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Schon liegt mein Buch durch viele Jahre
Verpfändet bei dem rothen Wein,
Und mein Gebet und meine Lehre
Sind's, die der Schenke Glanz verleih'n.
Betrachte nur des Wirthes Güte:
Denn, was wir Trunkene gethan,
Das sieht das Auge seiner Gnade
Für eine schöne Handlung an.
Wascht mir die Bücher meiner Weisheit,
Wascht mir sie insgesammt mit Wein!
Denn, dass der Himmel weisen Herzen
Beständig grolle, seh' ich ein.
Das Herz, gleich einem Zirkel, hatte
Nach jeder Seite sich gedreh't,
Indess es nun in jenem Kreise
Verwirrt auf festem Fusse steht.
So rührend sang der holde Sänger,
Vom Schmerz der Liebe übermannt,
Dass selbst den Weisesten der Erde
Blut klebte auf der Wimpern Rand.
Froh blühte ich, weil – wie auf Rosen,
Die eines Baches Lippe küsst –
Der schlankesten Zipresse Schatten
Auch auf mein Haupt gefallen ist.
»O Herz, von Götzen ford're Anmuth,
Wenn du ein Schönheitskenner bist!«
So sprach, wer in des Blitzes Kunde
Ein vielerfahr'ner Seher ist.
Mein rosenfarb'ner Greis erlaubte
Von der in Blau gehüllten Schaar
Nie Ungebührliches zu sprechen,
Wenn Manches auch zu sagen war;
Nein, mit gefälschter Herzensmünze
Zahlt nimmermehr Hafis ihn aus:
Es kennt ja die geheimen Fehler,
Wer mit uns lebt in Einem Haus.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Ḥāfeẓ, Šams o'd-din Moḥammad. Lyrik. Diwan des Hafez. Erster Band. Der Buchstabe Dâl. 58.. 58.. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-2B89-E