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Der Lorbeer

Dank dir! aus dem schnadernden Gedränge
Nahmst du mich, Vertraute! Einsamkeit!
Daß ich glühend von dem Lorbeer singe,
Dem so einzig sich mein Herz geweiht.
Euch zu folgen, Große! – Werd ichs können?
Wirds einst stärker, eures Jünglings Lied?
Soll ich in die Bahn, zum Ziel zu rennen,
Dem dies Auge so entgegenglüht?
Wann ein Klopstock in des Tempels Halle
Seinem Gott das Flammenopfer bringt
Und in seiner Psalmen Jubelschalle
Himmelan sich seine Seele schwingt –
Wann mein Young in dunkeln Einsamkeiten
Rings versammelnd seine Tote wacht,
Himmlischer zu stimmen seine Saiten
Für Begeistrungen der Mitternacht – –
Ha! der Wonne! ferne nur zu stehen,
Lauschend ihres Liedes Flammenguß,
Ihres Geistes Schöpfungen zu sehen,
Wahrlich! es ist Himmelsvorgenuß.
Nein! ich wollte nichts auf dieser Erden!
Dulden all der Welt Verfolgungen,
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Jedes Drangsal, jegliche Beschwerden,
All des Neiders bittre Schmähungen – –
Lieber Gott! wie oft ich Schwacher dachte,
Wie ichs tröstete, das arme Herz,
Wenn ich Nächte kummervoll durchwachte,
O so oft, so oft in meinem Schmerz,
Wann der Stolz verächtlich niederschaute,
Wann der Eitle meiner spottete,
Dem vor meinen Sittensprüchen graute,
Wenn oft selbst – mich floh – der Edlere;
O vielleicht, daß diese Bitterkeiten –
Dacht ich – stärker bilden deinen Geist!
Daß die Stille höher deine Saiten
Stimmt, zu männlichem Gesang dich reißt!
Aber still! Die goldne Bubenträume
Hört in ihrer Nacht die Zukunft nicht –
Schon so manche Früchte schöner Keime
Logen grausam mir ins Angesicht.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Hölderlin, Friedrich. Gedichte. Gedichte 1784-1800. Der Lorbeer. Der Lorbeer. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-7D4B-D