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Lieb' und Schöne meid' ich nimmer.
Nimmer auch den Weinpocal;
Hundertmal hab' ich's verschworen,
Nimmer thu' ich's abermal.
Thuba's Schatten, Hurisköschke
Und des Paradieses Reich
Stelle ich dem Staub im Gaue
Meines Freundes nimmer gleich.
Schon ein Wink genügt dem Manne
Dem's an Einsicht nicht gebricht,
Und verblümt hab' ich gesprochen
Und ich wiederhole nicht.
Zornig sagte mir der Alte:
»Geh' und lass die Liebe ruh'n!«
Es bedarf nicht erst des Streites,
Bruder, nimmer werd' ich's thun.
Mir genügt ja schon als Tugend
Dass mit Schönen in der Stadt
Auf der Kanzel liebzukosen
Stets mein Blick vermieden hat.
Wo der eig'ne Kopf mir stehe,
Weiss ich wahrlich selber kaum,
Bis ich nicht den Kopf erhebe
Mitten in der Schenke Raum.
Tadelnd sprach der Rathertheiler:
»Meide den verbot'nen Wein!«
Und ich sprach: »Nicht jedem Esel
Wünschte ich mein Ohr zu leih'n.«
Nur vernünftig sind die Dinge
Die der alte Wirth bespricht;
Doch du sagst Unmöglichkeiten
D'rum verzeih', dir glaub' ich nicht.
Des betagten Wirthes Schwelle
Ist, Hafis, ein sel'ger Ort.
Und den Staub an dieser Pforte
Werd' ich küssen immerfort.

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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Ḥāfeẓ, Šams o'd-din Moḥammad. 65.. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-2A5D-3