6.

Sinkend schwebt der Mond in Schleiern
Trüber Wolken durch die Luft,
Rosen und Jasminblüt' feiern
Seinen Glanz mit süßem Duft.
Unbegrenzte Wünsche dehnen
Meine Brust und regen, ach!
Glühender ein heißes Sehnen
Unbestimmter Wünsche wach.
Körperlos, ein Geisterleben,
Frei jetzt möcht' ich und allein
Über Berg' und Meere schweben,
Cherub oder Dämon sein.
[17]
Mit dem Sturz des Wasserfalles
Jauchzt' ich Nacht und Abgrund zu:
»Eine lieb' ich über alles,
Und die Eine, die bist du!«
Wärst du da, Geliebte, kühltest
Meine heiße Stirne sacht
Mit der zarten Hand und fühltest
Mit mir diese schöne Nacht!
O des Mondes Licht erschiene
Nicht so trüb dort im Verglühn,
Denn die Rosen und Jasmine
Würden für uns beide blühn.
Winke dir im Sternenscheine
Meine Seele Frieden zu;
Über alles lieb' ich Eine,
Und die Eine, die bist du!

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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Lingg, Hermann von. 6. [Sinkend schwebt der Mond in Schleiern]. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-F27E-F