Tod im Mai

Macht's der Glocken lautes Hallen?
Blüten schneien lind herab
Auf den Sarg, mit dem zum Grab
Sie dort unter Bäumen wallen.
In so lichtem Frühlingsleben,
Wo sich die Natur erneut,
Vogel singt, der Mensch sich freut,
Sollt' es keine Leiche geben.
Doch wenn sich der Lenz erhebet,
Mensch und Blüte fröhlich lacht –
Habt ihr das noch nie bedacht? –
Da der Tod am liebsten lebet.
Da mit gier'gen Armen greift er
Oft am liebsten nach dem Kind,
Eine Blütenwelt geschwind
Durch den Hauch des Nachtfrosts streift er.
Siehst du jenen Sarg nun offen
Vor dem Grab? – sie beten leis.
Schau'! ein Knäblein lilienweiß,
Tot jetzt, jüngst ein süßes Hoffen.
Lüfte! weht die Blütenfülle
Nur herab aufs bleiche Kind!
Bei Geschwistern, Blüten lind,
Schlaf' und träum' es süß und stille.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Kerner, Justinus. Gedichte. Die lyrischen Gedichte. Tod im Mai. Tod im Mai. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-A828-4