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An Lyda

Trunken, wie im hellen Morgenstrahle
Der Pilote seinen Ozean,
Wie die Seligen Elysens Tale
Staunt ich meiner Liebe Freuden an,
Tal' und Haine lachten neugeboren,
Wo ich wallte, trank ich Göttlichkeit,
Ha! von ihr zum Liebling auserkoren,
Höhnt ich stolzen Muts Geschick und Zeit.
Stolzer ward und edler das Verlangen,
Als mein Geist der Liebe Kraft erschwang,
Myriaden wähnt ich zu umfangen,
Wenn ich Liebe, trunken Liebe sang,
Wie der Frühlingshimmel, weit und helle,
Wie die Perle schön und ungetrübt,
Rein und stille wie der Weisheit Quelle
War das Herz von ihr, von ihr geliebt.
Sieh! im Stolze hatt ich oft geschworen,
Unvergänglich dieser Herzverein!
Lyda mir, zum Heile mir geboren,
Lyda mein, wie meine Seele mein,
Aber neidisch trat die Scheidestunde,
Treues Mädchen! zwischen mich und dich,
Nimmer, nimmer auf dem Erdenrunde,
Lyda! nahn die trauten Arme sich.
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Stille wallst du nun am Rebenhügel,
Wo ich dich und deinen Himmel fand,
Wo dein Auge, deiner Würde Spiegel,
Mich allmächtig, ewig an dich band!
Schnell ist unser Frühling hingeflogen!
O du Einzige! vergib, vergib!
Deinen Frieden hat sie dir entzogen,
Meine Liebe, tränenvoll und trüb.
Als ich deinem Zauber hingegeben
Erd und Himmel über dir vergaß,
Ach! so selig in der Liebe Leben,
Lyda! meine Lyda! dacht ich das?

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Hölderlin, Friedrich. Gedichte. Gedichte 1784-1800. An Lyda. An Lyda. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-7D28-C