[Wir gönnen dir die Ruh/ du Mosbewachsner Greis]

Nach diesem setzeten sie sich unter dieselbige Linde zusammen/ und gab ihnen so bald Anlaß zu reden die daselbst-vorbeywaschende Pegnitz/ welche sie unter andern darüm hoch preiseten/ weil sie nicht allein mit Vbergiessung der Auen ihren [80] Schafen erspriesliche Weide/ wie auch gesunde Tränke/ zuflösset/ sondern auch ihnen/ den Schäfern/ mit sanftem und lieblichen Gesäusel die Ohren ergötzet/ mit Bekleidung aber der Vfere und Matten die ermatteten Glieder. Strephon und Floridan/ sagte Klajus/ werden sich mit mirs verwissen/ was massen wir vordessen die ursprüngliche Quelle dieses Flusses/ zwar zimlich ferne von hier/angetroffen/ welche in Warheit einem kleinen Bächlein änlicher/ als diesem breiten Strohm. Sie breitet sich aber/ sagete Floridan/ unweit davon aus/ und erzeiget sich stärker: Sonsten ergeust sie sich/ meines Gedenkens/ unter der Rechtē eines alten Steingreisses/(deme die viele der Jahre/ und Länge der Zeit/ Haar und Bart in Mos und Riedgras verwandelet) aus eines Felsens kleinem Hügel/ der in Form eines Krugs ausgehauen/ worauf diese nachdenkliche Worte/ vielleicht von einem Vorübergehenden/ geschrieben:

Ich netze und nütze.

Soviel ich höre/ täte Strephon hinzu/ so treuget meine beyde Mitschäfere ihr Gedächtnis nicht/ wie dann alles dieses auch noch frisch in dem meinē haftet: Mir fället aber jetzund bey/ daß Floridan damahls besagten Greis mit etlichen Reimen angesungen. Ich gedenke es auch noch wohl/ sagete Klajus/ und dieweil ich dazumahl solche/ wegen einer gewissen Hindernis/nicht wohl vernehmen mögen/ möchte ich sie gerne noch einmahl absingen hören. Noch lieber aber ich/setzete Montano hinzu/ als der ich selbiger Spatzierlust gar nicht beygewohnet. So wird demnach Floridan/ fuhre Strephon fort/ geruhen/ uns selbige zu wiederholen/ woferne er sie anderst behaltē hat. Ich solte wol/ sagte Fl. solches zu thun bedenkē tragen/ weil selbige Wiederholens nicht würdig/ doch damit ich meinen wehrten Schäferen willfärig werde/ so waren es/ meines Behaltens/ diese:


[81] Wir gönnen dir die Ruh/ du Mosbewachsner Greis/ 1 Wir gönnen dir die Lust in Schilfbewonten Sümpfē: Gieß ferner/ wie du thust/ dē Felsgeschmoltznē Schweiß/ Laß deinen Kruge nicht erschöpftes Naß beschimpfen. Laß die schnellen Fluhtkrystallen Nicht von Krieger Mordthat lallen/ Nicht den Blutgetränkten Koht unsrer Hürden Sie bebürden/ Nicht das Metzeln machen roht. Hier streichet und schleichet in lehmichten Gründen/ Hier krümmelt und wimmelt in schlüpfrigen Schlünden/ Der Fische Gespör/ Das schuppichte Heer. Segeln schon belaste Fichten Nicht durch deinen Kiesel-sand/ Lässt doch den beleichten Strand Nicht der nasse Nutz vernichten. Dort strampfet und stampfet der Mülen Gehämmer/ Was Aeren und Erde geschenkt/ Dort weiden mit Freuden die lustigen Lämmer/ Wann daß du die Auen getränkt. Nun wir eilen nach den Triften/ Lassen dich hier bey den Klüften/ Wollen auch dein Lob besingen/ Weil die Schäferpfeiffen klingen.

Fußnoten

1 Pegnitzlob.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Harsdörffer, Georg Philipp. Gedichte. Fortsetzung der Pegnitz-Schäferey. Hirtengedichte. [Wir gönnen dir die Ruh- du Mosbewachsner Greis]. [Wir gönnen dir die Ruh- du Mosbewachsner Greis]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-35E8-1