Sicilianen

Drei grüne Fleckchen hab' ich doch gefunden
Im dürren Lebenssand, mich gern zu recken:
Auf nassem Hengst in Qualm und Tod und Wunden
Des Feindes Skalp am Sattel festzustecken;
Behaglich nach der Jagd mich mit den Hunden
Zum Frühstück unterm Heidbusch auszustrecken;
Geheim mit meinem Mädchen kurze Stunden
Der süßen Sünde Abgrund zu entdecken.
[133]
Du hast ein flüchtig Glück.
Um Gotteswillen!
Verrat' es nicht und zeig' es keiner Seele.
Der Neid, ein arger Dieb, hat scharfe Brillen,
Er weiß, es ist die kostbarste Juwele,
Und wird nicht eher seinen Hunger stillen,
Bis er's geraubt dir hat mit heißer Kehle.
Sag', wenn du willst, es brennten die Antillen,
Du rittest hin auf einsamem Kamele.

Mittsommer

Das weiße Häuschen, das ich flimmern sehe,
Wie liegt's abseits in Sonn' und Sonntagsruh.
Der Rosenstrauch am Dach schwillt im Gewehe.
Als wär's der Kamm von einem Kakadu.
Heut Nachmittag, wenn ich spazieren gehe,
Kehr' dort ich ein zu einem Rendezvous.
Wir sind allein. Doch ja daß nichts geschehe,
Spielt Mütterchen dann mit uns Blindekuh.

Im Marschgarten

Nach Osten beugt sich Baum und Beerenflur,
Denn ewig zerrt der West in Sturm und Regen.
Ein dürftig Birnenbäumchen stemmt sich nur
Mit aller Macht dem bösen Wind entgegen.
Des umgeklappten Regenschirms Figur,
Streckt es die Ärmchen aus wie strittige Degen.
Neulich, bei dir, that ich den Fahnenschwur:
Trotzig wie du lass' ich die Stirn mir fegen.

[134] Hinterm Deich

Noch einmal rechts und links den Blick geschwind,
Dann in das kleine Käthnerhaus hinein.
Und vor mir steht ein schlankes, blondes Kind
Madonnenhaft im Winterabendschein.
Zwei Jahrmarktspudel schaun vom Kleiderspind,
Und weinen Glas, und sind so hübsch und fein.
Die Purpursonne schickt den Westerwind
Mit letzten Grüßen unserm Stelldichein.

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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Liliencron, Detlev von. Sicilianen [1]. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-ED03-4