[266] Wiegenlied dem Schwarz- und Berens'schen Brautpaar

November 1768.


Schlaf Deines Lebens erste Zeit,
O Kleiner, nur in Ruh!
Noch nicht zu Trübsal eingeweiht,
Ließ Dir Dein Gott sie zu.
Von Sorgen noch, von Furcht und Reu
Bebt nicht Dein kleines Herz;
Doch wärst Du auch so gänzlich frei
Von uns verborgnem Schmerz?
Vielleicht, wenn wir Dich lächeln sehn,
Da Dich der Schlaf verhüllt,
Beklemmen Dich geheime Wehn,
Des künft'gen Schicksals Bild.
Und ach! auch nicht frei von Gefahr,
Die unsre Hoffnung stört;
Vielleicht hängt über Dich am Haar
Ein ungesehnes Schwert.
Doch Der, der Dir den Schlaf befahl,
Hält's von der Scheitel ab,
Und seiner Diener starke Zahl
Verschließet noch Dein Grab.
Schlaf ruhig, ohne Wissenschaft!
Bei uns mag Sorge sein;
Du sauge schlummernd frischen Saft
In Deine Nerven ein!
Und werde dadurch groß und blüh,
Der Eltern süßste Lust!
Und Gott und Tugend fühle früh
Die milchgenährte Brust!
»Einst sei ein Mann, der seinem Stand
Mit Treu ergeben war!«
Dies seufzete und überwand
Den Schmerz, die Dich gebar.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Herder, Johann Gottfried. Gedichte. Gedichte. Fünftes Buch. Wiegenlied dem Schwarz- und Berens'schen Brautpaar. Wiegenlied dem Schwarz- und Berens'schen Brautpaar. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-5CC2-B