Der Türke

Ein ganz und gar perverser Türke kaufte sich
Aus Trauer über den erst jüngst erfolgten Tod
Der fetten Fatme, seines Lieblingsweibes,
Bei seinem Mädchenhändler zwei noch ziemlich gut erhaltne –
Man kann fast sagen: beinah nagelneue –
Und eben frisch aus Frankreich importierte,
Ehemalge Mannequins.
Als er sie hatte, sang er, sich zur Feier:
Setzt euch doch auf meine Schenkel.
Fasset mich um meine Lenden.
Streichelt mit den süßen Zungen
Mir die weinerlichen Wangen.
Ach, ihr habt so schön geschmückte
Augen und so helle Hände,
Müdeste von meinen Frauen,
Und so lange, laue Beine.
Morgen kauf ich sechs Paar neue
Strümpfe euch aus dünnster Seide
Und dazu ganz kleine schwarze
Sammetschuhchen.
Und am Abend sollt ihr tanzen
Ganz verlogne, weiche Tänze
In den kleinen Sammetschuhchen
Und den neuen seidnen Strümpfen.
In dem Garten. Vor der Sonne.
Dicht am Wasser.
Doch zur Nacht laß ich euch peitschen
Von vier lächelnden Eunuchen.
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Notes
Entstanden 1911. Erstdruck in: Die Aktion (Berlin), 2. Jg., Nr. 22, 1912.
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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Lichtenstein, Alfred. Der Türke. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-EB7F-2