[Dorinde soll ich denn verbrennen]

Dorinde soll ich denn verbrennen/
Und gar zu aschen seyn gemacht/
Ich muß dich endlich grausam nennen/
Ob schon dein wesen lieblich lacht;
Theils wilst du schönen rosen gleichen/
Theils auch den nesseln selbst nicht weichen.
Dein auge will magnetisch heissen/
Dein sinn ist gar ein demant-stein/
Dein antlitz will vom feuer gleissen/
Dein hertze eyß und eisen seyn/
Dein blick/ darff ich dich recht abmahlen/
Hegt was von basilisken-strahlen.
Verzeihe/ wo ich was verbreche/
Denn ein verliebter irret leicht/
Wo ich zu harte worte spreche/
Hat deine härte sie gezeugt;
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Erwege selbst/ ob deine sinnen
Durch einen seuffzer zu gewinnen?
Man schlägt auff einem weichen küssen
Den härtsten feuerstein entzwey/
Die perle pfleget zu zerfliessen/
Bringt man ihr scharffen eßig bey/
Und meiner thränen heisser regen
Kan dich Dorinde nicht bewegen.
Dorinde habe denn erbarmen/
Und sey nicht meine mörderin/
Was qvält dein schöner grimm mich armen/
Der ich bereits ein schatten bin/
Verwandle doch dein eiß in flammen/
Und schlag mit meiner glut zusammen.
Als göttin will ich dich verehren/
Nimm nur mein hertz zum weyrauch an/
Und laß das süsse wort mich hören:
Daß man gehaßte lieben kan;
So wirst du recht der sonne gleichen/
Die schwärtzen kan und wieder bleichen.

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TextGrid Repository (2012). Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von. [Dorinde soll ich denn verbrennen]. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-6C3B-7