Der sterbende Trompeter

1840


Der Teufel, daß ich daniedersank!
Wie werden die polnischen Lanzen,
Wie werden die Schwerter bei anderem Klang
Den Schlachtenreigen nun tanzen?
Wohl stand ich so oft, wohl stand ich so oft,
Umbraust von grimmigen Wettern,
Und habe gehofft, und habe gehofft,
In befreiete Lüfte zu schmettern;
Ich habe gehofft, wenn der blutige Tod
Auf sausenden Kugeln geflogen,
Gehofft, wenn er donnernd um mich gedroht,
Gehofft, und hab' mich betrogen.
Daß die Seele leichter von hinnen zieht,
Kameraden, seid jetzo beschworen!
Nehmt meine Trompete und blast mir das Lied:
»Noch ist Polen nicht verloren!«
Und blast mir das Lied, sonst nichts, sonst nichts,
Und laßt es mich sterbend noch hauchen!
Dann gebt sie mir wieder; am Tag des Gerichts
Werd' ich die Trompete ja brauchen.
Denn wenn Gott den Toten auf Erden ruft,
Wenn er will aus den Gräbern sie schrecken,
Da muß er zuerst aus ihrer Gruft
Doch die Trompeter erwecken.
Das wird ein Tag der Freude, juchhei!
Wie spreng' ich den drückenden Rasen,
Um allen Völkern der Erde herbei
Dann gegen die Russen zu blasen!

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Herwegh, Georg. Gedichte. Lieder eines Lebendigen. Erster Teil. Der sterbende Trompeter. Der sterbende Trompeter. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-5EE5-9