[87] Erwägung

Die Menschen, die da streben,
Mein junges Herz, nach dir,
Sie möchten für dich leben,
Dich gern erfreu'n allhier;
Doch Einer hat geworben,
Der ew'ge Güter giebt,
Der ist für dich gestorben
Sprich, wer hat mehr geliebt?
Und sollst du reiche Gaben
In diesem Erdenland
Und süße Freuden haben,
So giebt sie Seine Hand.
Nimm nichts aus fremden Händen,
Was ird'sche Liebe giebt;
Es würd' Ihn von dir wenden,
Der eifersüchtig liebt. –
[88]
Wer hat ihn ganz empfunden,
Den treuen Liebesmuth?
Wer hat gesehn die Wunden,
Das warme Herzensblut? –
Wie oft hab' ich vermessen
Dies treu'ste Herz betrübt,
Wie undankbar vergessen,
Daß es so tief mich liebt!
Komm denn, o komm, Du Lieber!
Hilf mir in Kampf und Schmerz
Und zieh mein Herz hinüber
An Dein allliebend Herz!
O komm und gieb mir Liebe,
Du, der so gerne giebt,
Daß ich Dich einzig liebe,
Dich, der mich ewig liebt.

Berlin, 1818.


Notes
Entstanden 1818.
License
Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).
Link to license

Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Hensel, Luise. Erwägung. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-55D1-E