[69] Wonna

1777.


Sie liebt mich,
Sie liebt mich!!
Welch Zittern ergreift mich!
Welch Sturm zerrüttet mir die fliegende Brust! –
Sie liebt mich!
Sie liebt mich!
Welch' Trunkenheit faßt mich,
Welch strömendes Leben, und paradiesische Lust! –
Sie liebt mich!
Sie liebt mich! –
Wie fass' ich die Wonne,
Die hohe unaussprechliche Wonne,
[70]
Daß meine Wonna mich liebet!
Wonne, du herrliche
Schmetternde, schütternde,
Du unaussprechliche! kann ich dich fassen,
Daß meine himmlische Wonna mich liebet? –
Wonna, Wonna,
Meine himmlische Wonna,
Liebest du mich? –
Ja, du liebst mich!
Du liebst mich! –
Brennend und weinend,
Mit Stammeln und Stocken,
Mit Zittern und Beben.
Mit tausend Küssen,
Tausend brünstigen glühenden Küssen,
Hast du mir die Wonne geschworen, geweint:
Daß meine Wonna mich liebe!!
Also liebst du mich,
Meine Wonna?
Du meine erwählte,
[71]
Meine auserkorne geliebteste Braut!
Ja, du liebest mich!!
Du hast mir's geschworen,
Du hast mir's geweint,
Daß ewig, ewig die Meinige, du! – –
Wonna, die Meine!
Meine Wonna! Sie ist die Meine!
Mir säuselt's ihr Odem,
Mir rauscht es ihr Liebeskuß.
Mir lispelt's jedes halb hergestammeltes Wort:
»Ich bin die Deine!
Ewig, ewig die Deine!!!«
O, du, die mich liebet,
O, du, die die Meine ist,
Wie fühl' ich's so mächtig,
Daß meine Wonna mich liebet!
Mit Stürmen und Rasen,
Mit Donner und Kraftgefühl
Faßt mich der Heldenmuth der Liebe – – –
Wo bist du, o Wonna? –
O, du, die mich liebet,
[72]
Wo bist du? – –
Fern hinter Gebirgen,
Fern hinter zehn tausend feuerflammenden Oceanen
Hindurch die Gebirge!
Hindurch die Flammenmeere!
Denn Wonna liebt mich, liebt mich ewig,
Ewig, ewig!!
Siehe! Siehe! sie liebt mich,
Siehe ihr Auge,
Ihr thränenrothes Auge,
Ihre trübröthliche Wange,
Ihre seufzergeschwellte zärtliche Brust –
Sie zeugen mir's, daß sie mich liebet – –
Ich taumle, ich falle,
Verglühe vor Wonne,
Vergehe vor Wonne.
Noch heb' ich mein gebrochnes Auge
Zum Himmel,
Zum liebenden Vater der Liebe,
Und dank' es dem Vater,
Daß meine Vielgeliebte mich liebt!!
[73]
Ist's möglich? Kannst du mich lieben?
Kannst du lieben,
Innig, herzinniglich lieben,
Den Jüngling, der dich so inniglich liebt –
Ja, du kannst es.
Du willst es.
Du liebst mich herzinnig.
Ich weiß es, daß du herzinnig mich liebest – –
Und weine vor glühender Wonne.
Wohl mir, daß ich weine.
Linde Stille
Folgt den verwehenden Stürmen.
Mein Aug' ist dunkel,
Mein Auge weint.
Sieh, meine Wonna,
Wie sanft mein Auge weint, daß du mich liebst.
O, ich liebe dich ewig.
Ewig, ewig
Liebt dich meine Seele – –
[74]
Warum weinet meine Wonna!
Meine himmlische Wonna,
Du weinest der Liebe himmlische Thränen! –
So laß uns denn weinen,
Liebe weinen,
Bis endlich unser weinendes Auge
Ein letzter liebeathmender Seufzer schließt!!!

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Kosegarten, Gotthard Ludwig. Gedichte. Gedichte. Wonna [2]. Wonna [2]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-B68F-B