An die Phantasie

Ewig träufle dein Kelch, Zauberin Phantasie.
Seinen Himmel auf mich herab;
Ewig lächle dein Blick deinem Geweyheten,
Der an deinem Altare kniet!
Dein unsterblicher Fuß weilet, o Königin,
An den Quellen des Morgenroths;
Du entschöpfest dem Quell liebliches Rosenlicht,
Und bestrahlest die Erdenwelt.
Dein allmächtiger Wink winket den Himmel schnell
Auf die trauernde Erd herab;
Streut ein Tempe mir hin, bauet mir Lauben auf,
Bettet Betten von Rosen mir.
Du entpflückest dem Thal Edens, o Königin,
Aetherblumen zum Kranze dir;
Und umsäuselst die Stirn deiner Erkohrenen
Mit dem träufelnden Strahlenkranz.
Eine Grazie hüpft, leicht wie ein Rosenblatt,
Liebelächelnd mir auf den Schooß;
Und ich senke mein Haupt an die geliebte Brust,
Schweb in Träumen Elysiums.
Trunken wandl' ich mit ihr, strömet das Abendroth,
Durch die schlummernden Blumen hin;
Durch den purpurnen Hain, durch das Gebüsch von Gold,
Durch das schlummernde Mondenlicht;
Und aus Rosengewölk lächelt der Abendstern
Meiner Wallerin ins Gesicht.
Ewig träufle dein Kelch, Zauberin Phantasie,
Seinen Himmel herab auf mich!
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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Hölty, Ludwig Christoph Heinrich. Gedichte. Sämtliche Gedichte. An die Phantasie [1]. An die Phantasie [1]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-7DAC-2