[87] Tontopf und Eisentopf

Dem Tontopf schlug der Topf von Eisen
Einst vor, mit ihm umherzureisen.
Der irdne aber dankte sehr,
Er meinte, klüger täte er,
Am warmen Fleck zu bleiben,
Als sich umherzutreiben,
Dieweil er gar empfindlich sei:
Ein Stoß – und gleich sei er entzwei
Und liege da in Scherben
Und müsse elend sterben.
»Du freilich, mit der Haut von Eisen,«
So schloß er, »du kannst ruhig reisen.«
»Ich will dein Schild und Schützer sein,«
Warf da der Topf von Eisen ein;
»Droht dir ein harter Gegenstand,
Tret ich dazwischen: feste Wand,
Die gut dich schirmt vor jedem harten Schlag und Stoß.«
Da sprach der Tontopf: »Also los!«
Dreibeinig humpeln Seit an Seite
Die guten Leutchen in die Weite.
Doch klipperklapper schlägt im Wandern
Bei jedem kleinsten Hindernis
Der eine immer an den andern.
Bald hat der Tontopf einen Riß,
Und hundert Schritt sind kaum gemacht,
Da ist er an der Seite seines Kameraden
In Scherben jäh zerkracht.
Und doch traf diesen nicht einmal die Schuld am Schaden.
[88]
Verbinde du dich nur mit gleichen Kameraden,
Sonst mußt du stets in Ängsten schweben,
Das Los von einem dieser Töpfe zu erleben.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). La Fontaine, Jean de. Versfabeln. Fabeln. Tontopf und Eisentopf. Tontopf und Eisentopf. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-D967-9