11.

Nun hat der Morgen seine Thore
Phantastisch wieder aufgethan,
Und seine goldne Tricolore
Weht hoch aus jedem Wolkenkahn.
Nur hier in diesen dumpfen Mauern
Zum Fluch wird er dem Proletar,
In allen Ecken seh ich lauern,
In allen Winkeln seh ich kauern,
Dämonen, die die Nacht gebar!
Mein letztes Licht ist längst erloschen
Und fahl durchs Fenster lugt die Noth,
Denn dies hier ist der letzte Groschen
Und dies das letzte Stückchen Brod!
Verlacht, verludert und verloren,
Das alte: Weder Glück noch Stern!
Fürwahr, ich bin der Thor der Thoren!
O Mutter, wär ich nie geboren!
O schöne Zeit, wie liegst du fern!
[505]
Auf wilder, meerverschlagner Planke,
Ein Schiffer bin ich, der versinkt;
Mein letzter Stern ist ein Gedanke,
Der leuchtend mir vom Himmel blinkt.
Ein fernes Eiland seh ich ragen,
Doch wirft die Fluth mich stets zurück;
O, will's denn immer noch nicht tagen?
Noch gilt's zu wetten und zu wagen,
Denn jenes Eiland wiegt mein Glück!
Schon thut mir, wie wenn Glocken klingen,
Die Zukunft ihre Wunder kund –
Ein Stammeln nur ist jetzt mein Singen,
Ein Stammeln wie aus Kindermund!
Du Schöpfer aller Harmonieen,
O, gieb mir Luft, o gieb mir Licht!
Im Staube sieh mich vor Dir knieen,
Denn eine Welt von Melodieen
Geht unter, wenn dies Herz zerbricht!
[506]

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Holz, Arno. Gedichte. Buch der Zeit. Phantasus. 11. [Nun hat der Morgen seine Thore]. 11. [Nun hat der Morgen seine Thore]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-83E3-8