[232] Türmerlied

Wer weiß, wie lang ich wache!
Die Nacht will nicht vergehn.
Die Welt ist Gottes Sache –
Ich möchte Frührot sehn.
Vom Wachen sind die Wimpern schwer,
Ich glaube fast, es geht nicht mehr –
Soll ich das Morgengrauen
Nicht schauen?
Viel edle Kämpfer liegen
Rings auf dem Felde tot –
Die Finsternisse siegen
Noch übers Morgenrot.
Die Helden gaben Gut und Blut
Dahin der alten Schattenbrut,
Es schwellen die schwarzen Heere
Wie Meere.
Die Müdheit will ich bannen
Und halten gute Wacht,
Ich will die Lider spannen
Mit meiner letzten Macht.
[233]
Die höchste Luke sei mein Hort –
Ich glaub, ich seh's wahrhaftig dort,
Ich seh's durch graue Ritzen
Jetzt blitzen.
Nun will hinaus ich treten
Zum äußersten Altan,
Durch Nacht und Tod trompeten:
Der Tag, der Tag bricht an!
Beim Luzifer, dem Fürst des Lichts,
's ist nicht für nichts und wieder nichts! –
Triumph will ich den Helden
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TextGrid Repository (2012). Henckell, Karl. Gedichte. Buch des Kampfes. Türmerlied. Türmerlied. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-4E9E-E