit ihrer mit dem! Ibrahim gepflogenen Liebe. Worauf Solimann zu ihr ins Gefängnüs kommet / und ihr mit vielen Dreuen / daß er sie nebst dem Ibrahim tödten lassen wolle / heftig zusetzet: daß sie ihn lieben solle. Die aber gantz nicht zu bewegen ist / also daß der [84] Kayser abziehen muß. Rustahn kündigt im Nahmen des Kaysers dem Ibrahim den Tod an / und überreicht ihm zugleich das Todten-Kleid und einen seidenen Strick; welches Ibrahim freudig annimbt / und sich bey der angestellten stillen Mahlzeit zum Sterben fertig macht. Als er aber bereits mit dem umb den Hals gemachten Stricke auf der Erden zum Würgen fertig liegt / kommt Solimann / und rufft: Genade! heißt ihn aufstehen und umbarmet ihn als seinen Freund. Der sich hierüber verwundernde Ibrahim verspricht mit vielen Dancksagen / vor den Solymann und sein Reich / Gutt und Leben aufzusetzen.

In den Reyen besingen die Saracenischen Priester das einfallende Opffer-Fest / und dancken darbey dem Mahomet und andern Propheten vor die sonderbahre Erhaltung des Ibrahims.


Die Vierdte Abhandlung.


Rusthan erzehlet der Roxolane: daß der Ibrahim / als er schon den Strick umb den Hals gehabt / und bereits zur Erden gelegen / von dem Solimann Genade bekommen / auch die Isabella auf freyen Fuß gestellet habe; welche sich darüber sehr verwundert; auf den [A 8 b] Kayser als einen weibischen Mann schmähet /und sich mit ihm berathschlaget / wie Ibrahims Todt am besten zu befördern sey. Der Kayser kommt und erzehlet der Sultanin einen seltzamen Zufall / der sich im Garten in seiner Gegenwart zugetragen / und deutet solchen als eine Anzeigung künftigen Unglücks auf sich. Die es ihm aber ausredet / und den geenderten Schluß wegen des Ibrahims hefftig verweiset; auch ihm ferner anlieget / nicht allein seinem ersten Schluße nachzukommen / sondern sich auch bey dem Mufti Raths zu erholen ermahnet. Rusthan hilft auff Begehren der Sultanin den Mufti bereden: daß er auf Mittel sinnen / und beym Kayser des Ibrahims Untergang und Todt befördern helffen solle. Welches die darzu kommende Roxellane wiederholet / und dem Mufti deßhalben alle Gnade verheißet. Hierauf verfüget sich der Mufti zum Solymann / bemühet sich ihn mit beweglichen Gründen zu vermögen; giebt ihm auch den Rath: daß der Kayser / damit er nicht wieder seinen Eyd handeln möchte / wenn er schlaffen würde / an dem Ibrahim das Todes-Urtheil vollziehen lassen solle; weil er geschworen: weil er lebte / solle dem Ibrahim nichts leides geschehn; hingegen aber ein schlaffender Mensch gleichsam vor [85] einen Todten zu achten were. Worein endlich auch der Kayser williget / und solche Vollziehung dem Rusthan von neuen befiehlet.

In dem Reyen erheben die Sinnen und der Schlaf ihre Gewalt / und streiten umb den Vorzug.


Die Fünfte Abhandlung.


Ibrahim und Isabelle preisen ihre Befreyung des Gefängnisses glückselig / und erzehlen einander / wie ihnen zur selben Zeit zu muthe gewesen; doch stehen sie in neuer Furcht und Gefahr; biß Rusthan nebst den Trabanten ihnen aufs neue im Nahmen des Sultans das Gefängnüs ankündiget; Welcher Befehl ihnen zwar seltzam vorkommt / sie doch selbigem gehorsamen müssen. Solimann befiehlet dem Rusthan / daß so bald er eingeschlaffen seyn würde / er den Ibrahim erwürgen lassen solle. Hierauf preisen die Sänger des Osmanns Macht / und warnigen hohe Bedienten: daß sie sich an Ibrahims Falle spiegeln sollen. Mustaphens Gespenste verfluchet des schlaffenden Solimanns verübte Grausamkeit; und zeiget die Leichen des ermordeten Giangirs / der Seraide / des jungen Mustapha / und endlich Ibrahims; schreyet deßwegen Weh und Zetter über ihn. Worüber Solimann mit grossen Schrecken erwacht / und nicht allein des Ibrahims Todes-Urthel hefftig bereuet / sondern auch den Rusthan mit harten Worten schilt / daß er den Ibrahim so geschwinde ermorden lassen; befiehlet ihm auch dessen Leiche herbey zu bringen / welche er sehr beklaget; dem Hali aber: daß er dem Kayfer des Rusthans Kopf und Hertze liefern solle; wie ingleichen: daß Achmat bey Isabellen ihres Liebsten Ibrahims Ermordung bestens entschuldigen / auch ihr dessen Haupt überbringen / und sie auf freyen Fußstellen solle. Worüber Isabelle Jämmerlich klaget / und sich durch nichts wil trösten lassen / sondern dem Solimann alles Unglück auf den Halß / und seinen Untergang wünschet.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Lohenstein, Daniel Casper von. Dramen. Ibrahim. Ibrahim. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-1D68-7