Der 10. (70.) Kühlpsalm

Als di längstumsehende Magdalena, durch des Satans trib unverhofft nach London kommend, ihr gerichte erst anzündete; Badhors fall und ihre gäntzliche Verstossung im erstem saat säete; in so unverhoffter zerbrechungsdräuung mitten im sig um gegenstand geflehet zu London den 8 Aprill 1681.


1.
Schau, Vater, her! Steh auf in deiner krafft!
Steh auf, steh auf! Zerbrich di höllenschafft!
Du bist mein Sig! durch dich ist mein bewegen!
Um dich mein thun! Aus dir mein gantzes regen!
2.
Dein Werk ist gros, das nun mit mir vollführt!
Höchstwunderlichst, was mich aus dir bezirt!
Weit seltener, als noch auf Erd geschehen!
Steh, Vater, auf! Ach sih auf dises flehen!
[49] 3.
Was Vogel ist so herrlich licht und Weis!
Gefihl er mir, und such an ihm ich preis.
Wi küss ich ihn? so freundlich? ungescheidet?
Ich war entblösst und werde neu bekleidet.
4.
Welch schnabel? Ach! den strakks der Vogel wetzt?
Was schlangenschwantz? Hat diser mich ergetzt?
Als er den arm mit seinem ringe ringet,
So fühlt mein fleisch, was stachel ihm eindringet.
5.
Zertret ich ihn? Zuend ist di gefahr?
Wi aber Wi? Was werd ich, Ach! gewahr?
Lebt noch die haut? kan sich ein band noch rühren?
Es wil den hals noch schädlicher umschnüren.
6.
Du Vogelschlang! Dein anschlag ist mir kund!
Mein treten macht aus dir ein grosses bund.
Werd immerhin mit grossen händen eines!
Mein Jesus ist der stein des kaisersteines.
7.
Schau, Mutter, schau, di auf dem Monde sigt!
Welch Vorfall ist, durch den dein kind umkrigt?
Es wolte mich sehrhöchst gefährlich sichten.
Nihm hin den sig, den Gott gewollt zurichten.
8.
Was schrekklich ding! Halt, Teufel! Teufel, halt!
Jehovah bricht aus mir nun di gewalt!
Du wolst umsonst di Mutter mir vergifften:
Dein Schlangenkopff mag ferner Uns nicht sifften.
7.
Schau, Mutter, schau, wi alles steht erfüllt!
Wi gantz und gar dein Kühlmann ist verhüllt!
Ach! Umsehn, Ach! Wi hastdu Loth betrübet?
Doch sih di Braut, di Gott aufs neu mir gibet.
8.
Weg, Satan, Weg! Umsonst werd ich verkauft!
Umsonst! umsonst! Umsonst, was Judas schnaubt!
Ich eile heut im Amsterdam zum Wesen!
Jehovah hat di Wunden gantz genesen!)
[50] 9.
Gott trat in mir dich, Teufel, unter fus!
Dein gifftflus sei mir nun ein zukkergus!
Höhr, Hölle, höhr! Nun wird Gott strakks anschlagen.
Du solst hinfort auf ewig mir verzagen.
10.
Auf, Mutter, auf! Hir schmacht, was dich erschrekkt!
Gefahr ist A.V.S.! Der Teufel ist entdekkt!
Jehova ist in Jesus ausgeflossen:
Der fersenstich gleich einem pfeil verschossen.
11.
Zwar Lucifer verlarvtt sich Engelschön,
Und kam zu Uns mit heiligem gethön:
Doch Jesus hat den Evensbis gerochen,
Das er di höll in mir aufs neu zerbrochen.
12.
Welch Kirchenhund, der grimmigst mich anfällt?
Ich werff ihn weg, imehr er mich anbellt.
Er schleppt sein klotz und wil mich doch nicht lassen,
Bis Gottesgrimm ihn mus im grimm erblassen.
13.
Ich werd und werd mit vollem sig beschenkt:
Es mus vergehn, was meine Seele kränkt.
Auf, Mutter, Auf! Gott ist, der Uns verzükket,
Der dich und mich dem Drachenmaul entrükket.
14.
So ists! So gehts! Doch ists erschrekklich schwer,
Was mich nun mehr umlägert vor ein heer!
Wann Ziklag weg, ist David erst in nöthen:
Sein Eigenvolk wil ihn aus Unmutt tödten.
15.
Schau, Vater, her, was sich mit mir beginnt!
Du prüfest kaum! Schau, schau, wi Treu verrinnt!
Di reine lib ist idem hertz entzogen:
Man libet nur, so lang du bist gewogen.
16.
Dein wunderweg der ärgert alle hoch:
Kein Einger wil aufnehmen Christi joch.
Ein greuel heist die gröste Gottesleitung,
Weil tiffes schwartz des lichtsten lichts begleitung.
17.
Hat Mosen nicht sein Volk so offt versucht?
Es lästert Gott, bis A.L.L.E.S. ohne frucht.
[51]
Als Gott entzeucht drauf sein uneignes leben,
Wil ider schuld der Mosesunschuld geben.
18.
Als man mit Gott erobern sol das land,
Heult iderman, und ist von Gott verwandt:
Gott wirfft si weg; Dann wil ein ider zihen.
Man klagt noch vil ob seinem falln und flihen.
19.
Was wunder, das nun Gotts verheischen fehlt?
Was Gott verbott, das hat man ihm erwehlt.
Der Spottgeist wil noch Gottesgeist verspotten:
Er ist gantzfalsch den Gottsvergessnen rotten.
20.
Du gabest mir zum Wesen Volk und haus,
Vermähltest mich und wächst es herrlichst raus:
Si welkten bald, als deine Probstund kommen.
Gott, Gott! mein Gott! Was hab ich nicht vernommen?
21.
Ich glaubte dir und folgte deinem Recht:
Lis sorgen dich in Einfalt wunderschlecht.
Nun sorge Gott, nachdem si mich mishandeln,
Als du verstissst, di nicht mit dir mehr wandeln.
22.
Du schmeltztest mich, als si sich umgekehrt!
Unsprechlich schmertz, der doch dein gold bewährt.
Was schmach? was leid? welch lästern? schwärtzen? schelten?
Sol ich auch hir noch ihrer, Gott, entgelten?
23.
Imehr ich that, i strenger ward dein Ernst.
Du nahmst mir A.L.L.S., weil du si gantz auskernst.
Mein Gott, Mein Gott! Ich schrei um Jesusleiden!
Du thust, nicht ich, mein Gott, dis harte scheiden.
24.
Was sol ich thun? mein Gott, gib deine lehr!
Wi lange sol man lästern deine ehr?
Hir ist dein Wurm! Las mich, nicht dich, vertreten!
Vernihm, vernihm, mein feurigernstes Beten.
25.
Gott, Gott, mein Gott! Steh auf in deiner Krafft!
Gott, Gott, mein Gott! Zerbrich di Höllenschafft!
Du bist mein Sig! Durch Dich ist mein bewegen!
Um dich mein thun! Aus dir mein gantzes regen!

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Kuhlmann, Quirinus. Gedichte. Der Kühlpsalter, Band 2. Fünfftes Buch. Der 10. (70.) Kühlpsalm. Der 10. (70.) Kühlpsalm. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-B8E0-3