Acktaeon

Romanze


Auf einem alten Rittersitz,
Den seine Ahnen sich erlasen,
Regierte einst Herr Acktaeon,
Ein Wütrich gegen Hasen.
Erstaune Nachwelt, welch ein Geist
Herr Acktaeon gewesen!
Er konnte schon im zwölften Jahr
Den Abendseegen lesen.
Mama zerfloß in Freude schier,
Als ihm von seinem Bogen
Tief in des schönsten Fuchses Herz
Die ersten Pfeile flogen.
Papachen lobte sein Talent,
Und pflegte oft zu sagen,
Dies Söhnchen sey ihm sicherlich
Nicht aus der Art geschlagen.
Er sollte Fräulein Adelheid
In wenig Wochen freyen.
An ihrem Busen dacht er sich
Der Liebe recht zu weyhen.
Du armer Junker Acktaeon!
Die Grausamkeit der Götter
Versagt dir ihren Necktarkuß,
Und Hymens Myrthenblätter.
[8]
Ihm winkte einst ein Silberbach,
Der durch ein Wäldchen hüpfte,
Als er ermattet von der Jagd
In kühle Schatten schlüpfte.
Er trippelt hin, und staunt zurück –
Napaeen, Oreaden,
Und selbst Dianen sah er sich
In diesem Bache baden.
Die Damen wurden feuerroth,
Und sanken rauschend nieder.
Mit beiden Händen tappten sie
Nach ihrem Rock und Mieder.
Diana aber, Wuth im Blick,
Nahm Waßer, und besprützte
Den Junker, dem die Lüsternheit
Aus beiden Augen blitzte.
Man seh einmahl! Ein Hirschgeweyh
Von mehr als sechzehn Enden
Bekrönt sein Haupt; ein braunes Fell
Umhüllet seine Lenden.
Mit langen Beinen setzet er
Durch Büsche und durch Hecken,
Gafft furchtsam um sich her, und will
Im Walde sich verstecken.
Er tanzet seufzend durch den Hayn;
Hier liegen seine Hunde;
Die springen zu, und tödten ihn
Durch manche tiefe Wunde.
[9]

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Hölty, Ludwig Christoph Heinrich. Gedichte. Sämtliche Gedichte. Acktaeon. Acktaeon. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-7DF5-B