Nachklänge

1.

Bisweilen ist es mir, als ob ich höre
Die Trommeln wirbeln und den Ruf der Hörner.
Und siegestrunken bricht aus tausend Kehlen,
Es klingt zu mir aus ungemess'nen Fernen,
Ein brausend Hurrah jauchzend zu den Sternen.

2.

Was blüht ihr wieder, heitere Syringen,
Wollt ihr den Gruß mir eines Toten bringen?
Er war mein Freund, er war's in Lust und Leiden,
Um dessen Stirn die Frühlingslocken hingen.
Uns schwanden manche Stunden, jugendtolle,
Das Morgenrot noch grüßte Becherklingen.
Das nahm ein Ende, als die Schlachtenadler
Die Flügel breiteten auf Sturmesschwingen,
Und der Granaten unheilvolle Wolken
In Lüften spielten gleich den Schmetterlingen,
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Als unsre Fahnen, rot in Abendgluten,
Siegkündend flatterten nach heißem Ringen.
Auf allen Höhen, in den Thalen schliefen,
Die gar zu brüderlich den Tod umfingen,
Und unter ihnen fand in einem Garten,
Von fern herüber tönte Siegessingen,
Den Freund ich, abendkühl, wie traumbezwungen,
Beschattet still von blühenden Syringen.

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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Liliencron, Detlev von. Nachklänge. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-EEF9-3