[289] Abend auf der Heide

Überm Moorgrund still und schaurig
Wie der Tag so rot verglüht!
Fern ein Vogel pfeift noch traurig,
Heimwehbange, wandermüd.
Nun die bleichen Nebel geisten
Wie Gespenster heimatlos,
Eilen nestwärts all die dreisten
Waldestiere klein und groß.
Nur der Hirsch, so scheu am Tage,
Tritt hervor am Waldeshang,
In dem ernsten Aug die Frage:
Wird denn dir nicht heimwehbang?
Weißt du nicht, daß jetzt in diesen
Weiten böser Spuk beginnt?
Wagst du's mit den Schattenriesen,
Aberwitzig Menschenkind?
Sieh, ich selbst, der Fürst der Heide,
Ducke schauernd mein Geweih,
Stürmt im grauen Zottenkleide
Nachts der Nebelwolf vorbei.
Schlürfend trinkt er aus den Lachen,
Trabt dahin auf dunkler Spur,
Und die Föhrenäste krachen,
Und es bebt die Kreatur.
Wehe, wer ihm kreuzt die Pfade!
Eisig pfaucht sein Schlund ihn an.
Siehst du? – dort! – daß Gott dir gnade! – –
Pfeilschnell flieht der Hirsch vondann.

(Aibling)

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Holder of rights
TextGrid

Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Heyse, Paul. Gedichte. Gedichte. Landschaften mit Staffage. Abend auf der Heide. Abend auf der Heide. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-6897-C