4. Schertz-Gedancken

1.
Was willst du dich im Leben selbst begraben?
Kein sterblich Mensch entlauft ihm warlich nicht,
Wer der Natur zuwieder thut und spricht,
Wird vor die Müh gar schlechten Lobspruch haben;
Gott schuf uns Fleisch und Blut, darein der Geist sich regt,
Und hat nicht kaltes Eiß in unser Brust gelegt.
2.
Es wird kein Mensch sich recht entmenschen können,
Mensch muß nur Mensch, und Engel Engel seyn,
Der Kiesel wird ja niemahls Marmelstein;
Der Tugend Fluß muß zwischen Thämmen rinnen,
Wer sich der Erd entbricht, und zu den Sternen wil,
Lernt, warumb Icarus verbrennt ins Wasser fiel.
3.
Sich in ein Buch, das tod ist, zu verlieben,
Und nach der Schnur der Worte stets zu gehn,
Heist bey Vernunfft nicht deutlich zuverstehn,
Was uns das Rom und Grichenland geschrieben;
Der Keuschheit reine Schein qvall ihn aus geiler Hand,
Ihr Wort war voller Schnee, ihr Hertze voller Brand.
4.
Viel schreiben gut, und wissen nicht zu leben,
Ein Artzt verschreibt, und braucht doch selber nicht,
Was Seneca und Arianus spricht,
Hat uns vielleicht ihr Hochmuth übergeben,
Ihr Goldgestücktes Hertz umhüllte Mesolan,
Und schauten übers Buch die schönsten Weiber an.
[84] 5.
Die Lust, als Lust, wird niemahls Sünde heissen.
Der Apffel wächst, daß ich ihn essen mag,
Die Rose kommt zum riechen an den Tag,
Wer wil sich selbst zumartern sich befleissen;
Freud und auch Heyligkeit die können Schwestern seyn.
Und Trauersucht bleibt stets verwand der Höllen Pein.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von. Gedichte. Gedichte. 4. Schertz-Gedancken. 4. Schertz-Gedancken. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-6D3E-A