[102] Der Löwe, der in den Krieg ziehen wollte

Der Löwe hatte eine Schlacht im Sinn.
So hält er Kriegsrat, schickt den Adjutanten
Zu allen Tieren hin;
Ein jedes stelle schnell sich ein,
Mit seinen Kräften hilfsbereit zu sein:
So brauche man den breiten Elefanten,
Damit er Munition und Waffen trage
Und wuchtigen Trittes eine Bresche schlage;
Zum Sturmlauf halte sich der Bär bereit;
Der Fuchs jedoch soll feine Ränke spinnen;
Der Affe suche nach Gelegenheit,
Den Feind durch Späße zu gewinnen.
»Schickt nur«, riet einer, »den Herrn Esel dort
Und auch den allzu feigen Hasen fort,
Denn jener ist so tölpelhaft wie dumm,
Und dieser kehrt vorm Feinde sicher um.«
»Durchaus nicht,« sprach der König, »beide haben
Für unsern Kriegszug nutzenswerte Gaben:
Der Esel soll mit seinem grimmen Ruf
Den Feind entsetzen,
Den Hasen, den Natur zum Läufer schuf,
Wird, denk ich, keiner als Kurier ersetzen.«
Ein weiser Fürst muß stets verstehen,
Auch dem Geringsten seinen Platz zu geben,
Und der Verständige wird nie im Leben
Den kleinsten Vorteil übersehen.

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TextGrid Repository (2012). La Fontaine, Jean de. Versfabeln. Fabeln. Der Löwe, der in den Krieg ziehen wollte. Der Löwe, der in den Krieg ziehen wollte. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-DA90-1